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Staatsanzeiger für das Königreich Sachsen. Zeitweise Nebenblätter: Landtagebeilage, Synodalbeilagc, Ziehungslisten der Berwaltung der N. S. Staatsschulden und der K. Alters- und Landeskulturrentenbank, Jahresbericht und Rechnungsabschluß der LandeS-BrandversicherungSanstalt, BerkaufSliste von Holzpslanzen auf den K. S. Staatsforstrevieren. Nr. 204. Beauftragt mit der Oberleitung (und preßgesetzlichen Vertretung): Hofrat Doenges in Dresden. Montag, 3. September abends 1917. Bezugspreis: Beim Bezüge durch di« Geschäfts stelle. Große Zwingerftrabe 18, sowie durch die deutschen Postanstaltrn 3 Mark 50 Pf. vierteljährlich. Einzelne Nummern 10 Pf. Erscheint nur Werktags. —Fernsprecher: GeschäftsstelleNr21295,SchriftleitungNr 14574. Ankündigungen: Die Ispaltige Grundzeile oder deren Raum im Ankündigungstelle 40 Pf., die 2spaltige Grmckjetle oder deren Raum im amtlichen Teile 80 Pf., unter Eingesandt 180 P' Preisermäßigung auf GeschästSanzeigen. — Schluß der Annahme vormittags 11 Uhr. Die l«rz vor Vegi«« de« Dr«ckes ei«gehe»de« Melv««ge« -esinde« sich a«f Seite? Vieser Abgabe. * Rittmeister Arhr. v. Richthofen hat seinen.««. Lustsieg errungen. * Der frühere Reichstanzler Hr. v. Bethmann Hollweg hat sich zu den sogenannten Gerard-Enthüllungen geäußert. . . * Die Wiener Blütter widmen der Ankunft des Staats» setrctärS vr. v. Kühlmann in Wien ivanne Begrüßung-» anssiiüe. * Eine neue Tageszeitung ist in Bukarest gegründet worden. Sie fordert den politischen und wirtschaftlichen Anschluß Rumäniens an die Mittelmächte. * Bon der Petersburger Staatsanwaltschaft ist nach Reuter zur Zeit der Tagung der Moskaner Zufammen- knnft eine gegenrevolutionäre Verschwörung entdeckt worden. Amtlicher Teil. Ministerium dcS Königlichen Hauses. Se. Majestät der König sind heute 1 Uhr 44 Min. nachmittags nach dem östlichen Kriegsschauplätze gereist. Finanzministerium. Se. Majestät der König haben Allergnädigst geruht, dem Eisenball,«gehilfen Tietze in Radebeul die Friedrich August-Medaille in Silber zu verleihen. Ministerium des Innern. Se. Majestät der König haben Allergnädigst geruht, dem Kanzlei-Oberinspektor Bilz beim Stadtrat zu Dresden bei seinem Übertritt in den Ruhestand das Ritterkreuz 2. Klasse des Albrechtsordens zu verleihen. Se. Majestät der König haben Allergnädigst geruht, dNn Fährmann Hermann Richard Schaller in Lorenz kirch für die von ihm am 20. Januar nicht ohne eigene Lebensgefahr bewirkte Errettung des Fährcnbesitzers Oswin Richter in Lorenzkirch vom Tode des Ertrinkens in der Elbe die bronzene Lebensrettungsmedaille mit der Befugnis zu verleihen, sie am weißen Bande zu tragen. Se. Majestät der König haben Allergnädigst zu ge nehmigen geruht, daß der Schriftsteller Prof. Dr. Zschalig in Dresden die ihm von Sr. Majestät dem Sultan der Türkei verliehene Rote Halbmondmedaille in Bronze annehme und trage. Ministerium des Kultus und öffentliche» Unterrichts. Se. Majestät der König haben Allergnädigst geruht, dem Direktor der Taubstummenanstalt in Dresden Ernst Louis Gläser das Ritterkreuz 1. Klasse vom Albrechts- orden zu verleihen. lFortscpung des amtlichen Teile- in der 2. Beilage.) Nichtamtlicher Teil. Vom Königlichen Hofe. Dresden, 3. September. Se. Majestät der König nahm vormittags die Borträge der Herren Staatsminister und des Kabinettssekretärs entgegen. Dresden, 3. September. Se. Königl. Hoheit der Prinz Johann Georg hat sich heute früh 8 Uhr 10 Min. in Begleitung des persönlichen Adjutanten, Hauptmann von dem Busch, nach Leipzig begeben, um dort.die Heimatdankausstellung zu besichtigen. Se. Königl. Hoheit wird abends wieder naa) Dresden zurürkkehren. Tie Kriegslage Ende August 1917. Berlin, 31. August. Die Hauptkennzeichen der gegenwärtigen Kriegslage bestehen in der dreifachen Offensive der Engländer, Aran zosen und Italiener im Westen und Süden bei Stillstand der Operationen auf allen anderen Landkriegsschauplätzen, außer in der Moldau, und bei Fortdauer der Vorherr schaft unserer Tauchboote auf dem Meere. Die Engländer, die sich in den beiden ersten KriegS- ahren unverkennbar von dem Gedanken leiten ließen, hre Kräfte auf Kosten der Bundesgenossen nach Möglich- eit zu schonen, um sich dadurch eine beherrschende Stel ling für die Zeit der Friedensverhandlungen zu sichern, -oben seit Beginn de- dritten Kriegsjahrcs, dem Sommer '916, ihre Zurückhaltung im Landkriege aufgegeben und hüten iiur noch ihre Flotte ängstlich vor Gefahr. Nach- dem sie in ihrer vorjährigen, gemeinsam mit den Fran zosen im Sommegebiet unternommenen Offensive 40000 bis 5-0000 Mann geopfert, statt des angestrebten Durchbruchs unserer Front aber nur eine unwesentliche Einbuchtung derselben erzielt hatten, bereiteten sie sich während des nachfolgenden Winters vor, jenen Angriff mit verstärkten Kräften fortzusetzen. Da aber diese Ab sicht durch die Zurückbiegung des bedrohten Teiles unserer Front in die Siegfriedstellung vereitelt wurde, schritten die Engländer und Franzosen im April dieses Jahres zu getrennten Offensiven, jene in dem nördlichen Teile des Artois, an der Arrasfront, diese an der Aisne-Ehampagnefront. Beide Offensiven, deren Ziel zweifellos im Durchbruch beider Flügel unserer S»eg- friedstelluug mit nachfolgender Aufrollung der letzteren bestand, scheiterten gänzlich unter schwersten Verlusten, die besonders in Frankreich die Gemüter so stark er regten, daß die Regierung sich veranlaßt sah, den Ober befehlshaber, General Nivelle, abzuberusen. Tie eng lische Offensive staute allmählich ab, die französische wurde durch Gegenangriffe erstickt. Trotz dieser bitteren Erfahrungen haben sich weder die Engländer noch die Franzosen von abermaligen Turchbruchsversuchen abhalten lassen. Nach artille ristischen Vorkämpfer», die an Mächtigteit und Zeitdauer die ihrer früheren Offensiven noch übertrafen, brachen die Engländer, durch einige französische Divisionen ver stärkt, am 31. Juli d. I. in Flandern, beiderseits Wer", tiefgegliedert, in 2ö km breiter Front mit gewaltigen Bassen zum Angriff vor. Sie batten bei schwersten Verlusten nur unbedeutenden Erfolg, haben seitdem zwar die Lsjeuiive, deren Front nordwärts bis zum Meere, südwärts bis ins Artois ausdehnend, fort zusetzen unternommen, mit Masseuangriffen, die zu Swlachteu führten, am 16., 22. und 27. August, mit Teilangriffcn in der Zwischenzeit; aber das mit schwersten Opfern bisher erzielte Ergebnis beschränkt sich darauf, daß sie an einzelnen Stellen einige Kilometer Boden ge wonnen haben, am meisten bei Langemarck (4 Km) und St. Julien (2 km). Am 20. August haben auch die Franzosen, gleichfalls nach längerer artilleristischer Vor bereitung, eine neue Offensive, und zwar bei Verdun, auf beiden Ufern der Maas, in 23 km Frontbreite eröffnet. Nach mehrtägigen, schweren, wechselvollen Kämpfen sind wir dort um ein Oieringes, auf dem linken Ufer bis an den Forgesbach, auf dem rechten bis in die Linie Samogneux—Beaumont, zurückgewichen, haben aber dort alle weiteren Angriffe abgewiesen. Ebenso sind alle bis herigen, von Engländern und Franzosen besonders in dem Raume von St. Ouentin unternommenen Versuche, in die Front unserer Siegfriedstellung einzudringen, vergeb lich gewesen. Sowohl die Engländer als auch die Fran zosen werden sicherlich ihre Angriffe mit Aufbietung äußerster Kraft fortsetzen. Es liegt aber nicht der geringste Anlaß zu einem Zweifel vor, daß ihre Anstrengungen ebenso wie alle vvrhergegangenen ähnlichen scheitern werden. Wir unterschätzen weder die Stärke ihrer Macht mittel, noch den Ernst ihres Willens und die Zähigkeit, womit sie ihr Ziel verfolgen. Aber sie beißen auf Granit. Unsere Streitkräfte und Streitmittel reichen in der Hand unserer siegesgewissen Führer aus, um allen Anforderungen der Lage gerecht zu werden, und der Geist, der nach wie vor unsere herrlichen Truppen beseelt, macht sie unüber windlich. Am 19. August sind nun auch die Italiener, diesmal unterstützt durch zahlreiche schwere Artillerie der Franzosen und Engländer, aufs neue zum Angriff geschritten, um ihr heiß ersehntes Ziel, Triest, zu erreichen. Die elfte Jfonzo« schlacht ist entbrannt, leidenschaftlicher als alle vorauf- gegangenen. Werden die Italiener, die schon viele 100 000 Menschen auf demselben Felde dem gleichen Zweck geopfert haben, diesmal weiteryelangen? Nach dem bis herigen Verlauf der Schlacht »st es nicht zu besorgen; Sie haben zwar an dem nördlich von Görz gelegenen Teil der angegriffenen Front einigen Vorteil erzielt, da durch jedoch für den Zweck, nach Triest zu gelangen, so gut w»e nichts gewonnen. Der Weg dahin geht durch den südlichen Abschnitt der Hochfläche, um die gekämpft wird, und hier sind sie kaum einen Schritt vorwärts ge kommen, überall sind ihre Angriffe an dem heldenmütigen Widerstande unserer österreichisch-ungarischen Bundes genossen gescheitert, oder durch deren kühne Gegenangriffe zurückgewiesen worden. v. Blume, General d. Inf. z. D. Kurze Rachrichte« a«S Kei«sieSla«d. Mäuseplage, Politik und Rekrutierung. Ein Aufsatz der „Times" vom 21. August beschäftigt sich eingehend mit den Verhältnissen in Australien. E- ,st darin u. a. gesagt: Die im Lande eingelagerten Milli onen von Scheffeln Weizen sind von Millionen von Mäusen angegriffen worden. In einem einzigen Lager in Viktoria sind an einen» Abend 7 Tonnen Mäuse (etwa 500000) getötet worden. Tie Lager beginnen überall znsammenzufallen, als ob ein Erdbeben gewesen sei. — Tie Klagen der Unbeschäftigten hallen durch das Land, aber wenn kräftige Leute zur Wiederinstandsetzung de» Weizenlager und zur Ausbesserung des voi» dei» Mäusen verursachten Schadens gebraucht werden, so verlangen diese Leute 1 Pfd. Sterl, iüber 20 M.) für den üblicher» Acht stundcntag, und wem» sie das nicht bekommen, so jenen sie, die Hände in den Taschen, ruhig zu, wie die Mäuse den kostbaren Weizen vernichten. Uber die Gründe der Weizenanhäufung sagt der Verfasser des Aufsatzes: Im Moment ist Australien von der Schiffsraumnot am barte sten betroffen. Während seine Rohprodukte sich z» Bergen anhäufen, nehmen die überseeischen Jmpmw reißend ab. Es sind buchstäblich Millionen Tonnen Weizen vorhanden, die nicht verschifft werde»» können, unt die Volksvertretung hat die Regierung zur Errichtung vm Silos zur Einlagerung dieser Massen aussordern mästen. Hierzu kommt der Widerstand der Arbeiter, die, wie d^r Korrespondent sagt, durch die Wahlen in zwei große Par teien gespalten sind. Für die Stimmung der Arbeite» ist folgender Vorgang charakteristisch: Einige Arbeiter de» Transkontinental Railway arbeiteten 3 Minuten s! > aber ihre reguläre Zeit hinaus und verlangen dafür lwcr stundenlohn. Als ihnen dieser nicht gewährt wurde, legten sie sofort die Arbeit nieder. Ter fragliche Aussatz verrät auch einiges über die australischen Finanzen. Bereits jetzt wiese der Staatshaushalt einen Fehlbetrag von ZMill. Pinnd auf, ganz zu schweigen von den bevorstebendcn Riesen ausgaben. Zum Scbluß klagt der Verfasser über die auße» ordentlich niedrige Zahl der Meldungen zum Heeresdienste. Senator Pierce, der Verteidigungsminister, habe in seinen» Aufruf eine „dramatische Note" damit gebracht, daß er ZWO Mann aufwrderte, sich als Ersatz für die Mit glieder der ersten australischen Tivmon zu melden, die seit den» ersten Tage der Landung in Gallwoli in, Fener wmen und jetzt ii» den französische»» Schützengräben seien. Tiesei- Mannschaften sollte ein kurzerHeimaturlaub gewäbrt werden. Ter Verfasser des Aufsatzes knüpft daran die webmntige Betrachtung, man könne nicht jagen, daß dieser Auirm großes Gedränge zu den Fahnen zur Folge gcbabt habe . . . Tas Areiwilligcnsystem sei »m letzten Stadium des Todeskampfes und doch zögerten die Pmmker, die unangenehme Wahrheit einzugestehen. In dieser oder jener Form müsse die Wehrpflicht kommen und ;wm i»» nicht allzu langer Zeit. . . . Frankreichs russische Sorgen. Im „Eorrespondent" vom 10. August ist zu lesen: Ww befinden uns hinsichtlich Rußlands in eine» dem Anschein nach sehr verwickelten, im Grunde aber „furchtbar" ein fachen Lage. Lassen wir es im Stich, jo ist klar wie der Tag, daß es ohne andre Hilfe sofort unter dei» Griff oder vielmehr in die Arme Teutschlands fallen würde. Tiefen, Lilemma ist schwer auszuweichen. Ließen wir Mittel europa, wenn es entstehen sollte, selbst nach einer Nieder läge einen Zuwachs in Osteuropa, so wäre das nur um so schlimmer. Taher ist es für uns notwendig, unsere Nerven zusammenzunehmen und aus einer offen gesagt kläglichen Lage den denkbar besten Nuyen zu ziehen. Bas in Ruß land die Lage ganz besonders ernst »nacht, ist, daß im Grunde genommen der Gedanke des Vaterlandes, wie wir ihn verstellen und lebendig empfinden, bei neun Zellnteln der Bevölkerung gar nicht existiert. Für diese Volks- massen gab es nur ciuen Zusammenhalt: Ten Zaren. Mit dem Verschwinde»» des Zaren trat unter den Natiouali täten vollesTurcheinander ein. Tcswegen hatten die O fffziere, diezurRevolution entschlossen waren, sie erst nach den» Kriege ins Werk setzen wollen. Lie ahnte»» die gegenwärtige Krise voraus. Was den Führen» der vorläuffgen Regierung fehlte, »var der feste Griff und auch die Fälligkeit. Fürst Lwow fürchtete das Mißlingen eines zu heftigen Ver suches der Wiederherstellung der Ordnung. Was die Führer anbetrifft, die jetzt nach der Krise, durch die Kerenski diktatorische Befugnisse erllielt, in erster Linie stehen, so haben s»e gewiß guten Willen, aber sic ver stehe»» so gut wie nichts von den Angelegenheiten, die sie erledige»» sollen. Ein russischer Offizier über die russischen Ausschreitungen in Galizien. Im „Utro Rossij" von» 1. August schreibt Geuerat. major P. Rußky: Schrecken und Angst um die Zukunft unseres Vaterlandes packt einen, wenn man an die Flucht unserer Armeen ans Galizien denkt, die von Raub, Ge walttat und Mord an deu friedlichen Einwohner»» be gleitet war. Noch vor nicht langer Zeit herrschte in» rus sischen Heere Disziplin u»»d kriegerischer Geist. Jetzt ist beides aus dem Heere verschwunden. Es ist nur noch die Hoffnung übriggeblirben, dei» Truppen ihre frühere»» moralischen Eigenschaften wiederrugeben, ohne vor den allerfchärfsten Maßnahme»» zurüchzuschrecken. Beim Ein tritt in das vierte Kriegsjaln möge unser Heer an die viel erduldende Heimat denken und indem es wieder den