Volltext Seite (XML)
Staatsanzeiger für das Königreich Sachsen. Zeitweise Nebenblätter: Landtag-beilage, Synodalbeilage, Ziehungslisten der Verwaltung der 5k. S. Staatsschulden und der «.Alters- und Lande-kultnrrentenbank, Jahresbericht und Rechnungsabschluß der Lande». Brandversicherungsanstalt, BertaufSliste von Holzpflanzen auf den S. C. Staatsforstrevieren. Nr. 203. Beauftragt mit der Oberleitung (und preßgesetzliche,» Vertretung): Hofrat Doenges in Dresden. Sonnabend, 1. September abends 1917. Bezugspreis: Beim Bezüge durch die Geschäftsstelle, Große Zwingerstraße 16, sowie durch die deutschen Postanstalten 3 Marl SO Pf. vierteljährlich. Einzelne Nummern 10 Pf. Erscheint nur Werktag«. —Fernsprecher: Geschäftsstelle Nr. 2l LOS, Schriftleitung Nr. 14 674. Ankündigungen: Die lspaltige Grundzeile oder deren Raum im Ankündigungsteile 40 Pf., die Lspaltige Grundzeit« oder deren Raum im amtlichen Teile 80 Pf., unter Eingesandt 160 Pi Preisermäßigung aus Geschäftsanzeigen. — Schluß der Annahme vormittag- 11 Uhr. Wir veröfieitMchtn Herle die »erlrstlipe Nr. 440 -er Sächsischen Armee. Die k«rz vor Begin» des DrnckeS eingehende« Meldungen befinde« sich a«f Seite ? dieser A«Sgnbe. * Die Gesandtschaft der Bereinigten Staaten von Amerika im Haag teilt den Wortlaut der Antwort der Bereinigten Staaten an den Papst mit. * Die Mehrheit der Teilnehmer au der Londoner Sozia- listenjusammenkunst ist für die Teilnahme an der Stockholmer Zusammenkunft. Lie Moskauer Zusammenkunft ist mit einer Rede KerenE geschlossen worden. Amtlicher Teil. Ministerium der Justiz. Se. Majestät der König haben Allergnädigst geruht, den nachstehend aufgeführteil Beamten folgende Aus zeichnungen zu verleihen: das Ritterkreuz 1. Klasse des AlbrechtsordenS den Landgerichtsrätcn 1>r. Noßbach in Dresden und Wolf in Chemnitz, das Verdienstkreuz dem Sekretär Aurick bei der Justizministeriaikanzlei, das Albrechtskreuz den Gerichtssekretären Schmidt in Kötzschenbroda und SemiL. G Pirna, das Ehrenkreuz mit der Krone dem Äotenmeister Beck bei der JustZ- ministerialkanzlei, das Ehrenkreuz dem Oberaufseher bei der Gefangeuanstalt Bautzen Gefangenhausinspektor Mauer, z. Z. bei dem Zcntralarresthaus m Warschau. Mit Allerhöchster Genehmigung Sr. Majestät des Königs ist der Landrichter De. Thomschke in Plauen an das Landgericht Freiberg versetzt worden. Se. Majestät der König haben Allergnädigst geruht, dem Rechnungsinspektor Reinhardt beim Amtsgerichte Dresden den Titel und Rang eines Rechnungsrats zu verleihen. Ministerium des Innern. Se. Majestät der König haben Allergnädigst geruht, dem Kaufmann und Stadtrat Seifert in Leipzig den Titel und Rang als Kommerzienrat zu verleihen. Se. Majestät dcrÄönig habenAllergnädigst zuflenehmigcn geruht, daß der Syndikus Carl Greicrt in Dresden das ihm von Sr. Königs. Hoheit dem Großherzog von Olden burg verliehene Friedrich August-Kreuz 2. Klasse am rot- blauen Bande annehme und trage. lFortsetzung des amtlichen Teiles in der 1. u. 2. Beilage.) Nichtamtlicher Teil. Vom Königlichen Hofe. Dresden, 1. September. Se. König!. Hoheit Prinz Friedrich Christian ist aus dem Felde gestern 4 Ubr 28 Min. nachmittags hier eingetrofsen und hat im Schlosse Moritzburg Wohnung genommen. Kriegs-Wochenschau. kk. Die in unserem Überblick oer vorigen Woche über die Kriegslage ausgesprochene Auffassung, daß die sogenannte Generaloffensive der Verbandsmächtc ihren Höhepunkt be reits überschritten habe, ohne die Ergebnisse gezeitigt zu haben, die von ihr erhofft und erwartet wurden, wird durch die Ereignisse dieser Woche an den drei Fronten in Flandern, vor Verdun und am Jsonzo, beziehentlich auf dem Karst, bestätigt. Sowohl an den zuerst genannten beiden Schlachtlinicn im Westen wie auch an der an der italienischen Front sind die feindlichen Verluste inzwischen so ins Riesenhafte gewachsen, daß an ein Weiterkämpfen unserer Gegner mit der bisherigen Kraft kaum noch zu denken ist. ES hat in diesen» Falle nicht an den An greifern gelegen, daß ihre»» Kämpfen der Erfolg versagt geblieben ist. Soweit dies möglich war, haben sie sowohl die „Einheitlichkeit der Front" herzustellen gesucht, von der sie lange yenug gesprochen, auf die sie mit fieber hafter Kraft hmgearbejtct haben, wie auch die Einheit lichkeit der KAMpfführung, nämlich rücksichtslosesten Ein satz an Menschen- und Kriegsmaterial. Wie immer, wo wir unsere Kriegsmaßnahmen bisher auf die Ver teidigung beschränken mußten, waren es auch in diesem Falle unsere Vorkehrungen für die Abwehr der feindlichen Angriffe, die de»» Erfolg der Waffen entschieden. In feindlichen Blättern ist mitgeteilt worden, daß die Verluste unserer Feinde allein an de»» beiden Fronten in Flandern und vor Verdun rund Mill. Mann betragen: es ist nicht anzunehmen, daß Engländer — denn auch die eng lischen Plätter melden, daß die Schlacht bei Wern die bisher blutigste des ganzen Krieges gewesen sei — und Franzosen ihre Verluste überschätze»» werden. Wie der Fuchs, dem die Trauben zu hoch hängen, erklärt, daß er sie gar nicht wolle, weil sie ihm zu sauer seien, so hat zwar Lloyd George, der nicht zu bekehrende Friedensgegner, seinen Landsleuten jüngst mitgeteilt, daß die Angriffe bei Wern kein Ziel gehabt hätten. Aber solch sinnlose Rederei glaubt nur der gleich ibm völlig Verblendete, dein entweder die Fähigkeit fehlt, Verhält nisse richtig zu beurteilen, oder der so zum Sklaven einer Idee geworden ist, daß er sie nicht mehr vorurteilsfrei beurteilen will. Ein Feldherr, der Hunderttausende opfert, wie es Sic Douglas Haig an der flandrischer» Front, Petain vor Verdun, Cadorna am Jsonzo und auf der»» Karst getan haben, will ein Ziel erreichen; jeder dieser drei Heer führer hat ai» seinen diesmaliger» Sieg geglaubt, wie Lloyd George an ihn geglaubt hat, ehe die Tatsachen ihr» eines anderen belehrten. Run soll die Erklärung des englischen Premierministers unsere Feinde, vor allein aber die Neutralen, über die Ergebnislosigkeit auch dieser neue sten Anstrengung, unser und unserer Verbündeter» Herr zu werden, hinwegtäuschen. Unsere Feinde erklären nunmehr, daß das Jahr 1918 ihnen bestimmt den Sieg bringen werde, und sie führen dafür Verheißungen ins Treffen, welche die wahrscheinlich arg geschwundene Siegeszuversicht und weitere Kampfes lust der breiten Massen der Völker, die gegen uns in Waffen flehe,r, neu belebe,» soll. Gestern las mar» eine Meldung aus New Hort, daß sich gegenwärtig 150000 amerikanische Offiziere in der Ausbildung befinden, welche die Grundlage für eine Armee von 4öMG»0 Mann amerikanische Truppen bilden sollen. Was bat man nicht alles dergleichen im Laufe dieses Krieges schor, gelesen'. Als die Russen vor nun drei Jahren bei Tannenberg vernichtend aufs Haupt geschlagen wurden, da hieß es, der Zar sei mit der Bildung einer neuen Armee von 5 OOo 000 Mann beschäftigt, die er selbst führen wolle, und als die ersten Erfolge unseres uneingeschränkten Unterseebootkrieges wahrnehmbar wurden, wurde vor uns das Schreckgespenst der 3000 amerikanischen Holzschiffe aufgerichtet, die märchenhafte Mengen an Munition und Proviant nach Europa für die mit uns Kriegführenden heranbringen sollten. Run folgt das Riescnheer der amerikanischen Offiziere mit den 4 500O00 amerikanischen Kämpfern. Was wird die nächste Schlappe der Verbandsmächtc an neuen schwin delnden Ziffern von Kriegslustigen nennen, die uns dem nächst zu vernichten gedenken! Richtiger scheint uns. was eine scknveizerische Zeitung vor einigen Tagen aus dein Ergebnis dieser Generaloffensive unserer Feinde folgerte: daß nämlich nach ihrer Berechnung die ganze, gegen wärtig in der Ausbildung befindliche amerikanische Armee eben dazu hinreichen würde, die Verluste auszu gleichen, welche die Kämpfe der letzten Wochen den Verbands mächten gebracht haben. Der englische Oberbefehlshaber hat erklärt, daß die Offensive in Flandern bis in den November hinein aus gedehnt werden solle: das bedeutet, daß wohl auch vor Verdun und an der italienischen Front ähnliche Absichten bestehen. Wir stehen diesen Erklärungen mit gelassener Ruhe gegenüber: für uns gilt nach wie vor das Wort unseres großen Feldmarschalls Hindenburg, daß die Kriegs lage für uns und unsere Verbündeten niemals günstiger war als gerade jetzt. Das geht ja auch ganz zweifellos aus ter Tatsache hervor, daß wir im Raume von Focsani mit größtein Erfolge eine Offensivbewegung unternehmen können, während noch im Westen und unten an Italiens Grenen Riesenschlachten gegen uns toben. Mögen also immerhin Franzosen und Italiener und wer immer sonst noch bereit sein, sich für England zu verbluten: an der Kriegslage, wie sie nun seit fast orei Jahren besteht, werden alle gegenwärtigen und künftigen Offensiven unserer Feinde nichts ändern, auch dann nicht, wenn die ame rikanischen Riesenheere in Tätigkeit zu treten gedenken' (Abgeschlossen am 31. August.) Politische Wochenschau. Am 28. d. M. ist der „Sonderausschuß dein» Reichs kanzler", wie die aus je sieben Mitgliedern des Bundes- ra!s und desReickstags zusammengesetzte Körperschaft heißt, zur Beratung der Antwort auf die Friedenskundgebung des Papsteszusammengctreten. Der Reichskanzler führt den Vor- sitz. Dieser Sonderausschuß ist von ibm als eine vollkommen freie Arbeitsgemeinschaft vor» sachkundigen und zur poli tischen Arbeit berufenen Vertrauen-Personen gedacht. Tie Einrichtung ist zunächst ein Versuch. Während wir in Deutschland also auf dem stetigen Wege der Evolution unsere Verhältnisse umzugestaltcn bestrebt sind, geht in Rußland die Revolution in gewalt samem Schritt weiter, ohne die erwarteteu Hoffnungen zu erfüllen. Ties zeigt deutlich die große Staatszusammeu- kunft in Moskau. Sie hat am vorigen Sonnabend ihren Anfang genommen und ist nun wieder geschlossen worden. Schon bei ihre,»» Zusammentritt hatte man Unruhen befürchtet, und der Ort der Tagnng, oas Opernhaus, war eng von Truppen umgeben und aufs strengste bewacht. Tie Maximalisten hatten als Einipruch gegen die Zusammenkunft, die sie als bürger liche und als Gegenrevolution betrachteten, eine Ausstands bewegung herbcigesübet. Es kam auch zu heftigen Kund gebungen der marimalistischen Arbeiter, Frauen und Soldaten gegen die Gewaltherrschaft Kerenskis. Sie er klarten, daß nur der Sieg des Proletariats und der so fortige Friede Rußland von» Untergange retten könne. Kerenski hatte in seiner Rede gedroht, daß er jeden Vcr such, die Zusammenkunft zu einem Angriff auf die durck' sie vorläufige Regierung verkörperte Macht zu benutzen, unerbittlich mit Blut und Eisen unterdrücken werde. Im übrigen schilderte er die finanzielle und wirUchaftliche Lage Rußlands in schwarzen Farben, klagte über die scparatistfichcn Bestrebungen und nannte das Verhalten russischer Truppen, die ohne Widerstreben dem Drängen des Feindes gewichen wären, eine große Sch,nach. Zur Friedens frage bemerkte er, daß Rußland den Vorschlag eines Sonder friedens zurückgeiviesen habe, was nicht den Tatsachen entspricht. Tie ganze Darstellung Kerenskis, schreibt oi: „Rorddeutsche Allgemeine Zeitung" in einer Ei^gcgnuna auf seine Rede, ist offensichtlich zu den» Zwecke bestimmt, Deutschland als denjenigen hinzustcllen, der das arme russische Vock überfällt und seine Freiheiten wieder zu zertrümmern droht. Kerenski weiß ganz genau, daß cs nicht der Fall ist. Aber von Machthunger ersaßt, stutzt er die alten Schlagworte der Verbandsmächte neu zu um auf das friedliche russische Volk zu wirken, dessen Bundesgenossen aus Eroberungssucht den allgemeinen Frieden weiter verhindern." Kerenski svielt ein gewagtes Spiel. Er wird den Wirrwar in seine»» Lande durct seine Lug- und Trug- und Gewaltpolitik nicht lösen sonder»» nur noch verschlimmern. Rußlands Schicksal wird sich über seinen Kopf hinweg erfüllen. Eigenartig berührt es, daß, während der ,etz'- Diktator Rußlands Deutschland als den Friedensstmv: binftellt, aus seinem eigenen Lande heraus der Beweis von Deutschlands und seines Kaisers Friedensliebe komm». Im Prozeß Suchomlinow ist dies geschehen. Der letzte entscheidende Anstoß zu»»» Weltkriege war die allgemeine russische Mobilmachung gewesen. Der damalige russische Generalstabsches Janus cbkewitich hat nun ausgesagt, daß diese Mobilmachung schon an: 29. Juli 1914 augcordnet u»ü> cingeleitet worden ist In der Nacht zum 30. Juli batte der Zar den Be febl widerrufen. Suchomlinow hat zugegeben, daß er, um die allgemeine Mobilmachung durchzurühren, den Zaren dahii» belogen bat, daß sie nur teilweise vor genommen werde. So hat der Prozeß große geschieht liche Bedeutung, da er vor aller Welt und für alle Zeiten offenkundig macht, daß Deutschlaird tatsächlich vorn 29. Jul, 1914 ab durch die nicht abgesagte russische Mobilmachung sich mit unausbleiblichem Kriege bedroht seben mußte. Ter Streit über die Schuld am Kriege ist damit end gültig zu unseren Gunsten entschieden worden. Sicher haben die jetzigen Machthaber in Rußland nicht gewollt und erwartet, daß dieser Prozeß, der dein alten Lmrcm nachträglich einen Schlag versetzen sollte, zu einem g!än zenden moralischen Siege Deutschlands führe»» werde. Wie cs Kerenski nicht gelingen wird, durch Lüge», gewebe den Siegeswillen seines Volkes dauernd auf- zupeitschen, so wird dieses Mittel, das Llovd George so rücksichts- und gewissenlos anwendet, auch in England schließlich versagen. Anzeichen sind schon vorhanden. Kürzlich wurde gemeldet, daß dem englischen Minister Präsidenten eine Masscnvctition, welche die Unterschritten auch einiger Mitglieder des Unterhauses und zahlreicher an- gesebenerMänucr tnig, überreicht worden sei. Es wurde in iör die sofortige Eröffnung von Friedensverbaudlungen ge fordert. Tie Nahrungsmittelsorgcn in England bäusen sich. Besonders herrscht Not in der Arbeiterbevölkerung. sodaß es zu schweren gewerblichen Unruhe»» gekommen »st. Tie schlimmen Verhältnisse werden in den Zeitungen ohne Zurückhaltung erörtert. Stark erregt ist die englische ArbeitersGast auch wegen des Beschlusses der Regierung den Arbcitcrvertretern die Päs e nach Stockbolm zu ver weigern. Im englischen Unterbaust hat der Abgeordnete Snowdon auf die Geheimvcrträge zwischen Frankreich und Rußland hingcwiesen, die abgeschlossen »vorder, seien mit dem ausgesprochenen Ziele vcr Verhinderung von Deutschlands wirtschaftlicher Entwickelung. Das allein sei die Ursache des Kriegs gewesen. Wenn es auch mitunter sehr lange währt, schließlich dringt die Wahrheit doch durch. Für das englische Volk wird diese Tatsache zum Verhäng nis werden. Uns aber stärkt sie in der Zuversicht und Erwartung des kommenden Sieges. (Abgeschlossen am 31. August.)