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Dienstag Nr. 73. 14. März 1843 UM Leipziger Allgemeine Zeitung. WM und AMandeS. 2 Ngr. «Wahrheit und Recht, Freiheit und Gesetz!» Ueverblick. Großbritannien. M'Naughten für nicht schuldig erklärt. Der Mor- mng Herald über die Politik des Königs der Franzosen. Erdbeben in Westindien. Arankeetch. Ausbau des Louvre. Fodcrungen der Journale. Bcfesti gung von Paris. Berurtheilung wegen betrügerischen Spiels. Proce der Schauspielerin Maxime. Belgien. Gesetzentwurf über die Eisenbahnpolizei. Deutschland.- S Aus Deutschland. Pflichten der Liberalen. Mün chen. Die Aufhebung der Dispensationstaxen. Berichtigung aus Ber lin. Entschließung an die augsburger Allgemeine Zeitung. »Aus Schleswig-Holstein. Der Sprachstreit. Successionsfrage. Hlrenßen. Note der holländischen Regierung bei der Mittheilung des belgischen Lractats. s Aus Preussen. Das preußische Landes-Oeko- nomiecollegium. (Schluß.) Destteroeich. **Wien. Veränderung in den Regierungspräsidien. Brief porto. sprech. Reformirte Hochschule. Hcrmannstadt. Einberufung der sächsischen Nationsuniversität. stkÜrkel. " Aonstantinopel. Serbische und österreichische Differenz. Mützenstreit. Ferman bezüglich der christlichen Bewohner Bosniens. Essad-Pascha. Reschid-Pascha. Falschmünzer. - Haiti. Feuersbrunst. Bordamerika. * Easton. Journalwesen. Neuyorlr. Zustand des Han dels. KrkegSbrigg Somers. Handel und Budnst-ie. Leipzig. Eisenbahnfrequenz. Berlin. Hknkündigungen. Großbritannien. . London, 7. März. MMaughten, der Mörder Drummond's, ist nach zweitägigen Verhandlungen vor dem Criminalacricht in London von den Geschwo renen für „Nichtschuldig wegen Wahnsinns" erklärt worden. Oie be deutendsten englischen Irrenärzte und namentlich vr. Monro, Sir A. Morrison, Dr. Sutherland rc. wurden als Zeugen verhört und erklär ten sämmtlich einstimmig, es sei nicht im allermindesten zweifelhaft, daß M'Naughten die That im Wahnsinn begangen habe, daß dieser Wahnsinn ihn schon seit vielen Jahren beherrscht und daß der Mord nur die ärgste Aeußerung desselben gewesen sei. Seit mehren Jahren habe M'Naughten unter der fixen Idee gelitten, daß er von einer po litischen Partei und zwar von den Tories verfolgt werde, die ihn überall mit Spionen umgeben hätten und jeden feiner Schritte und Hand lungen bewachen ließen. Jeden, der ihn auf der Straße ansah oder irgendwie zu bemerken schien, hielt er für einen solchen Spion, und wer sich gar nicht um ihn kümmerte, galt ihm für einen um so ge fährlichem Aufpasser. In den Journalen, z. B. in der Times, fand er Anspielungen, die nur auf ihn Bezug haben könnten, und mehr mals wendete er sich mit Beschwerden und Bitten um Schutz an Lo- calbeamte, die ihn natürlich abwcifen mußten und dadurch seinen Wahnsinn um so stärker anfachten, sodaß er sogar ein Mal äußerte, wenn er eine Pistole gehabt, würde er den Beamten auf dem Richtersitz erschossen haben. Daß er Sir R. Peel als den Führer seiner angeb lichen Verfolger, der Tories, gehaßt, ging aus verschiedenen Aeußerun- gen hervor; ob er aber grade ihn oder sonst Jemanden zu erschießen gemeint, blieb unbestimmt, da er Hrn. Drummond nur tödtete, weil er m ihm „Einen aus der Bande" zu erkennen glaubte, die ihm fortwäh rend nachspüre. Ein Parlamentsmitglied, der Lordprovost oder Bür germeister von Glasgow, eine große Anzahl anderer Beamter, viele Bürger und Handwerker, bei denen er gewohnt oder mit denen er in Verkehr gewesen, und auch sein eigner Vater, der nicht gestorben ist, wie einige Journale früher berichtet, bestätigten diese Angaben und führten einzelne Beispiele an, in denen sich dieselbe fixe Idee äußerte. Die Richter und die Geschworenen unterbrachen am Ende das Verhör der Entlastungszeugen mit der Erklärung, es bedürfe keiner weitern Nachweisung, um sie zu überzeugen, daß M'Naughten feit langer Zeit an einer Geisteskrankheit gelitten, die immer stärker geworben und ihn am Ende zu Drummond's Ermordung hingerissen. Er hörte sein Urtel mit Ruhe an und wurde einstweilen dis zur Abführung in ein Irren haus wieder ins Gefängniß zurückgebracht. Zu den vielen Berichti gungen, welche die Journalmitthcilungen durch diese Verhandlung er hielten, gehört auch noch, daß Prinz Albert ihnen nicht bcigcwohnt, wie früher vom Globc behauptet worden. — Der Morning Herald erkennt an, daß Hr. Guizot nach dem Ausgange der Berathungcn über die geheimen Fonds einstweilen sicher sei, hebt jedoch zu gleicher Zeit hervor, wie sehr dies Alles vom König abhängc und was dieser dabei bezwecke. Der König, meint der Mor ning Herald, fand Festungswerke um Paris zur Beherrschung der Hauptstadt nöthig und ließ deshalb Hrn. Thiers ein Ungewitter herauf beschwören, ohne welches er nicht hoffen durste, die Einwilligung der Kammern zu einer solchen Maßregel zu erlangen. Kaum hatte er die sen Zweck erreicht, so wurde Hr. Guizot berufen, die aufgeregten Lei denschaften wieder zu bezähmen, und das hat Dieser bis jetzt mit Er folg aethan. Damit ist der König aber keineswegs zufrieden, sondern sein Wünsch ist, durch ein aristokratisches Ministerium, dessen Vertre ter Graf Mole sein würde, in ein besseres Verhältnis! zu den nordi schen Mächten, namentlich aber zu Rußland zu kommen. Da aber die Majorität noch nicht stark genug ist, um einem so conservativen Ministerium eine längere Dauer zu sichern, so wird er einstweilen Hrn. Guizot seine Anstrengungen fortsetzen lassen, bis der Erfolg derselben hinlänglich scheint, durch den Grasen Mole dem russischen Bündnisse mit Sicherheit zustcuern zu können. — Nach Berichten aus Westindien hat dort am 8. Febr. ein hefti ges Erdbeben stattgcfunden, worunter besonders die englischen Co lonien Antigua und Montserrat gelitten haben sollen. Genauere An gaben über den Umfang dcS Schadens fehlen bis jetzt. partS, 8. März. Der vom Grafen Zaubert an die Deputirtenkammer gebrachte Vorschlag zum Ausbau des Louvre ist sogleich von sämmtlichcn neun Kammcrburoaux zurückgewiescn worden, sodaß er gar nicht in öf- entlicher Sitzung verlesen und als Antrag zur Vorberathung gebracht werden darf. Der Haupteinwurf war überall, daß das Louvre zur Civillistc gehöre und daher nicht von einem Minister ausgcbaut werden 'önne. Die Oppositionsprcsse erinnert übrigens bei dieser Gelegenheit daran, daß die Eivilliste, wie ausdrücklich erklärt worden, nur deswe gen auf die jetzige Höhe gebracht worden sei, weil jährlich 2 Mill, ^r. davon für den Ausbau des Louvre gerechnet worden. Diese Summe ei nicht blos ihrer Bestimmung vorenthaltcn, sondern die Civillistc )«be das Louvre sogar mit seiner ganzen Umgebung in den größten Verfall gerathen lassen, während sic auf jede mögliche Weise Mieth- zinsen ic. daraus zu ziehen gesucht. — „Der Streit wird jetzt nicht mehr zwischen der ministeriellen Par- ei und der Opposition geführt, heißt eS in der Gazette de France, andern zwischen den Systemistcn und den Reformisten. In intellcc- ueller Beziehung verhalten sich die pariser Journale in diesem Augen- ilicke folgendermaßen: Der Siecle möchte die Julidynastie in dem Sinne der parlamentarischen Revolution von I83V aufrecht erhalten, mit einem von den Kammern abhängigen Könige, Ministern, welche deren Berathungen beherrschen rc. Der Constitutionnel wie der Cour- rier fran^ais ist nur ein Siccle von andern Leuten gemacht. Die Presse» will eine Entwickelung des dynastischen PrmcipS bis zur Vernichtung der Revolution. Sie möchte die Revolution«!« beseiti gen und die Royalisten wie den Klerus mit einer antimonarchischen Thalsache aussöhnen, um dieser den Anschein einer Monarchie zu ge- «n. Das Journal des Dcbats will die Dynastie des Journal des Zebats unter allen Regierungen, allen Ministerien, allen Dynastien. )er National strebt aufrichtig nach einer Reform mittels des gemei nen Rechts und wirkt dadurch für Frankreichs Interessen. Der Com- merce fodcrt die Erfüllung der Julivcrsprechungcn mit allen ihren Fol- en. Seine Dpvosttion ist voll Kraft und Logik. Die Gazette de rance will Versöhnung der Monarchie und der Freiheit. Die «Ra- ion» verlangt di« Zusmnmcnberufung der Nation, um das Gute aller Parteien zu verwirklichen." — Schon jetzt belaufe» sich die Ausgaben für die Befestigung von )ariS auf 206'/, Mill. Fr., wovon 118 für den Ringwall, 88'/,