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Nr. 72 IS. März L84S. Montag WW Leipziger Allgemeine Zeitung. ZM und L»«!nnd<«. « Wahrheit und Recht, Freiheit und Gesetz!» Uebe*blick. Sipanie«. Paris. Espartero und die madrider Nationalgarde. Wahl operationen. Meteor. Großdritannien. Verhandlungen des Unterhauses über Volkserzie hung. Lord Brougham. Neues über die Boers am Gap. * London. Parlamentsdebatten über den Krieg in Afghanistan. Frankreich. Plan zur Vollendung des Louvre. Brief des Königs an Hrn. Guizot. Audry de Puyraveau. * Paris. Liste der Oppositions- deputirten. Paris. Ausbau des Louvre. Don Carlos. Zuckerfrage. Neue Expeditionen in Algerien. Belgien. Beschluß der Repräsentantenkammer über die Bestimmung des Zuckers. Gesetz über die Eisenbahnpolizei. Niederlande. Umgestaltung der Staatsschuld. Deutschland. s München. Annahme des Zinsfußes von 4 Proc. * * Darmstadt. Dienstinstruction gegen die Wilderer. Die Gemeinde- rathseraänzungswahlen. Mainz. Uebergriffe der Handlungsreisendcn. *Äus Schleswig-Holstein. Justizrath Harboe. Landgerichtsadvocat v. Prangen. Baron v. Plcssen. Eisenbahn von Flensburg nach Hu sten. -s Altenburg. Kämmerei-Stat.- Oldenburg. Anschluß an den deutschen Zollverein, x Frankfurt a. M. Stadrwehrdienst. Jubi läum der deutsch-reformirten Gemeinde. Wuchergesetz. Main-Neckar- eisenbahn. Marktdampfschiff. ßtrevtze«. -j-Äus prellssen. Das preußische Landes - Oekonomie- collegium. Aus dem Kergischen. Advocate«. Gemeindeverhältniffe. Defterreich. /rtvien. Unwohlsein der Herzoge Franz Karl und Ste phan. Dienstzeit der Soldaten. Sammlung für den Bau einer katho lischen Kirche in Leipzig. Josephinische Militairakademie. PcrcussionS- gewehre. Militairexceß. Postconvention mit Rußland. Berichtigung über Geymüller. Dänemark. »Kopenhagen. Preßproceß. Stärket. »Konstantinopel. Serbisch« Angelegenheit. Nordamerika. 'Koston. Vorbereitungen zur Präsidentenwahl. Handel und Industrie. Berlin Sknkündigungen. Paris, 7. März. Der Chef der madrider Nationalgarde hielt bei dem Empfang am Namenstage Üspartero's eine Anrede an den Regenten, welche mit folgenden Worten schloß: „Nichts wird der Nationalgarde angenehmer, nichts schmeichelhafter, nichts erfreulicher sein, als sich um Ew. Hoheit zu scharen, so oft die Erhaltung der be stehenden Verfassung, des Throns unsrer unschuldigen Kömgin und der Regentschaft, welche das Vaterland mit einer so glücklichen Wahl der Person Ew. Hoheit übertragen hat, den Beistand der bewaffneten Bürger erheischt." Aus der Antwort des Regenten heben wir fol gende Stelle hervor: „Die Königin und das Vaterland zählen auf euch, und ihr könnt eurerseits auf mich zählen, der ich als Bürger, als Soldat und als interimistischer Chef des Staats nie ein anderes Interesse gehabt habe noch haben werde, als den Ruhm und das Glück meines Vaterlandes befestigt zu sehen. Wenn die Feinde unserer Un abhängigkeit und unserer Freiheit einen Angriff wagen, so werde ich mich an eure Spitze stellen und der Welt beweisen, daß Spanien frei sein will, und daß es frei sein kann."— Die Wahloperationen fallen fortwährend zum Vortheile der Regierungspartei aus, und eS ist bei der bisherigen Vertheilung der Stimmen kaum wahrscheinlich, daß die Opposition auch nur einen einzige» ihrer Candidateu für Ma drid in den Senat- oder in denCongreß bringen werde. Die verschie denen Unterabthtilungen der Opposition klagen sich gegenseitig der Schuld diese» schlechten GrfolgS an, der übrigens seinen Hauptgrund ohne Zweifel ganz einfach in der der Regierung günstigen Stimmung hat, welche unter den madrider Wählern entschieden vorherrscht. — Am 28. Febr. Morgens wurde in Madrid ein kleiner Stern am Himmel sichtbar, eine Erscheinung, welche den auf der Puerta del Sol versam melten Pflastertretern Stoff zu allerlei zum Theil sehr abenteuerlichen Betrachtungen gab. Großbritannien. London, 6. März. In der vorigen Woche waren die Parlamentsverhandlungcn leb hafter und mannichfaltiger, als eS seit langer Zeit der Fall gewesen. VolkSerziehung oder vielmehr die traurige Rohheit eines großen Theils des Volks und ein kleiner Anfang zur Beseitigung derselben veranlaßten im Unterhaus eine beachtcnswcrthe Erörterung. Sic be gann mit einer klaren und thatsächlichen Schilderung des jetzigen Zu standes durch Lord Ashley. Ihr Hauptinhalt war: Jährlich werden Tausende von Kindern in Armuth und Laster geboren, viele von ih nen haben gar kein Mittel, ihre eigne Lage kennen zu lernen, die mei sten erhalten nie einen Unterricht, und die Art von Erziehung, die einige erhalten, ist so durchaus fehlerhaft, daß sie in den meisten Fäl len unmöglich Nutzen stiften kann. Die Lage der Aeltcrn ist von der Art, daß diese wegen ihrer eignen Unwissenheit, ihrer Entbehrungen, ihrer schlechten Wohnungen, ihres unvermeidlichen Besuchens öffentlicher Häuser, thcils aus Bequemlichkeit, thcils aus Noth, und ihrer Unfä higkeit, den eignen Leidenschaften zu widerstehen, statt ihren Kindern als Muster zu dienen, vielmehr eine Vorschule des Lasters für sie bilden. Die Kinder sind frühreif in Schlechtigkeit, schmutzige Sinn lichkeit bezeichnet ihre Jugend, die Kraft der Mannheit, das Zartge fühl des Weibes kommt gar nicht zur Reife, sodaß die Bevölkerung eines großen Thcils der Städte und selbst des platten Landes aus Horden besteht, die sich nur durch eine abgefeimtere Kenntniß der La ster und Vas schmutzigere, den reinigenden Elementen verschlossene Stubenleben von Wilden unterscheiden. Lord Ashley legte keinen Plan vor, wie diese elenden Geschöpfe über ihre abscheuliche Entwürdigung aufgeklärt werden könnten, sondern überließ dies der Krone und dem Parlamente. Ziemlich überraschend antwortete Sir I. Graham mit der Ankündigung von zwei Maßregeln als einem wenn auch nur unbe deutenden Anfänge der VolkSerziehung. Eine dieser Maßregeln besteht in der Errichtung von Districtschulcn 'in Städten, jede für einen Um kreis von 15 Miles Dureymesser, um Armcnkinder oder andere, die freiwillig von ihren Aeltcrn hingcscndct werden, zu unterrichten. Die andere Maßregel besteht in der Errichtung von Schulen in den Fa- brikdistricten, die von allen in Fabriken beschäftigten Kindern besucht werden müssen, um Erlaubniß zu dieser Arbeit zu erhalten, deren Stunden gleichzeitig gekürzt werden sollen. Mit einer Laicttvcrwaltung ist doch ein Mittel verbunden, dir Kirche zu gewinnen, indem ihr die Oberaufsicht und den Dissenters völlige Freiheit zugcsichcrt wird. Beide Maßregeln beschränken sich jedoch auf Kinder von Armen oder ähn liche in Stadtgcgenden, sowie auf Kinder in gewissen Beschäftigungen mit Ausschluß der Katholiken. Zu einer allgemeinen Abhülfe ist Vies offenbar nicht hinreichend. Auch fängt cs auf dem verkehrten Ende an und verordnet, daß Kinder unterrichtet werden sollen, ohne für Schulmeister zu sorgen, die den Unterricht übernehmen könnten. Die Menge von Kindern, die jetzt schon Schulen besuchen und doch nach vieljäprigcm Unterricht in Wahrheit nichts gelernt haben, beweist hin länglich, daß es nutzlos ist, die Schulen zu vermehren, ohne dcn Un- crricht zu verbessern. Bcmerkenswerth war die allgemeine Ucbcrrin- liinmung, daß eine Abhülfc Noth thue, und nach den nutzlosen Vcr- Mdlungcn über die Lage des Landes scheint endlich etwas, wenn auch nicht viel für deren Verbesserung im Werke. (8pvetator.) — Lord Brougham's Aeüßerung im Obcrhause, daß nicht, wie in den Versammlungen der Anti Cornlaw League gesagt worden, der Herzog v. Wellington, sondern ein „Whiggencral" die Gräuel bei der Einnahme von St.-Sebastian verschuldet habe, hat ihm Händel zu- gezogen und droht zu einem Duell zu führen. Dec erwähnte Whig gencral lebt nämlich noch und heißt Lord Lynedoch. Auf seine erste Ausfodcrung soll Lord Brougham erwidert haben, er betrachte die Sache als einen Theil der Geschichte, wogegen Lord Lyncdoch meinte, um der Geschichte anzugchören, müsse man todt sein. Dann versprach Zord Brougham cinc Ehrenerklärung im Obcrhaufe, da diese aber noch nicht erfolgt ist, hat Lord Lyncdoch ihn mahnen lassen mit einer An deutung, er werde ihn sonst „an der Nase zupfen". — „Zu offenen Feindseligkeiten, heißt cs in einem Schreiben aus der Kapstadt vom 25. Dcc., ist es noch nicht gekommen, doch haben sich be- eitö fast sämmtliche zu den Operationen gegen die Boers bestimmte lruppen i» Colcsbcry conccntrirt. Die getroffenen Maßnahmen haben die »zufriedenen Boers innerhalb der alten Grenzen der Colonie zwar inso- crn cingeschüchtert, daß sic sich aufrührischcr Versammlungen enthielten, iber ein bedeutender Theil derselben, einen Fcldcornct (BezirkSvorstchcr) an der Spitze, ist zu den Boers jcnscit des Orangcflustcs übergrgangcn, auch haben die meisten der Zurückgebliebenen geradezu jede Theilnahme an dem bevorstehenden Kampfe gegen ihre ausgewandcrtcn Genossen ver weigert, wohl aber sich bereit erklärt, einen Ueberfall gegen die unter iritischem Schutze stehenden Griguas zu unternehmen. Oberst Hare,