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Sonnabend Nr. 28. 28. Januar 1843. Die Zeitung erscheint täglich Abends. — Zu beziehen durch alle Postämter des Jn- und Auslandes. Leipziger Allgemeine Zeitung Preis für das Biertel- ' jahr 2 Thlr. Jnsertionsgebuhr für den Raum einer Zeile . 2 Rgr. «Wahrheit und Recht, Freiheit und Gesetz!» Uevervtick. Großbritannien. Mordanfall auf Peel's Privatsecretair. Peel's Correspondenz mit der Handelskammer von Birmingham. Ueber List's Zollvereinsblatt. Cap (die Boers noch im Widerstand). * London. Des Briten Wille. Frankreich. Debatte der Pairskammer über die Adresse (Fortsetzung). Polemik des Journal des Debats und Constitutionnel. Reliquienscn- dung nach Algerien. Al Paris. Stimmung in Betreff der Verträge- und Zuckerfrage. Ueber Guizot's Erklärung wegen des Verhältnisses zu Spanien. -Metz. Eine Nachschrift zur Dauzes'schen Broschüre. Niederlande. Ueber die Opposition gegen den belgischen Vertrag- Deutschland. *Uon der Elbe. Die ministerielle Gewalt. S Mün chen. Weiterer Bericht über die Ausschließung Brunck's und Ritter's. Kassel. Verhandlung über die Censurkosten. -Hamburg. Schlim mes Jahr für den Getrcidehandel. Mrenßen. Elbing. Eine Folge des geheimen Criminalverfahrens. ^Berlin. Generalmajor v. Peucker. "Berlin. Der Sachs-Min- dingsche Streit. Würde der Wissenschaft. Desterreich. 4swien. Der Vorwurf der Lügenhaftigkeit. Excesse. Schweiz. ss Von dcr nördlichen Grenze. Freisinnige Beschlüsse über die bündner Cantonsschule. Die Rdhmerschen Händel vor dem Ober gericht. Neue Streitschriften angekündigt. Altes Brautpaar. Moldau und Walachei. -Bukarescht. Feste und Verfügungen des neuen Fürsten. Abdankung des Fürsten Stourdza gewiß. Rus sische Politik. Literatur und Annst. -München. Bildende Kunst. Handel und Bnbustrte. BEn. Mnkündigungen. Großbritannien. London, 21. Jan. Gestern gegen 4 Uhr Nachmittags wurde in Charing Croß ein Mordversuch gegen einen Privatsecretair Sir R. Pecl's, Hrn. Drum mond, gemacht, als dieser aus dem Hause seiner Aeltern kam. Ein gutgeklcideter junger Mann von 23 Jahren schoß ihm in den Rücken und wollte noch einen Schuß thun, wurde aber von einem Polizeidie ner daran verhindert und verhaftet. Hr. Drummond ist der Sohn eines Bankiers; seine Wunde scheint gefährlich. Man glaubt allge mein, daß der Verbrecher ihn für Sir R. Peel gehalten und diesen zu erschießen beabsichtigt habe. — Die Handelskammer in Birmingham veröffentlicht eine weitläu fige Correspondenz, welche sie seit der Mitte des vorigen Jahres mit dem Premierminister Sir R. Peel geführt hat, um diesen zur Ausgabe einer Summe uneinlösbarcn Papiergeldes zu bewegen. Zur Begründung dieses Antrags weist die Handelskammer zunächst auf die Nothwcndigkeit hin, die vorhandene Masse des Geldes stets in einem der Vergrößerung der Bevölkerung und der Erweiterung des Verkehrs entsprechenden Verhältnisse zu vermehren. Nächstdem beabsichtigt die Handelskammer durch ein solches, von der Regierung ausgcgebcncs un einlösbares Papiergeld dem verderblichen Schwanken der Preise vor zubeugen, welches aus der abwechselnden Vermehrung und Verminde rung der Banknotenausgabe, und zwar immer so entsteht, daß grade in demselben Augenblicke, wo durch Ausfuhr edler Metalle, z. B. zum Getreidcankauf im Ausland, ein größeres Papicrgeldbcdürfniß eintritt, die Banken ihrer eignen Sicherheit wegen den Betrag der im Umlauf befindlichen Banknoten vermindern. Ein uneinlösbarcs, aus dem Cre- dite der Regierung beruhendes Papiergeld würde, meint die Handels kammer, solchen Schwankungen nicht unterliegen und könne außerdem stets zweckmäßig in Umlauf gesetzt oder zurückgenommcn werden. Sir R. Peel ist jedoch nicht geneigt, auf diese Idee cinzugehen, und bringt allerlei Schulansichtcn über die Natur des Geldes gegen die aus dem Leben geschöpften Vorschläge der Handelskammer vor. So fragt er z. B., was das Wort Pfund Sterling in einer Banknote bedeute, die nicht cinlööbar, -d. h. auf Verlangen des Inhabers stets gegen edle Metalle austauschbar sei. Die Handelskammer beantwortet ihm diese Frage freilich nicht durch eine gründliche theoretische Erklärung, weist ihn aber praktisch auf den Theil der Banknoten hin, der in Wahrheit nie baar cingelöst werden könne, weil die Banken nur einen Theil des Betrags ihrer Noten in edcln Metallen besitzen re. — Die englischen Journale widerlegen die oft ausgesprochene Mei nung, daß sie ausländischen Interessen nur wenig Aufmerksamkeit zu- wcndcn, jetzt wieder durch ihre Bemerkungen über das von vr. List begonnene Zoll Vereins blatt. Die darin empfohlene Einführung von Einrichtungen, deren üble Folgen sich in England in dem Grade fühl bar gemacht, daß jetzt alle Parteien über ihre Abschaffung einig sind, und cs sich nur noch darum handelt, wie dies ohne Nachtheil für die dadurch bewirkten Zustände geschehen könne, kann natürlich nirgendwo Beifall finden. Die Times weist aber noch besonders darauf hin, daß das Zollvercinsblatt in seinem Kampfe gegen England sogar von der in dem Spottblatt ausgestellten Idee, ein Loch durch die Erde nach Kanton zu graben, und von der lächerlichen Ankündigung einer Luftpost zwi schen England nach Ostindien Notiz nehme, und bezeichnet dies als einen Maßstab für die Gründlichkeit der darin entwickelten Handels- theoricn. — Vom Cap -er guten Hoffnung sind Nachrichten bis zum 26. Nov. hier cingcgangen, welche melden, daß die holländischen Bauern dabei beharrten, der britischen Regierung von neuem ihre Untcrthänigkeit zu verweigern. An der Spitze der Aufsässigen am Orangcfluß stand ein gewisser Moeke. Hiesige Blätter fodern die Re gierung auf, gehörige Verstärkungen an Ort und Stelle zu senden, damit der Widerstand der Boers nicht erst wieder in offene Rebellion ausbrechc. * London, 20. Jan. Die englische Nation ist unstreitig eine der größten, die es je gegeben hat. Im Innern herrscht eine Selbstän digkeit, wie sie sonst nirgend zu finden ist, nach außen hin dehnt sich ihre Herrschaft über ungemessenc Länder, ihr Handel über Welttheile, ihr Einfluß über die ganze Erde aus. Wer diese Ergebnisse sieht, kommt sicher auf die Frage: woher diese Macht? woher diese unend lichen Erfolge? Das ist eine Frucht der freien Constitution, sagen die Einen, als ob die Constitution selbst nicht ebenfalls ein Erfolg, als ob sie nicht ein Glied des Ganzen wäre! Der Handel, die Lage Eng lands sind die Ursache, sagen die Andern, und sehen nicht, daß es vor den Engländern der, Handelsvölker viele gab, daß in Bezug auf die Lage andere Nationen eher bevorzugt als im Nachtheil erscheinen. Die Wurzel der englischen Größe liegt vorerst und vor Allem in dem festen Wollen des Engländers. Der Engländer sagt: „Ich will", und dies: „Ich will", heißt zugleich: „Ich werde"; das gegenwärtige Wol len im Geiste des Engländers gestaltet sich als unabwendbare Zukunft. Ich will, das heißt auf Englisch: cs wird geschehen! Dieser feste Wille hat die englische Constitution, die englische Marine, den engli schen Handel, die englischen Colonien, den englischen Einfluß, die eng lische Weltherrschaft hcrvorgcrufcn, und nur ein solches Wollen, das dem Wollenden zugleich als Zukunft erscheint, kann Völker groß und mächtig machen. Die Form findet sich, und in dem Ausdruck: „Ich will", der zugleich heißt: „Ich werde", liegt für jedes Volk, das so denkt, Freiheit, Macht und Ansehen. Das lehrt die Geschichte Eng lands auf jedem Schritte vom Anfang an bis zum heutigen Tage. Man sagt oft, die schlechten Könige fördern die Freiheit, und Johann ohne Land ist der Gründer der Freiheit Englands, weil er cs zufällig war, dcr dic Magna Charta erlassen mußte. Aber wenn England nur unter einem Johann ohne Land seine Freiheit hatte erringen kön nen, so würde cs sic unter einem Eduard I. wieder verloren haben. Die Engländer aber „wollten" frei sein, das heißt, sie waren sicher, daß sie frei sein würden. Und grade Eduard I. war es, der die Herr schaft des dritten Standes begründen helfen, dcr Freiheit ihre festeste Basis geben mußte. Aber das erklärt sich Alles so einfach und so natürlich, wenn man sicht, wie Eduard, der siegreiche, mächtige, tapfere Eduard, auf das englische: „Ich will und werde" stieß. Als er die englischen Heere ohne Zustimmung dcr Stände nach Flandern führen wollte, weigerte sich dcr Constable Humphry Bohum, den Befehl zu übernehmen und nach Flandern zu gchcn. Und Eduard rief aus: „Sir Earl, bei Gott! Ihr solltet entweder gchcn oder gehängt wer den!" Und dcr Earl antwortete ruhig: „Sir König, bei Gott) ich «will» weder gchcn noch gehängt werden." Das ist das ganze Gc- hcimniß: „Ich will", das heißt:-„Ich werde". Ich glaube kaum,