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Freitag Nr. 217. S. August 1842 MC Leipziger Allgemeine Zeitung. AM «Wahrheit und Recht, Freiheit und Gesetz!» Großbritannien. — Frankreich, (f-Paris; * Paris; "Metz.) — Belgien. ("Brüssel.) — Deutschland, (s Nürnberg; "Mainz; "Dessau; -j-Frankfurt a. M.; Hamburg.) — Preußen. (f-Preußen; /»Berlin; "Berlin; ""Halle; ""Posen.) — Desterreich. ("Wien; ssMen.) — Dänemark. (Kopenhagen.) Stutzland und Polen. ("Warschau.) — Griechenland. (XAthen.) — Tripolis. — Han- del UN» Industrie. ("Athen) - Ankündigungen. Großbritannien. London, 29. Jul. Ueber eine Bittschrift, welche von Manchester aus dem Prinzen Albert übersendet worden, und worin die Noth des Landes dar aestellt wird, sagt das Morning Chronicle: „Dieses Bittstellern an Prinz Albert können wir nur als ein unüberlegtes Beispiel betrach ten, von dessen Befolgung abzurathen ist. Die Darstellung trug über 27,000 Unterschriften, die binnen der kurzen Zeit von zehn Stun den zusammen gebracht worden, was allein schon ein ergreifendes Zei chen des Elends ist, in dem sich diese einst so blühende Stadt be findet. Indem Prinz Albert in seiner Antwort ihnen Theilnahme aus sprach und sie ans Parlament verwies, that er, was von ihm zu er warten war, und bewies eben so viel Gefühl wie Zurückhaltung. Es ist aber weder schicklich noch nützlich, den Prinzen in die Lage zu ver setzen, in die solche Adressen, wenn sie häufiger würden, ihn brin gen müßten. Der Prinz ist eben so wenig ein Beamter wie der Her zog v. Wellington und hat weit mehr Anhauch darauf, von den Pflichten, der Verantwortlichkeit und den Anfoderungen einer amt lichen Stellung befreit zu bleiben. Prinz Albert Hal keine anerkannte Gewalt im Staate. Der Versuch, ihm eine Meinung über politische Fragen zu entlocken, kann nur ihn selbst in Verlegenheit setzen, ohne irgend Jemandem nützlich zu werden. Eine angenehme Antwort könnte ihn populair, eine anderartige ihn verhaßt machen. Damit wäre die Sache zu Ende, woraus klar hervorgeht, daß sie gar nicht begonnen werden sollte. Daß Versuche von minder öffentlicher und minder eh- rcnwerther Art stättgefunde» haben mögen, um Einfluß über LasGc- müth deS Prinzen zu gewinnen, ihm ungehörige Vorurtheile einzuflö ßen und ibn in die Fesseln einer Partei zu schlagen, ist nicht unmög lich. Allein dies rechtfertigt nicht, wir Men nicht ähnliche Schritte, denn die sind nicht versucht wopden, sondern irgend ein Verfahren, des sen Zweck ist, ihn in den Streit zu verwickeln, der das Publicum spaltet. Sein Einfluß über daö Gemüth der Königin ist zu heilig nach Ursprung und Charakter, um alS Preis in Parteizwisten zu die nen. Deshalb sollte auch der Prinz nicht als Weg gewählt werden, um sich der Königin zu nähern. Es gibt ja verfassungsmäßig aner kannte Mittheilungömittel. Diese unbenutzt zu lassen, um den Ver hältnissen des Familienlebens in dem abgeschlossenen Kreise deö König- thums einen politischen Ton zu gebe», kann in keiner Wejs^ gutthun." — In der Sitzung des Unterhauses am 27. Jul. theilte Hr. Roebuck hie Beschlüsse mit, welche der auf seinen Antrag ernannte Ausschuß zur Untersuchung der Wählbestechungen beantrage. Es sind drei, und sie lauten: ,,1) daß die Vereinbarungen über Bittschriften ge gen Wahlen, wie sie durch den Bericht des Ausschusses zur Prüfung von Wahlmaßregeln zur Kenntniß des Unterhauses gebracht worden, wenn sie in Zukunft ohne Strafe oder Tadel vorüber gelassen würden, dahin wirken müßten, das Unterhaus beim Volk in Verachtung zu bringen und dadurch dessen Macht und Ansehen ernstlich zu gefähr den; 2) daß alle solche Kunstgriffe hierdurch für eine Verletzung der Freiheiten deö Volks und einen Bruch der Privilegien des Unterhauses erklärt worden, die dieses in allen künftigen Fällen genau untersuchen und streng bestrafen will; 3) daß, weil bei den letzten Wahlen in Harwich, Nottingham, Lewctz, Reading, Falmouth and Perryn und Bridpvxt die jetzt bestehenden Gesetze ungenügend erfunden worden, um die Wähler gegen die verderblichen Versuchungen der Bestechung zu schützeN^hicrmit angeordnet sei, daß Hr. Sprecher keine Anord nung zur Wahl von Mitgliedern für die genannten Ortschaften erlasse, bevor neue gesetzliche Verfügungen getroffen worden, um die Reinheit der Wahlen zu sichern." Nach dieser Mittheilung beschäftigte das Unter haus sich mit der schon früher erwähnten Bill über die Wahlbestechungen und deren Untersuchung.. Nach dieser Bill sollen alle Wahlen, bei denen der mit ihrer Prüfung beauftragte Ausschuß des Unterhauses eine weitere Untersuchung für Whig hält, vor einen Gerichtshof ge bracht werden, der aus drei Mitgliedern des Oberhauses, von de- ncn eins als Präsident fungirt, und aus vier Mitgliedern des Un terhauses gebildet, und dem die Befugniß verliehen worden, die be- treffendm Personen über deren eigne Handlungen eidlich zu verneh men. Natürlich findet eine solche Bill bedeutenden Widerspruch, da einerseits die Selbständigkeit des Unterhauses in seinem wichtigsten Punkte, der Persönlichkeit der Mitglieder, dadurch theilweise von Mit gliedern deö Oberhauses abhängig gemacht wird, und da es anderer seits ein Hauptgrundsatz des englischen Rechts ist, daß Niemand ge zwungen werden darf Aussagen zu machen, die ihn selbst anzuschuldi gen geeignet sind. Die Erfahrung hat jedoch bereits erwiesen, daß es den Ausschüssen des Unterhauses in solchen Fällen an der nöthigen Ruhe und Rechtskcnntniß fehle, die vorzugsweise bei den Mitgliedern der höchsten Gerichtsstellen zu finden sind, welche im Oberhause Sitz haben. Außerdem ist auch der Kanzleigerichtshof, der mehr nach dem Naturrccht als nach geschriebenen Gesetzen urtheilt, schon jetzt be fugt, die Parteien über ihre eignen Angelegenheiten eidlich zu verhö- ren, und man begnügte sich deshalb damit, das Verbot des Selbst- cntschuldigens auf Straffälle zu beschränken, den Aussagen vor dem Wahlgcrichte dagegen Straflosigkeit zuzusichcrn. Dennoch erhob sich bei der Berathung im Ausschuß so viel Widerspruch gegen diese ur sprünglich von Lord I. Russell entworfene Bill, daß ein großer Theil derselben verworfen, andere Bestimmungen aber völlig umgestaltct wur den. Die Ermächtigung, eidliche Aussagen, auch wenn sie zur Selbst- anschuldigung geeignet wären, verlangen zu dürfen, wurde mit 80 gegen 39 Stimmen verweigert. Frankreich. Parts, 3v. Jul. Die Deputirtenkammer Hat in ihrer gestrigen Sitzung zwei der bcstrittensten Wahlen für gültig erklärt, indem sie die HH. deLa- roche-Jacquelin und Aylies aufiiahm, Bei Hrn. Aylieö handelte eö sich blos^um Gesetzinterpretationen und Förmlichkeiten; bei Hrn. de Laro- che-Jacquelin wurde die Wahl selbst sogleich für gültig erklärt und es handelte sich nur um die Minister. Hr. Billaut stellte nämlich die Behauptung auf, das Ministerium habe den Legitimisten, Hrn. deLa- roche-Jarquelin, gegen ein Mitglied der Linken, Hrn. de Sivry, unter stützt, woran er dann eine grelle Schilderung knüpfte, wie unverant wortlich eö sei, Jemanden, der die Julidynastie befeinde, einem An der», der blos das Ministerium bekämpft, vorzuziehen. Zum Be weise seiner Behauptung verlas er daS Schreiben eines Unterpräfectcn, der Hrn. de Sivry anzeigte, er werde für ihn wirken, obwol das Gc- gcntheil von ihm verlangt worden sei. Der Minister des Innern iGgncte die angebliche Thatsache und hob dagegen hervor, daß die Opposition ja selbst die Legitimisten unterstützt und sogar den Vicomte Walsh, Directeur der „Mode", an die Stelle eines konservativen Mit gliedes der Deputirtenkammer wählen zu lassen versucht habe. Hr. de Laroche-Jacquelin verlas ein Empfehlungsschreiben, welches die HH. Odilon-Barrot und Taschcrcau dem Vicomte Walsh gegeben, und fügte hinzu, daß dagegen auch die Mitglieder der Linken, ja Hr. Billaut selbst mit Hülfe der Legitimisten gewählt worden seien. Hr. Odilon- Barrot entschuldigte sich damit, daß Hr. Guizot während der Coali- tion gegen Graf Mole im Jahr 1839 Dasselbe gethan habe, worauf Oberst Briqueville rief: „Hr. Guizot verlangt das Wort!" und an dere Stimmen sagten: „So antworten Sie doch, Hr. Guizot!" Hr. Guizot brach jedoch sein Stillschweigen nicht, und als dann noch mehre andere Deputate, unter ihnen Hr. Berrver, diese gegenseitigen Anschuldigungen uyd Rechtfertigungen fortgesetzt hatten, endete die Verhandlung mit der Eidesleistung des Hrn. de Laroche-Jacquelin. „Es würde schwer ftm, sagt das Journal des Debatß, ungeschickter zu verfahren, als Hx. Billaut es gethan. Ganz Frankreich ist Zeuge gewesen, wie nach Hrn. Odilon - Barrot'S Ausdruck: «die Vendeer ich mit den Soldaten vpn der Loire gegen das Ministerium desAus- andcs vereinigten», und jetzt tritt Hr. Billaut auf und wirft dem Mi nisterium vor, daß cs den einen Oppositionsbewerber gegen den an dern unterstützt habe rc." — Ein Bureau der Devujirtenrämmer hat mit 24 gegen 4 Stimmen beschlossen, auf die Gültigkeitserklärung der Wahs des Hrn. Emile de Girardi» in Castel-Sarrazin anzu- tragcn. Ein anderes Bureau hat die Beschlußfassung über dessen Er wählung in Bourganeuf bis zur nächsten Woche vertagt. — In der gestern gehaltenen Versammlung der konservativen Mit glieder her Deputtrtcukammer waren die HH. Dupin, de Lamartine und Sauzct als Bewerber um die Präsidentschaft nicht zugegen. Um