Volltext Seite (XML)
Staatsanzeiger für das Königreich Sachfen. Zeitweise Nebenblätter: Landtagsbeilage, Synodalbeilage, Ziehungslisten der Verwaltung der N. S. Staatsschulden und der S. Alters« und LandeSkulturrentenbank, Jahresbericht und Rechnungsabschluß der Landes-Brandversicherungsanstalt, Verlaufsliste von Holzpflanzen auf den K. S. Staatsforstrevieren. Nr. 117. Beauftragt mit der Oberleitung (und preßgesetzlichen Vertretung): Hofrat DoengeS in Dresden. Montag, 22. Mai abends 1916. Bezugspreis: Beim Bezüge durch die Geschäftsstelle, Große Zwinaerstraße 16, sowie durch die deutschen Postanstalten 3 Mark SO Pf. vierteljährlich. Einzelne Nummern 10 Pf. Erscheint nur Werktags. — Fernsprecher: Geschäftsstelle Nr. »1LSS, Schriftleitung Nr. 14Ü7S. Ankündigungen: Die ispaltige Grundzeile oder deren Raum im Ankündigungsteile 30 Pf., die 2spaltige Grunvzeile oder deren Raum im amtlichen Teile 7K Pf., unter Eingesandt 1L0 Pf. Preisermäßigung auf Geschästsanzeigen. — Schluß der Annahme vormittags 11 Uhr. Die kurz vor Beginn des Druckes eingehenden Meldungen befinden fich anf Seite 8 dieser Ausgabe. * Sc. Majestät der Kaiser empfing am Sonnabend nach mittag 8 Uhr den Reichskanzler z« längerem Bottrage. Auf den Süd» und Siidtvesthängen des „Toten Mannes- bei Verdun sind unsere Stellungen vorgeschoben worden; 1348 Franzosen wurden gefangengenommen, 18 Maschinengewehre und 8 Geschähe erbeutet. * Der Steueransschutz des Reichstages hat sich in seiner lebten Sitzung mit den Post- und Telegraphengebühren, mit dem Tabaksteuergesetze und mit dem Frachtnrkunden- stcmpel beschäftigt. Die' Ssterreichisch-nngarischen Truppen nahmen am Sonnabend in Südtirol wieder über 3888 Italiener, dar unter 84 Offiziere, gefangen und erbeuteten 25 Geschütze nud 8 Maschinengewehre. Unter derFührltng des Kammervizepräsidenten Hussein Tschavid Bch sind sechs türkische Abgeordnete mit dem Balkanzuge nach Deutschland abgereist, um den Besuch der deutschen Abgeordneten zu erwidern. Ter italienische Ministerrat hat den Beschluß ruck- güngig gemacht, zum Jahrestage der italienischen Kriegs- erkärung Gedenkreden zu halten. Nichtamtlicher Teil. Vom Königliche« Hofe. Dresden, 22. Mai. Se. Majestät der König wohnte gestern dem Gottesdienste in der Kapelle der Villa zu Wachwitz bei. Um ZH2 Uhr fand bei Allerhöchstdemselben Familientafel statt. Heute vormittag nahm Se. Majestät im Schlosse die Vorträge der Herren Staats minister und des Kabinettssekretärs entgegen. Ein Jahr italienischer Krieg. (Zum 23. Mai 1916.) a Ein eigenartiges Schicksal will es, daß gerade in den Tagen, wo sich der Beginn der Feindseligkeiten zwischen Italien und Osterreich-Ungarn jährt, unsere Verbündeten den Italienern die schwersten Schläge beibringen. Um die Mitte Mai des Jahres 1915 war der Kriegstaumel in Italien bis zur Siedehitze gediehen. Mau schrie: Auf «ach Triest! aus nach Wien! Jeder Italiener, der warnend seine Stimme erhob, wurde als Vaterlandsverräter nieder geschrien, denn es galt doch die große Zukunft Italiens sicherzustellen. D'Annunzio flötete Siegeslieder, die längst vom Winde verweht sind. Ein Jahr nach diesem Taumel begann der österreichisch-ungarische Vorstoß und die Italiener erlitten die schwersten Niederlagen seit Kriegsbeginn. Die Feindseligkeiten wurden am 24. Mai 1915 durch die Kriegs- crklänmg Italiens an Osterreich-Ungarn eröffnet. Schon in der darauffolgenden Nacht wurden militärisch wichtige Orte an zahlreichen Stellen der italienischen Osttüste zwi schen Venedig und Barletta von der österreichisch-ungarischen Flotte mit Erfolg beschossen. Die Italiener versuchten zuerst sowohl in Tirol als auch am Jsonzo angriffsweise vorzugehcn. Die österreichisch-ungarischen Truppen mußten sich hier auf die Verteidigung gegen den treulosen ehemaligen Bundesgenossen beschränken, da gerade in Galizien die gewaltige Schlacht tobte, welche die Niederlage des russischen Heeres besiedelte. Da die österreichisch-ungarischen Ver teidigungslinien nicht vollkommen an der Grenze lagen, und die italienischen Truppen aus diesem Grunde mühelos in den ersten Tasten vormarschieren konnten, so erhob sich in der gesamten italienischen Presse ein fast unglaubliches Siegesgeschrei, das allerdings nicht lange währte. Die italienische Armee mußte zeigen, was sie leistet, wenn sie auf Verteidiger stößt. Am 5. Juli begann die dritte italie nische Armee gegen die Jsonzofront am Görzer Brückenkopf eine gewaltige Offensive, die unter den furchtbarsten Ver lusten zusammcnbrach. Schon am 18. Juli halten die Ita liener genügend Verstärkung herangezogen, um eine neue Offensive zu unternehmen, die sich diesmal gegen Doberdo und Görz richtete. Nack neuntäaigem schwerem Kampf, in dem die österreichisch-ungarischen Verteidiger Großes und Heldenhaftes leisteten, brach auch dieser Angriff unter den furchtbarsten Verlusten zusammen, die die Zahl von 100 000 Mann erreichten. Am 20. Oktober erfolgte aufs neue ein italienischer Vorstoß mit stärksten Kräften gegen Tolmein und Doberdo. Auch dieser Angriff brach völlig zusammen. An den anderen Stellen der langen Grenze Deutsch-Ostasrika als Siedlungsland für Inder! c. Von einem Kenner der Verhältnisse in Indien und Ostafrika wird uns geschrieben: Die Zukunft des noch zu erobernden Deutsch-Ostafrika beschäftigt mehr als alle anderen deutschen Schutzgebiete die englische öffentliche Meinung. Außer den großen Anstrengungen, welche die Engländer jetzt machen, uns diese Kolonie doch noch zu ent- reißen, beweist gerade diese rege Anteilnahme der englischen Presse aller Schattierungen, wie hoch man in England den Wert und die Bedeutung dieses Landes einschätzt. Ein beachtenswerter Aufsatz in einer der letzten Nummern der angesehenen Zeitschrift „The Pioneer Mail" beleuchtet nun einen neuen. Grund, der für die englische Regierung den Er werb von Deutsch-Ostafrika befonders begehrenswert er scheinen läßt: die Lösung der immer brennender werdenden indischen Auswandererfrage. Der Aufsatz zeichnet fich zunächst durch eine Sachlichkeit aus, welche englische Preßnimmen, sowie sie fich mit deut schen Angelegenheiten befassen, während des Krieges fast durchweg vermissen lasten. Der augenscheinlich gut unter richtete Verfasser des Aufsatzes erkeunt rückhaltlos die große Kulturarbeit an, die wir Deutschen in Ostafrika geleistet haben. Besonders verhehlt er seine Bewunderung über unsere Leistungen beim Bahnbau Daressalam-Migoma nicht, die er weit besser nennt als die englischen beim Bau der so viel gerühmten Ugaudabahn. Er bezweifelt, daß das Land unter englischer Herrschaft eine ähnlich gute Entwick lung gefunden hätte oder in Zukunft finden würde, und sagt darüber wörtlich: „Es ist nicht wahrscheinlich, daß irgend eine britische Verwaltung dieselbe Begeisterung und Tat kraft eines Kulturpioniers aufbringen wird, wie die Deutschen sie entwickelt haben-. Man kann eine solche auf sachlichen und sachkundigen Erwägungen beruhende Anerkennung deutscher Kultur arbeit in Ostafrika gern buchen gegenüber der sonst allge mein üblichen, von den Engländern allerdings gegen ihre jeweiligen Gegner stets geübten Verleumdungstaktik. Wich tiger und bedeutungsvoller ist aber das in dem Aufsatze an geschnittene Problem der indischen Auswandererfrage, zu dessen Lösung Deutsch-Ostafrika nach Ansicht der „Pioneer Mail" beitragen soll. Es ist eine bekannte Tatsache, daß große Telle der unter englischer Herrschaft in ihrer großen Masse verelendeten indischen Völker trotz der in diesem reichen Lande vorhandenen vielfachen Entwicklungsmög lichkeiten nach Auswanderung drängen. Überall, wo diese verarmten und ihrem Charakter durch die englischen Ber- waltungsmaximen niedergedrückten indischen Auswanderer kam es auch mehrfach zu größeren Zusammenstößen, die über reines Artllleriefeuer hinaus gingen. Besonders gegen den Kreuzbergsattel südlich von Jnnichen entwickelten die Italiener am 5. und 6. September eme heftige Artillerie- tätigkeit und versuchten dabei gegen die österreichischen Stellungen vorzugehen. Ungefähr fünf Bataillone griffen in der Gegend zwischen dem Burgstal und der Pfannspitze an. Sie wurden aber unter schweren Verlusten zurück geworfen und büßten dabei ungefähr 1000 Mann au Toten ein. Bei diesem Angriffe handelte es sich um den westlichsten Punkt der italienischen Nordgrenze. Auch weiter südlich kam es zu heftigen Geschützkämpfeu, die schon seit Monaten für die Italiener ergebnislos verliefen. Die Dolomitenfront ist seit Beginn des Krieges heftig umkämpft und wird von den braven österreichischen und ungarischen Verteidigern gegen alle Anstürme der Feinde gehalten. Hier haben die Italiener schon mehrfach heftige Niederlagen erlitten. An Monte Christallo wurden gleichfalls oft italienische Angriffe abge wiesen. Femerhin war die Linie Vielgereuth-Rovreit auch seit dem Juli des vorigen Jahres schon wiederholte Male das Ziel italienischer Vorstöße, die ständig au der tapfe ren Gegenwehr der österreichisch-ungarischen Truppen scheiterten. Die Italiener kamen nicht einen Fußbreit vorwärts. Das Ringen eines Jahres war nutzlos vertan. Noch zweimal hatten sie auch am Jsonzo versucht, gegen Triest vorzudringen. Sie konnten aber auch hier nicht den geringsten Gewinn erzielen, der ihnen mühelos in den Schoß gefallen wäre, wenn sie neutral geblieben wären. Die Verluste der Italiener erreichten in den fünf großen Offen siven und in den zahlreichen Kämpfen an der Tiroler Grenze nach mehrfachen Berechnungen hervorragender neutraler Persönlichkeiten die Höhe von 500 000 Mann, wenn man die Verwundeten und Toten, sowie die Gefangenen einberechnet. Während die Italiener selbst in allen ihren Vorstößen Erfolge nicht zu erzielen vermochten, haben unsere Verbün deten in gewaltigem Andrang große Siege erfochten. Darin ist das beste Zeichen für die Überlegenheit der Führung und der Soldaren des österreichisch-ungarischen Heeres über die Italiener zu erblicken. Diese Überlegenheit, die weder durch Geld, noch durch Machtmittel ausgeglichen werden kann, bürgt auch dafür, daß unsere Bundesgenossen auf diesem Gebiete den endgültigen Sieg davoutragen werden. aber erscheinen, werden sie als unerwünschter Zuwachs der vorhandenen Bevölkerung empfunden. Bor allen Dingen §n den englischen Besitzungen. Die energische Stellung nahme, z. B. der Südafrikanischen Union gegenüber diesen indischen Einwanderern, die zu direkten Ausnahmegesetzen gegen diese Leute führte, muß gerade in diesem Zusammen hang besonders erwähnt werden. Die SüdafrikanifcheUnion steht mit diesem Vorgehen aber nicht allein, andere englische Selbstverwaltungs- und Kronkolonien haben sich ähnlich verhalten. Diese Politik der englischen Kolonien hat natur gemäß in Indien, wo langsam aber stetig die nationale Selbstachtung im Wachsen ist, arge Verstimimmg ausgelöst, und die Londoner Zentralregierung war vor Kriegsaus bruch zu einem schwierigen Balancieren zwischen einer nicht mehr zu umgehenden Berücksichtigung indischer Wünsche und Forderungen und andererseits der ablehenden Haltung großer und für den Verband des englischen Weltreichs ebenso wichtigen Kolonien wie Indien gezwungen. Es ist daher sehr wohl möglich, daß die englische Regierung bei Kriegsausbruch im stillen gehofft hatte, durch die Eroberuug Deutsch-Ostafrikas und die Bestimmung dieses Landes zu einem indischen Siedlungsgebiet aus der bisherigen Ver legenheit herauszukommen. Aus eiuem solchen Platze würde sich auch ohne weiteres die Tatsache erklären, daß in der ersten Hälfte des Krieges die Führung des Eroberungs krieges gegen Deutsch-Ostafrika einzig und allein dem indi schen Generalstab überlassen worden ist. Gegenüber den: tapferen Widerstande unserer Ostafrikaner reichte aber die indische Macht nicht aus. Mit der Schlacht bei Tanga wurde den englischen Hoffnungen, mit indischer Hilfe allein Teutsch Ostafrika zu erobern, ein jähes Ende bereitet. England mußte die südafrikanische Union um Übernahme des Raub zuges gegen Deutsch-Ostafrika bitten. Damit ist aber selbst für den unwahrscheinlichen Fall, daß England die Eroberung Deutsch-Ostafrikas und seine Behauptung bei Friedensschluss geläuge, die beabsichtigte Lösung des indischen Auswanderer problems und der mit ihm zusammenhängenden national- indischen Fragen wieder auf ihren alten Stand zurückgesührt. Tenn England kann nicht erwarten, daß Südafrika unter beträchtlichen Opfern an Blut und Geld Deutsch-Ostafrika erobern soll, um es dann den Indern als Siedlungsgebiet zu überlassen. Den Südafrikanern möchten wir aber schon jetzt die Beachtung des Aufsatzes in der „Pioneer Mail" emp fehlen. Er wird ihnen trotz aller schönen Reden von Botha und Genossen deutlich genug beweisen, daß das, was eine starke südafrikanische Partei fchon heute erkannt hat, zu- trifst, nämlich, daß die Südafrikaner mit ihrem Feldzug gegen Deutsch-Ostafrika günstigeusallss mir für England, beziehungsweise Indien die Kastanien aus dem Feuer holen. Der Krieg. Zur Lage. Kleine Nachrichten. Konstanz, 20. Mai. Vormittags V,10 Uhr traf der erste schweizerische Sanitätszug mit deutschen Kriegs- invaliden aus Frankreich ein. Er wurde von einer groben Menschenmenge herzlich begrüßt. Zum Empfange auf dem fest lich geschmückten Bahnhofe fanden sich Prinz Max von Baden und der stellvertretende kommandierende General des XIV. Armee korps General v. Manteuffel ein, über die Zahl der Schwer verwundeten, die der Heimbeförderung harren, können noch keine bestimmten Angaben gemacht werden. Man rechnet auf etwa 300 bis 400 Franzosen und etwas weniger Deutsche. Ter Krieg mit Frankreich und Belgien. Der gestrige Bericht unserer obersten Heeresleitung vom westlichen Kriegsschauplätze lautete: Auf den Süd- und Südwesthängen des „Toten Mannes" wurden nach geschickter Artillerievorbereitung unsere Linien vorgeschoben. 31 Offiziere, 1315 Mann wurden als Gefangene eingebracht; 16 Maschinengewehre und 8 Geschütze sind außer anderem Material erbeutet. Schwächere feindliche Gegenstöße blieben ergebnislos. Rechts der Maas ist, wie nachträglich gemeldet wird, in der Nacht zum 20. Mai im Caillettewalde ein französischer Handgranatenaugriff abgewiesen worden. Gestern gab eS hier keine Jnfanterietätigkeit. Das beider seitige Artilleriefeuer erreichte aber zeitweise sehr große Heftigkeit. Kleinere Unternehmungen, so westlich von Beau mont und südlich von Gondrexon, waren erfolgreich. Bei Ostende stürzte ein feindliches Flugzeug im Feuer unserer Abwehrgeschütze ins Meer. Bier wettere wurden im Luftkampfe abgeschossen; zwei von diesen in unseren Linien bei Lorgies (nördlich von La Basseej