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Allegro-Satz! Kaum erkennt man noch die alte Form unablässigen Wechselns zwischen Orchester und Solo. Der Satz ist nach der dreiteiligen Arienform auf gebaut mit einem Mittelteil in der Mollparallelc (cis-Moll), der mit einer virtuosen Adagiokadenz schließt. Sehr charakteristisch ist das Kopfthema des Satzes und seine Fortführung. Wenn die Solo violine das Thema anstimmt, erklingt zugleich im Orchester die Fortführung, während der Baß das Kopfthema andeutet. - Stimmungsmäßig erinnert das Adagio an den Moll- Teil des ersten Satzes; es steht ebenfalls in cis-Moll. In dieser seltenen Tonart wird eine innige, ernste, fast klagende Weise über einem ständig wiederholten Baßmotiv (Basso ostinato) aufgebaut, die dem Solisten die Grundlage für einen seelenvollen, ergreifen den Gesang gibt. - Überschäumend vor Lebensfreude eilt der Schlußsatz (Allegro assai) dahin. Seine Musizierfreude und heitere Spiellaune sind bezaubernd. Formal handelt es sich um einen rondoartigen fröhlichen Ausklang; immer wieder erscheint der Tutti-Ref rain von 16 Takten in der Grundtonart. Viermal steht dazwischen ein Solo des Solisten, das letzte Solo ist besonders ausgedehnt und virtuos angelegt. Antonin Dvoraks 9. und letzte Sinfonie e-Moll op. 95 entstand 1893 in New York wäh rend des Amerikaaufenthaltes des tschechischen Meisters. Er war 1892 in die „Neue Welt“ gekommen, um drei Jahre lang als Direktor des Konservatoriums in New York tätig zu sein. Die Rationalität und Betriebsamkeit des amerikanischen Lebens, die neuen Maschi nen, Wolkenkratzer usw. machten großen Eindruck auf Dvorak, der sich gewiß gerade auf die Gestaltung des ersten und letzten Satzes der 9. Sinfonie, seines ersten „amerika nischen“ Werkes, ausgewirkt hat. Besonders wichtig jedoch waren die menschlichen Begegnungen für Dvorak, seine Berührung mit den schlichten Liedern der Ureinwohner Amerikas, der Indianer, und mit den Gesängen der Neger. Ein Widerhall dieser ameri kanischen Volksmusik ist in der Partitur der Sinfonie „Aus der Neuen Welt“ unmittelbar festzustellen, ohne daß der tschechische Meister irgendwelche fremden Melodien ver wendet hätte: „Ich habe von keiner dieser Melodien Gebrauch gemacht. Ich habe nut eigene Themen geschrieben, denen ich die Besonderheiten der Indianermusik verlieh. In dem ich diese Themen zum Vorwurf nahm, habe ich sie mit allen Errungenschaften der modernen Rhythmik, Harmonik und Kontrapunktik sowie des Orchesterkolorits zur Ent wicklung gebracht.“ Die Uraufführung der Sinfonie erfolgte am 16. Dezember 1893 in der New Yorker Carnegie Hall unter der Leitung von Anton Seidl, einem Freunde Richard Wagners. Als Dvorak von den amerikanischen Kritikern als „Erfinder der amerikanischen Musik“ ge priesen wurde, entgegnete er mit dem ihm eigenen Humor: ,,Es scheint, ich habe ihnen den Verstand verdreht! Bei uns zu Hause wird man begreifen, was ich meinte!“ In der Tat: Dvorak ließ mit der Sinfonie „Aus der Neuen Welt“ eines seiner besten und zu gleich typisch tschechischen Werke in die Welt hinausgehen, das seitdem zu den volks tümlichsten, beliebtesten Schöpfungen des internationalen sinfonischen Repertoires gehört. Eine schwermütige, langsame Einleitung ist dem ersten Satz vorangestellt, aus der sich zunächst zaghaft, dann immer bestimmter der Hauptsatz (Allegro molto) mit seinem zwei teiligen markanten Hauptthema, eine plastische Dreiklangs-Melodie, entwickelt. Freudig bewegt ist das zweite Thema, vom ersten abgeleitet. Dieses Material bildet die Grund lage des einfach, übersichtlich und vor allem mitreißend gestalteten Satzes. Einen der schönsten langsamen Sätze der sinfonischen Weltliteratur stellt das anschlie ßende Largo dar, das durch die Szene eines Indianerbegräbnisses aus Longfellows Epos „Hiawatha“ angeregt wurde. Das Englischhorn stimmt die ergreifende, melancholische Trauermelodie an, die Klage über den Tod von Hiawathas treuer Gefährtin Minnehah. Das Largo ist dreiteilig angelegt. Der Mittelteil weist eine gleichsam indianische Intona tion auf, ist erregter in seiner Haltung und führt zu einem feierlichen Gesang der Holz bläser. In großer Steigerung erklingen schließlich die Hauptthemen des ersten Satzes, bis dann wieder die erhabene Klage des Anfangs einsetzt. Nach dem gedankenreichen Largo führt uns das Scherzo (Molto vivace) in eine gänzlich andere Welt. Wieder liegt ein Bild aus Longfellows Dichtung zugrunde: der Festtanz der Indianer zur Hochzeit Hiawathas. Ein rhythmisch akzentuiertes, harmonisch geführtes Thema charakterisiert den Indianertanz. Ein anmutiger, lyrischer Mittelteil mit walzer artigem Rhythmus löst die lebhafte wirbelnde Bewegung ab. In der Überleitung zum Trio erscheint unvermutet das Hauptthema des ersten Satzes. Nun erklingt eine echte tschechische Tanzmelodie mit lustigen Sprüngen und zarten Trillern der Holzbläser - Ausdruck sehnsuchtsvoller Erinnerungen des Komponisten an seine Heimat. Eine strah lende Coda krönt die Wiederholung des Scherzo-Hauptteilcs, in der das Hauptthema des ersten Satzes von den Hörnern kraftvoll vorgetragen wird. Zart klingt sodann der Hoch zeitstanz aus. Einen freudig erregten, ungestümen, aber auch erhabenen Charakter hat das Finale (Allegro con fuoco). Marschhaft, energisch ertönt sogleich das Hauptthema, das im weite ren Satzverlauf mit den Hauptthemen aus den voran gegangenen Sätzen verbunden wird. Nicht nur Empfindungen über die „Neue Welt“, sondern auch Gedanken an die ferne, geliebte Heimat sind in diesem schwungvollen, mitreißenden Satz dem Komponisten aus der Feder geflossen, der gerade mit besonders starkem Heimweh über der Arbeit am Schlußsatz saß. Immerhin erwartete er zu jener Zeit die Ankunft seiner Kinder in Amerika, die er ein ganzes Jahr nicht gesehen hatte. Dr. Dieter Härtwig DRESDNER VORANKÜNDIGUNG 12. und 13. März 1966, jeweils 19.30 Uhr, Kongreßsaal 9. AUSSERORDENTLICHES KONZERT Dirigent: Horst Förster Solistin; Cecile Oussct, Frankreich (Klavier) Werke von Schumann, Weber und Tschaikowski 18., 19. und 20. März 1966, jeweils 19.30, Kongreßsaal Einführungsvorträge jeweils 18.30 Uhr, Gottfried Schmiedel 8. PHILHARMONISCHE S KONZERT Dirigent: Horst Förster Mitwirkende: Dresdner Tanzsinfoniker Werke von Strawinsky, Milhaud, Liebermann und Gershwin Freier Kartenverkauf Kein freier Kartenverkauf Das 10. AUSSERORDENTLICHE KONZERT muß infolge der Konzertreise der Dresdner Philharmonie in die VR Bulgarien in der Zeit vom 27. März bis 3. April 1966 ausfallen. 10. und 11. April 1966, jeweils 19.30 Uhr, Kongreßsaal 11. AUSSERORDENTLICHES KONZERT Dirigent: Dr. Vaclav Smetäcek, CSSR Solist; Wladyslaw Kedra, VR Polen (Klavier) Werke von Feld, Beethoven und Franck Freier Kartenverkauf Programmblätter der Dresdner Philharmonie - Spielzeit 1965/66 - Künstlerischer Leiter: Prof. Horst Förster Redaktion: Dr. Dieter Härtwig Druck: Grafischer Großbetrieb Völkerfreundschaft Dresden, Zentrale Ausbildungsstättc It G 009 11 66 7. Philharmonisches Konzert 1965/66