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Zweites Blatt. Tharandt, Nassen, Siebenlehn und die Umgegenden. Amtsblatt für die Königt. Amtshauptmannschaft zu Meißen, das König!. Amtsgericht und den Stadtrath zu Wilsdruff. 45. Erscheint wöchentlich zweimal, Dienstags und Freitags. — Abo n ne ment preis vierteljährlich 1 Mark. Einzelne Nummern 10 Pfg. — Inserate werden Montag- und Donnerstags bis Mittags 12 Uhr angenommen. Nr^Tl Freitag, den 4. September 1885. MIum 2. September 1885. Ws Es braust ein Ruf wie Donnerhall Und regt sich das Revanche-Geschrei, Heul' durch die deutschen Länder all' So eilen wieder wir herbei, Vom Rhein bis zu der Ostsee Strand, Noch trägt, der ein Gefeiter schier, Vom Belt bis zum Vogesenland, Held Wilhelm stolz des Reichs Panier! Ein Ruf, der uufer Herz erhebt, Noch lebt uns eine Kaiserin, Das in Erinn'rung freudig bebt: Die mit dem milden Edelsinn „Uns ist der Sieg! Es fiel Sedan! Die Wunden heilt, drum tön' der Sang: Dem Volk in Waffen bringet Dank!" Augusta Heil und Preis und Dank! Geführt von König Wilhelm zog Wo war ein Land in alter Zeit, Das Volk zur Schlacht, und steh' es flog' Wo lebt ein Volk in weit und breit, Das Volk zum Sieg, bis bei Sedan ! Das einem bessern Staatsmann kennt, Des größten Sieges Preis erklang. Wie Deutschland seinen Bismarck nennt? Voran du kühner Zollern-Aar, Und tobt der Franke wieder 'mal, Wir feiern Sedan jedes Jahr, Kriegt er 'n kalten Wasserstrahl, Voll freud'gen Stolzes rufen wir: ) Dann wird er feine Hitze los: Dem Volk in Waffen bringet Dank!" ! Ein Hoch dem Kanzler, kühn und groß! Wir glauben's gern und hoffen fest, Daß Frieden uns der Welsche läßt, Will fühlen er die deutsche Macht, So denk er an die Sedan-Schlacht! Fest steht und treu die Wacht am Rhein! Franzosen, laßt das Rache-Schrei'n, „Hüt' Dich, mein Jung', 's sind Nesseln d'ran! Das zeig' das Sedanfest Euch an!" Durch Hottes Jügung Zum Sedantage von 1885. Wie sichtbar die Vorsehung dem Kaiser Wilhelm geholfen und seine Gelübde erhört hat, zeigt ein Vergleich jener Worte, welche der junge Prinz Wilhelm bei seiner Konfirmation gesprochen, mit seinem Verhalten auf dem Gipfel des kriegerischen Glückes. Bei Sedan war der finstere Tag von Tilsit aus der preußischen Geschichte ausgelöscht, die Leiden der Königin Louise waren gerächt — aber auch auf dieser glänzenden Höhe seines Lebens war der König, groß und würdig, dem bei seiner Konfirmation abgelegten Gelübde treu geblieben, Nie mand zu kränken und zu demüthigen. Auch den anderen Gelübden, welche der Prinz einst in seinem Glaubensbekenntniß abgelegt, und welche sein ganzes Leben hindurch die maßgebenden Grundsätze seines Denkens und Handelns gebildet hat ten, blieb der König in diesem großen Augenblicke getreu. „Bei allem Guten, welches mir zu Theil wird, will ich dankbar auf Gott blicken. Ich weiß, daß ich ohne ihn nichts bin und nichts vermag," so hatte der junge Prinz am 8. Juni 1815 vor dem Altar in Charlottenburg gelobt. „Welch' eine Wendung durch Gottes Fügung!" so schloß der König die Depesche an seine Gemahlin über den beispiellos großartigen Sieg von Sedan, und am nächsten Tag? ickmeb er: „Es ist wie ein Traum, selbst wenn man es Stunde für Stunde hat abrollen fehen. Wenn ich mir denke, daß nach einem großen, glücklichen Kriege ich während meiner Regierung nichts Ruhmreicheres mehr er warten konnte, und ich nun diesen weltgeschichtlichen Akt erfolgt sehe, so beuge ich mich vor Gott, der allein mich, mein Heer und meine Mitverbündeten ausersehen hat, das Geschehene zu vollbringen, und uns zu Werkzeugen seines Willens bestellt hat. Nur in diesem Sinne vermag ich das Werk aufzufassen und in Demuth Gottes Führung Und seine Gnade zu preisen." Das Gelöbniß des Jünglings klingt wie ein Heller Grundton aus diesen Worten des Königliche» Siegers wieder, welche Kämpfe, welches Ringen und Arbeiten das lange reiche Leben dem Könige auch gebracht hatte, der Edelstein des frommen Glaubens, der demüthigen Ergebung in den Willen Gottes hatte seinen Glanz nicht verloren und war das heiligste Kleinod seines Lebens geblieben. „Nie will ich des Guten vergessen, das mir von Menschen ist erwiesen worden, mein ganzes Leben sollen die mir werth bleiben, die sich um mich verdient gemacht haben," hatte der Prinz einst vor dem Altar bekannt und gelobt, und wie bei jeder Gelegenheit, so be währte er besonders auch in jenen Tagen seine warme und innige Dankbarkeit auf jede Weise. Er beritt noch am Nachmittage des 2. September die Bivouaks sämmtlicher Armeekorps, so daß er an jenem Tage sechzehn Stunden hinter einander in unausgesetzter Bewegung und Thätigkeit war, um allen Truppen, so weit es möglich war, selbst seinen königlichen Dank zu sagen. Am Abend des 3. September brachte er bei der Tafel in seinem Hauptquartier zu Vendresse einen Trinkspruch aus, der seiner Dankbar keit die folgenden Worte gab: „Wir müssen heute aus Dankbarkeit auf das Wohl meiner bra ven Armee trinken. Sie, Kriegsminister von Roon, haben unser Schwert geschärft; Sie, General von Moltke, haben es geleitet und Sie, Graf Bismarck, haben seit Jahren durch die Leitung der Poli tik Preußen auf seinen jetzigen Höhepunkt gebracht. Lassen Sie uns also auf das Wohl der Armee, der drei von mir Genannten und je des Einzelnen unter den Anwesenden trinken, der nach seinen Kräften zu den bisherigen Erfolgen beigetragen hat." Auch in diesem so einfachen und doch soviel umfassenden Trink spruch des siegreichen Königs klingt das Wort des fürstlichen Jüng lings wieder, in welchem er die Regel seines künftigen Lebens an heiliger Stätte aussprach. In diesem Königlichen Dankeswort aber tritt auch ein ganz besonders bemerkenswerther Charakterzug des Kai sers hervor, der in dem Gesammtbilde des Herrschers und Helden nicht fehlen darf. Wie wenigen Regenten vor ihm ist es dem Kaiser Wilhelm gegeben, große und außergewöhnlich begabte Männer mit sicherem Blick zu erkennen und an ihren Platz zu stellen, wie gerade die drei von ihm in jenem Trinkspruch genannten in erster Linie be weisen. Der Kaiser läßt seinen Dienern in den ihnen angewiesenen Wirkungskreisen und in der von ihm bestimmten Richtung die unbe engte Freiheit des selbstständigen und eigenen Handelns und Schaffens, welche zur vollen Entwicklung ihrer Kräfte und zur Erreichung des Höchsten erforderlich ist, ohne doch darum die herrschende Leitung des Ganzen zu verlieren, in diesem Geiste aber regiert noch heute Kaiser Wilhelm das Reich. Gott eichaste ihn uns noch lange zu Nutzen und Frommen unseres Vaterlandes! Verwtheilt. Erzählung von Ludwig Habicht. (Fortsetzung.) Nachdruck verboten. Der junge Mann vermochte kaum seine Unruhe zu verbergen, und eh' noch die Mahlzeit vorüber war, erhob er sich. Er hatte kaum einige Schritte durch den Saal gethan, da fühlte er eine kräftige Faust auf seiner Schulter. „Alter Seemann, nicht?!" — Es war sein Gegen über, von dem ihm die Frage in barschem Tone vorgelegt wurde. „Nein, Goldwäscher, komme eben aus den Minen," raffte sich der Andere zur Antwort auf. „Möglich! Haben aber noch jüngst die Planken unter den Beinen gehabt. Seh's am Gange." „Mag früher gewesen sein, bin aber schon seit Jahren in den Minen ; geh' wieder hin. Will nur einmal hier Luft schnappen!" und der junge Mann suchte so eilig wie möglich aus der Nähe des lästigen Fragers zu kommen, der ihm ein ungläubiges Hm, hm! und den arg wöhnischsten Blick nachschickte. Es litt den ehemaligen Goldwäscher nicht eine Stunde länger in San Francisco. Er bestieg das erste beste Schiff, das ihn nach New-