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Die Reihe der kleinen Charakterstücke wird eröffnet durch eine Komposition, die die Überschrift „Ein Abend auf dem Lande" trägt. Bartok hat nach eigenem Zeugnis die glücklichsten Tage seines Lebens in ungarischen Dörfern, unter den Bauern verbracht, die ihm ihre alten Lieder und Tänze vorsangen und spielten und die er — nicht zuletzt in Zusammenarbeit mit seinem Freunde Zoltän Kodäly — sammelte und wissenschaftlich erschloß. So stellt diese kleine Kom position eine „der ergreifendsten und reinsten Erinnerungen an seine Dorferleb nisse" dar. „Mit beispielloser Ursprünglichkeit und Unmittelbarkeit erschallt in ihr der leise Ton, der die frische Bergluft der Szekler Dörfer und die Tiefen des Kummers und der Freude der ruhigen Abende erschließt" (P. Järdäny). Die Hauptmelodie des Stückes, mit ihrem Rhythmus, ihrer Tonart und ihrer Phrasie rung unverkennbar der ungarischen Folklore verpflichtet, ertönt im Wechsel gesang mit einer beschwingten Tanzmelodie. „ B ä r e n t a n z " ist das nächste Stück überschrieben. Mit einer einzigen Melodie im %-Takt, im Rhythmus der ungarischen Schweinehirtentänze wurzelnd, wird hier eine humorvolle, groteske Szene geschildert: der tappend-eckige, robuste Tanz eines Bären. Eine stille pen tatonische Geigenmelodie im 2 ^-Rhythmus eröffnet den dritten Satz, Melodie. Nach einem Fortissimo-Ausbruch des gesamten Orchesters verklingt das Stück pianissimo. „Etwas angeheitert" nennt sich der vierte Teil, und in der Tat wird das „komische, lustige Herumstolpern" eines leicht Beschwipsten dar gestellt. In der Reprise schreitet der Held scheinbar wieder munter daher, doch die Freude ist verfrüht: schlotternd sinken ihm die Knie immer tiefer, schließlich ergibt er sich hilflos und ernüchtert seinem Schicksal. Der abschließende „üröger Hirtentanz" ist die einzige direkte Volksliedbearbeitung des Zyklus. Von einem Dudelsackspieler hörte Bartok die hier verwendete Volksweise „Grillenhochzeit". In der Harmonisierung ahmt der Komponist darum Dudel sackharmonien nach, wie er auch in der Ornamentik Eigentümlichkeiten volkstüm licher instrumentaler Vortragsweise widerspiegelt. Der französische Meister Maurice Ravel orchestrierte viele seiner Klavier- und Gesangswerke. So ereignete es sich auch im Falle des 1917 geschaffenen Klavierzyklus „Le Tombeau de Couperin" (Grabmal für Couperin), den er zwei Jahre später für die Pariser „Concerts Pasdeloup" instrumentierte. „Die Huldigung richtet sich in Wirklichkeit weniger an Couperin selber als an die französische Musik des 18. Jahrunderts", äußerte Ravel zu dem Stück. (Francois Couperin, der von 1668 bis 1733 lebte, war ein hochbedeutender Komponist seiner Epoche, dessen Schaffen sich von weitreichendem Einfluß erwies und u. a. von Bach und Händel überaus geschätzt wurde). Die vier Teile der Suite, Prelude (Vorspiel), Forlane (ein aus Frial stammender Tanz im raschen %-Takt), Menuett (altfranzösischer Tanz) und Rigaudon (lebhafter provencalischer Tanz im Alla- breve-Takt) wollen „Huldigung", jedoch „keine Nachbildung" sein. Sie „werden formal gewiß den Ansprüchen ihrer Titel gerecht, doch sind sie nicht sichtbar von den französischen Clavecinisten oder ihrem Fürsten Couperin inspiriert. Der ein zige alte Meister,den sie gelegentlich in derForlane beschwören, scheint Domenico Scarlatti (1685—1757) zu sein. Und wenn in der mittleren Episode des Rigaudon und in dem elegischen Menuett moderne Vorbilder nötig waren, so möchten wir Saint-Saens nennen und Ravel selber", stellte der Ravel-Biograph Roland- Manuel fest. „Diese Stücke, von denen jedes dem Gedenken eines an der Front gefallenen Freundes gewidmet ist, haben in ihrer anmutvollen Heiterkeit dennoch mehr Charme als Melancholie. ,Le Tombeau de Couperin' ist ein köstliches kleines Gemälde. In Ravels Gesamtwerk würde es nicht viel bedeuten, wäre nicht das Wunder seiner Orchestrierung. Diese Transkription bedient sich eines instrumen talen Apparates, der deutlich der des Mozartschen Orchesters ist. Man findet darin keinen Effekt, der nicht notwendig begründet ist; Ravel erreicht hier durch äußerste Strenge und Einfachheit eine Transparenz, eine Mannigfaltigkeit des Kolorits und zugleich eine Geschlossenheit, wie er sie in den glänzendsten Erfol gen seiner virtuosen Orchestrierungskunst kaum übertroffen hat." Dr. Dieter Härtwig VORANKÜNDIGUNGEN: »Hlhamnoni Kartenverkauf Kartenverkauf Freiei Anrecht A 8. PHILHARMONISCHES KONZERT 1969/70 Programmblätter der Dresdner Philharmonie — Spielzeit 1969/70 — Chefdirigent: Kurt Masur Redaktion: Dr. Dieter Härtwig Druck: veb polydruck, Werk 3 Pirna - 111-25-12 3,2 ItG 009-44-70 Freitag, den 8., und Sonnabend, den 9. Mai 1970, jeweils 20 Uhr, Kulturpalast Einführungsvorträge jeweils 19 Uhr Dr. Dieter Härtwig 9. PHILHARMONISCHES KONZERT Dirigent: Kurt Masur Solist: Klaus Schließer, Dresden, Fagott Werke von Schubert, Jacob und Strawinsky Sonntag, den 3. Mai 1970, 20 Uhr, Kulturpalast (Verlegung vom 30. April 1970) 11. AUSSERORDENTLICHES KONZERT Dirigent: Lothar Seyfarth Solist: Ricardo Odnoposoff, USA/Osterreich, Violine Werke von Jentzsch, Bach und Tschaikowski Sonntag, den 26. April 1970, 20 Uhr, Saal des Landhauses 5. LANDHAUSKONZERT (Nachholung) Werke von Kochan, Brahms, Schostakowitsch und Mendelssohn Bartholdy Anrecht D und freier