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soll, daß der Zeit denn es ist mehr als unwahr- der Komponist, der überaus Sinfonie C-Dur arbeitete, sich mit dem Plan zu einer weite ¬ bezeichnet", stellte Goldschmidt einmal fest. 1840, zwölf nach dem Tode des Komponisten, er- das Werk erstmalig unter der Stabfüh- Mendelssohns im Leipziger Gewand- fonien 1—6. Danach kam es zu einem Bruch in seinem sinfonischen Schaffen. Eine Skizze von 1818, die keine Ansätze für eine Weiter entwicklung enthielt, blieb unausgeführt. Nach dreijähriger Pause entstanden in kurzen Ab ständen zwei Fragmente, eines in Particell- form, das andere als Partiturskizze. Diesen folgte die gleichfalls unvollständig gebliebene Komposition der h-Moll-Sinfonie, die soge nannte „Unvollendete". Im Frühjahr 1825 begann die Arbeit an der großen Sinfonie in C-Dur, die rund zwei Jahre in Anspruch nehmen sollte. Heute bestehen kaum noch Zweifel, daß dieses erk, das Schubert für seine bedeutendste rfonie hielt, wohl identisch ist mit jener an geblich verschollenen Sinfonie, an der Schu bert 1825 in Gmunden und Gastein gearbei tet haben scheinlich, kritisch an zur selben ren Sinfonie befaßt haben sollte. Galt bisher die große Sinfonie in C-Dur als das letzte sinfonische Werk des Komponisten, ist diese Meinung aufgrund neuer Quellenforschungen (Neuordnung von Skizzen, Untersuchungen von Wasserzeichen und Papiersorten der Handschriften Schuberts) zu revidieren. Nach Abschluß der C-Dur-Sinfonie kam es näm lich 1828 zur Konzeption einer weiteren Sin fonie, (D-Dur), von der Schubert nur noch in großer Eile die ersten drei Sätze zu skizzie ren beschieden war. Nach dem Scherzo (ohne Trio) bricht diese Komposition (D 936 A) ab. Mit der großen Sinfonie C-Dur „wurde — hi storisch gesehen - die Periode der .nationa len Schulen' auf dem Gebiet der Sinfonik ein geleitet. Schuberts österreichertum hat darin sehr bewußte Züge angenommen: kernig im esen, weich in der Hülle, sinnenfreudig im Jnuß, aktiv in der Entschlußkraft. Nicht zu Unrecht wurde das hochgemute Werk als ,die Sinfonie seines Volkes' Harry Jahre klang rung haus. Ihrer „himmlischen Längen" wegen nannte Robert Schumann die Sinfonie, die er 1839 unter Schuberts Nachlaß in Wien entdeckt hatte, einen „Roman in vier Bänden von Jean Paul" und schrieb über die Uraufführung: „Die Sinfonie hat unter uns gewirkt wie nach den Beethovenschen keine noch. Künstler und Kunstfreunde vereinigten sich zu ihrem Prei se. Daß sie vergessen, übersehen werde, ist kein Bangen da, sie trägt den ewigen Ju gendkeim in sich ... In dieser Sinfonie liegt mehr als bloßer schöner Gesang, mehr als bloßes Leid und Freud' verborgen, wie es die Musik schon hundertfältig ausgesprochen; sie führt uns in eine Region, wo wir vorher ge wesen zu sein uns nirgends erinnern können." Unbegreiflich will es uns erscheinen, daß da mals die meisten Hörer vor den Längen und Schwierigkeiten kapitulierten, während uns heute die Einmaligkeit des Werkes in der ge samten nachbeethovenschen Sinfonik voll be wußt geworden ist. Das, was die C-Dur-Sin- fonie immer wieder zu einem nachhaltigen Erlebnis werden läßt, ist die rätselhafte Kraft ihrer Melodik, ist das Lebensstrotzend-Volks hafte ihres Ausdrucks. Die Melodik ist es, die den Riesenbau dieser Sinfonie trägt, nicht die Form, obwohl auch sie klassisch proportio niert ist. Man hat einmal treffend von der „pflanzenhaften Schönheit" dieses großartigen „Liederzyklus ohne Worte" gesprochen, der nach Harry Goldschmidt die „Zeit der Tat und Kraft" - als poetische Idee — besingt, reali stisch, national zwar, doch nicht im Sinne von Programmusik. Die C-Dur-Sinfonie zeigt Schu bert auf der Höhe seiner Meisterschaft. Seine Tonsprache hat hier wohl die optimistischsten und heroischsten Elemente, deren sie fähig war, entfaltet. Eine breit angelegte langsame Einleitung steht am Beginn des ersten Satzes. Die Hörner stim men einen ruhigen Gesang an, das Motto gleichsam, das gegen Schluß des Satzes in einer Steigerung wiederkehrt. Holzbläser, Strei cher und Posaunen tragen diese Einleitung, die allmählich in das Allegro ma non troppo übergeht mit seinem rhythmisch gestrafften Streicherthema und seinen schwerelosen Holz bläsertrioien bei typischem C-Dur-Glanz. Dem Haupt- und Seitensatz folgt eine durchfüh rungsartige Schlußgruppe. Wunderbar ist der Stimmungsreichtum dieses Satzes, das natur- hafte Wachstum der einzelnen Melodien, die „tief seelisch getragene" Dynamik (H. Werle). Wie eine überdimensionale Liedform mutet der zweite Satz, das Andante, an, mit seiner begnadeten Fülle von musikalischen Gedan ken, die episch verströmen, österreichisch schwärmerisch, melancholisch, verträumt-innig, aber auch energisch und immer gesund, echt, zum Herzen gehend. Das Scherzo (Allegro vivace) gibt sich zunächst mit den rumpelnden Vierteln seines Hauptmo ¬ tivs derb-polternd, aber auch heiter, graziös und mündet schließlich in eine herzhafte Wie ner Ländlerweise, während das Trio in melo dischem Gesang schwelgt. Das Finale (Allegro vivace) umfaßt mehr als 1 000 Takte. Immer und immer wieder stellt der Komponist seine musikalischen Einfälle vor, spürt ihren Verwandlungsmöglichkeiten nach, ohne sinfonische Auseinandersetzungen her beizuführen. Das epische, nur von Stimmungs- VORANKUNDIGUNG: Programmblätter der Dresdner Philharmonie Redaktion: Dr. habil. Dieter Härtwig kontrasten getragene Ausmusizieren dominiert. Farbig ist der Orchesterklang, kühn die Har monik. Dieses Finale zeigt Schubert auf dem Gipfel seiner Themenerfindung und -behand- lung. Der Hörer wird von der Innigkeit des Gefühls und von der heldischen Kraft dieser Musik zutiefst berührt. Das ist der beglücken de Eindruck, den die Sinfonie immer wieder hinterläßt. Dr. Dieter Härtwig 6. AUSSERORDENTLICHES KONZERT Werke von Händel und Richard Strauss Sonnabend, den 21. April 1984, 20.00 Sonntag, den 22. April 1984, 20.00 Festsaal des Kulturpalastes Dresden Uhr (FreiverkcS^ Uhr (AK J) Dirigent: Antoni Wit, VR Polen Solist: Jozef Serafin, VR Polen, Orgel Spielzeit 1983/84 — Chefdirigent: Prof. Herbert Kegel Druck: GGV BT Heid. 111-25-16 493392 2,8 JtG 009-23-84 EVP -,25 M 3. AUSSERORDENTLICHES KONZERT 1983/84