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/luer Tageblatt MZM Mzeiger für -as Erzgebirge L«t^ramm,r Lao'blatt stu.erzgrdirg» Enthalten- -le amtlichen vekanntmachungen -es Nates -er Sta-t UN- -es Amtsgerichts flue. pastfch,«.»»nt»r stmt Lechs«, Nr.iee« 2tr. 27S Sonnabenä» äen 27. November l926 21. ^ahroang Vie erste Sitzung-es neuen Landtages Wohl -er prästSenten un- Schriftführer. — Nücktttttserklärung -es Kabinetts hel-t. — Wahl -es Minlsterpräfl-enten am Vlenstag. Dresden, 25. Nov. Heut« mittag hielt der neu« Landtag seine erste Sitzung ab. Presse« und Zuschauer« trlbllnen waren vollbesetzt. Die Abgeordneten, unter denen viele neue Belichter sind, nahmen kurz nach 1 Uhr ihre Plätze ein. Bet den Kommunisten war auch Abg. Böttcher, dessen Verhaftung der letzte Landtag genehmigt hat e, er cht.nen. Tie Plahvert.'tluiig ist n solgender Wet^e rorgenvmmen wurden: neben den Deutschnat onalen sitzen die Abgeordn« en der W!rt schastSpartci. dabtn er die beiden N t onilsoz'.ali en. Tann schlichen die Deuls he VolSpartct und die Temo- kralen an, hinter ihnen die vier Abgeordneten der Ans, Wertung-Partei. Es folgen die A.trn Co ialrenw ra« ten, die Lin « o.ckalt'ten und Kommunisten. N.'beii dem fommnnts.t chen Abg. Renner s tzt der Links o ial!st Arzt. Bei Beginn der Sitzung hatten die Minister am Megtcruw S.tsch Platz genommen, nur der Jnuenm'nt- lter Müller saß auf seinem Abgcordnetenplatz. Der deutschnationale Abg. Tr. Eckardt, der tin alten Landtage erster Vi e >rä ident war, eröffnete die T.t- zung mit folgenden Worten: Andern ich Sie begrübe, eröffne ich die erste Sitzung des dritten Landtages dcS FrcstaatcS Sachen. Dann wurden die einzelnen Abgeordneten aufgerufen. Sie waren vollzählig erschienen mit Ausnahme des Abg. Ewert (Komm.), der bekanntlich kurz nach der Wahl verhaftet worden ist. Bor Eintritt in die Ta gesordnung beantragte Abg. Böttcher (Komm.) die sofortige Behandlung eine» Antrages, der die Ent haftung des Abg. Ewert fordert. Ter Sprecher benützte nalürlich die „Geschä't o.dnungSworte" mehrf ch zu den üblichen kommunistischen Ausführungen. Ta die Dcutschnatlonalen widersprachen, konnte der Antrag heute nicht behandelt werden, seine Beratung soll in der Mchsten Sitzung vorgenommen werden. Darauf kam man zur Wahl -es Lon-tagspräsi-iums. Die LtnkSsozialisten schlugen zum Präsidenten den Abg. Schwarz vor, andere Vorschläge wurden nicht ge macht. Tie Wahl geschah durch Stimmzettel. Abg. Schwarz (LinkSsoz.) wurde mit 89 Stimmen zum Präsidenten gewählt. Sechs S Immen waren ungültig. Prä'tdent Schwarz übernahm so'ort sein «.Amt und erklärte mit kurzen Worten, daß er die Geschäfte stets in obsektivster Weise führen werde. Darauf kam man zur Wahl des ersten Vizepräsi denten. Bon den Teut'chna ionalen wurde Abg. Dr. Eckardt, der erste Btzeprä ident des alten Landtages, wieder vorgeschlw'en, während di« Kommunisten das Amt für ihren Abgeordneten Lieb «rasch forderten. (Deutschnationale und Kommunisten sind nach den Links« so'talisten die stärksten Fraktionen im Landtage, beide verfügen über je 14 Abgeordnete.) Bet der Abstimmung erhielten Eckardt 51, Lte- Verasch 44 Stimmen. Linkssoztaltsten und Kommuni sten hatten für Lteberasch gestimmt. Abg. Dr. Eckard«! (Dnat.) «ar also zum 1. Vizepräsidenten gewählt. Abg. Siewert (Komm ) meint nach der Ver kündung de» Absttmmun »ergebnt ses, die Wahl charak terisiere so ort das Gesicht des Landtages. Die Alt sozialisten spielten also auch im neuen Landtag ihr« Verräterrvlle weiter Darauf schlug der Redner den Abg. Lteberasch zum zweiten Vizepräsidenten vor. Abg. Dr. Blüh er (D. vp) brachte dagegen de« Abg. Dr. Htckman» zum zweiten Vizepräsidenten in Vorschlag. Abg. Wirth (Altsoz.) erklärte, dass seine Freunde nicht in der Lage seien, den Kommunisten zu wählen. Die kommunistische Fraktion habe früher erklärt, dass sie nicht auf dem Boden de» Parlamentarismus stehe, daß sie ihn bekämpfe und beseitigen wolle. Man könne Altsoztaltsten nicht zumuten, datz sie jemanden zum Vize präsidenten wählten, der sein« Aufgabe darin erblicke, den Parlamentarismus zu beseitigen und ihm Schmie« rtgkeiten zu machen. Dann wurde die Abstimmung vorgenommen. Auf den Abg. Dr. Hickmann waren 47, auf Lieberasch 44 Stimmen gefallen, vier Abgeordnete, die Altsozialtsten, tzättm ivsHs ZeM tchMebm. Abg. Dr. - Sm-stm (D. vp.) ist demnach zum 2. Vizepräsidenten gewählt. Wetter wurde di« Wahl von -w«t Schriftführern Vvrgenommen. , Abg Bvttch«r (Komm.) nannt« di« btsh«rigen Wahlen einen einzigen Skandal und schlug dann den Abg. Lieberasch zum Schriftführer vor. Auch der Abg. Blichel (Links vl.) Protestierte gegen die Wahlen und polemi ierte gegen di« AltsoUalisten. Er schlug den Abg. Mucker, schon bisher Schriftführer, zum Schriftführer vor. Abg. Kaiser (Wirtschaft-Partei) schlug den Abg. Grossmann von seiner Fraktion vor. Das Abstimmungsergebnis lautet« wie folgt: Grofimann 4>i. Lteberasch ül), Mucker 58 Stimmen Zwei Zettel waren weih abgegeben worden. Zu Schriftführern waren also gewählt die Abg. Mucker (LinkSsoz.) und Lieberasch (Komm.) Mach der Wahl der Schriftführer wurde die Wah' der ter stellvertretend » Schrt'stierer vorgenommen Vorge'ch'a^cn wurden hierzu die Abgeordn ten Gross mann (Wirtschaftsp.), Gvttling (AufwerlunaSP.) Claus (Tem.). Wirth (Alt'o .), Kautzsch (LIn'S'o.) nnd Siegel (Komm ). Ter Wahlgang muhte wteder- bolt werden da bei Anwesenheit von 95 Abgeordneten Stimnnct'el abgegeben worden waren. Der zweite Wahlgang brachte fügendes Ergebnis: Grossmann 45 Mitling 45, Claus 37, Wirth 46, Kautzsch 43, Siegel 40 Stimmen. Nun schreibt die Gesbä^v"dnung vor, daß nur gewählt ist, wer die ab'olute Mehrheit hat. ES ent stand eine längere Gesckäftso-dnun"Sdebatte, ob die ser Wahlgang ebenfalls ungültig sein oder was son^ gemacht werden solle. Oeaen den Vorschlag des Brä- stdenten. die vier Kandidaten mit den meisten Stim men für gewählt zu erklären, wurde von den Komm«, nisten Wldersvruch erhoben. Gstlt'stlich wurde bestos sen. die Angelegenheit dem AeltestenauSschuß zur Prü- sung zu'uwcisen. Tamtt war die Tagesordnung der ersten Sitzung erschöpft. MlnlKerprüfl-ent yelüt gab folgende Erklärung ab: Nachdem sich der Landtag durch dl« Wahl de» Prä'idtumS konstituiert hat, hab« ich im Einverneh men mit den Ministern auf Grund des A 26 der Versagung die Erklärung abzngeben, datz! wir unsere Mandate al» Minister in die Hand des Landtages zurückgeben. (Zurufe bei den Kommunisten: Da wird höchst« Zett!) ES geschieht all«« nach der Der. sa'sung. Mit den Herren Ministern bin ich bereit die MegterunaSgeschäfte bis zur Neubildung der Re gierung weiterzuführen. v!» Tagesor-nnna für -ie Vienotagflüung. Der Prä'tdent schlug vor, die nächste Sitzung am Dienstag den 80 November, mittag» 1 Uhr abzu halten. Auf der Tagesordnung sollen stehen 1. Wahl der Landtagsausschüsse, 2. Wahl des BüchereiauSschu'- scS. 8. Beratung des kommunistischen Anträge» über Enthaftung de» Abgeordneten Ewert. Sin kommunistischer Antrag, auch di« Wahl de» Ministerpräsidenten am Dienstag »arznnelgnen wnrde einstimmig angenommen. Dagegen wurde ein kommunistt'che« Antrag, de« Fall Ewert an erster Estelle der Tagesordnung zu behandeln, mit knapper Mehrheit gegen die Stimmen der Kommunisten, LtnkS'oztalisten und Ra'ional'o ialtsten abgelehnt Der lin^sso'ialist!- sche Präsident Schwarz stimmte mit der Mehrheit. Die Verhandlungen waren hier und da von den üblichen billigen Witzen begleitet. Man darf auf die nächsten Sitzungen des Landtages gespannt sein. Die staitgesundenen Wahlen de» Landtag-vorstande» lassen allerhand Schlüsse sür die Regierung»btldung zu. Die Sitzung wurde gegen V>4 Uhr geschlossen. Die demokratisch« Lastdtagsfraktion wählt« all ihren Vorsitzenden den Abgeordneten Mi nister a. D. Prof. Dr. Sehfert. ent- An- und Heeresersah. Von ReichSwehrmintster Dr. Vetzler. Al» man in Deutschland begann, Soldtruppen zu wer ben, warb man durch Zeitungsannoncen, durch bunte P.alate an den Anschlagsäulen und Wänden. Werbeofstztere reisten im Lande umher und versprachen mehr, al» sie verantworten konnten. Diese« System, ein Mittelding zwischen den Methoden de« 80jährigen Kriege« und de« englischen Heere«, füllte zwar die Reihen, bracht, aber keineswegs die Leute, die da« Heer brauchte. Sobald daher da« Reichsheer gebt.det und damit di« Periode de» Freikorps überwunden war, ichiug man andere Wege ein. Der Versailler Vertrag verlangt eine ILiährige Dienstzeit, eine Forderung von schlechtweg unsitt licher Brutalität. Lin junger Mann von etwa 20 Jahren soll sich mit einem Federstrich für mehr al« e'n Ja'rzehnt dem Heere verschreiben. Nur in AuSnabmesällen kann er von dieser Verpflichtung entbunden werden. Die Aukwahl mutz also sehr sorgfältig geschehen und kann sich nicht ans die ärztlich« Untersuchung allein beschränken. Unst te Zugvögel, die zum Heere gehen, weil ihnen gerade nichts Besserem en- fällt oder weil sie vorübergehend keinen Verdienst haben, kann die Reichswehr nicht gebrauchen. Deshalb interessieren die Bestimmungen sür die Auswahl des Ersans die Män ner, die 12 Jahre mit den Mannschaften zu arbe'ien haben, die dafür verantwortlich sind, bah die Leute die Lust und Liebe zum Goldatensein nicht verlieren. Damal«, al» die Bestimmungen erlassen wurden, dachte man daran, bere'tS Dienende auszusenden, um Ersatz unter den Bekannten und Verwandten zu werben — eine Werbung von Mund zu Mund. Da» ist längst nicht mehr nötig. In den ersten Jahren deS Bestehens des Reichsheeres gelang e» nicht, da» Soll des FretwilligenbestandeS zu erreichen. Damals gab e» genügend Arbeitsgelegenheit. Das Versorgungswesen deS Heeres war noch nicht geornet. Die Besoldung schlecht. Die Fehlstellen verringerten sich daher nicht. Da» wurde Plötz lich anders, al» die katastrophale Arbeitslosigkeit einsetzte, wo viele sich zur Einstellung meldeten d'e nur die Ungunst der Zeit vorübergehen lassen wollen und dann wieder htnauS- drängcn. Erst wenn auf dem Arbe'tsmarkt norma'e Verhält nisse eingetreten sein werden, wird die Ersatzfrage endgül tig beurte'lt werden können. Bisher "mben wir nur Aus- nahmeverhältnislse gehabt. Leute, die zur Reichswehr kommen, weil sie sonst zu keinem Beruf taugen, sind auch für diese nicht geeignet. Die, die nur auf d'e Versorgung sehen, sind wohl brauchbar, weil sie e» an Pflichterfüllung nicht fehlen lassen. Wirklichen Nutzen aber hat die Reichswehr aber nur von denen, die aus Passion zum Heere kommen, die begeisterte Soldaten sind. Diese schreckt auch die lange Dienstzc't nicht. Hier mühte die Erziehungsarbeit der republikanischen Presse einsetzen, indem sie ihre Leser für den Gedanken der Wehr haftigkeit des Volkes erwärmt und in der republikanischen Jugend Neigung zum Soldatenberuf erweckt. Jetzt seit einem Jahre melden sich um ein vielfache» mehr Leute, al« Stel len frei werden. Damit sind die Kompanieführ r mehr und mehr aukgcschaltet und die Hauptarbeit liegt be' den Trup penteilen, d. h. bei dem Bataillon, den Reit rregimcnirrn, Artillerieabteilungen usw. Die Feststellung der ärzri'chen Tauglichkeit ist nicht schwer; allerdings entziehen sich all die Leiden dem Blick de» untersuchenden Arzte», die erst ersah- rungigemätz nach Beginn der Ausbildung kennt Ick werden. Da macht sich da» Fehlen einer Probedtenstzeit übel bemerk bar, die nach dem Vertrage von Versailles verbog n ist schwieriger ist e», sich von der Eigenart deS Fretwill'gen ein richtiges Bild zu machen. Schulzeugnisse und polize'l ch" sonstige Führungsbcscheinigungen versagen. So kamen in den ersten JNstren viel unge. igncte Elemente in das Heer. Die Folge war eine sehr starke Kriminalität und fort dauernde Versuche, sich der Dienst Verpflichtung zu entziehen. Daher gingen die verantwortlichen Ofsiz'ere dazu über, von den Freiwilligen die Angabe von Persönlichkeiten zu Mr- langen, die ihre Persönlichkeit und ihr Wesen kannten und beurteilen konnten, ob sie den Anforderungen einer Dienst zeit von >2 Jahren gewachsen seien. Diese Anfragen waren notn^ndia und nützlich. Leid« sind entgegen der Vor- Ichrift gelegentlich solche Anfragen auch .Abrer von verbände« gerichtet worden, di« für tie N fck,»wehr al» politisch« Organisationen verboten sind. Da» hat zu dem MitzversMndni, in der vess-ntltchkeit geführt, al« ob bst Reichswehrtruppenteile den Ersatz solchen Verbänden nähmen. ES ist f«stgrstellt, datz auch d'e beanstandet n fragen sich lediglich nach Gee>nne/'elt de« Anwerber« nicht nach seiner politischen Gesinnung -r'und gten, w'e un- richtigerweise behauptet wirb. Die fetz ge Ersatzmethode hat den Vorteil, datz bestimmte Persönl'chkri'cn sür di" An«wM de« Ersatzes verantwortlich sind, und. zwar gerade die, die von der richtlaen Auswahl Nutzen ziehen, von einer fehlerhaften den Schaben tragen. Demgegenüber wird ein Eraänzunaeverfahren propa- aiert, da» da« Verfahren zentralisleren und nach äntzeren Merkmalen schematisieren soll. Man führt al» Emrfeh'ung dafür an. in DeuW-OesterrBch walt« ein Ü5nl'ches Ver fahren ob. Da» österreichische Heer und da« ReichSheer lassen sich schwer vergleichen. Da» österreichisch« Heer ist pMis.rrl; die VehrniLmer habest alle politisch«» Recht»;