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.rrsr-W»- Aell'etristische Aeitage Auf dem Neubau Manchem, -em -er Lay verregnet, Den -e» Ssmmer'r Glut gedrückt, Linst -er Himmel, fruchtgesegnet, Linen Herbst voll Sonne schickt. Adelheid Stier. Über den Feldem schwebte des Mittags traumhaft schwüles Brüten. So still war es, daß die in Sonnen gold gebadeten Gräser und Blüten gleichsam erschrak- ken zusanunenfuhren, als plötzlich die scharfen Töne der Säge, das Gedröhn von Hämmern einsetzte. Der Neubau, der eine Stunde lang seinem stolz- und hochragenden fertigen Bruder auf der anderen Seite der Straße stumm in die Augen gesehen, entfal tete wieder die laute Lebendigkeit, die ihn tagsüber beseelte. Schritte klapperten auf den Leitern, den Ge rüsten; Stimmen durchhallten die fensterlosen Räume. Die Frauen, die ihren Ehemännern in Körben das Mittagessen gebracht, machten sich aus dem Staube. Die letzte der Frauen kehrte nach einigen zögern den Schritten wieder um, die Augen suchend auf den Boden geheftet. Von den oberen Stockwerken des Baues herab schwirrten ihr Bemerkungen zu. „Sie, junge Frau, was haben Se'n verloren? Kann ich suchen helfen?" Die Angeredete zuckte zusammen. Das Blut stieg ihr ins Gesicht. Sie hatte eine schmiegsame, von har- ter Arbeit noch nicht verdorbene Gestalt. Unter den dicken, braunen Flechten, die ein weiches, sanftes, im Ausdruck etwa- ängstliches Gesicht umrahmten, quollen ungebärdige Löckchen hervor. Die ganze Erscheinung machte den Eindruck des sorgsam Gepflegten. „De reene Zierpuppe," sagte eine Stimme auf dem Gerüst. Eine andere, hellklingende Männerstimme gebot dem Sprecher Schweigen. Frau Lorenz hatte das halblaut geführte Gespräch gehört, obgleich es offenbar nicht für ihre Ohren be stimmt war. Beim Klange der Hellen, warmen Stimme vertieft« sich die Berlegenheit in ihren Mienen . Em älterer Zimmermann kam jetzt um die Hau-- - eck« auf sie -u, „Haste was vergessen, Marie?" Sie wurde plötzlich sehr bleich. - „Nein, aber ich bin so in Angst Mit einon Wale.! Mmm dich bloß in acht, daß dir nichts passiatt." ? s Im Gesicht des Mannes zuckte die Freude. Er strich , zärtlich und behutsam über die weichen Wangen der s Frau. „Man keine Bange, Miezeken. Dein Alter kommt dir schon heil und ganz nach Hause. Die Frau schlich gesenkten Kopfes davon. Ihre weiße Bluse leuchtete den auf dem Gerüst Stehenden, noch lange aus dem Grün der Felder heraus. „Der olle Lorenz is wohl mächtig verschossen m seine junge Frau," meinte der Arbeiter, der vorher die boS- hafte^Kritik an der Untenstehenden geübt. Der andere, der scheinbar ihre Verteidigung über nommen, antwortete nicht. Er wandte sich von dem Kameraden ab und holte zu mächtigem Schlage auf den Balken aus, die er gefügt. War eS nur die An strengung, die sein Gesicht so heiß machte? — Karl Lorenz ging sinnend an der Rückseite des Hau ses entlang an seinen Arbeitsplatz. Ein stilles Leuch ten war in seinen Augen. Daß die Marie einmal so an ihm hangen wurde, hätte er nie zu hoffen gewagt. Es war doch nur ihre Schutzlosigkeit, ihr Wunsch, aus den Fingern der har ten Verwandten befreit zu werden, die sie ihm einst in die Arme getrieben. Ehrlich hatte fies ihm gestan den, daß sie ihm nicht so gut sei, wie sie gern möchte. Und nun wie sie sich um ihn sorgte! Der große Mann bückte sich und strich zärtlich über . das weiße Tuch, das ihm auf der Rasenstelle unter dem bestaubten Weidenstrauch entgegenleuchtete. Dort hatte Maria vorhin mit dem Mittagskorb gesessen. Lorenz hob das Tuch auf, um es in die Tasche zu stecken. Da flatterte ein loses Briefblatt heraus und fiel zu den Füßen des Alten nieder. In den Augen des Mannes erlosch das Licht. Reg los, mit dem Ausdruck der Furcht, starrte er daS Pa pier an. Da hörte er laute Stimmen an den Fensterhöhlen drS Baues. Mit Anstrengung beugte er sich zu dem Blätt chen nieder und ließ es in seiner Tasche verschwinde«.. Mechanisch nahm Lorenz seine Arbeit auf. Die 7 Säge knirschte im Holz, und mitten in dos monotone Kreischen hinein kicherte ein Lachen. Lorenz lauschte entsetzt dem heiseren Klange nach. War er selbst eS, der so höhnisch gelacht? — „Narr, -er du an deine» Wei-