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27. Jahrgang Freitag, äen II. November 1S32 /LNMger für öas Erzgebirge LZWM r«v»«»,,««,««««-thall-a» »I, amMch«» o-kaaolmachungei, Sr« Ra«, »« «a« im» »»» ^°tt«g»rlch>«M». »E-»»»— -"> Nr 2SS « *0- N°«ember. Der bekannt« Staat,r«cht»lehr«r Professor Dr. Walter Jellinek veröffentlicht in der Zeitschrift einen Artikel „Verfassung,reform im Rahmen des Möglichen , In dem er sich vor «Nein mit der Frage beschäftigt aus dev Volksgesetzgebung, dem Volksentscheid, «in brauchbares Instrument zur Verfassung,reform zu machen. Professor Jellinek vertritt die Ansicht, der Reichspräsident könne auf Grund des Ar tikels 48 das Volksentscheidgesetz dahin ergänzen, daß bet Ver fassungsänderungen auf Volksbegehren immer oder dann, wenn Negierung und Reichsrat den Gesetzentwurf befürworten, Fern bleiben von der Abstimmung als Zustimmung zum Entwurf gll! Zwei Punkt« habe die Volksgesetzgebung heut« noch: die Nötigung zur vorgänglichen Befassung des Reichstages mit dem Volksbegeh ren nach Artikel 78 Abs, 8 der Reichsverfassung und die Unterwer fung des Volksentscheid« unter die Enlscheidung de» überwiegend mit Reichstagsabgeordneten gesetzten Wahlprüfungsgerichts. Abe- auch hier erweise sich der Reichspräsident als der Stärkere. Be seitigen könne er den Volksentscheidszwang natürlich nicht, da die ser verfassungskräftig vorliege. Wohl aber könne er in Ergänzung des Volksentscheidsgesetzes bestimm«», daß «ine ungebührliche Verzögerung des Reichstagsbeschlusses um mehr al, z. B. drei Monate nach Unterbreitung de» tvolksbegehrten Entwurfes an den Reichstag als Ablehnung des Entwurfs durch den Reichstag gelte. Der Reichspräsident könne auch durch Diktaturverordnung den Staatsgerichtshof mit der Prüfung des Volksentscheid» betrauen, eine Maßnahme, durch die sicher jeder Verdacht einer politischen Einwirkung auf die Entscheidung genommen würde. Nimmt man an, so sagt Professor Jellinek weiter, daß der Reichspräsident dav Reichswahlgesetz durch Diktaturverordnung ändern Hann, „nd dies« Maßnahme ist mangels innerer Gegengründe berechtigt, so Ein Vorschlag zur Bersasiuagsresorm Vertreter der Stiidtetaser beim Reichskanzler B e r l i n, 9. Nov. Der Reichskanzler empfing heute , in Anwesenheit des RelchSardeitSmlnisterS, des Reichs» ,, finanzministerS und des NeichSinnenministerS di« Vertreter vi des Vorstandes des Deutschen Städtetages, Oberdüvaer- meister Dr. Saihm-Berltn, Präsident Dr. Mulert, Over bürgermeister Dr. Scharnagel-München und Oberbürger meister Dr. Goerdeler-Letpzig. Di« Vertreter des Deutschen StädtetageS wiesen eindringlich Ms die Zusammenhänge -wischen der Finanzlage 'der Gemeinden und dem Ausbau programm der NeichSveaierung hin. Ohne geordnete Ge meindefinanzen sei der Wiederaufbau der Wirtschaft schlech terdings unmöglich. Di« RetchSregterung halb« durch ibre bisherigen Maßnahmen gezeigt, daß sie gewillt sei, dl« Arbeitslosenhilfe als eine gemeinsame Angelegenheit von Reich und Gemeinden zu behandeln und habe di« G«sundung der Gemelndefinanzen als vordringliche Ausgabe bezeichnet. Die Hilfsmaßnahmen der Reichsregierung vom 14. Juni und 3. November seien aber nicht ausreichend, um die kata strophal« Finanznot der Gemeinden zu beheben, da die großen Kommunalfragen, insbesondere die einheitliche Finanzierung und Organisation der Arbeitslosenhilfe, daß kommunale AvbeitSbeschaffungSprogramm und di« Regelung des kommunalen Schuldenwesens noch immer ungelöst seien. Nach eingehender Erörterung dieser Fragen sagte d«r Reichskanzler eine baldige sorgfältige Prüfung der kommu nalen Gesamtlage durch di« RetchSregterung -u. S,S Millionen Mark Fehlbetrag Abänderung des Volksentscheids« und Reichstagstvahlverlahrens i durch Artikel 48 möglich kann «r all«» anordnen, was den Wahlgrundfätzen der Verfass«»« nicht widerspricht. Statt des automatischen Listenverfahr«ns kann er die proportionale Etnerwahl einführen, also etwa das englische Wahlverfahren, bei dem in jedem Wahlkreise ein «inziger Abge ordneter nach der relativen Mehrheit ««wählt wird, oder da» Wahloerfahren der Monarchie, Lei dem di« absolut« Mehrheit um, nötigenfalls Stichwahl entschied, dem Verhältniswahlverfahren aber dadurch angepaßt, daß den durch Zahlen unten zu kurz gekom menen Partrien im Wahlkreis oder auf einer Reichsliste Ergän zungssitze zugewiesen werden. Ferner ließe sich der Gedanke eine.- Mobilisierung dev Nichtwähler auch hier dadurch verwirkliche», daß der Reich»r*gierung anheimgegeben wird, im Einvernehmen mit gewissen Organisationen eine möglichst dem Parteigetriebe entrückte List« von führenden Männern, etwa der Wissenschaft, der Kunst, des Beamtentum» und der Wirtschaft, aufzustellen, auf die die Stimmen aller derer fallen, die von der Wahl ferxbleiben Die dauernde enge Verbindung Preußen« mit d«m Reich schreit zwar nach einem verfassungsändernden Gesetz, doch läßt sich auch hier manche, im Nahmen der Reichsverfassung gestalten. Man ändere, sei es unter Druck des Reiches auf landesgesetzlichem Weg,, sei es auf dem Akg Uber Verfassungsartikol 48, die preußische Verfassung dahin, daß Preußen «inen über dem Staalsministe- rium stehenden Landespräfldenten erhält und daß der Reichspräsi dent immer zugleich preußischer Landespräsident sein mutz. Einen solchen vom Vertrauen des Landtag» unabhängigen Landespräst« denken verbietet Neichsverfassungsartikel 17 nicht. Da die Land, tagsauslösung zu den Befugnissen des neugeschaffenen Landespräfi» denten gehören müsse, würde «ine Stürzung der preußischen Re- gierung nicht so leicht sein. Jas Kabinen benll M an «tritt Die Beratungen des Reichskabinetts Berlin, 9. Nov. In der heutigen Sitzung deS Reichskabinetts wurden zunächst laufende Angelegenheiten besprochen. Unter ihnen war der wesentlichste Punkt daü Problem des Freiwilligen Arbeitsdienstes. Präsident Syrup hat hierüber einen Vortrag gehalten, der zu dem Beschluß des Kabinetts führte, die Arbeitslager auch über den Winter fortbestehen zu lassen. Dann hat sich daS Kabinett in einer eingehenden Aussprache mit der innerpolitisechn Lage be schäftigt. Die Aussprache ergab Einmütigkeit darüber, daß alles getan werden müsse, mn zn einer nationalen Konzen- tration zu kommen. Das Kabinett denkt aber nicht daran, zurückzu treten. Das gilt auch für einzelne Mitglieder deS Kabinetts, über deren möglichen Rücktritt in den letzten Tagen falsche Gerüchte verbreitet worden sind. Im Gegenteil ist die RetchSregterung ent schlossen, weiter ihren Weg zu gehen. Sie steht auf dem Standpunkt, daß in einer so schwierigen Situation, wie wir sie jetzt haben, keine Zeit für irgendwelche Experimente ist. Das praktische Ergebnis der Aussprache ist, daß der Kanz ler nun morgen dem Reichspräsidenten entsprechende Vor schläge mit den Parteiführern machen wird. Die Stunde des Empfangs beim Herrn Reichspräsidenten steht noch nicht fest. Die Aussprache mit den Parteiführern soll aber schon sehr bald stattfinden. Der Zeitpunkt wird auch morgen im Einvernehmen mit dem Reichspräsidenten festgesetzt werden. Sicher ist jedenfalls, daß der Kanzler die Absicht hat, sich mit den Parteiführern ernst über die Lage auszusprechen. Außerdem werden in den nächsten Tagen auch Besprechun gen mit den Ministerpräsidenten der Länder stattfinden, so- weit sie zu den Sitzungen des RetchSrateS tn Berlin an wesend sind. Da der ReichSrat morgen zu sehr beschäftigt ist, werden diese Besprechungen frühestens am Freitag statt- finden. Mit den Problemen der BerfassungSreform und der Kontingentierungsfrage hat sich das Kabinett heute noch nicht beschäftigen können. Diese Dinge bleiben späte ren Beratungen Vorbehalten. Wann tritt der Reichstag zusammen? Für die Vorbereitung zur Einberufung dsS neuen Reichstages, der nach der RetchSversciikung spätestens am 30. Tage nach der Wahl zusammemreten muß, sind im einzelnen die Bestimmungen der ReichSsttmmord» nung maßgebend. Zunächst werden die einzelnen Kreis wahlergebnisse durch die KretSwahlauSlchiisse geprüft, die dann für ihre Wahlkreise das endgültige amtliche Er gebnis feststellen. Diese geststellun, nimmt einschließ lich des Berichte» an den Reichswahrleiter acht btt zwölf Lage in Anspruch. Dann tritt etwa am 1Ü. Las« von diesem das endgültige Gesamtergebnis der Reichs« tagSwahl festgesetzt worden ist, werben die einzelnen Bewerber der Reichsliste gefragt, ob sie die Wahl an nehmen. Für die Beantwortung <st eine Frist von einer Woche gesetzt. Die entsprechende Anfrage an die Kandidaten der Kretswahlliste ist bereits nach Feststel lung des Kreiswahlergebntsses erfolot. Btt zum Ein gehen aller Antworten sind dann etwa 24 Tage nach der Wahl vergangen. Nachdem die notwendigen Aus stellungen vom Neichswahlletter gemacht worden sind, erfolgt die Veröffentlichung des endgültigen amtlichen Ergebnisses im ReichSanzeiger und ilelchzeitig eine Mitteilung an den bisherigen Reichstagspräsidenten. Von diesem wird dann der Termin zur Einberufung des neuen Reichstages festgesetzt. ES ist üblich, daß diese Einberufung im Einvernehmen mit der Reichs regierung erfolgt. Aller Wahrscheinlich leit nach würde diesmal der zweit« oder 8. Dezember in Frage kom men. Da diese Tage am Ende der Woche liegen, kann man annehmen, daß der Zusammentritt des Reichs tages am Anfang der darauf folgenden Woche, also am 5. oder 6. Dezember, erfolgen wird. nach der Wahl der ReichSwahlauSschutz zusammen. Wenn Gens, 9. Nov. Die Union Nationale, ein« bürger liche Partei, die sich erst vor kurzem in Genf gebildet hat, veranstaltet« am Mittwochabend im Gemeindesaal von PlatnpalaiS eine Versammlung, um öffentliche Beschwerde zu führen gegen die Nationalräte Nicol und Dicker. Unter dessen sprachen auf der Straße die Nationalräte Nicol und Trorchet zu einer großen Menge. Gegen 9 Uhr wurden von der Menge die Absperrungen durchbrochen, so daß die Polizei einschretten mußte. Die Demonstration artete zu einem reinen Ausstand au». Al» die Kompagnie der In- santerie-Rekrutenschule «intras, wurden die Soldaten an- gegriffen. Zahlreiche Rekruten wurden in Vie Menge htnetngezogen und geschlagen. Di« Gewehr« wurde« ihnen entrisse« und aus dem Boden zerschlagen. Di« Soldaten zogen sich «ach de» Boulevard de Pont d'Lrve zurück und in Mealenburg-Schtverin Schwerin, S. Nov. In der heutigen Sitzung des mecklenburgischen Landtage» gab der national- sozialisttsche FraktionSführer Hildtebrand Aufschluß über die finanzielle Lage de» unter nationatsoziald- stischer Regierung stehenden Lande». TS sei mit einem Fehlbetrag pon insgesamt 6,6 Millionen zn rechnen. Weiter wurde während der heutigen LandtaqSsitzung be kannt, daß die Regierung binnen kurzer Zett die Schlachtsteuer auch in Mecklenburg ein-lttühren gedenkt. Auch mit einer GehaltskürzungSoorlaoe ist demnächst zu rechnen. Ministerpräsident Granzow hat sich heute nach Berlin begeben, um mit den zustündigen Stellen der Reichsregierung über die finanzielle Lage des Lan de» Mecklenburg zu verhandeln. Polnische; Urteil Deutscher in Polen zu fünf Jahren Zuchthaus verurteilt Neu b «ntschen, 9. Nov. Der Landwirtssohn Stilo au» Bomst war an einer unübersichtlichen Grenzstelle bet Bomst vor einiger Zeit auf polnisches Gebiet geraten und von dm Polen festgenommen worden. Man beschul digte ihn der Spionage. Das Posener Standgericht ver urteilte Stilo zu fünf Jahren Zuchthaus. — Stilo konnte stch kaum verteidigen, da er der polnischen Sprach« nicht mächtig ist, in der die Verhandlung geführt wurde. schossen mit Maschinengewehren, al» sie sich umzingelt sahen. Gens, 19. Nov. Zu den Zwischenfällen am Mitt wochabend werden noch folgende Einzelheiten bekannt; Um 23 Uhr drängte sich die Menge noch immer in allen Straßen der Umgebung des Gemeindesaale». Gendarmerie und Militär halten die Menge tn Schach. Ferner stehen an ver schiedenen Straßenecken Lastwagen mit Maschinengewehren, jederzeit zum Eingreifen bereit. Bi» kurz nach Mitternacht wurden 39 Verletzte tn die Krankenhäuser etngeltefert, unter ihnen zahlreiche Schwerverletzte. Weiter wurde« lü ver letzte Soldaten nach der Kaserne abtransportiert. G « ns, 19. Nov. Al» Opfer der gestrigen Zusammen- stöß« wurden btt heute früh 1 Uhr insgesamt ll Lote und 41 verletzte gezählt, darunter 8 sehr schwer Verletzte. Um 1 Uh» früh wurden die «szebvtrne» Gendmmertt- mck MilitäraLteilun^n zurückgvieru Schwere Unruhen in Gens Militär schießt mit MaliWeugewetzren — ll lote und 4l verletzte