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2T. Jahrgang Auer Tageblatt ZMM Anzeiger für -as Erzgebirge «°.h^«,°MUch.°0.k-^.chu«,°....Na^.m.» Sonntag, rten so. Oktober IS32 Smwts Abrüstungs-Phantasien Reue hetzerWe «ehauptmigen über Leutfchlandr Eleichberechtigungs I-rderu«g - Ein unsinniger „lonftruttiner" «Ian Die heutige Sitzung der Kammer be. die sofort verfügbar mären nn^ .t« rr Berlin, 28. Oktober. Zu Beginn des zweiten Verhandlungstages des Bundestages des Deutschen Be amtenbundes wurde über die Verhandlungen der Aus schüsse berichtet. Zunächst wurde über die Anträge berichtet, die wegen der parteipolitischen Neutralität des Bundes etngebracht worden sind. Der Ausschuss hat hierzu eine Entschließung vorgelegt, in der sich der Bundestag erneut mit Nachdruck zu dem Grundsatz der parteipolitischen Neutralität bekennt und seine ge wissenhafte Beteiligung verlangt. Um seweils die ge wissenhafte Beachtung aller wichtigen BundeStnteress-n zu sichern, sei künftig vor jeder gemeinsamen Aktion die Zustimmung der verantwortlichen Bundesorgane etnzuholen. Der Bundestag sprach die Erwartung aus, daß di« Organe und die führenden Persönlichkeiten des Bundes alle» vermeiden, was zu dem Vorwurf einer Verletzung der parteipolitischen Neutralität be rechtigen könnte und richtet an die Mitglieder den Ap pell, sich bei Beurteilung der BundeSpolitit und Bun- deSarbeit nicht von parteipolitischem Empfinden und Einflüssen letten zu lassen. Der Ausschuß, schlägt wei ter vor, die Anträge und Beanstandungen, die sich am die Mitunterzeichner de» ÄewerkschustSentwurfeS be ziehen, für erledigt zu erklären und do» beantragte Mißtrauensvotum gegen die BundeSlettung und einzelne ihrer Persönlichkeiten abzulehnen. Ueber dies« Ent schließung entspann sich auf dem Bundestag nochmal» eine lebhafte Auseinandersetzung, in der sich verschl«. dene Vertreter namentlich gegen die Vorschläge de» Ausschusses wandten. Al» ein Antrag de» Vertreter» des Reichsverbandes der Post- und Telearaphenbeamten die Beratungen für kurze Zeit zu vertagen, um eine interne Stellungnahme zu ermöglichen, abgelehnt wurde- verließen die Vertreter des Reichsverbandes und der Sozialen Arbeitsgemeinschaft den Gaal. Dieser geschlos sene Auszug rief große Bewegung heroor. Bund«»- vorsitzender Flügel bedauerte, daß der Vertagungs wunsch eines so großen Verband«» abgelehnt worden sei. Auf seinen Vorschlag wurden die Abstimmungen bi» zum Abschluß der Sonderberatung der au-gezogenen Vertreter ausgesetzt. Im weiteren Verlauf der Tagung de» Deutschen Beamtenbundes wurde der BundeSvorsitzende Flügel in geheimer Wahl mit 272 von 82S Stimmen wieder gewählt. Die Bekanntgabe diese» Wahlergebnisse» wurd» vom Bundestag mit stürmischem Beifall begrüßt. Der Bundestag billigte dann zahlreiche Anträge über beamten- und wirtschaftspolitische Fragen. So sprach er die Erwartung au», daß eine endgültige Ab- kehr von dem gefahrvollen Weg erfolge, Finanzkrisen durch Gehaltskürzungen zu beheben. Sr forderte gründ- sätzltch« Einheitlichkeit in der Besoldung und eine «e- sicherte einheitliche Rechtsgrundlage für all« Beamten in Reich, Ländern und Gemeinden. Weiter wurde die RetchSregierung aufgefordert, die Dietramszeller Er mächtigungsverordnung aufzuheben, soweit sie der zu nehmenden Desorganisation auf dem Gebiete der B^ amtenbesoldung in Ländern und Gemeinden Vorschub leist«. Auch zugunsten der Schaffung einheitlicher Lcmf- bahnrichtlinien und Amtsbezeichnungen wurde« B* dieser Plan avgelehnt »erde, könne Frankreich «richt für da» Scheitern der Konferenz verantwortlich gemacht werden. Bor der Abstimmung gab Herriot Erläuterungen zum sogenannten konstruktiven Plan. Dieser Plan finde seine Grundlage in den bereit» im Genfer Pro tokoll aufgefllhrten Grundsätzen: Sicherheit, Schiedsgerichtrver- fahren, Abrüstung. Herriot wies <vuch auf die Interpretierung de» Briand-Kellogg-Paktes durch Staatssekretär Stimson hin, wo- nach im Kriegsfall« keine Neutralität mehr möglich sei. Man müsse dies al» eine Garantie atnfprechen, daß «» künftig keinen Sonderkrieg mehr gebe. Herriot betonte, daß er die durch Artikel 16 des Völlerbundspaktes gegebenen Garantien nicht aufgebe. Zum französischen Plan speziell führte er aus, alle Abrüstungen seien unabhängig. Der französische Plan beruhe auf folgernden Grund sätzen. die sofort verfügbar wären und über ein mächtiges M-teria. verfügten,- ,, , 'le Bereinigten Staaten Sicherhettsgarantien, wie sie sie selbst ins Auge gefaßt haben, bewilligen würden; b. daß die Mitgliedsstaaten des Völkerbundes sich verpflichten würden, alle Verpflichtungen aus Artikel 16 des Völkerbunds- Paktes zu erfüllen und 6. daß das Schiedsgerichtsverfahren für all« Teilnehmer am Pakt obligatorisch sein würde. Wäre Frankreich nicht nach Lausanne gegangen, so sagte Ker- riot, dann hätte die deutsche These gesiegt. Zum Abrüstungs problem behauptete Herriot, daß man im Ausland sehr ungerecht gegenüber Frankreich gewesen sei, das doch am stärksten seit dem Versailler Vertrag abgerüstet habe. (Wo denn? D. Red.) Was den Hovverfchen Vorschlag angehe, könne Frankreich keine Verpflichtungen ohne Diskussion eingehen. Deutschland habe die Frage der Gleichberechtigung aufgeworfen, auf die Sir John Simon mit juristischer Schärfe geantwortet habe. Unter Gleichberechtigung könne man völlig verschiedene, verstehen: Auf der einen Sette gebe es die Auslegung des Ver sailler Vertrages durch Dr. Brüning, aus der anderen Seite die Auslegung, daß Deutschland selber seine Rechte festsetzen könne. Reichswehr-Minister von Schleicher habe sich mit aller Eindeutig- kett geäußert. Es handele sich darum, die Effektivbestände der Reichswehr zu verdoppeln, und sie mit schwerem Kriegsmaterial zu versehen. Die Forderung nach Gleichberechtigung, so wie sie gestellt worden sei, laufe auf eine Forderung nach Auf rüstung hinaus. Interessant für Frankreich sei, daß England ge nau wie Frankreich davon überzeugt sei, daß Deutschland aufrüsten wolle. Frappierend sei^ daß das Aufrüstuugsprogramm in seiner assen zugegebenen oder versteckten Form das Programm des Großen Generalstabes. das Programm des Generals von Seeckt sei: die Schaffung zweier Armeen, von denen die erste aus erstklassigem Mannschastsperso- nal mit sechsjähriger Ausbildungszeit bestehen würde. General von Seeckt sei der Ansicht, daß diese Stotz- und Manöverarmee Lurch «ine andere Armee ergänzt werden müße, die aus Mann schaftspersonal mit dreimonatiger Ausbildungszeit bestehe. Ge nau wie Blum und Franklin Bouillon müsse auch er sagen, daß das Volk in Deutschland aufrüsten wolle. Deshalb werdel^er franzö sische Plan eine internationale Kontrolle vorsehen, die bis zum Investigationsrecht gehe (Zuruf von links: „Gegenseitig!") Her. riot bestätigte, daß es sich um das Recht gegenseitiger Jnvestiga- tion handele. Nachdem Herriot den Inhalt des .konstruktiven französischen Planes bekannt gegeben hatte, schloß er mit der Bemerkung, wenn Alle Nationen sollen Defenfivarmeen demokratische« Art erhalten, nationale Berufsheere sollen beseitigt werden. Das deutsche Volk kann also nach dieser Auffassung die Reichswehr nicht beibehalten. Ich habe es, so führte Herriot aus, auf die Ablösung des gegen wärtigen Systems durch Defensivavmeen abgesehen. Diese These will ich .in Genf zum Siege führen. Man muh die Berufsheere beseitigen, weil sie früher oder später der Mittelpunkt von poMischrn Be strebungen werden. Wenn man einen demokratischen Staat wünscht, «nutz man ihm eine demokratische Armee verschaffen. Der Führer der Sozialisten, Leon Blum, erklärte, daß di« Sozialisten für die Vertrauenstagesordnung stimmen würden. Der Plan sei geeignet, die Begeisterung der Nationen au»zulös»n. Ein Vertreter der kommunistischen Dissidenten erklärte, daß auch diese für die Vertrauenstagesordnung stimmen würden. Franklin Bouillon zog hierauf seinen Zusatzantrag zurück Gr erklärt«, nach der Revision der MUttättlauseln werde Deutsch land jetzt die Revision der Grenzen verlangen. Die Geste Herriot». der Europa überzeugen wolle, sei nur vergleichbar mit derjenigen Vivianis im Jahr« 1914: 19 Kilometer zurück. Herriot stellte die Vertrauensfrage. Vertrauensvotum svr herriot Paris, 29. Ott. Die Kammer hat in früher Morgen stunde durch Annahme der BertrauenStageSordnung der Radikalen Francois Albert und Genossen mit 43V gegen 20 Stimmen der Regierung das Vertrauen ausgesprochen. Für die Vertrauenstagesordnung stimmten die Sozialisten, die Radikalen und die meisten Mitglieder der Abgeordneten der Mitte. Die 20 Gegner gehören der Rechten und der republikanischen Föderation Louis MarinS an. Der Rest der Kammer enthielt sich der Abstimmung. gann mit den Interpellationen über die Abrüstung. Der Abgeordnete Thasselgne von der Gruppe für Arbetteretn- hei (Kommunistische Dissidenten), «rklärte, die französischen Rechts- regierungen hätten di« deutsche Demokratie entmutigt. Italien, das an die <8^ Deutschlands trete, bedeute für Frankreich «tn« wetter« Bedrohung. Der Interpellant kritisierte alsdann die Doktrinen d«, französischen Generalstabes. Schon 1914 habe er schwere Fehler begangen. Frankreich müsse auf seiner Seite das gute Recht haben und deshalb zunächst abrüsten. Der Redner kritisierte »eiter die Alliancen Frankreichs, die, wie «r meinte gegen Frankreichs Sicherheit verstießen. Ts handele sich um jene osteuropäischen Völker, denen man Milliarden schenkte. Her Red. ner verwies besonders auf Polen und Rumänien, die er , militärische Naubnationcn nannte. Der Kammerpräsident rief den Redner zur Ordnung und Ministerpräsident Herriot sprach sein Bedauern über die Aus- sührungen des Redners aus. — Hierauf entwickelte der Führer der Sozialisten, Leon Blum, seine Interpellationen über die Politik, die die Regierung zu verfolgen gedenke, um die Gleichheit der Recht« und Pflichten in der Rllstungsherabsetzung für alle Natio nen stcherzustellen. Di« deutsche Forderung nach Gleichberechtigung bezeichnete Blum als grundsätzlich gerechtfertigt. Tin Friedenovertrag sei kein Kontrakt, mit dem man willkürlich verfahren könne. Der Frtedensvertrag habe den besiegten Mächten «ine Lage aufgezwungen, mit der sie sich nicht für immer und ewig abflnden könnten. Das gehe aus dem Vertrag selber hervor, der eine zeitliche Begrenzung für diese Lage vorsehe und zugleich eine Rechtfertigung dafür gegeben habe. Diese Rechtfertigung liege in der von den Siegern übernommenen Verpflichtung abzurüsten. Man könne jedoch nicht zulassen, daß die gerechte Forderung Deutschlands nach Gleichberechtigung seine Aufrüstung rechtfertige. Nur durch ein Mittel könne man diese Aufrüstung verhindern, durch eine allgemeine progressive Herabsetzung der Rüstungen. Man dürfe nicht Li« Augen vor den Fehlern verschiliehen, die von sämtlichen Mächten und besonders von Frankreich begangen wor den seien. Die Abrüstungskonferenz habe noch keinen Erfolg ge. habt. Ebensowenig wie ein Friedensvertrag gewaltsam zerrissen werden dürfe, würden die Sozialisten es zulassen, Latz «r gewaltsam -aufrecht eghMen werde. Das sei auch dis Anschauung der Regie rungen der Vereinigten Staaten und Englands. Herriot erwiderte: Wenn ich nicht an Locarno und auch nicht an den Wert der Unterschrift Englands geglaubt hätte, würde ich nicht einmal versucht haben, den Konstruktivplan elnzubringen, den ich alsbast» entwickeln werde. Im weiteren Verlauf der Debatte begründete der Abgeord. nets Franklin Bouillon seine Interpellation über die Lag« in Deutschland und die Abrüstungskonferenz. Deutschland, so sagte er, unaufhörlich den Versailler Vertrag verletzt. Zum Versuch, da» zu beweisen, verlas Bouillon den Bericht der interalliierten Kontrollkommission vom Januar 1927. Der Völker. Hund, so meinte der Redner, sei unfähig, dem Versailler Vertrag Respekt zu verschaffen. Bouillon unternahm dann einen wüten- den Ausfall gegen MacDonald. Herriot sprech« von seinen« „Freunde: MacDonald. Man müsse hochgehen, wenn man so etwas höre! Mit „diesem Menschen" würde Frankreich unter das Joch Deutschlands geraten. 1914 habe MacDonald verzweifelte Anstrengungen gemacht, um England zu verhindern, an Frank-l reich» Seite zu treten, und während des Krieges habe MacDonald > seine politischen Manöver gegen Frankreich fortgesetzt. Franklin Bouillon fuhr fort, man stehe vor dem großen Be trug von Locarno, mit dem man das Land seit sieben Jahren ge täuscht habe. Deutschland bereite nur ein» vor, den Revanche- krieg (Beifall rechts.) Franklin Bouillon warf der Regierung vor sich auf di« Unterhandlungen von Lausanne eingelassen zu haben. Seit zehn Jahren litten Frankreich und seine Alliierten und die Welt unter riner Krise der Kleinmütigkeit und der allge- meinen Heuchel^. Schließlich Ergriff Herriot da» Wort. Ministerpräsident Herriot charakterisierte in seiner Rede den französischen „konstruktiven" Plan. Da» offizielle Ne- sums diese» Planes lautet folgendermaßen: , Frankreich würde für einen noch zu bestimmenden Zeitpunkt die Verallgemeinerung der Herabsetzung der kurzfristigen Dienst zeit für die im Mutterland« stehenden Landstrettkräfte unter fol genden Bedingungen anzunehmen: 1. daß alle Formationen, die dieser Heevesorganisalion zu- wtderlaufen wie di« Reichswehr aufgelöst und die Polizeistreit- kräste reglementiert würden; S. daß die international«! Kontrolle organisiert und das In- vestigationsrecht obligatorisch einbegriffen würde; 8. daß, um den Locarnoverttag zu ergänzen, «in regionaler iPatt für gegestseitigfl Hilfeleistung derart aSgeschlossen würd«, daß Ae europäisch« Nation daran teilnehmen könne und daß di« auf diese Weis« vorgesehene Kollrttionmcht ««reiche, um den An griff zu unterdrücken, wobei di«s« Streitmacht «im «rst« Staff» lun, von nationalen spezialssierten Kontingenten umfassen müsse, MWr MinMiO WteiMlW Mira! Lebhafte Auseinandersetzungen auf der Tagung des Bundes