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27. Zeihrgany »2. schließen. Er beantrage, den Abg. Kerri (Natsoz.) als Vertreter der stärksten Fraktion zum Präsidenten zu wählen. Seine Irak- Non werde ihr Verhalten bet der Wahl der Nlz-iprNsldcnten von dem Verhalten der Fraktionen gegenüber der Kandidatur tterrl abhängig machen, Abg. Koenen (Komm.) meinte, die National- svzialisten seien mit dieser Zustimmung zu den Gepflogenheiten des parlamentarischen System« Teilhaber de- von ihnen bisher bekämpften Systems ge morden. Abg. Heil- mann lSoz.) wiederholte seine Ausführungen aus denn Aellestenrat, , wonach die SPD. nicht für einen Nationalsozialisten stimmen , konnte, zumal die NSDAP, auch nicht den Anspruch der stärksten I Fraktion ancrkant häite, wenn die SPD. diese Fraktion gewesen sei. Abg. Kube lNalsoz.s wies darauf hin, das, die Sozialdemo kraten sich daran gewöhnen müßten, dost der neue Landtag ein poli tisch anderes Bild zeige ato der alte. Nachdem noch Abg. Pieck sKomm.j bemerkt hatte, das Zentrum zeige der SPD. setzt die Treue, indem es sür den Nationalsozialisten stimme, folgte der eigentliche Wahlakt, der mit alphabetischem Namensaufruf sämt licher Abgeordneter in geheimer Zettelwahl durchgefllhrt wurde bdn sich mehrere Stunden lang hinzog. Von den Milgen -M Stimmen erhielt der Nationalsozialist Kerrl 2t!2 und damit liber die absolute Mehrheit, sodaß er znm Landtageprästdenten gewählt war. Er übernahm sofort die Ge- schäfte und wurde von seinen Freunden mit Händeklatschen und dem Faschistcngrus, empfangen, als er das Präsidium betrat. Die Kommunisten riesen: „Von Zentrums Gnaden!" Als Präsident Kerrl von der einzigartigen Erhebung des preußischen Volkes sprach, aus der am 24. April die Nationalsozialisten als stärkste Partei heroorgegangen wären, kam es zu großer Unruhe links, und man rief: „Die erste Provokation!" Der bisherige Landtagvpräst- deut Wittmaack lSoz.) wurde zum ersten Vizepräsidenten gewählt und nahm die Wahl an. Zum zweiten Vizepräsidenten wurde Abg. Vaumhoff (Z.) gewählt. Boi der Wahl des dritten Vizeprä- sidenten, Abg. Dr. v. Kries (Dntl.s, beteiligten sich die Sozial demokraten nicht an der Zettolabgabe. Dr. von Kries wurde mit 2!>4 von insgesamt abgegebenen Wö Stimmen gewählt. Das Haus bestimmte dann durch Zuruf die 12 Neiisitzer, und zwar fünf Nationalsozialisten, drei Sozialdemokraten, zwei Zentrumsabge. ordnete und so einen Kommunisten und Deulschnationalen. Eine Reihe von Anträgen verschiedener Fraktionen wurde ohne Aus sprache den Ausschüssen überwiesen, darunter ein naiionalsozia- Wischer Antrag a»f Einsetzung eines Ausschusses zur Vorberei tung der neuen Geschäftsordnung. Unerwartet: Blutige Zusammenstöße Auf der Tagesordnung hätten nun noch einige Anträge ge standen, die man nach kurzer Debatte in die Ausschüsse verwiesen haben würde. Es war eigentlich keine „Sensation" mehr zu er- warten. Ein großer Teil de» Publikums verließ das Haus. Presse- Vertreter und einige Photographen schlossen sich an, als sich plötz- lick gewissermaßen aus „heiterem Himmel" die blutigste Schlägerei enlwikkelte. die der preußische Landtag je erlebt hat. Sie ereig- net« sich im Anschluß an «ine Geschüstsordnungsdebatte, die der eine Verletzung um rrnrcir Abg. Dr. Freisler tNatsoz.) elnleitete. Er ersuchte das Haus,! Abgeordnete Wehner (Ostpreußen) sei durch einen Wurf -n.L-»-»-,i-"»— """ mit Anxin schweren Stuhl am Rückgrat verletzt worden, sofort einen Antrag zugunsten von drei Nationalsozialisten aus Elberfeld zu behandeln, die am Donnerstag verurteilt werden sollten, und gegen die der Staatsanwalt sieben bis zehn Jahre Zuchthaus beantragt habe, obwohl sie in berechtigter Notwehr ge- handelt hätten/ Gin« scharfe Kritik an preußischen Staatsanwäl- ten folgte, worauf auf der Linken wie Rechten des Hauses sich eine steigende Erregung bemerkbar machte, die noch wuchs, als die Sozialdemokraten Widerspruch gegen di« sofortige Behandlung des Antrages erhoben. Der Kommunist Pieck brachte die Bombe zum Platzen, als er — nachdem Abg. Kube (Natsz.) gemeint hatte, i>0 Prozent der preußischen Staatsamväll« gehörten auf die Anklage bank — ausführt«, die NSDAP. habe den Arbeitermard ringe- führt In Ihren Reihen," so konnte Pieck noch den Natio nalsozialisten zurufen, „sitzt eine ungeheure Zahl von Mördern," al» die Nationalsozialisten auch schon mit erregten Gebärden auf die Rednertribüne ,»stürmten, von der linken Seit« drangen die Kommunisten auf sie ein. Vizepräsident Baum- hoff gelang es nicht mehr, die Streitenden zu trennen. Ehe er den Prästdentenstuhl verlassen konnte, hatte schon «ine schwer« Schlägerei zwischen Kommunisten und Nationalsozialisten ringe- setzt Soweit man von den Tribünen die im raschen Lauf sich voll- ziehenden Ereignisse beobachten konnte, schlug plötzlich ein kommu- nistischer Abgeordneter auf den Nationalsozialisten Htnkler ein. Die Nationalsozialisten gingen jetzt auch ihrerseits zum aktiven Angriff vor. Man schlug weniger mit Fäusten aufeinander rin, al« mit allen möglichen festen Gegenständen, die irchndwi« zu er. reichen waren. . , , Dte schweren Stühle von der R-gierungSbank wurden ebenso in di« Reihen der Kommunisten geschleudert wir dir veleuchtungrLirper, di, man von den Plätzen der Stenographen -erauortß Ein ungeheuerer Tumult entstand. Holzverkleidungen l Bolitik der Fault /Berlin, 2». Ma«. Im preußischen Landtag kam tS heute zu ungeheueren Schlägereien zwischen National- soztalisten und Kommunisten, die sich in diesem Ausmaß im Deutschen Reich noch nicht zugctragen haben. Der kom- munistische Abgeordnete Pieck hatte in einer GeschäftSord- nungödcbatte den Nationalsozialisten zugernfen, daß In ihren Reihen Mörder säßen. Darauf stürzten dle National, sozlalisten mit drohenden Gebärden und Enirüstnngsrnsen auf die Rednertribüne zu, die Kommunisten taten da« gleiche, um ihren Redner zu schützen. ES kam zu heftigen Auseinandersetzungen, In deren Verlauf von den Kommn- nisten dem nationalsozialistischen Abgeordneten Hinkler ins Gesicht geschlagen wurde. Auch wurde nach den National soztalisten mit Tintenfässern geworfen. Das war für die Nationalsozialisten das Signal, auf die Kommunisten ein zustürmen. ES entspann sich elne gewaltige Schlägerei, in deren Verlauf nicht nur mit Fäusten anfeinander loögeschla- gen wurde, sondern auch Tintenfässer, gläserne Lam- penschirme, Wasserflaschen und Möbelstücke benutzt wurden. Dir gesamte nationalsozialistische Fraktion drängte In weni gen Minuten mit Stühlen, die auf die Kommunisten ge worfen wurden, die kommunistische Fraktion auS dem Saale. Zahlreiche Abgeordnete blieben blutüberströmt liegen und wurden aus dem Saal getragen. Als sich der Saal leerte, stimmte die vollzählig anwesende nationalsozialisti sche Fraktion das Horst-Wcssel-Lied an, in das ein großer Teil der Tribünenbesuchcr einstimmte. Der Plenarsitzungs saal bot nach dem Zwischenfall einBildstarkerVer- Wüstung. Er glich dem Schauplatz einer wilden Gaal- schlacht. Schwere Ledersessel lagen zerbrochen und zerfetzt herum. Teile der Beleuchtungsanlage für die Stenogra- phen fanden sich 20 Meter entfernt vom Platz der Steno-, graphen zerschmettert am Saalausgang der Kommunisten. Verhältnismäßig schwer verletzt find nach den bisherigen Ermittlungen bei der Schlägerei der Geschäftsführer der ozialdemokratischen LandtagSsrattion, Abg. Jürgen« en, sowie die kommunistischen Abgeordneten Krämer (Nivderschöneweide), Kuntz und Gohlke. Jürgensen mußte bewußtlos aus dem Sitzungssaal getragen werden. Der Abgeordnete Krämer kam wenige Minuten nach der Schlägerei mit völlig verbundenem Kopf wieder in den Sitzungssaal. Durch den Verband floß ihm noch das Blut über das Gesicht. Er rief z» den Nationalsozialisten, die zum Teil noch in ihrem Ausgang auf der Rechten des Hau ses standen: „Zwanzig für einen! Das sollt Ihr unS büßen!" Der Präsident hatte bereits unmittelbar nach dem Bc- ginn der Schlägerei seinen Platz verlassen, womit die Sitzung geschloffen war. Dte Fraktionen traten sofort zu kurzer Beratung zusammen. Berlin, 28. Mai. Di« zweit« Plenarsitzung de» neuen preußischen Landtags vom Mittwoch bracht« die ersten bedeutsamen Entscheidungen. Vor äußerst stark besetztem Plenum und überfüll ten Tribünen eröffnete Alterspräsident Litzmann di« Sitzung, ohne diesmal von seiner Fraktion mit dem Faschistengruß begrüßt zu «erden. Er führte au», er habe au« der Presse ersehen, daß in der konstituierenden Sitzung beleidigende Angriffe von der äußersten Linken erfolgt seien. Soweit sie ihn pevfSnlich beträfen, könne er sich auf den Standpunkt stellen, daß er von dieser oder jener Sette ilberhaupt nicht beleidigt werden könne, wenn aber gerufen wor den sei: „Nieder mit den kaiserlichen Generälen!" so sei damit auch de, Meneralfeldmarschall vom Hindenburg beleidigt. Er würde da» geahndet haben, wenn er hätte feststellen können, wer die Beletdi- ger waren. Di« Kommunisten, die dl« Ausfllhrungen d«o Alters- Präsidenten durch Zurufe unterbrachen, erMktrten im Thor, die ganze Fraktion habe den Ausruf gegen die General« getan, worauf ÄME »-M.L „N-. k-lch» Ni«. I«, R-- 8---«- Vor Eintritt in die Tagesordnung kam «s zu «inem kleinen GeMftsordnungsgeplänkel, wobei Anträge verschieden«, Frak« tlonen in die Ausschußberatung verwiesen wurden. Di« ging nicht ohne kleine Zusammenstöße Swischen KommunOen und Natwnal- soztalisten ab, wobei Abg. Kasper (Komm.) dem «bst-Dr. Go«b. bel» (Natsoz.) zurief: „Sie sind mir zu dlrsch, mit Ihn*" unter« halte ich mich nicht. Lhe Re Wahl des Landtag,Präsidium, Le« gann, die al, erster Gegenstand auf der gedrückten Tage-ordnung /luer Tageblatt sMZ Mzelger für-as Erzgebirge »I. «Mchn> 0,ka<mtmochu»,.» N-tt.« S« «<>», »«, Nm««,«Ich» p«. P.M«.»,», »1^, Nr 122 Freitag, lien 27. Mai IS32 während der Abgeordnete Daluege sogar einen Messerstich erhalten habe. Leichter verletzt sei der Abgeordnete Kunze. Nattonalsozrattstische LrkMrung Berlin, 25. Mai. Di« nationalsozialistische Land- tagSfvaktion gibt über die Vorgänge eine umfangreiche Er klärung heraus. Die KPD. habe es offenbar auf Än« bewußte Provokation der nationalso>iali tischen Fraktion abgesehen. Abschließend erklärt dann die Fraktion, daß sie durch ihr diszipliniertes Auftreten in der DivnStaa- und Mittwochsitzung bewiesen habe, daß sie den preußischen Landtag arbeitsfähig hatten wolle. Al» man aber den Fraktionsgeschäftsführer Htnkler ohne jeden Anlaß mitten ins Gesicht schlug, sei der Fraktion nicht» andere» übrig geblieben, als zur Notwehr gegen den organisierten schweren Landfri'edensbruch der marxistischen Fraktionen zuEfen. Jeder rechtlich denkende Deutsche werd« Verständnis dafür haben, daß die größte Fraktion, die e» im Landtage je ge geben habe, beim Versagen aller anderen Mittel ebenso ver fahre, wie jeder deutsche Mann, wenn er grundlos von einem Raufbold tätlich angegriffen werde, Dle Fraktion erklärt zum Schluß: Die Zetten, in denen man ein« Be- weaung, die sich nur die WiedergeLurt d«» deut- schenVolkeS und dte Reform der deutschen Nation an Haupt und Gliedern zum Ziele gesetzt hat, ohne daß sie sich dagegen wehren konnte, beleidigen und tätlich angreisen konnte, sind endgültig vorbei. Die NSDAP, ist entschlossen, Stuhlbeine als Schlaginstrumente verwendet, Waffe»« gläser, dte schwere Uhr vom Platz der Beisitzer, Tinten fässer, Schubkästen aus den Bänken der Abgeordnete« dienten als Waffen. DI« kommunistische Fraktion mit thron 87 Mann wurde von den 182 Nationalsozialisten buchstäblich im Nu au» dem Saal heraus- neschlagen. Zn dem Wirrwarr konnte man zunächst nicht untrr- scheiden, von welcher Seit« intensiver geschlagen wurde. Al, der Saal einigermaßen leer war, erhoben sich pte Nationalsozialisten, die zu ihrem Getto» zurückgrkehrt waren, und sangen da» Horst-Wessel-Lied, während sie zn gleicher Zeit dte Hand zum Faschisten« grnß erhüben. Währenddessen wurden die schwer«» ver letzten Abgeordneten der Linksparteien auS de« Sitzungssaal in das Krankenzimmer de» Landtag«» getragen, wo der Zentrumsabgeordnote Dr. med. Wester di« «M ärztlich« Hilfe leistete. Die Beamten des Hauses mußt«« «in Trümmerfeld überwin den, al» sie die schweren Sachschäden tm Sitzungssaal festst«llen wollten. Vor dem Zimmer d«s Aeltestenrate, hatten sich viel« nationalsozialistische Abgeordnete angesamm-It, di« mit einem Mal einen Mann, der ein Kriminalbeamter zu sein schien, in ihre Mltte nahmen und mit Gewalt aus dem Hause herarwfllhrten. Später ergab sich, daß auch einer der Stenographen ein« beicht« Verletzung am Kopfe erlitten hatte. Bis zum nächsten Plenar sitzungstage, dem 1. Juni, wird festgestellt sein, ob die Mehrheit der Fraktionen ein Interesse an polizeilicher Untersuchung de« Zusammenstoßes hat und welche Folgerungen darau» zu ziehen sind. Etwa eine halbe Stunde nach der blutigen Schlägerei wurde der Aeltestenrat einberufen, an dessen Beratungen auch d«r Ber liner Polizeipräsident Grzesinskl teilnahm. In der Sitzung des AeltrftenrateS gaben Nattonal- sozialisten und Kommunisten Erklärungen ab, baß ihnen an der Klärung der Schuldfrage nichts gelegen sei und st« ein Eingreifen der Polizei nicht wünschten. Die Sozialdemokraten erklärten, daß sie angesichts der Ver wundung des Abg. Jürgensen und des ganzen Tatbestandes sich nicht mit diesen .Erklärungen abfinden könnten. Eine ähnlich« Er klärung wurde vom Zentrum abgegeben. Beschlüsse wurden vom Ältestenrat nicht gefaßt. Der Ältestenrat wird am 1. Juni «in« neue Sitzung abhalten, um sich nochmals mit der Angelegenheit t« befassen. Die Verletzten bei der NSDAP. Berlin, 25. Mai. Aus Kreisen der nationalsoziatt- schen LandtagSsrattion wird dem Nachrichtenbüro de» VDZ. erklärt, daß bei der Schlägerei tm preußischen Landtag auch bier imiivnalsozialistische Abgeordnete verletzt Word cm sein. Der Geschäftsführer der Fraktion, Abgeordneter Hinkler, ic Verletzung am linken Ohr oavongetragen, der WWe SaalWacht im Vreubenllmdtag Tierletzte — Rampf mit Stühlen, Lampen unci Tintenfässern