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Auer Tageblatt Lr./ßNAbtAkksUr vllv^rMLOlrAk L.i.sromm,! Lag'blaa Enthalten- öl» amtlich»» v»kanutmachung»a -es Rates -sr Sta-t»»- -es fimts-rrlchts fiar. poM-ck'X-awr stna «sst, M.»»W Nr. 2S2 Sonnabenä» äen S. November 1929 24. Jahrgang Vie Sinbeit äes Recbtes Boa Hermann Wilhelm R«ß, Berlin Unter dm verschledmm Fattorm, di« «in« Vielheit von Menschen -u einer Kulturgemeinfchast, zu einem Volk, zusammen- schmieden, hat «in einheitliche» Recht eine ganz besondere Be deutung. Daher war e» stets ein Zeichen von erwachendem, nationalem Einheitswillen, wenn der Ruf nach Rechtseinheit erschollen ist. So ist «o denn durchaus verständlich, daß in Deutschland zur Leit der Befreiungskriege, als die Sehnsucht nach einem großen, freien und einigen Reich, die die Besten der Nation entzündet hatte, die Forderung nach der Schaffung eines einheitlichen Rech ts desonders laut erhoben wurde. Auch gegenwärtig findet der .-"ostdeutsche Gedanke, die sogenannte Änschlußbervegung, einen beredten Ausdruck in der fortschreitenden Rechtsangleichung zwi schen Deutschland und Oesterreich, die besonders in der gemein samen Arbeit deutscher und österreichischer Juristen an dem neuen Strafgesetzentwurf in die Erscheinung trat. Auch die Jahre nach - dem deutsch-französischen Krieg, in dessen Stahlgewittern das neue deutsche Reich geboren wurde, waren in hohem Maße damit angefüllt, die neugeschaffene Reichs einheit durch eine Fülle einheitlicher Gesetze fester zu gestalten und durch die Einheit des Rechts zu krönen. So ist die Ge- buvtsstunde der meisten, gegenwärtigen, großen Gesetze in die letzten Jahrzehnte des vorigen Jahrhunderts, vor allem aber in die siebziger Jahre zu verlegen. In jenen Jahren aber war man sich sehr wohl bewußt, daß! eine völlige Rechtseinheit durch einheitliche Gesetze allein nicht zu I schaffen, ist. Denn Gesetze, und seien sie noch so weise, können niemals durch ihren ausdrücklichen Wortlaut alle jene bunten! Fälle erfassen, die der phantasievolle Ablauf des Lebiens schafft. > Ls bleiben immer Zweifel offen, was im Einzelfalle Rechtens! ist, sei es nun deshalb, well der Wortlaut des Gesetzes nicht ein-1 deutig ist, oder weil im Gesetz offensichtlich eine Lücke ist. In! diesen Fällen bedarf es zur Wahrung der Rechtseinheit in einem Lande eines höchsten Gerichtes, das durch seine maßgebliche Rechtsprechung die untergeordneten Gerichte dazu veranlaßt, auch in Zweifelsfällen einheitlichen Grundsätzen zu folgen, nämlich jenen Grundsätzen, die das höchste Gericht in seinen Entscheidun gen ausspricht. Nur so wird verhütet, daß di« einzelnen Ge richte bald da bald dort „aus der Reihe tanzen". Die Notwendigkeit eines höchsten Gerichtes zur Wahrung^ der Rechtseinheit hat man auch in Deutschland bald nach der j Reichsgründung erkannt. Noch in den siebziger Jahren schuf man § daher das Reichsgericht in Leipzig, das am 1. Oktober 1879 zum i ersten Mal« seine Pforten öffnete und kürzlich auf sein fünUg-! jähriges Jubiläum -urückblicken konnte. In diesen 60 Jahren hat das deutsche Reichsgericht in vorbildlicher Rechtssprechung rühm- ! reich an der Wahrung der deutschen Rechtseinheit gearbeitet und em« stolz« Tradition juristischer Kunst begründet. - Das Reichsgericht in Leipzig stellt eine bewunderswerte Schöpfung des nationalen Elnheitswillsng des deutschen Volkes dar und sollte in seiner Bedeutung mehr und mehr auch von den breiten Volksmassen erkannt werden. „Einigkeit und Recht und Freiheit", wovon man tn Deutschland gerne singt, werden von unserem höchsten Gericht in besonderem Maße gehütet. Das - deutsch« Reichsgericht hat durch seine vorbildliche Rechtssprechung nicht nur dem eigenen Lande große Verdienste erwiesen, sondern genießt auch außerhalb Deutschlands in aller Welt berechtigtes Ansehen. > Die Art. wie das Reichsgericht für di« Einheit des Rechtes tätig ist, wird dem Laien nicht ohne weiteres klar sein. Um sich dies zu verdeutlichen, muß man daran wirken, daß bas Reichs gericht in vielen Prozessen sozusagen ,chas letzt« Wort" redet." Wenn nämlich die Prozeßparteien mit den Urteilen der niederen - Gerichte nicht zufrieden sind, so können sie in vielen Fällen Revi--- sion einlegen, damit sich das höchste Gericht, das Reichsgericht,, mit ihrem Streit befasse. Da die niederen Gerichte nicht gerne sehen, daß das Reichsgericht anders entscheidet als sie selbst, rich ten sie sich schon von vornherein in ihren eigenen Entscheidungen nach der Ansicht, die das Reichsgericht in früheren Urteilen über die streitige Rechtsfrage geäußert hat. So wird die Ansicht des höchsten Gerichtes für die unteren Gerichte ebenso bedeutsam wie l die Gesetze selbst. Daher wird eine ausdrückliche und wiederholte!! Meinung des Reichsgerichts bald allgemeine, herrschend« Mei nung alür Gerichte und bi« Rechtseinheit ist gewahrt. Schwierigkeiten cler Deutschen Volkspartei? Es ist schon nahezu «In« ständige Einrichtung geworden, daß vor den Parteitagen der Deutschen Dolksparki der Handels- und Inbustrieausschuß dieser Partei sich trifft und zu den brennenden Gegenwartsfragen Stellung nimmt. Sv hat er sich auch fetzt wieder in Bremen getroffen und die politische Lage eingehend er örtert. Aus den Reden verdienen die Ausführungen des Reichs- tagsakgeordneten Dr. Zapf besondere Beachtung, da er sich ent schieden gegen ein Zusammengehen mit den Deutschnationaien aussprach. Niemals hätten sich, meinte er, di« Deutschnationalen schwächer gezeigt, al» zu den -Zetten, in denen sie in der Regierung saßen. Niemals wären auch die Kasten des Reiches lo ausgeleert worden, wie in den Tagen der Rechtskoalition. Diese Tatsache wär« auch heute noch im Grund« für den gegenwärtigen Zustand unserer Reichsfinanzen verantwortlich So trüg« auch di« Rechts- koalition di« Verantwortung für «tn Arbeitslosengefetz, da «» der Rei ch-last« Hunderte von Million«» entzog. Da, ^SMner Tageblatt" weiß -».bericht«», baß bi« Rebe Dr. Zapf» unter manchen Teilnehmern,der Mrsschußtagung ein« nicht uabeträAich« Vechlmämrg auelSste. E« gcht ab« wohl Die Regierungserklärung des neuen französischen Kabinetts In d«r französischen Kammer verlas Ministerpräsident Tar- Kieu und im Senat in feiner Eigenschaft al» stellvertretender Ministerpräsident Iustizminister Hubert die Regierungserklärung des neuen Kabinetts. In der Erklärung heißt es u. a.: Die Bil dung unserer Regierung gibt nach siebzehntägiger Krisis, einer der vier längsten, die bl« Republik fett 26 Jahren gehabt hat, dem Parlament feine wesentlichen Vorrechte wieder: Beraten, kontrollieren, abstlmmen. Das ist die einzige Feststellung, -durch -die -wir uns «inen Rückblick auf di« Vergangenheit erlauben, denn wir sind der -Zukunft zugewenbet. Nicht daß wir bas seit zehn Jahren geleistete gewaltige Werk unterschätzen. Die meisten der äußerst wichtigen Probleme, die der Krieg uns hinterlassen hatte, sind heute gelöst: Wiederaufbau -der zerstörten Gebiete, Wieder herstellung des Budgetgleichgewichtes, Sanierung des Schatz amtes, Konsolidierung der kurzfristigen Schuld, Organisation- der Amortisierung, Stabilisierung der Währung, Regelung der aus wärtigen Schulden. So beachtenswert aber auch diese Ergebnisse sind, unsere Generation würde ihrer Aufgabe nicht gerecht wer den, wenn sie -nach der Liquidierung nicht zum Aufbau schreiten würde, wenn sie, mit -den erreichten Zielen zufrieden, die noch zu erreichenden Mele vernachlässigen würde, wenn si« von der Ver pflichtung, rückwärts zu schauen, befreit, nicht vorwärts schreiten würde. Unser« Regierung beabsichtigt, Frankreich auf diesem Wege nach vorn zu leiten. Zur auswärtigen Politik erklärte Tardieu? Es ist indessen zunächst auf internationalem Ge biete unsere Aufgabe, di« Regelung ernster Probleme zu voll enden, denn -durch die früheren Handlungen der Regierungen und. die wiederhosten Abstimmungen des Parlaments sind bereits jetzt -bestimmte Losungen durch Etappen gekennzeichnet, die man un möglich wieder rückgängig machen kann. Wir werden uns hier über rückhaltslos -in der Debatte aussprechen, die durch bi« In terpellationen eröffnet werben wird. Ls wirb genügen, hier die Grundsätze zu präzisieren, di« unsere Bemühungen um die Orga nisierung des Weltfriedens und der französischen Sicherheit lei ten. Der erste Grundsatz wird sein, nichts abzuschließen, was irgendwie der freien Lleberprüsung und souveränen Ratifizierung -des Parlaments Abbruch tun könnte. Der zweite wird sein, dem Parlament nichts zu unterbreiten, was irgendwie die Garantien für unsere materielle -und moralische Sicherheit verringern könnte. Der dritte wird fein, unter den oben erwähnten Vorbehalten kein Abkommen abzulehnen, das geeignet -war«, das Erbe der Ver gangenheit zu sanieren, in der Welt -die Grundlagen des Friedens zu stärken und -unter den Völkern bas Verstehen und das Ver trauen zu fördern. Auf der Haager Konferenz ist kein Abkom- menen-twurf von unseren Unterhändlern gebilligt worden, der irgendwie m Widerspruch zu diesen Grundsätzen steht, ob es sich um den Toung-Plan handelt, der mit der Regelung der Schul- den verbunden ist, -die das Parlament im Juli gebilligt hat, oder um die Räumung der -ritten Rheinlandzone, die von der Ver wirklichung sämtlicher Maßnahmen abhängig ist, di« geeignet sind, die Inkraftsetzung des besagten Planes zu sichern, oder um das Mrtschaftsregime -des Saargebietes, bei dem es sich darum han delt, die Möglichkeit einer dauerhaften, vorteilhaften Transaktion für die Kontrahenten zu studieren, ohne an die politischen Rechte der Bevölkerung zu rühren. Die -drei Regeln, die ich »den aufge stellt habe, werd«, -weiterhin die auswärtige Politik Frankreichs leiten. Am -an diesen Verhandlungen mit der geistigen Freiheit, die die Sicherheit schafft, -teilzunehmen, werben wir die Verteidi- gungsvrganisation unserer Grenzen aktiv fortsetzen. Wir werden nicht weniger sorgsam über die Freiheit unserer Verbindungs wegs mit -unseren Kolonialreichen wachen. Nur in Stärk« und in Ruhe lebend« Völker können nützlich für den Frieden arbeiten. In -diesem Geist«, getreu der in Genf von allen -unseren Dor- gängern angenommenen Haltung über di« Abrüstung zu Wasser und zu Laube werben wir im kommenden Sohr an dm London«» Konferenz teilnehmen. Ls ist überflüssig, hinzuzufügen, -aß wir sämtliche Annäherungen wünschen, weiterhin in unseren Freund schaften «inen bevorzugten Platz denen bewahren, di« während der Prüfungen auf unserer Seite standen und di«, wie wir, im Ein vernehmen mit dem Völkerbund sich um di« Konsolidierung de» Friedens der Menschheit bemühen. Di« Regierungserklärung geht alsdann za innerpolitdschm Fragen über und beschäftigt sich zunächst mit dem Ausbau der nationalen Wirtschaft. Vie fingst vor -em -rutschen Verkehrswesen Der sozialistische Abgeordnete Varenne forderte Aufklärung über die neue Abrüstungskonferenz und fragte nach den Ansichten de» neuen Krieg-Minister» hinsichtlich der nationalen Verteidigung. Der Führer der Sozialen und! Demokratische« Lin ken, Abg. Franklin Bouillon, Kittsterte die Hal tung der französischen Vertreter im Haag und for derte Aufklärung über eine Reih« von Punkten, ins besondere die Liquidationsfrage und die Reparations bank, sowie über hie Kommerzialisierung der deutschen Schulden. Frankreich habe in finanziellen Fragen und in SicherhettSfragen nachgeben müssen. Warum solle man sich wegen de» Aoungplan» überstürzen? Tie amerikanische Regierung habe die Täuschung von Versailles wiederholt und ein Sonderabkommen mit Deutschland abgeschlossen, so daß sie keine Fühlung mit der Bank haben werde. Franklin Bouillon fragt« sodann» Liegt sS i!m Interesse Frankreich», die Räu mung der dritten Zone zu beschleunigen? Dis An wendung de» AoungPlane» beruh« dann einzig und allein aus der Ehrlichkeit und dem guten Willen Deutschlands. Die Garantien, die Frankreich besessen habe, kämen in Fortfall. Franklin Bouillon erklärte zum Volksbegehren, die Hugenberg-Presse und die» Millionen Deutsche lehnten mit Gleichmut den Moung- Plan ab, der doch der Triumph ihres Landes sei, weil sie dis Politik de» Hasse» Vorzügen. Da» fei die schr ernste Wahrheit. Deutschland bereits einen modernen Krieg in oen Gegenden vor, dis die Franzosen ohne Garantien verlassen wollen. Bei Trier habe man IS Rangterlinien für die Mobilisierung von 110 Züge« angelegt, während der Verkehr nur für vier Züge ausreicht. Aehnliche Vorbereitungen seien auch bei Kaiserslautern getroffen worden. 46 Autolinien dien ten als Vorwand für Manöver mit Lastautomob tlen von 40 PS Motorenkraft. Deutschland Haue fünf Autostraßen, §uf denen die deutschen Divisionen bin nen zwölf Stunden über die belgische und luxembur gische Grenze für einen neuen Ginfall nach Frankreich herantransportiert werden können. Neber die Saar frage zu verhandeln, wäre tzuiUeit ein großer Fehl«. Strese.mann und General von Sesckt Hütten au» dem Versailler Vertrag ein Instrument de» deutschen Wie deraufstiege» gemacht. GS dürfe keinen Franzosen ge ben, der e» nicht al- seine absolute Pflicht betrachte, die Augen offen zu hallen und an dem Wohle de» Landes zu arbeiten. Die Rede Franklin Bouillon» erinnert an di« der schlimmsten Zeiten der Jahre 1920/23. zu weil, wem» berichtet wirb, -ah -er äußerste rechte Flügel ber Partei -er Parteileitung ein Ultimatum Übersandte und forderte, -aß Dauch Reichswirtschaftvmiiüster wird, -aß künftighin die Aemter -es Partei vorsitzend en und Frakt-ivnsvorsikenden getrennt -leiden müßten und -aß -em neuen Parteivorsitzenden zuver- lästige Berater zur Seit« gestellt werden sollen. Der fchwerin- -ustriell« Flügel verfuchte in Bremen offenbar «Inen Druck -auf di« Parteileitung aus»uübm, -och bleibt abzuwarten, ob «» ihm gelung«n ist, sich durchzüsetzen. Der Fraktionsvorstand der Deutschen Dolkspattei beriet am Donnerstag vormittag eingehend bi« Sage. Dr. Scholz ist noch nicht vollständig genesen, doch -darf erwartet werden, daß «r seine parlamentarischen Arbeiten in kürzester Z«tt wieder aufnehmen kann. Ls darf heut« schon -al» feststehend gelten, daß er von dem bevorstehenden Parteitag mit erdrückender Mehrheit -um Partei- Vorsitzenden gewählt wird. Mit -der Ernennung de» stellvertre- tenben Reichsaußenministers Dr. Lurtius -um Reichsaußenmim- -per ist -u rechnen. Sie steht unmittelbar bevor. Wer iedvch Reichswirtschaftsminister werden wird, steht noch völlig dahin, -a dies« Frage noch nicht einmal lm Schoße der Deutschen Volks partei entschieden ist. Keinessallr ist jedoch damit -u rechnen, daß der sicher« Reichskanzler Dr. Luther w da» gegmwärttg- RÄchchMnetl «intrstt. E, verdient j«doch Beachtung, -aß Dr. Suth«, dar Lett etwa M JahrL» de» Deutsch« Beüspartel angehört, auf der Bremer Tagung de» Handel»- und Industrie ausschusses erschien und eine Red« hielt, die «inen start» Ein druck hinterließ. vt» Erklärung Dr. Heg» Reichotagsabgeorbneter Dr. Hugo erläßt von Bochum au» zu der oben erwähnten Meldung des Berliner Tageblatte» Nr. 526 vom 7. November 1929 -über -angebliche Konflikte in der Deutschen Dolkspartei ein« Erkürung, in der es u. a. heißt: „Im Gegenteil, die rheinisch-westfälisch« Schwerichustri« hat sich -er politischen Einflußnahme sehr stark rnchalten. In Bremen insonderheit waren es nur hi« Vertreter der verardeitm- den Industrie und de» Handels, di« sich -um Wort gemeldet haben. Auch -as Hauptreferat, da» die restlos« Zustimmung der großen Versammlung fand, tag in -dm Händen einer Persönlich, leit, die in der ganzen deutschen Oefsentltchkeit al» ein typischer Vertreter und Führer der verarbeitenden Industrie bekannt ist Lin einziger Vertreter der Schwerindustrie bat sich an -er Aus sprache beteiligt. — Di« Meldung desagt hinsichtlich der Kandi datur für den Relchswlrtschastsminister nicht» Reu«. lieber dl« Frag« der Besetzung de, Partei Vorsitzende« «der -ar seiner Trennung vom Amt de» Fratk.onrvorsitzmdm ist nicht mit «wer SlLe in Vremen di«kutt«tt. In dies«» seh« ich ädn- G«gt«s-ß« tn FpMw« «des M»» sch«M ett»