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Dr. 227 Sonntag, äen 3. November 1S2S Auer Tageblatt ^NAeiArr Dr öns ErZArölrgr retegeamm.: L«g.»k»a «athaltra- -k amtliche« oekarmtmachuog«, -es Nate- -er Sta-t oa- -e- Amtsgerichts -,ae. P-W>.«.ft»uior ft«ttpw m. I«. 24^Zahrgang Ernster Minter iBoa Dr. Külz, Reichsminister a. D. täuscht, schon wir in polittscher und lvirt- schoftlich« Beziehung sehr ernsten Zelten in diesem Winter «1- S«SM. "r D deswegen notwendig, den Dingen ohrie Nervosität Md mlt ruhiger Besonnenheit ins Auge zu sehen. Das wird freiuch nicht ganz einfach sein, nachdem durch das Hugenbergsche Volksbegehren die politischen Leidenschaften aus dem Hinter gründe wirtschaftlicher Bedrängnis -um Teil stark aufgewühlt worden sind. Schon einmal hat die um Hitler sich gruppierende Gefolgschaft die Zeil wirtschaftlicher Depressionen benutzt, um durch Katastrophenpolitti zur politischen Herrschet -u gelangen. Das war damals, als in der Zeit der Inflation die Hitler-Gar- ven und Ehrhard-Truppen ihren rühmlosen Putsch versuchten, der nii Falle des Gelingens damals das deutsche Volk in den Ab gründ gestoben haben würde. Die Annahme des Aoung-Planes durch den Reichstag erscheint kaum noch zweifelhaft, aber mit ihr allein ist nichts gewonnen, wenn sie nicht -um Ausgangspunkt einer großzügigen, unsere'Wirtschaft entlastenden Reform von den Parteien des Reichstages ge nommen wird. Die Erfahrungen, die sich bei der Behand lung der Reform der Arbeitslosenveisicherung ergaben, deuten sehr nachhaltig die Schwierigkeiten an, die sich bei größeren Re formen Herausstellen werden, Schwierigkeiten, die dadurch noch erhöht werden, daß die Stellung der Deutschen Vollspartei nach dem Tode Stresemanns labil geworden ist, und daß nach den Er fahrungen der letzten Zeit >man die Doutschnationale Volkspartei unter ihrer fetzigen Führung leider nicht mehr als eine Partei der Staatsverantwoftung, sondern als eine von starkem Ver nich t u n g s w i l l e n gegenüber dem jetzigen Staat erfüllte Partei betrachten mutz. Die steigende Arbeitslosigkeit und die mancher lei anderen wirtschaftlichen Erschwerungen werden ihrerseits dazu beitragen, zu den vorhandenen noch neue Spannungsmomente hinzuzübringen. Wirtschaftliche Notzeiten find noch immer der beste Nährboden für politischen Radikalismus gewesen. Mit poli tischem Radikalismus aber sind die Probleme schwerer Zeiten niemals zu lösen, sondern nur mit nüchterner Realpolitik. Aus dieser Erkenntnis heraus ergibt sich die ungeheu re Verant wortung, die in den kommenden Wochen beiderRegie- rung und bei den Regierungsparteien liegt. Wenn je eine starke Führung und eine klare Zielsetzung notwendig gewesen sind, so jetzt. Es wär« verkehrt, schon heute von der Regierung einen fest umgrenzten Plan für ihr« Reformabsichten verlangen -u wollen, wo die endgültige Gestaltung des Voung-Planes noch aussteht. Aber es wird notwendig sein, sofort mach endgültigem Abschluß der mit dem Toung-Plan in Verbindung stehenden Vorarbeiten mit einem abgeschlossenen, in sich ausgeglichenen Reformwerk vor die Oeffentlichkeit zu treten. Aus den Reihen der Parteien hat vor allem die Deutsche Demokratische Partei für diese Probleme wertvolles Material geliefert. Die Arbeiten von Dr. Stolper unld von Dr. Reinhold sowie die Plane des preußischen Finanz ministers Höpker-Aschoff enthalten wohldurchdachte, systeinatisch aufgebaute Vorschläge zur Gesundung unserer öffentlichen Finan zen und unserer Reform des Steuerwesens. Aeber Einzelheiten kann man verschiedener Ansicht sein, aber übr die Grunbzüge eines solchen Reformwerks sollten sich doch auch die Regierungs parteien rechtzeitig einigen. Man sollte hier auch nicht den Zu sammentritt des Reichstages abwarten, sondern sollte sich schon vorher, abseits der Unruhe und Nervosität des offiziellen Parla mentsbetriebs zusammensetzen und eine Annäherung der Ansichten und Absichten versuchen. Bisher scheint es aber so, als ob man auf Seiten der Parteien eine gewisse Scheu habe, di« Dinge konkret anzufassen. Auch hier wird es Aufgabe der Regierung sein, führend einzugreifen, wenn die Parteien nicht aus eigener Initiativ« einen gemeinsamen Weg zu finden trachten. Die Zeit erfordert gebieterisch entschlossenes Handeln und nicht unentschlos senes Herumreden um die Probleme. Strafantrag -es Neichsinaenmlnljlers gegen dr. tzugenbeeg Im „Berliner Lokalanzetger" (Morgenausgabe vom gl. Oktober 1929) und tn einer Anzahl anderer in Berlin und auswärts erscheinender Blätter sind in einem von Geheimen Finanzrat Dr. Hingenberg, Mit glied des Reichstages, verfaßten Artikel schwere Be schuldigungen gegen die mit der amitttchen Feststellung des Eintragungsergebnisses beim BolkSbegeDren „Frei- Wtsgesetz" befaßten Beamten ausgesprochen worden. In dem Artikel finden, sich' folgende Sätze: ,Zst die Schlacht gewonnen oder verloren? Der sozialistische Reichsinnenminister will e» uns erst am tt. November verraten. Hoffentlicht wird inzwischen nicht allzu schr „retuschiert"." Gegen den Schluß de» Artikel« heißt e«: „Aber wir haben den Kampf ausgenommen und hoffen Gute« von ihm für unser Land und Voll - einerlei, wa» die Organe Ve« ReichSinnenministerS beim Volksbegehren herauSrechnen." Lier Reich-minister de» Innern hat wegen der in diesen Sätzen enthaltenen Beleidigung der ihm unter stellten mit der Ermittlung de» Gintragung-evgeVnisse» befaßten Beamte« Strafantrag gestellt. men Einspruch erhoben. Don einem Protest Haden wir bracht «renz Nach den bisher eingsgangenen Meldungen sind 4136384 Eintragungen für das Volksbegehren bei 41019181 er faßten Stimmberechtigten gezählt worden. Das sind 10,08 Pro zent. Das Volksbegehren ist somit angenommen. Wie wir erfahren, haben sich nach dem Stand von heute vormittag von 40 433 831 Wahlberechtigten in den erfaßten Ge bieten 4 093 882, also 10^,2 Prozent, in die Listen des Volks- begehrens eingetragen, llm bis erforderliche Mindestzahl von 10 Prozent der Stimmberechtigten aufzubringen, müssen noch rund 34 000 Eintragungen sich ergeben, und zwar bei einer noch ausstehenden Stimmberechtigtenzahl von rund 845000. der Regi ermrgspräsldenten und Landrät« «inaelaufen, in denen Mitteilung über Unregelmäßigkeiten beim Volksbegehren gemacht insbesondere ist in einer größeren Anzahl von Fällen festgestellt worben, baß bis Gemetndevorsteher die Listen nicht ausgelegt haben, sondern damit von Haus zu Hau» gegangen sind. Solche Fäll« werden insbesondere aus den östlichen Ge bieten gemeldet. Erfolg des Volksbegehrens 10,12 Prozent Eintragungen Anler Kaiser, cler ist gut, wenn er unsern Millen lut Hitler droht dem bayrischen Kronprinzen Rupprecht In der gestrigen Ausgabe der „Münchener Telegrammztg." fiirden sich Mitteilungen über die Roll« des Kronprinzen Rupp recht beim Volksbegehren, die einigermaßen sensationell sind, und für die die Verantwortung der genannten Zeitung überlassen bleiben muß. Hiernach also hat der Kronprinz, nachdem seine ab lehnende Haltung -um Volksbegehren durch den bayerisch-volts parteilichen Abgeordneten Loibl bekannt geworden war, zunächst von nationalsozialistischer Seite >eine Reihe von Wrefen erhalten, die ihm nahelegten, die Erklärung Loibls als nicht autorisiert und inhaltlich unzutreffend zu bezeichnen. Hierbei war in einem am! Sonnabend-Abend an den Kronprinzen gerichteten Bries aus drücklich bemerkt, die Verlautbarungen des Prinzen müssen so frühzeitig abgegeben werden, daß sie noch Montag in den Morgen blättern erscheinen können. Am Sonntag, abends )49 Ähr, wurde der Kabinettschef Rupprechts, Graf Soden, von einem Mittels mann Hitlers, der schon im Laufe des Tages wiederholt ange rufen hatte, ans Telephon gebeten. Er sei von Hitler ganz offi ziell beauftragt, dem Grafen zu sagen, Hitler müsse annehmen, baß die Loiblschen Erklärungen im Auftrag« des Kronprin-en ergangen seien und damit ein Dolchstoß des Kronprinzen gegen Hiller und seine Bewegung ersolgt sei. Hitler werde daraus die Konsequenzen ziehen und den Kron prinzen und die m an a r ch i sti s ch eIde einde r O ef- f e n tli ch k e i t aufs schärfste bekämpfen, wenn der Kronprinz nicht bis 11 Ähr abends, das heißt innerhalb von 2K> Stunden, folgende von Hitler formulierte Erklärung an die Presse gebe: „Die vom Reichstagsabgeordneten Loibl abgegebe nen Erklärungen über die Stellungnahme des Kronprinzen zum Volksbegehren entsprechen nicht den Tatsachen". Als Soden erwiderte, eine solche Efflärung des Kronprinzen würde nicht den , Tatsachen entsprechen, meinte Hitlers Vertreter, dann könne man nicht dagegen gewandt, „daß bei den Verhandlungen über das ja den Satz abändern. Die von Hitler gewünschte Erklärung fährt fort: „Seine königliche Hoheit lehnt es ab, in innerpolitische Fragen hineingezogen zu werden. Er hat deshalb auch die ihm in den Mund gelegten Aeußerungen nicht gemacht. Herr Loibl ist überhaupt nicht autorisiert, über die Auffassungen des bayeri schen Kronprinzen Berichte zu verbreiten, gleich welcher Art sie seien." Graf Soden machte hierbei den Sprecher darauf auf merksam, daß hier ein Ältimatum mit einer Drohung und die Zumutung, «ine Erklärung abzugeben, vorliege, deren In halt nicht wahr sei. Er lehnte daher jedes weitere Ge spräch ab, obwohl fein Gesprächspartner sich schließlich zu der Zusage herbeiließ, er werde versuchen, Hitler dazu zu bewegen, die Entscheidung bis Montag vormittag >4,10 Ähr hinauszuschie ben. Als Graf Soden im Laufe des Abends dem Kronprinzen von dem sonderbaren Vorfall Mitteilung machte, lehnte es dieser selbstverständlich entschieden ab, sich in einer ultimativen Form zu einer Erklärung drängen zu lasten, die innerlich falsch, in der Oeffentlichkeit unter allen Umständen dm ebenso falschen Eindruck hätte Hervorrufen müssen, als sei er in seiner Äeberzeugung von der Verfehltet des Volksbegehrens schwankend geworden. Die ser Versuch, den Kronprinzen zu einer von Hitler diktierten Er klärung zu veranlassen, war damit aber noch keineswegs zu Ende. Sie wurde in >den folgenden Tagen unter Androhung von ArtikAn gegen Heu Kronprinzen und'die monarchische Ab« bei weiterer Verschiebung des „Entscheidungstermins" fortgesetzt, wobei Hitler» Vertreter die Erklärung abgab, Hitler sei selbst von Anfang an dem Volksbegchven sehr skeptisch gegenübergestanden, habe aber schließlich aus Drängen von «Oer« Seite seine Partei sür das Volksbegehren eingesetzt. Hitlers Vertreter wies dabei auch auf die Haltung der Nationalsozialistischen Partei bei der Sine Protesterklärung -er Gewerkschastea »< gewerkschaftliche Pressedienst verbreitet folgend« Protest-Erklärung der gewerkschaftlichen Spitzm-Orgcmisationen: Der Vorstand des Reichsoerbandes der Deutschen Industrie pro testiert in einer Entschließung dagegen, daß an den Reichsbahn- Verhandlungen in Paris Vertreter >der Reichsbahn-Gewerkschaf- len teilnehmen. Er unterläßt es, hinzuzufügen, daß an diesen Verhandlungen auch leitende Persönlichkeiten der Reichsbahn be teiligt sind, und daß daher nur dem Artikel 165 der Relchsver- fassung Genüge geschehen ist, der die Gleichberechtigung von Arbeitnehmern und Unternehmern gewährleistet. 8m vorliegen den Falle ist die Teilnahme von Gewerkschaftsvertretern umso mehr erforderlich, als die Regelung der zukünftigen Dienstver hältnisse und Arbeitsbedingungen einen der Hauptberatungs- puukds bildet, weil die Reichsbahnverwaltung unter dem starkem Einfluß industrieller Kreis« leider »hartnäckig versucht, mit Hilfe der ausländischen Verhandlungsgegner di« ungünstigen sozialen Sonderbestimmungen für di« Eisenbahner aufrecht zu erhalttn. Um die Verhandlungen Über bas Reparationsproblem nicht -u gefährden und um dem Auslande gegenüber geschlossen aufzu treten, haben wir gegen die einseitige Ernennung von Vertretern der «Industrie und der Banken als Sachverständige für den Aoung-Plan, die uns erst durch Zeitungsnachrichten bekannt wurde, kernen Einspruch erhoben. Don einem Protest Haden wir aus dem gleichen Grunde abgesehen, als nur Bank- und Industrie vertreter in die Delegatton ausgenommen wurden, die in Haag die deutschen Interesten zu vertreten hatten. Nachdem aber den Reichsverband der Deutschen Industrie «s für angemessen hält, gegen deutsche Delegierte — noch dazu mit ten in den Verhandlungen — zu protestieren, sind wir gezwungen, auch unsererseits offen Stellung zu nehmen. Wir erheben nunmehr schärfsten Einspruch dagegen, daß zum Verhandlungsführer für die Saarsragen ein Mitglied der deut schen Industrie ernannt wird und ersuchen di« Regierung, diesen Vertreter alsbald zurückzuziehen, um die Ver- Handlungsführung objektiven Vertretern der Reichsregierung ohne Industrielle Kontrolle zu überlasten. Allgemeiner Deutscher Gewerkschastsbund, Großmann; Afa- Bund, Aufhäuser; Allgemeiner Deutscher Beamten-Bund, Rei chenberg; Deutscher Gewerkschaftsbund, Imbuschp Gewerkschafts ring, Lemmer; Deutscher Beamten-Bund, Flügel. Eine Erklärung des Reichsverbandes der deutsch«« Industrie Der Reichsverband der deutschen Industrie veröffentlicht zu der Kundgebung der Gewerkschaften eine Erklärung, in der fest gestellt wird, die Entschließung des Reichsverbandes habe sich ..P,. l. „ ist I, i Reichsbahngefetz Vertreter der Beamten- und Arbeiterschaft als Sachverständige gehört werden, sondern nur dagegen, baß sich die Gewerkschaftsvertreter seit Wochen offensichtlich zur Kontrolle der Delegierten der Reichsregierung in Paris aufhalten." Weiter betont der Reichsverband, daß die deutschen Sachverständigen bei den Pariser Reparationsverhandlungen nicht als Vertreter der Industrie oder der Banken taug gewesen, sondern von der Reichs regierung ohne irgendwelche Einflußnahme der Industrie ober der Banken wegen ihrer besonderen Sachkenntnis «mannt worben feien. Das gleiche gelte für den Vorsitzenden der deutschen Dele gation für die Saarverhandlungen, der dabei in keiner "Weise als Vertreter der Industrie betrachtet werden könne. Vorentwurf des Völkerbundsausschuss«» Das Ständige .Wirtschaftskomitee des Völkerbundes hat nach Abschluß seiner Herbsttagung gestern mittag den von ihm auf- gestellten Dorentwurf über einen mehrjährigen Zollwaffenstillstand durch bas Völkerbundssekretariat veröffentlichen lasten. Der Konventtonsentwurf umfaßt 22 Artikel, für die zum grölen Teil ein gemeinsamer Einheitsteft hergestellt werden mußte, wäh- rend für andere Artikel, vor allem in bezug auf die Ausnahme fälle und di« Schwierigkeiten, die sich aus d«r Verschiedenheit der Zollsysteme ergeben, Atternativvorschläge gemacht, werben. Der Konventtonsentwurf wird sofort allen Staaten, Mitgliedern und Nichtmitgliebem des Völkerbundes -ugestellt, damtt sie dazu Stellung nehmen und vor Jahresende dem Völkerbundssekretariat mitteilen können, ob sie bereit sind, auf dieser Grundlage <m der filr Februar nächsten Jahres geplanten diplomatischen Konferenz teilzunehmen. Der Zollwaffensttllstand hängt also nunmehr vollständigvon muy au, dm Beschlüssen der geplanten Konferenz selbst ah, die der Völker- Fürstenentetgnrmg hin. DK Nationalsozialisten hätten dämm» ^Edsrat bei günstigem Ausfall der Regisrungsantworten, in sei» gegen di» Enteignung gestimmt, was sich später als Belastung der Ianuartagung eindorufen wird. Bekanntlich Partei heran-gffttllt -ade. N' " ' Unregelmäßigkeit« bet« Volksbegehren ha Di« der „Sozialdemokratische Zettun^dienst" erfährt, ssird du Hai h«, preußisch« Regierungsstellen eine Reihe voa Bericht« - Hl