Volltext Seite (XML)
Nc !tr Muer Tageblatt LMM Anzeiger für -as Erzgebirge ,i»gra««« r La,«ua« fwemsgM»« Enthalten- -le amtlichen vekanatmachuugen -es Rate» -er Sta-t «n- -e» Amtsgerichts Aue. poflfih.ck.eoat» r ftatt a». lese !! Nr. 24S Sonasbenck, äen IS. Oktober 1S2S 24. Jahrgang es le hr er »te nc -e' är ich ne -r- 'o- ^d, ^eitenrvencle n msser» Weltgeltung — Ci« Bück Ms England — Probleine «rsere, gahrhmtdett, — Politisch« Postulat» Tke ZM der Leute ist tut wachsen begriffen/ die lauben, daß der deutsche Nationalismus sich am Scheideweg befindet. Der Streit um das Bolksbe- ehren gegen den Aoungplan ist jedenfalls icht geeignet, die Einheit und Geschlossenheit des cutschen Volkes nach außen hin zu fördern und zu rstigen. Gerade sie ist aber ein Haupterfordernts für ine erfolgreiche deutsche Außenpolitik. Auch der beste rutsche Retchöaußenminister vermag, auf eine Hervor« cigende Diplomatie gestützt, auf die Dauer die außen« olitischen Interessen unseres Vaterlandes nicht durch? Metzen, wenn er auf keine geschlossene WillenSbildung cs Volkes, das in seinem Rücken steht, hinzuweisen ermag. Deshalb ist auch das Volksbegehren in staats- oiittfcher Hinsicht so überaus bedenklich. 'di lK Ä.I A >iel chl Ü-I !> -iel ld :ls üil I ell I I I "'I isl S-I I eil r-I lei nl l'I l! h n b -l e r r Nach dem ungehieuren politischen Erdrutsch, den Ims der Friedensvertrag von Versailles bescherte, und ler bei uns alles kurz und klein zusammenschlug, be durfte es höchster politischer Weisheit, kluger Zurück haltung und stärkster Nervenanspannung, um das deutsche Reich Schritt für Schritt aus dem Chaos Serauszuführen und zu einer gleichberechtigten Großmacht im Konzern der Völker zu machen. Es Ist keine Frage, daß wir dem Ziele in den letzten lehn Jckhren wesentlich näher gekommen sind. Wenn lunerpolitische Kurzsichtigkeit bisher auch verhinderte, laß diese Erkenntnis heute Gemeingut des ganzen putschen Volkes ist, so versichert uns doch jeder in Berlin beglaubigte Diplomat ausländischer Mächte, daß liefe Ansicht richtig ist. Nicht weniger bedeutungsvoll lull uns scheinen daß die im Weltkrieg neutral gs- lliebenen Völker, erst recht unsere ehemaligen Kriegs gegner der gleichen Auffassung sind. Das Antlitz der Welt hat sich durch den Wetd- lrieg grundlegend geändert. Nichts zeigt dies vielleicht klarer als die Heutige Lage Großbritanniens. Wäh rend des Jahrhunderts, das den napoelonischen Kriegen folgte, besaß Großbritannien, Weltbritannien, eine Vormachtstellung auf unserem Erdball, ohne lebens gefährliche Gegner, wie sie in diesem Umfange keine Großmacht vorher besaß und sicherlich auch heute nicht besitzt. England war zur See unbeschränkter Herr, es war das erste Land, das die großen Gewinne der freuzeitlichen Industrialisierung machte, und das ohne ernsten Wettbewerb seine Kapitalien in aller Herren Pfänder auf das vorteilhafteste anzulegen wußte. Täe herrschende Klasse Englands war infolgedessen die reichste der Welt. Das Pfund Sterling Herrschte un bestritten. Damit ist es gründlich Vorbei, denn.Heute meitz jeder Brite, daß für sein Volk ein neues Zeit alter herausgezogen ist, in dem es nur im strengsten politischen und wirtschaftlichen Wettbewerb mit den anderen Völkern bestehen kann. Jedes Zeitalter hat seins eigenen Probleme zu lösen. Sehen wir uns in der Kulturgeschichte näher um, .so durchleben wir ein Zeitalter technischer Erfindungen, wie e» in der ganzen Menschheits geschichte noch nicht da war. Personen- und Last, automobile, Aeroplane und Luftschiffe, Fernsehen und Fernhören und eine Unzahl anderer Erfindungen, von denen man vor einem Menschenalter noch nicht« wußte, beschäftigen uns täglich. Unser ganze« zivilisatorisches Leben wird dadurch unmittelbar erfaßt und revolu tioniert. Me kulturellen Auswirkungen sind unaus bleiblich. Dadurch schwindet aber die alte Ordnung dahin, das ganze Leben gerät in eins sich steigernde Erregung und selbst die moralischen Grundsätze des natürlichen SittengefetzeS scheinen in Frage gestellt. Die Folgen dieser zivilisatorischen und kultu rellen Umwälzungen auf den verschiedenen Leben »ge bieten lassen sich Heute noch gar nicht übersehen. Dem aufmerksamen Staatspolitiker kann eS jedoch nicht ent gehen, daß das Zeitalter isolierter Staa ten vorbei zu sein scheint, Di« angelsächsische Welt hat sich dieser Tage in Washington die Hände gereicht, und ein politisches Geschäft abgeschlossen, das wichtiger ist als der Versailler Vertrag, di« Satzung -e» Gen fer Völkerbundes und der Kelloggpcckt. Bei den wirt schaftlichen und finanziellen engeren Beziehungen, die unsere Politik und Wirtschaft heute mit den vereinigten Staaten Nordamerikas verbindet, berühren un» die Vereinbarungen, hie in Washington Mischen Maedo- nald und Hoover getroffen wurden, unmittelbar, auch wenn unsere Staatsmänner und Diplomaten bei dem gegenwärtigen Stand der englisch-amerikanischen Ver handlungen es vorzichen, sich in Schweige» zu hüllen. Unsere Jnnenpottttker mögen über die Krist« der Demokratie sich getrost weiter die Köpf« -erbrechen und energisch alle Auswüchse und Skandale bekämpfen. Daß der demokratische Gedanke in der Welt auf dem.Marsche ist, wird von niemanden be stritten werden, der weltpolitisch zu denken und zu sehen vermag. Demokratie ist freilich nur dort mög lich Und wirklich, wo die breiten Schichten des volks über eine politische Erziehung und die Fähigkeit ver fügen. sich frei ein unabhängiges moralisches Urteil zu bilden. Kein Zweifel, . daß das deutsche Volk die hierzu erforderliche Bildung besitzt. An der weltpolitischen demokratischen Tendenz än dern auch die Diktaturen nichts, die wir in ein zelnen Ländern Europas besitzen. Da« faschistische Regime in Italien ist nach Mussolinis Auffassung auf etwa ein Menschenalter berechnet, um das italienische Volk zur Autorität, zur Ordnung und -ur Gerechtig keit zu erziehen. Die Kuomintang-Partei in China verfolgt nach den Aeußerungen Tschiangkaischek« da gleiche Ziel, Und Lenin sprach, denselben Gedanken für Sowjetrußland schon vor Jahren au«. Westeuropa ist demokratisch. Die Demokratie beherrscht Großbritan nien, und die beiden grüßten Demokratien der Welt, England und die vereinigten Staaten Nordamerika«, reichten skh soeben die Hand zu« Bunde^ Daraus ergeben sich für uns politische Folgerungen, die nur große Kurzsichtigkeit überschen kann. Ekrkarcit gegen äas Volksbegehren „Die nationale Opposition durch diesen unsinnigen Streich des Volksbegehrens erledigt" Der bekannte Kapitän Ehrhardt, der, obwohl sein Bund Wiking ausgelöst wurde, auch weiter politisch tätig ist, und über eine ganze Anzahl von Anhängern verfügt, die heute- zum Teil im Lager der Nationalsozialisten stehen, gibt für sich und seine Anhänger regelmäßig Vries« heraus, die den Namen tragen „Politische E.-Briefe. In dem Vries Nr. 21 vom 2. Oktober nimmt Ehrhardt zum Volksbegehren Stellung. Er schreibt darüber: „Lin Volksbegehren appelliert an die Masse. Also muß man den Instinkten der Masse Rechnung tragen. Es war 'grundfalsch, dieses Volksbegehren mit einem Gesetz zu verquicken, das weite Kreise des Volkes, die vielleicht ihre Stimm« gegen den Avung- Plan allein abgegeben Hätten, vor den Kopf stoßen mußte. Die Nationalsozialisten haben den Zuchthausparagraphen, unter den auch Hindenburg fallen müßte, in diesem Gesetz durchaedrückt. Die Führer des Volksbegehrens haben M ihren Reihen nicht ein mal eine Einigung vor der Einreichung des Gesetzes erzielt. Siehe die verschiedenen Proteste und die nachträgliche Milderung des Zuchthausparagraphen. Da schwindel der Glaube an die starke Führung für ein Volksbegehren. Die Front ist jetzt völlig klar. Außer Deutschnationalen, Stahlhelm, Nationalsozialisten, wovon letztere ihre Parteisuppe dabei kochen möchten, dürften nur wenige Stimmen für 'das Volksbegehren gefunden werden. Dabei darf nicht vergessen werden, daß Stahlhelm und Deutsch-' nationale gleichbedeutend sind, also nicht addiert werden können. Trotzdem besteht rein zahlenmäßig die Möglichkeit, daß das Volksbegehren durchkommt. Damit ist aber nichts erreicht, es muß ein Volksentscheid als Folge des Volksbegehrens herbeige führt werden und das ist im Sinne der AntraMeller zahlen mäßig eine völlige Unmöglichkeit. Wenn aber 'die Uneinigkeit und Führerlosigkeit im Lager der Dolksbegehrler so 'weitergeht, wenn dis Regierung Hindenburg zu einem Appell Menn das Volksbe gehren kommt, so besteht sogar die Möglichkeit, baß 'das Volksbe gehren ins Wasser fällt. Dann ist die nationale Opposition durch diesen unsinnigen Streich des Volksbegehrens erledigt. Es hat sich gezeigt, daß Hugenberg wohl verstanden hat, hinter den Kulissen «ine Rolle zu spielen, Zeitungs-, Kino- und Wirtschafts macht zu schaffen. Ich kann mich aber des Eindrucks nicht erweh ren, baß er kein Führer von unbedingter Autorität ist. Der beste Beweis sind die Nationalsozialisten, die gar nicht daran denken, die Hugenbergsche Führung anzuerkennen. Es ist ein Jammer, daß die nationale Front, die sich zu bilden im Begriffe war, durch das Volksbegehren verpulvert wird. Die ungeheure, geradezu tragisch« politische Tragweite eines Volksentscheids wär« die,, daß der Welt vor Augen geführt wird, daß 'die weitaus größere Mehrheit des deutschen Volkes die Tribute zahlen will. Und das ist tatsächlich gar nicht 'der Fall. Es kommt lediglich durch die ses «glückselige Volksbegehren in 'dieser Form zum Ausdruck. Im übrigen muß man sich darüber klar sein, daß durch ein deut sches Gesetz 'bi« außenpolitische Lage nicht geändert wird. Denn weder für Frankreich, noch England, noch Italien ufw. sind deutsche Gesetze maßgebend." Ehrhardt sieht also auch die Katastrophe für die nationale Opposition durch den „unsinnigen Streich des Volksbegehrens" kommen und erkennt, doch Hugenherg nicht der Führer ist, als der er immer 'hingestellt wirb. Auch die außenpolitischen Folgen des Volksbegehrens und des Volksentscheides erkennt Ehrhardt. Der Kapitän Ehrhardt galt bisher selbst in radikalen Kreisen der Dolksbegehrler als einwandfrei nationale" Persönlichkeit. Wird man ihn jetzt, nachdem er gegen das Volksbegehren Stellung ge nommen hat, ebenfalls als „national unzuverlässig" hinstellea? Eine Erklärung -er -Deutschen Welle* Die ,Deutsche Welle" G. «!. b. H. gibt Folgende« bekannt: ,Zn deutschnattonalen Blättern wird in einem Kieler Telegramm Dr. Hugenberg« behauptet, daß e« sich bet der an Hn und Graf Westarp gerichteten Ein ladung zu Rundfunk-Zwiegesprächen nur um nicht ernst zu nehmend« Angebote gehandelt habe. Demgegenüber wird festgestellt, daß die an die Herren der Deutschnattonalen Bottspartei ergangenen Einladungen auf Grund einmütiger Beschlüsse de» po litischen UeberwachungSauSschusseS der Deutschen Welle erfolgten, dem Mitglieder aller großen Parteien, von den Deutschnattonalen bi« zu den Sozialdemokraten an- gchören. Die Ernsthaftigkeit der Angebote kann so-- mit nicht in Zweifel gezogen werden. E« fei noch darauf Ungewissen, daß die als amtliche Auflage im Rundfunk verbreiteten Ministerreden außerhalb der Verantwortung der Rundfunkgesellschaften stehen und daher auch der Kontrolle ihrer UeberwachungDarrs- ausschüfse nicht unterliegen." »Wassenanärang- zum Volksbegehren DI« Eintragungen für bas Volksbegehren hohen gestern be gonnen. Da sie vierzehn Tage dauern, kann man aus de» ersten Ziffern noch kein« Schlüsse ziehen. In Groß-Berlin habe» sich von den rund 3 Millionen Stimmberechtigten' gestern 20110 Wähler eintragen lassen. Das bebrütet einen ebenso „stürmischen" Zulauf wie seinerzeit für bas kommunistische Begehren auf Ent eignung, wo am ersten Tage 36000 Eintragungen gezählt wurden. Allerdings ist die amtlich sestgestellte Ziffer von 20110 um 60 bis 100 Prozent niedriger als die von ber Hugenberg- presse genannte Zahl. Immerhin entspricht sie. wenn die Ein tragungen sich vierzehn Tage lang auf der gleichen Höhe halten, in ihrem Endresultat den 10 Prozent, welche für bas Gelingen des Volksbegehren notwendig sind. Die gestrige Hamburger Ziffer ist IWO, bleibt also sehr stark hinter dem Durchschnittser- fvrdernis zurück, das 5800 täglich betragen würbe. In Frank furt am Main wurden 620 Eintragungen dorgenommen, was ein -recht -klägliche» Ergebnis gegenüber dm 37 500 Stimmen bedeu tet, die des, der letzten AÄchstagswchl für die Deutschnattonalen 'ünd Nationalsozialisten abgegeben wurden. Im übrigen ist ja von vornherein immer angenommen worden, baß ber erste Teil der Hugeuberg-Mktion des Volksbegehrens gelingen 'werbe, da da für tmch 4100 000 Stimmen notwendig Md unb bi« Deutsch nation alsn, Nationalsozialisten und die Christlich-National« Bauernpartei bei der letzten Reichstapswahl im Jahre 1828 zu- summen 6289586 Stimmen aufgebracht haben. Für den -wei ten Teil seiner Aktion müßte Hugenberg aber mehr als 20 Mil lionen Stimmen ausbrmgen. Daß dies geschehe« könnte, baß die Hälfte aller Wähler den Hugenbergsche» Gesetzentwurf im Volks entscheid an nehmen wer de, ers cheint nach wie vor aussichtslos. Ein erster Erfolg des Schreibens de« Reichspräsidenten «ege» des Volksbegehrens Reichspräsident von Hindenburg hatte, wie bekannt, ekn Schreiben an Reichskanzler Müller 'gerichtet, in dem er bi« An hänger und die Gegner des Volksbegehrens aufforberte, seine Person mit ber Frage des Volksbegehrens nicht in Zusammen hang zu dringen. Wie verlautet, hat nunmehr der Neichsausschuß für bas Volksbegehren seinen Werbefilm, in dem auch Bilder au« dem Leben des Reichspräsidenten enthalten sind, zurückgezogen. Diese Maßnahme dürfte ein erster Erfolg des Schreibens de» Reichspräsidenten an den Reichskanzler sem. , Ein Negieruugsral vom Dienst suspendiert , Regierungsrat Bierbach bei der Regierung in Düsseldorf ist, wie der „Sozialdemokratische Presse-. dienst" erfährt, vom Amte suspendiert worden, weil er einen „von Gemeinheiten strotzenden Aufruf" zur Teilnahme an dem Volksbegehren unterzeichnet hat. Das DOziPlinarverfaHren gegen Bierbach ist bereit- etngelette: worden. S. bleibt verböte« Gegen da« Verbot hatte der RotoFro«tkäMp- serbund beim Reichsgericht Beschwerde eingelegt. Lar vierte Strafsenat Hat laut „Berlin a« Morgen" nunmehr entschieden, daß da» Reichsgericht über di« Beschwerde fett dem Außenkrasttreten des SHmbliL- schutzgesetzes nicht entscheiden könne. S 297 Im Strafrechtsausschutz des Reichstages wurde H W7 gemäß den Anträgen der Abgeordneten Dr. Bell (Zentr.), Ehlermann (Dem.) und Dr. Scheiter (Aontr.) in folgender Fassung angenom men:, „Mit Gefängnis nicht unter sechs Monaten wird bestraft: 1. «In Mann, der «inen anderen Mann unter Mißbrauch einer durch «in Dienst- oder Ardeitsverhältnis begründeten Abhängig keit nötigt, sich zur Unzucht mißbrauchen zu lassen; 2. ein Mann, der gewohnheitsmäßig zum Erwerb mit «im« Mann« Unzucht treibt oder sich bmu «Metel; 3. «in Mann über 21 Jahre, d«r «inen männlichen Mkrdsr- iährigen verführt, sich zur Unzucht mißbrauch«» -u lass«."