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Sonaabenck, äen N. August 1S2S Nr. ISl /luer Tageblatt -rr^L^LL ^AN^LLlltt fÜt OÜS IktAKtDItHt W^-LSS r^uspktch.flnfihlus «,. 5S. / ss V — 1 ^..ch.m°e.,-Ech. s«u. - Ltks»a««t: ragtbla« ft««MdiMt Eathaltra- -le amtliche« Sekauutmachungeu -es Rates -er Sta-t UN- -es Amtsgerichts -ine. poMeck-Ront»; MM Lttpzig m. IM, 24. Zuhrgung Haager LwisckenbUan? Von Dr. Külz, Reichsmsirister a. D. Golt länger als einer Woche sitzen 150 Diplomaten, barunter fast 20 leibhaftige Minister, im Haag versammelt, um einen neuen Abschnitt in der Liquidation des Weltkrieges zu vollziehen. Vor her haben vier Monate lang die Sachverständigen der haupt sächlich beteiligten Staaten sich redlich gemäht, dieser Konferenz die Grundlagen in dem sogenannten Young-Plan zu schaffen. Langsam nur und ost noch unter wenig klarer Zielsetzung stellt sich eine gewisse Systematik in der Behandlung der großen Fragen- kompier« dieses Kongresses ein, der unter denkbar mangelhafter Vorbereitung eines Verhandlungsprogramms seine Arbeiten be gann. Es ist gut und nützlich, vom deutschen Standpunkt aus zu den einzelnen Zwischenergebnissen jeweils eine vollkommen klare Einstellung zu gewinnen. Nur so wird ja auch die breite Masse oes deutschen Volkes diesen Verhandlungen folgen können, die für uns ja von schicksalhafter Bedeutung sind. Was sich dort im Haag abspielt, darf für uns keine Göheimwissenschaft und keine Dunkelkammer werben. In der Frage der Räumung desbe setzten Gebie- l e s liegen dH Dinge für Deutschland vollkommen klar. Wir haben ganz unabhängig davon, ob der Young Plan von den an deren Staaten genehmigt wird oder nicht, einen Rechtsanspruch auf sofortige unb vollkommene Räumung. Die tatsächliche Räumung ist nur eineFrage des Wollens auf fran zösischer Seite. Militär-technische Bedenken gegen die Durchführung binnen kürzester Frist bestehen nach keiner Seite, und jeder französische General müßte sich vom Standpunkt des militär-organisatorischen Prestiges genieren, sich Gründe zu eigen zu machen, wie sie Stresemann mit glücklichem Humor der ver dienten Heiterkeit überlieferte. In Deutschland würde jeder Major zum Teufel gejagt worden sein, der nicht fähig gewesen wäre, für die Abbeförderung von 50 000 Mann die erforderlichen Maßnahmen für eine Zeit von acht Wochen zu bestimmen. Der Zeitpunkt ist nahe, wo die deutsche Delegation, die während der Vorpostengefechte sich zunächst mit Recht einer gewissen Zurück haltung befleißigt hat, ihren Standpunkt klar und bündig wird zum Ausdruck bringen müssen. Irgend eine Kontrollkommission nach geschehener Räumung einzurichten, ist von deutscher Seite abzulehnen. Der Locarnovertrag sieht die nötigen Organe zwischen den be teiligten Mächten bereits vor. Darüber hinaus eine neue Instanz zu schaffen, hieße den Locarnovertrag rückwärts revidieren. Was eine juristische (!) Kommission hier prüfen soll, ist schlechterdings unerfindlich. Auch diese ganze Frage ist rein politischer Natur, vor allem für uns, die wir Wert ober Unwert solcher Kommissio nen genügend am eigenen Leibe gespürt haben. Der zwischen England und Frankreich noch auszutragende Zwist wegen b « s Verteilungsschlsissels für die Deutschland abgunchmenden Leistungen kann unsere grundsätzliche Einstellung zu der finanziellen und wirtschaftlichen Seite des Problems in keiner Weise berühren. Deutschland wird niemals einer Lösung zustimmen, die hinsichtlich der barm Leistungen oder der Sachlisferungen für uns eine materiell ungünstigere Regelung bringt, als der Young-Plan. Sollen innerhalb des vom Young- Plan gezogenen Rahmens Ausgleiche zwischen Frankreich, Eng land und dm anderen auf der Gegenfeite beteiligten Staaten gefunden werden, so ist Deutschland an ihnen nicht interessiert. Die Verhandlungen der Konferenz dienten bisher der gegen seitigen Sondierung des Kampfgeländes. Die Hauptstellungen, die Deutschland zu beziehen hat, sind klar vorgezeichnet. Es ist Aufgabe der deutschen Delegation, sich durch nichts aus diesen Stellungen herausmanövrieren zu lassen. Die überwiegende Mehrheit des Reichstages und des deutschen Volkes ist für eine Ordnung der Dinge aus der gekennzeichneten Grundlage zu haben, jedes wesentliche Abweichen von ihr wird geschlossener Ablehnung auf deutscher Seite begegnen. Je näher die Konferenz an das Stadium der wirklichen Entscheidungen herankommt, um so ein dringlicher muß auch der Gegenseite diese Einstellung Deutsch lands klar gemacht werden. Wir haben jahrelang geduldig aus die Auswirkungen der Locarnopolitik gewartet. Was wir jetzt verlangen, ist weiter nichts als die endliche Erfüllung gegebener Zusagen und die selbstverständliche Folgerung einer auf Liquida tion des Krieges gerichteten Politik des Ausgleichs und der Ver ständigung. vee sozialpolitische Ausschuß -es Reichstages Der sozialpolitische Ausschuß des Reichstages begann am Donnerstag nachmittag die Beratung der Reform der Arbeits losenversicherung. Reichsarbeitsminister Wissell erklärte, die Reichsregierung sei leider nicht in der Lage, dem Ausschuß schon jetzt ein« fertige Vorlage unterbreiten zu können, well noch in einigen wesentlichen Fragen Meinungsverschiedenheiten im Ka binett beständen. Alsdann berichtete Ministerialdirektor Wei gert vom Reichsarbeitsministerium über die Arbeiten der Sach verständigenkommission. Der Bericht darüber wirb demnächst als Beilage zum Reichsarbeitsblatt erscheinen. Auf Vorschlag des Vorsitzenden beschloß der Ausschuß, die Beratungen bis nächsten Dienstag zu vertagen. Dann sollen Vertreter der kommunalen Behördm sich über das Arbeitslosenoersicherungsgesetz Süßem. Neuer Herrensitz des Ex-Kronprinzen Der Kronprinz hat den schönsten Herrschaftssitz des nassaui schen Landes, das im Westerwald gelegene Schloß Friedewald, mit einer Füll« von Altertümern uni KunstgegenstSnden und da- -ugehörenbem Grundbesitz angekauft. Er hatte vor einigen Wochen persönlich da» zum Verkauf« stehend« Schloß besichtigt. Krisis ist Vie Snglanäer unzakrieäen TlaS „Berliner Tageblatt" meldet aus dem Haag: Tke Krise, die durch! den englisch^frcnrzSsischen Quoten« streit entstand, ist wieder einmal akut geworden, und die englische sowie auch die fränMifche und belgische Delegation sind Pessimistischer als je zuvor. Nach Ansicht der Engländer sind die ZugeständrMe der kontinentalen Gläubigermächte so unzureichend, daß sie diese ohne Zögern als Völlig unannehmbar be zeichnet haben. Da andererseits Loucheur im Namen der französischen Delegation erklärt haben soll, eS sei den kontinentalen Gläubigern unmöglich, England weiter entgegen zu kommen, läßt sich! im Augenblick! nicht übersehen, wie die Dinge sich! weiter entwickeln^ In englischen Kreisen spricht man Wiede« einmal von! Vertagung und Abreise und zwar diesmal offenbar- mit etwas größerer Ueberzeugungskraft. Aber auch jetzt darf man wohl hoffen, daß jede Möglichkeit einer Vermittlung zwischen den streitenden Parteien auS- genutzt werden wird. AehulicheS berichtet der „Lokakanzeige«". Mne Fühlungnahme mit Snowden ergab, dass der englische Schatzkanzler die Angebote für ungenügend hielt. Die englische Delegation hat ihren Standpunkt in später Abendstunde bekannt gegeben. Snowden betonte, falls man keinen bestimmten Vorschlag, so wie es verab redet sei, am Freitag machen könne, hätte es keinen Zweck, am Sonnabend eine Sitzung der Finanzhom- mission einzuberufen. Das bedeute ziemlich klar die Androhung der Abreise. Auch! die Italiener haben die Lage wieder verschärft,, indem Grandi äußerte, für ihn fei die Haager Konferenz am Sonnabend zu Ende. Das Reutersche Büro und die Londoner Blätter melden, die Haager Konferenz fei in großer Gefahr, zusammenzubrechen. Snowden sei bereit, am Sonn abend abzureisen, wenn nicht bis dahin seinen For derungen Genüge geschehen fei. Im allgemeinen wird der italienischen Delegation die Schuld an dieser neuen schweren Krise de« Konferenz beigemessen. So sagt der Haager Berichterstatter des „Daily Herald": Es liegt eine bittere Ironie in de« Tatsache, daß get- rade die Italiener «ine« Vereinbarung eigensinnigen Widerstand entgegensetzen. Dieser Widerstand droht, die Verhandlungen der Sachverständigen mit guten Aussichten auf ein befriedigendes Ergebnis zunichte z« machen. Einer „Exchange"-Meldung zufolge haben die vier anderen Gläubigermächte Großbritannien die Summe von 17 Millionen Goldmark angeboten, das heißt ungefähr ein Drittel von dem, was Snowden verlangt. Der britische Schatzkanzler habe dazu ledig lich! bemerkt: Gut, jetzt wissen wir also, woran wir sind. Pertinax meldet dem „Daily Telegraph«" aus dem Haag: Snowden hat dem belgischen Delogierten, der HM die Vorschläge der vier anderen Gläubigevdels- gationen mitteilte, nicht verhehlt, daß! er sie für völ lig Mrzulänglich betrachte. Beiläufig wird erwähnt, daß« die italienische Delegation sich« bereit erklärt hat, etwas Von dem italienischen Anteil zur Verfügung zu stellen, um den britischen Forderungen entgegenzu? kommen. Me vier Delegationen würden gern etwas Mehr Zeit gewinnen und es Vermeiden, Snowden irgendein Schriftstück zu übermitteln. ES heißt, Briand und Snowden würden heute ein« letzte Zusammenkunft haben, bevor dis Entscheidung .fällte Eine Bestäti gung dafür liegt jedoch nicht vor, Rm Soaaabea- Sekanalgabe -es Räumungs zeitpunktes Wie nunmehr zuverlässig verlautet, wird Briand das Datum für die Gesamträumung, d. h. also für den Abzug des letzten Besatzungssoldaten aus der 8. Zone, am Sonnabend bekannt geben, und zwar wird sich die Bekanntgabe voraus sichtlich in der Form der Aufstellung eines Gesamtprogramms für die Räumung vom Beginn bis zu ihrem Abschluß voll- ziehen. Morgen vormittag sollen der deutschen Delegation die Ergebnisse der zwischen den übrigen Mächten wegen der Einsetzung der verschiedenen angekündigten Unterausschüsse und wegen der finanziellen Streitpunkte gepflogenen Ver handlungen bekannt gegeben werden. vefprachnng«« üb« dl« Samstag« In der Eaarstag«, di« von französischer Seit« im Haag al» deutsch-französisch« Angelegenheit und nicht al» Konferenz- l Haag? thema bezeichnet worden ist haben nach der seinerzeitigen lieber- reichung eines deutschen Berhandlungsplanes Besprechungen zwischen den beiderseitigen Staatssekretären und gestern auch zwischen den Fachreferenten stattgefunden, die der Aufklärung einzelner Punkte dienten und die in gleicher Form fortge setzt werden sollen. Zrankrelch verlangt keinen -rutschen Verzicht! Der „Berliner Börsencourier" meldet aus dem Haag: Herr Loucheur teilte den französischen Journalisten mit, daß Frankreich nicht beabsichtige, sich von Deutschland den frühen Rückzug durch einen neuen Verzicht abkaufen zu lassen. E» schließe sich nicht der Anregung Hendersons an, daß Deutschland bei seinen Claims, d H. bet seinen Ansprüchen aus den Be- satzungsschäden ein Geste mache, indem es hier auf Zahlungen verzichte. Um -le Sefetzungssihü-en -es Rhelalaa-es Lite von englischer Getto unlängst angÄünvtgt« „deutsche Geste" in der Frage de« EntschädigungSaw» spräche für BesetzungSschäden usw. hat, so schreibt di« „Deutsche diplomatischppolikische Korrespondenz", in der Presse vielfach! eine irrige BHandlung erfahren. ES handelt sich! hier um diejenigen Ansprüche, die Deutsch land nach dem Pariser Abkommen vom 6. Mai 1925 auf Anrechnung bestimmte« Beträge auf die bisher von Hm Au leistenden DaweSzahlungen bekam. Dieses Abkommen war notwendig, nachdem der Dawesplan Anrechnung der Besatzungskosten auf die Annuitäten nach! dem 1. 'September 1924 festgesetzt Hatto. Gino andere Kategorie von ebenfalls nach! dem Rheinland abkommen — Artikel 6 — vorher an die Reichsregie rung gerichteten Forderungen ist trotz vielfacher Bq- mühungen bis heute nicht auf eine Rechtsbasis analog des Pariser Abkommens gestellt worden und wird aus Haushaltsmitteln bestritten. Uebkr die Höhe dieser aus die Dawes-Annuität anrechnungsfähigen Entschä digungsansprüche entscheidet «in Gemischtes Schieds gericht unter dem Vorsitz deS Holländers Patyn. Im Young-Plan sind nun entsprechende Modalitäten nicht vorgesehen. Man rechnet mit den bisher offenstehen- den und einer Anrechnung auf die deutschen Jahres leistungen fähigen Beträgen Einschließlich der bereit geschätzten weiteren.Ansprüche biS zum 1. Septem ber auf etwa 40 Millionen RM, Um diese Summe handelt es sich! offenbar bei der in verbindlicher Form durch Henderson in die Debatte geworfenen Anregung, wonach Deutschland sich für eine frühere Räumung durch eine Geste erkenntlich zeigen sollte^ Don deut scher Seite ist zunächst der Gedanke in die Diskussion gebracht worden, diese Forderung zur Vereinfachung des Verfahrens im Wege einer Globalsumme abzu gelten. Wenn mit Bezug auf diese Ansprüche un zutreffende und teilweise recht stark abweichende Zif fern genannt sind, so beruht dies offenbar auf dho Uebersehung der Tatsache, patz! nach Artikel 249 des Versailler Vertrages die BesatzungSkosteN, Mo auch die Besatzungsschäden, durch Deutschland zu tragen waren und daß demgemäß nach! einem allerdings erst erheblich später ergangenen Entscheid des Gemischten Schiedsgerichts die bis zum 1. September 1924 enti- standenen und damals noch! offenstehenden Forderungen nicht unter die auf die TuweH-ANnuitäten anvechnungs- fähigen Beträge fallen. Eia rso MiUioaeu-voUarkreüit für Englaa-k Nach einer Meldung der Neuyork-Times hat die Bank von England infolge der französischen Goldankäufe auf dem Londoner Markt einen Kredit von 250 Millionen Dollar abgeschlossen, der jederzeit auf Kabelanzetge an di« Neuyorkrr Bundesreservebank in Kraft treten kann- Dieser Kredit werd« nicht seitens der Bundesreservebank unmittelbar, sondern von der Bundesreservebank als Vermittler einer Gruppe amerika nischer Banken gewährt. Dies« ungenannten Banken sollen entsprechende Beträge bereithalten. Der Kredit steh« zur steten Verfügung der Bank von England, sei es zur direkten Stärkung der Sterlingsdevise oder der Goldreserve. Mn Dementi d« Bank non England Di« Bank von England erklärt, daß die von Kreisen der Wallstreet ausgehende Nachricht, die Bank von England hab« in Neuyork eine Vereinbarung getroffen, di« di« Aufnahm« «ine» Kredit» von 50 Millionen Pfund Sterling auf Abruf innerhalb weniger Stunden ermöglich«, jeder vegründung entbehrt.