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23. Jahrgang Auer Tageblatt MLW Anzeiger Mr -as Erzgebirge ««choUn» «, «Eh« a«r<>m>t»ach>>«n> »,5 «at.» »1 «oSl«» »«« 11«. ft-il-n-»-.'— 2SS Sonntag, Sen 23. Dezember IS2S Die Politik äer Woche Mparatieerfta^« LLHM VLLL »?" Haupvstä-dten der sechs Mächte ^-^ffentlicht werden. D^ wäre "sich "die Regiwimg PoinvarS hätte darüber Kar wetkn können, wen sic neben dem Gouverneur der Bank von Frankreich, Moreau, SwMen Bertreüer auf die neue DaweSkonferenz senden soll' ^<e>vn nicht alles täuscht, ist die Einigung unter den Alliierten nicht vollkommen. Die Italiener und Belgier scheinen ver stimmt zu sein. Der Kampf um Kabul .Neber zwei Tage war die Verbindung Kabuls, der Haupt- stadt Afghanistans mtt der Welt unterbrochen. Die Lage Aman Ullahs war in Lieser Woche offenbar kritisch. Die Mel dungen widersprachen sich größtenteils vollkommen, je nach- dem sie aus englischen Quellen oder aus russischen und afgha nischen Stellen erfolgten. Engländer und Russen scheinen wie- der einmal in Vorderasien im Trüben zu fischen. Inzwischen bat sich Aman Ullah tüchtig seiner Haut gewehrt. Ober sich seinen Thron erneut sichern wird, mutz die nächste Woche »rotmangel i« Moskau Im Einzelverkauf herrschte in Moskau während der letz- ten Tage ein furchtbarer Mangel an Brot, der sich täglich noch verschärfte. Die Sowjetbehörden schieben die Schuld auf das Versagen der staatlichen Getreidegentrale. In mehreren Stadtteilen erfolgten schwere Ausschreitungen. Es herrscht Panikstimmung. Die Brotknappheit droht sich jetzt auch aus den ganzen europäischen Teil der Sowjetunion auszudehnen, sodaß bei fortschreitendem Winter eine Hungersnot befürchtet werden muß. Die Engländer in China Am letzten Donnerstag empfing Tschrang Kai<hek den englischen Gesandten Lampson in feierlicher Audienz, um das Beglaubigungsschreiben des Briten zu übernehmen. Wäh rend der Audienz feuerten die britischen Kriegsschiffe auf der Nankinger Reede den Staatssalut. Ihr Kanonendonner be siegelte die Unterzeichnung des chinesischenglischen Vertrages, tn dem England die Zollhoheit Chinas im Wesentlichen anerkennt. DaS neu« Abkommen bedeutet einen Fortschritt zur Gesundung des neuen nationalchinesischen Reiches. Die Folgen des Kolmarer Prozesses Anschlag auf -ea früheren Eenerolflaatsanwalt Zachst AH den früheren Gen-erMtaat-anwalt Fachot, der im Kolmarer Äutonomisten^prozeß eine große Roll« spielte und später zum Rat am Kassationshof tu Paris ernannt wor den war, ist gestern früh ein Attentat verübt worden. Um 8 Uhr morgens erschien ein junger Mann, der einen starken Akzent sprach, in der Wohnung Fachots und .fragt« nach die sem. Ms er ablehnenden Bescheid erhielt, ging er fort, kam aber um S Uhr wieder. DiesmÄ wurde ihm von Fachot selbst geöffnet. Auf di« Frage, ob er wirklich Fachot gegenüberstünde, antwortete der Gefragte: „Jawohl!^ Hieraus zog der Besucher s-men Revolver und feuerte dreimal auf Fachot, der, von zwei Schüssen im Unterleib getroffen, -usammenbrach. Der Täter ging schnell die Treppe hinab und fragte noch an der Haustür eine eintretend« Dame, ob sie Nicht Revolver» schüsse gehört habe. Sie verneinte um> der Unbekannte ent fernte sich. Fachot selbst wurde in eine Klinik geschafft und operiert. Die Eingeweide find an sieben Stellen zerrissen. Fachot erklärte dem in feine Wohnung eilenden Polizei- kommiffar vor der Uebersühruna in da» Krankenhaus, daß er bereit» in Kalmar während des AUtonomlstenprozess» und nach seiner Beendigung Inschriften erhalten habe, in denen man ihm Mtt dem Lode bedroht habe. Auch in Paris seien ihm, besonders in der letzten Zett, derartige Zuschriften zuge gangen, man nimmt deshalb an, daß e» sich um em politisches Attentat handelt. Zu dem Attentat berichtet die Aaenwr HavaS noch, daß nach der Dal Me Bewohnerin de» Hauses auf der Treppe einen jungen Mann angetroffen habe, der e« nicht sehr eilig gehabt habe, den Ausgang zu erreichen. Sie habe ihn gefragt, ob er nicht einen Schuß «hört habe. Er hübe erwidert: „Ja, ich glaube, daß im 3. oder 4. Stock sich ein Uiffall ereignet hat. Di« erste am Tatort angestellte polizeiliche Untersuchung 'hat, abgesehen von ben Lrei PatromrchüIsen/ einen Brief zu Tage gefördert, der dem Täter in dem Augenblick aus der Tasche gefallen sein Muß, als er den Revolver zog. Der Brief lautet: „Herr Generalstaatsanwalt! Ich Sitte um eine Zusam menkunft. Ich erwarte Sie im Hotel Moderne, Place de la Republiaue. Unterzeichnet ist der Brief: „Eine Freundin." Fachot selbst soll der Agentur HavaS zufolge al» man ihn nach der Tat auf ei« Ruhebett legte, erklärt haben: ES ist je ¬ mand aus dem Elsaß, der die Tat verübt hat, ich Vi" verloren. Nach einem Abendblatt hat man auch ettien Schirm aus der Treppe gefunden und -war zwor Stockwerke ttefer, ÄS me Wohnung des Rats beim Kassatwnsho>e liegt. Der elfass^ Diener Fachots soll nach dem yntranügsant dem llnttt- suchungsrichter erklärt hüben, er Faube, daß eS sich um Men EMsser hcm'dele, er könne Äber mcht beyauDten, daß der Täter mit ihm im elsässischen Dialekt gesprochen habe. Sin merkwürdig« Vries Gestern übend empfing laut „Boss. Ztg." der autonomi- sttsche Generalrat Hauß. einer der Angeklagten deS »Mm- rer Prozesse», einen BM mit ziemück verMvrtenSchrH- zügen, der G. B. unterzeichnet war. In diesem Brief steht unter an Ihnen bekannt zu gAen. daß man demnächst versuchen wird, Ti« in «inen neuen KonfM zu ver wickeln. Dieser Konflikt Sin ich ganz allein. Entschuldigen Sie meine Handlung. Ich Habs es ausaeführt, weil ich meinem Lande zu dienen glaubte. Nehmen S:e sich niemer Frau und Kinder an, ich werde meine Tage sicher im Gefängnis been den." Auf der Rückftite des Briefes steht geschrieben: „E» lebe Ross«, e» l<be Ricklin, e» lebe Slsaß-Lothrings», «S lebe da» Volk!" Generalrat Hauß teilte diesen Brief sofort der Polizei, «ft. Der Täter eta Elsässer Eine Nachricht, daß der Rat am Kassationshof, Fachot, sei nen Verletzungen erlegen sei, wird durch eine Mitteilung der Polizeipräfektur dementiert. Nach dieser Mitteilung befindet sich Fachot sogar auf dem Wege zur Besserung. Bei dem Attentäter, der sich der Polizei gestellt hat, han delt e» sich laut Havas um einen gewissen George Benoit, ge boren am 2. Jutti 1900-in Walburg (Departement Nieder thein) Nach seinen Angaben ist er eine -Zeit lang in Straß- HllDg Schlächter gewesen und vor einem Monat nach Paris ge- kommen. Sett längerem hat er nicht mehr gearbeitet, sondern sich auf die Suche nach Fachot gemacht. Benoit Hat, wi« Ha- vas Wetter berichtet, bei seiner ersten Vernehmung zugegeben, daß er Autonomist sei und Elsaß-Lokhringen habe rächen wollen. Bor drei Tagen habe er beim Kassationshof sich di« Adresse Fachots geben lassen und habe gestern morgen bei ihm Vorgesprächen. Washington «ad Genf Die Monroedoktrin spielt« auf der Panamerikanischen Konferenz wiederum eine entscheidende Rolle. Bon einer Ver mittlung des Genfer Völkerbundes in dem Konflikt zwischen Bolivien und Paraguay wollen di« Amerikaner nicht» wissen. Wohl bemüht sich Ratsvorsitzender Brittnd fortgesetzt um die Beilegung des Konfliktes, doch zeigte er sich jetzt unter den gegebenen machtpolitischen Verhältnissen darüber befriedigt, daß die Panamerikanische Konferenz di« Angelegenheit unter eigener Verantwortung unternommen 'hat. Die Konferenz selbst fragte in La Paz und Asuncion an, in welcher Form die beiden Regierungen die FriedenSvermtttlung wünschten. Daß die Kriegsbegeisteruna in Bolivien nicht ursprüng lich, sondern „gemacht" war, beweist die erfreuliche Erschei nung des völligen Abflauens der Kriegsstimmung auf ein Kommando hin. Die Regierung in La Paz wurde nachdenk lich, als sie hörte, daß die Nachbarstaaten Brasilien, Argentinien, Chile und Peru sich darauf geeinigt halten, jede Durchfuhr von Kriegsmaterialien nach Bolivien zu verhindern. Als dann aber der amerikanische Gesandte KaUffmann amtlich erklärte, daß Bolivien auf keinerlei finanzielle Hilfe von Nordamerika rechnen könne, wurde der Krieg sofort abgeblasen. Hoover» südamerikanifche Reise Der kommende Präsident der Bereinigten Staaten Nord amerikas ist auf seiner Reife in die Staaten Mittel» und Süd amerika bisher überall freundlich ausgenommen worden. Nur in Argentinien gab es m dieser Woche anläßlich seine» hohen Staatsbesuches vernehmliche Mißklänge. Wiederholt mußt« die Polizei einschreiten, um öffentliche Kundgebungen gegen Herbert Hoover zu verhindern. Sie vermochte wohl feind- sÄige Plakate zu beseitigen, konnte jedoch Nicht all« unliebsamen Zwischenrufe unterdrücken. Go hörte denn Hoover wieder holt die Rufe: „ES lebe Sandimol E» lebe Ricaragual" P»i»car6 i» der Klemmr Der Skandal der „Gazette du Franc" zicht immer W-M.« Kreise. Ws der Untersuchungsrichter den Chefredakteur Per Zeitung, Audibert, zu verhaften drohte, packte dieser au». Er erklärte ihm, daß «r vor der Usbernckhme der Chefredaktivn im Pariser Auswärtigen Amte zufriedenstellende Auskünfte und zur ersten unter seiner Verantwortung erschienenen Nummer vom 13. Januar ds. Js. einen handschriftlichen Beitrag von Briand erhalten habe. Am 20. Februar hatte Audibert eine fünfviertelstündige Unterredung mtt PotncarS, der Ihm am 9. April eine handschriftliche Erklärung zugunsten der „Gazette du Franc" übergab. Diese Aussagen Audibert» find begreiflichenoeise der französischen Regierung sehr urmnge- nehm. Die Verhaftung des Direktors de» „Quotidien", Du- man, und des Hauptaktionär» dieser Zeitung, de» Ackerbau- Arme fällt. Der Severiirg - Schiedsspruch r«filShar bis 1»S0 Arbeitgeber- und Irbeitnehmervereinigungen der Gruppe Nordwest der Eilenindustrie veröffentlichen jetzt den Schieds spruch de» Reich-ministerS kevering, den sie bereit» an erkannt haben. Allgemein ist dazu zu sagen, daß der Severing-Spruch den Wünschen der Arbeitgeber in einzelnen Punkten entgegenkommt, so in der Beibehaltung der bisheri gen Akkordsätze, in der schärferen Staffelung der erhöhten Zeitlöhne, die bisher fast durchweg um 6 Pfg. erhöht wurden, jetzt aber von 1 br» S Pfg. gestaffelt sind. Bezüglich der Ar beitszeit kommt der Spruch Forderungen der Arbeitnehmer entgegen, wird doch in manchen Betrieben noch SO Stunden in der Woche gearbeitet. Er verfügt di« Geltungsdauer des bis herigen angefochtenen Schiedsspruchs bis Ende 1926. Ms ein außerordentlicher E rfol g für die ganze Wirtschaft, dem man im Interesse der Beständigkeit des Wirtschaftslebens weiteste Nachahmung, wünschen kann, ist anzusehen, daß die Löhne in der neueen Verfügung zum Juni und -um September 19 80 kündbar sind, also sozusagen auf zwei Jahre nahezu stabil fest gehalten werden. Wie schon erwähnt, gilt für die Zeit von der Wiederauf nahme der Arbeit bi- zum gahresschluß die Entlohnung nach dem Jessettschen angefochtenen Schiedsspruch; di« Zeitlöhne werden im neuen Jahr von SO (bis SS) auf (SS) bis SO her- mffgesecht. Vie sozialen und tariflichen Zulagen werden durch di« neue Regelung nicht berührt. Vie Ecklöbne bleiben unver ändert. Auch da» Lohnabkommen vom IS. Dezember 1987 läuft unverändert Wetter, soweit nicht die Ziffern neu geän dert wachen fiud. Für -ie Dauer der Arbeitszeit sind die ge setzlichen BorskL"ifr:7- uaßgsbend. Mr die ThomaSfchlacken- muhken, Eisengießereien ufw. sind in bezug auf di« Arbeitszeit verschieden« Kürzungen eingetreten. Di« ReichsreOeruna M eine ausführliche Begründung zu dem Schiedsspruch, in dem bemerkenswerterweise Mängel des Schlichtungswesens anerkannt werden. Auf der anderen Sette sind die sehr deutlichen Schlußworte der Begründung von weiterem Interesse: »Die deutsche Wirtschaft und ihr Gedeihen ist nicht sine Privatangelegenheit der Unternehmer, sondern auch Sache der Arbeiter, ja, des ganzen Volke». Zur Klärung der wirtschaftlichen Lage genügt e» nicht, erst zu den Lohnver- handlungen eine Reihe mehr oder weniger nachkontrollierbarer Zahlenreihen von Hüben und Drüben mttzübringrn. Dm Lr- -ett^bervsrtvKera Mott euch nicht «st »a »« -s-ndstt-ri». ümjm bsvEch« s»Me SU»rch MgetM werd«. Ein« laufende Unterrichtung durch beiderseitige Fühlung nahme ist erforderlich." - « <» sriecle den Hütten Notwendig« Folgerung« Der deutsche Reich Stnnenmintster Severing fällte am Freitag früh den Schiedsspruch, auf den nicht nur di« streitenden Parteien de» rheinisch-westfälische« Industriegebietes höchst gespannt waren, sondern de» di« ganz« politische Welt mtt größtem Interesse ent gegensah. Galt es doch hier, wirtschaftliche und soziale Entscheidungen ganz einzigartiger Nutur zu sällen. Gr sollte, ohne an den Schiedsspruch de» Reichsarbeit»- Ministeriums gebunden zu sein und unbekümmert mtt den Rechtsstreit, ob dieser Schiedsspruch gültig ist oder nicht, aus Grund eigener Studien der soziaffoirtfchaft- lichen Verhältnisse in der vchwereisenindustrte und auf eigene.Verantwortung hin einen Schiedsspruch auf längere Dauer fällen und damit einen Tarifvertrag schaffen, der für die nächste Zett an di« Stelle de» zu sammengebrochene« Tarifvertrag» zu trete« hätte. Dieser Schiedsspruch ist am Freitag in Dort mund gefällt worden, nachdem zuvor die SnterueG- «er und Arbeiter sich schriftlich verpflichtet hatte«, dem Schiedsspruch Severing» Folge zu leisten. Um es kurz zu sagen, der Schiedsspruch Severins» für die Eisenindustrie bringt eine Belastung der Wirtschaft durch di« neue Regelung der Löhn« und der Arbeits zeit, er enthält auch, wie versprochen war, «inen neuen Tarifvertrag mit langfristiger Festsetzung und neuartigem Kündigungsrecht, er erfüllt aber auch nicht all« Wünsch« der Metallarbeiter, sondern geht selbstän dig sein« eigenen Wege. Der alte Schiedsspruch wurde in der «kkordlohnfrage völlig fallen gelassen, weil offenbar Gevering über die Akkordarbeit grundsätzlich andere Auffassungen vertritt, al» die früheren Schlich ter. Der Reich»inn«nminister gewährte dagegen de- stimmten «rbeitergruppen, deren Arbeit besonder grotz» -hhflfch« «nstrsngungen «fordert, VerWrz«»- ihr« ArbeMzeit, wie « «rdewe« Arbeitergmetztz«, tzis