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Dienstag, äen 14. August IS28 23. Zahrgaug Mzeiger für öas Erzgebirge 'I«MU>«othalKa»»kmnÄch«,s«k-mümachm>g«>t„Nate,s««°SIm>»»r«ftmttprlch,,H«. — Nr. ISS Sestgesans an DeutfGianv »Das deutsche Bollsheer bedingte de« deutschen Bottestaat" memn^P?rMr§a/ismen? Jener SturMvind. der duS Nletne " von dem allen Völle« verheißen« "dem grah« wird ein bra» u. a. folgendes ausführte.' Wem die hohe Ehre dem allgemeinen Emvfi..7... maa wohl unwillkürlich denken, jene i war damals, kämpfend oder leidend, das ganze deutsche Volk, Männer wie Frauen — da» Volksheer bedingt« den deutsch« BolkSstaat. Wir können der Verfassung des erneuerten Deutschland nicht gedenken, ohne des kämpfenden und leidenden deutschen Vol kes von 1914 bis 1918 zu gedenken — und ohne dem Manne unsere Ehrfurcht zu bezeigen, in dem sich deutsche Volk heit jener Tage sinnbildlich verdichtet. Stefan George bat in einer großen Kriegsdichtung Wirrsal und Ratlosigkeit jener Jahre geschildert: ... da entstieg, gestützt Auf seinen Stock, farblosem Dororthaus Der fahlsten unserer Städte ein vergessener, Schmuckloser Greis... der fand den Rat der Stunde Und rettete, was die geberdtg Lauten Schließlich zum Abgrundsrand gebracht: das Reich . . . Dem, der damals das Reich rettete, dem ersten Soldaten deS alten Deutschland, dem ersten Bürger des neuen Deutsch land, gilt unser ehrfürchtiger Gruß und Dank. Freilich, daS Volk, das der Träger des neuen Staates ist, ist nicht die Volksgemeinschaft, die nur in erregten Stunden der Geschichte vorübergehende Wirklichkeit gewinnt. Das Volk, von dem die Staatsgewalt ausgeht, entfallet sich in dem vielfachen Reichtum kämpfender Gruppen, Klaffen und Par teien. Sprechen wir, ohne daran Anstoß zu nehmen, die Wahrheit rückhaltlos aus: daß der Volks st aat ein Par- tetsnstaat ist. Der Deutsche treibt Parteipolittk mit schlechtem Gewissen, als seien die Parteien etwas, was eigentlich nicht sein sollte. Man verkündigt einen Standpunkt über den Parteien — „das Vaterland über der Partei" — und blickt von diesem Stand punkt verächtlich auf den „Hader der Parteien" herab als ein sachlicher Arbeit schädliches Gezänk, als ein Gemisch von man- gelnder Einsicht und bösem Willen. Demgegenüber erscheint e» angezetgt, Gottfried Keller zu zitteren: / Wer über den Parteien Sich wähnt mit stolzen Mienen, Der steht zumeist sogar Erheblich unter ihnen — unter ihnen, denn der vermeintliche oder vorgebliche Stand punkt über den Parteien ist in Wahrheit nur einer unter anderen Partetstandpunkten. von den anderen nur dadurch unterschieden, daß er sich für den einzig möglichen hält, die Vertreter aller anderen aber für Schädlinge und Reichsver- derber. In Wahrheit hat jede Partei zu ihrer Aufgabe nichts anderes als das Vaterland, bedeuten die Parteistandpunkte die Recht zu bekämpfen, Kiner von ihnen aber auch widerlegbar tage», an d«u der Att ftmde Gowtt dmW« »«« und dähalb jeder von ihnen von jedem anderen zu achten, m«, an dem der «HÄ«, die Pfla, m,d Die von der Höhe eines angeblichen Standpunktes über unser sein wird. E »eid« den Parteien herab betriebene Verekelung deS Parteitretben» ES gibt kein« Deutsch«, M, die links und rechts vom Denkmal zu dem Platz führen, waren von Tannenzweigen überdacht und ebenfalls von Fab- nenmasten flankiert. Der Sitzungssaal des Reichstages, in dem die Berfaffungsfeier der Reichsregiernag abgehalten wurde, war ebenfalls geschmückt. Sitzungssaal und auf den Tribünen waren schon vor der Eröffnung der Feier sämtliche Plätze besetzt. Am Regierungstisch nahmen Reichskanzler Mül- ler und die Reichsmtnister Dr. Hilf er ding, von Gue- rard, Koch, Curtius, Schätze! und Dietrich sowie die preußischen Minister Dr. Becker, Dr. Steiger, Dr. Schreiber, Dr. Höpker-Aschoff, Dr. Schmidt und Grzestnski Platz. Anwesend waren weiter: der Chef der Marineleitung Admiral Zenker und zahlreiche andere hohe Beamte deS Reiches und der Länder. Kurz nach 12 Uhr betrat Reichspräsident von Hindenburg die Präsidentenloge, an der die Reichspräsidentenflagge ange bracht war. Beim Eintritt des Reichspräsidenten, der vom Reichsinnenminister Severtng, Reichswehrminister Grü ner und dem Reichstagsvizepräsidenten von Kardorff an seinen Platz geleitet wurde, erhoben sich die Teilnehmer der Festversammlung von den Plätzen. Mit dem Reichspräsi denten erschien auch sein Sohn und Staatssekretär Dr. Meiß ner. .... . Der Staats- und Domchor unter Leitung von Professor v on Masten mit der Reichs-, der preußischen und der Stadt« Hugo Rüdel «öffnete die Feier der Regierung mit dem flagge, sowie den Fahnenn aller Bundesstaaten. Die Gänge,! Vortrag des Festgesanges von Kalbeck-Gluck. Eine prächtige Festrede n!^d°rteien die wichtigst« Organe deS politisch« Lebens find, die Unruhe an der Uhr, die daS ganze Werk im Gange hält. Man sollte vielmehr von früh an dem werd«- Staatsbürger einprägen, daß sich zu einer Partei zu bekennen im BolkSstaat Bürgerpflicht sei. Der Flugsand der Unentschlossen« -wisch« den Partei«, aber ist es, der unserem politisch« Leben jene Unstethett und Unberechenbarkeit gibt. ES ist für eine Partei kein Glück, wenn ihr dieser Flugsand bei einer Wahl zufltegt, um ihr »et der nächsten wieder verloren zu gehen. Auf Sand kann man nicht bauen, so kann man auch auf Flugsand keine Politik trei ben. Auch der Wahlkampf würde sich veredeln, wenn er nicht wesentlich ein Kampf um den Flugsand wäre, vielmehr ein Kampf um die Neuwähler, ein Kampf um die Jugend. Dann hieße es vor den Hellen prüfenden Augen der Jugend den Wahlkampf nicht führen mit dem, waS andere Parteien falsch gemacht haben, sondern mit dem, waS man selbst geleistet hat und zu leisten verspricht. Nicht die Bickheit der Parteien ist der Grundschad« unseres Parteiwesens, sondern ihre Starrheit. Parla mentarismus aber fordert von den Parteien in sffter Linie nicht Ueberzeugungstreue, sondern Geschmeidigkeit, und da» Grundübel unseres Parteiwesens besteht darin, daß wir die starren Parteien des Obrigkeitsstaates in den parlamentari schen Staat unverändert zu übernehmen können glaubten. Deshalb muß jede Koalition dem Parteigewiffen bet uns erst mühsam abgerungen werden. Wir haben mit deutscher Gründ lichkeit den behenden politischen Bewegungskrieg in einen schwerfälligen politischen Stellungskampf verwandelt. Wk müssen hoffen, daß der Parlamentarismus allmählich sich die Parteien erziehen wird, wie er sie braucht. Unser politisches Leben ist aber nicht nur mit dem Ge gensatz der Parteien belastet, sondern auch mit dem Gegensatz der Klaffen. Der Untertan ist zum Staatsbürger geword«, aber der Staatsbürger ist noch immer Wtrtschaftsuntertan. Den Arbeitnehmer zum Wirtschaftsbürger zu e Geiste der Verfassung selbst vorgezeichnete ungeschichtlich denken, zu glauben, daß für Entwicklung bereits aller Tage Abend ei. , ordnung, die der Tatsache der Arbeitslo igkeit nicht Herr wird, kann nicht das letzte Wort der ökonomi chen Entwicklung sein. Schon stehen wir nach dem Zeugnis bedeutender Wirt- schaftskundiger mitten in einer gewaltigen Umwälzung unsere» Wirtschaftssystems, in dem Uebergange von der frei« zur ge fundenen Wirtschaft. Die neue gebundene Wirtschaft ist dem Staate gegenüber zugleich mächtiger und beeinflußbarer al» die alte freie Wirtschaft — mächtig, weil die neu entstanden« Wtrtschaftskoloffe immer mehr zu staatsähnlicher Macht ge- langen, beeinflußbarer, weil der Staat selbst, noch immer der mächtigste unter den Wirtschaftskörpern, eine in wenigen Hän den konzentierte Wirtschaft naturgemäß leichter zu bestimm« vermag, als eine Unzahl kleiner Betriebe. So scheint eine Zeit programmatischer Durchkonstruktton des Verhältnisses von Staat und Wirtschaft nahe zu sein. Neben dem Klaffengegensatz,neben dem PartetparttkulartS- mus ruht auf unserm politischen Leben die Last des Länderpar« ttkulartSmus. Die deutsche Seele verlangt auch von dem Erbauer ihres politischen Gehäuses Erhaltung der gewachsenen Vielfältigkeit, innerhalb der bewußt gemachten Ganzheit, Viel fältigkeit in der Einheit. Kulturelle Mannigfaltig keit mit der gebotenen wirtschaft li chen und poli tischen Konzentration zu verbinden, ist die schwere Aufgabe unseres Berfaffungslebens. Mehr und mehr hat sich erwiesen, daß ihre Lösung nicht in dem, was Bismarck mit starkem Wort den „gott- und rechtlosen Souveränitäts schwindel" nannte, nicht in der Eigenstaatlichkeit der in einem bundesstaatlichen Ganzen liegt, sondern in dem Gedanken,, dessen Verwirklichung die vorbildliche politische Leistung der Deutschen ist, in der deutschen Selbstverwaltung. ' Der durch Selbstverwaltung dezentralisierte Eiuheittstaat ist da» llar vorgezeichnete Ziel unserer innerstaatlich« Entwickln»«. Aber in der Politik geschieht da» vernünftig« nie««» sch« deshalb, weil es veraünfttg ist, sonder« nur, wem» da» ««- nlinftige kraft eine» höheren Zwangs auch.gescheh« « L «DMA das Kläne Nein erscheinen läßt. Woh« soll un» dieser Zwang zu einer Deutschheit dnmnen, tzer Mkerikt, alSalle üb«r»u». menen Partikmartsmen? Jener Sturmwind, der^ da- Klein« hinwegfegt, jener Großen zu uns st ., . - blick, wo Oesterreich, von dem allen Vülkeri Selbstbestimmuagsrecht Gebrauch mmbeud, fich verschiedenen möglich« deutschen Mutterland« a^Mnwird. Da-a, - Kiner von ihnen be-! sender Jubel durch Re WH« Dann nahm der frühere ReichSjusttzminister Universitäts professor Dr. Radbruch das Wort zur Festrede, in der er Ehre zuteil wird, am VerfaffungStage Inden ein schwaches Wort zu leihen, der ^willkürlich an d e größte aller Berfaffungsreden von Thukydides überlieferte Rede des Perikles, die den Geist des Staates der Athener für alle Zeiten zeichnete. „Unsere Verfassung", sagt PerilleS, „heißt Demokratie, weil sie nicht auf einigen wenigen, sondern auf der Masse des Volkes ruht. Nicht die Geburt — nur die Leistung eröffnet auch dem Unansehnlichsten den Weg zu den höchsten Würden. Wer aber der Politik fich klüglich fernhält, den rühmen wir nicht wegen seiner weisen Zurückhaltung, sondern wir verach ten ihn als einen, der für das allgemeine Wesen nichts nütze ist. Gegner der deutschen Demokratie pflegen sie ein frem des, undeutsches Gewächs zu nennen. Sie zu entkräften ge nügt der Hinweis auf eine bodenständige Demo kratie deutscher Art: die schweizerische Demo kratie. Don der älteren, eidgenössischen Demokratie ver mag der deutsche BolkSstaat fo manches zu lernen, unter ande rem auch wie ein Voll ernste Feste fröhlich feiert. S o müssen wir feiern lernen. S o wünschen wir uns die Berfaffungsfeier. Feuer auf allen Bergen müssen dem festlichen Tage voranleuchten. Ein Fest der Turner und der Sänger wird es fein, die noch immer ihren deutschen Beruf erkannt und jüngst erst wieder eindrucksvoll bestätigt haben, und ein fröhliches Fest der Kinder. Bon allen Schaubühnen wird Schiller seinem Volle zurufen: „Ans Vaterland, ans teure, schließ dich an!" oder Florian Geyer: „Der deutschen Zwie tracht mitten ins tzerzl^ Auf Wegen und Stege wird immer wieder das Lied erklingen, das der erste deutsche Reichs- Präsident wieder zum Lied aller Deutschen gemacht hat. Und der fröhlich-feierliche Tag wird getragen sein von einem Meer von Fahnen in dem wundervoll warm« Dreiklang unserer ReichSfarb«. Wer, dessen Phantasie von diesem Bilde einmal ergriffen ist, vermöchte noch dem deutschen Bolle sein« BerfaffungStag vorzuenthalten? Der ernste Sinn solcher frohen Feiern in der Demokratie aber ist die Selbstdarstellung und Bewußtwerdung des Volles, das keinem untertan ist als sich selber, des Volles, von dem nach dem ersten Artikel unsrer RetchSverfaffung die Staats gewalt auSgeht. Nicht Scharfsinn oder Weisheit Einzelner schaffen eine alluna. sondern die allmächtige Geschichte. Nicht nur die Inter unse- Verfassung, — auch daS Erlebnis von 1814 ngt in tyr wieder. Die aber damals in beispiellosen - beiden Träger de« deutschen Schicksals waren, sie hätten auch bet einem anderen AuSaanae de» / „ ' 7' " Verantwortung für da» deutsche Schicksal nicht wieder von den Schulten» «h-ita» kffor. DÄ «M«r - Md «oltths« So soll die Berfassungsseier sein Berlin am Berfassungstag Zur Feier deS BerfaffungstageS zeigten die Straßen Berlin» teilweise sehr reichen Flaggenschmuck. Neben sämtlichen amtlichen Gebäuden hatten sehr viele Privat häuser Flaggenschmuck angelegt. Bon Straßenbahnen und Autobuffen wehten Wimpel in den Farben des Reiches und der Stadt Berlin. In gleicher Weise waren die Bahnhofseingänge der Untergrund- und Hochbahn geschmückt. Alle Botschaften und Gesandtschaften hatten geflaggt. ' Besonders festlich war das Bild Unter den Linden und auch am Platz der Republik. Dort zeigte sich auch am Vor mittag ein bedeutend gesteigerter Verkehr. In der zehnten und elften Stunde strömten Tausende dem Brandenburger Tor zu, und gegen mittag, als die große Versaffungsseier im Reichstagsgebäude begann, waren die breiten Straßen von einer schaulustigen Menge dicht umsäumt. Auf dem Pariser Platz hatten die Autos des D. Ä. C. zur Begrüßung des Reichspräsidenten Aufstellung genommen. Auch das mit Fah nen, Blumen und Blattpflanzen reich geschmückte Reichstags gebäude war von unübersehbaren, erwartungsvollen Menschen massen umlagert. Als die E h r en k o m p a gn t e mit klin gendem Spiel aufmarschierte und oben in der sonnigklaren Luft mehrere Fliegerstaffeln kreisten, ging eine lebhafte Be wegung durch die Menschenmaucrn. Der Platz der Republik war in festliches Gewand gehüllt. Zahlreiche dunkelgrüne Obelisken mit goldenen Glaskugeln waren errichtet. Zwischen ihnen standen Riesenkörbe mit prachtvoll leuchtenden Horten sien. Um das Moltke-Denkmal herum erhob sich ein Wald v on Masten mit der Reichs-, der preußischen und der S Parteien erziehen wird, wie er sie braucht. I ' , " 77 7.7... ' .7 7 I. gensatz ber Parteien belastet, sondern auch mit dem Segmscch der Klaffen. Der Untertan ist zum Staatsbürger geword«, ist eine ft» >e. ES hieße Wirtschaft* WirtschaftS- Nicht Scharfsinn oder Weisheit Einzelner schaffen eine Verfassung, sondern die allmächtige Geschichte. Nicht nur die Nationalversammlung von 1919 steht bestimmend hinter unse rer Verfassung, — auch d aS ErlebntS von 1914 klingttnihrwteder. Die aber damals in beispiellosen Taten und Leiden Träger deS deutschen Schicksal» waren, sie hätten auch bet einem anderen AuSaanae de» Kriege» sich die Schulten» »Ata» lass«». i-1!.' ° i ' EM*