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Sonnabenä, äen 2S. Zuli 1928 Mer Tageblatt LEW Anzeiger M öas Erzgebirge ß^W L^snum«,«-,.«»« fta-dv-v» Eathaltea- -le amtliches Sekanatmachuagea -es Rates -er Sta-t us- -es Amtsgerichts Roe. p-M.ck.iwm«: fvm «ps«, a». im, Vr. 17S Sonnabenä, äen 28. Zuli 1928 23. Jahrgang - - k Das ftanzösische Auslteferungsbegehren °L'SM.,ch,d.h„ Berlin, SS. Juli. Die Meldung, daß die ftanzösische BesatzungSbehörde an die deutsche Regierung das Verlangen gestellt hat, die drei deutschen Staatsangehörigen auszuliefern, die in Abwesenheit zu fünf Jahren Zuchthaus vom französi schen Kriegsgericht in Landau wegen angeblichen Herunter- reißenS der französischen Flagge vom Offizierskastno in Zwei brücken verurteilt worden sind, wird nunmehr von den Ber liner Blättern bestätigt. In den Pressekommentaren zu dem französischen Verlangen wird darauf hingewiesen, daß deut licher als alle anderen Vorgänge der letzten Zeit dieser neue Besatzungszwtschenfall die Unmöglichkeit und Unhaltbarkeit der ganzen Rheinlandbesetzung beweise. Die „Kreuzzeitung" fragt: Was nützen Deutschland die Locarnoverträge, was nützt Deutschland der Beitritt zum Völkerbund, wenn immer erneut gegen Sinn und Geist dieser Abmachungen verstoßen wird. Aehnlich äußert sich die „Deutsche Tageszeitung": „Die fremde Besatzung hat schon längst kein moralisches Recht mehr, am Rhein zu stehen. Ihre bloße Anwesenheit ist eine glatte Verleugnung der Idee von Locarno. Die neuen Forderungen aber zeigen, daß die ftanzösische Besatzungsbehörde im Rhein land sich nicht einmal scheut, auch die Ehre des deutschen Vol kes in leichtfertigster Weise anzugreifen. In der „Voss. Ztg." heißt es: Nach dem Wortlaut des Rheinabkommeus haben for mal die Franzosen das Recht, die Auslieferung der Verurteil ten zu verlangen, obgleich natürlich jedes Gefühl sich dagegen sträubt, nur daran zu denken, daß deutsche Behörden deutsche Staatsbürger wegen eine; ausgesprochenen Dummejungen- treiches für fünf Jahre la ein französisches Zuchthaus auslie- ern sollen. Man stelle sich nur einmal vor, zu was für iuner- wlttischen Kämpfen die Durchführung des französischen Aus- ieferungsbegehrens in Deutschland führen müßte. Um solche Unmöglichkeiten ein für alle Mal auszuschalten, gibt es nur einen Weg: Räumungl Das politische Hauptthema der Berliner Blätter ist wei terhin das von der ftanzösischen Besatzungsbehörde an Deutsch ¬ land gerichtete Auslieferungsbegehren. Wie der „Vorwärts" mitteilt, ist nach sorgfältiger Prüfung der Rechtslage das Auswärtige Amt zu der Ueberzeugung gekommen, daß das formale Recht leider der Reichsregieruna keine Möglich keit bietet, das französische Verlangen abzuschlagen. Deutschland werde sich daher grundsätzlich bereit erklären müssen, diesem Begehren Folge zu leisten. Das Blatt ist je doch der Ansicht, daß die Reichsregierung nichts unterlassen sollte, um noch auf diplomatischem Wege eine glimpf liche Erledigung des Vorfalls zu erreichen. Zum Schluß be tont das Blatt, die ganze Angelegenheit beweise wieder einmal, daß es keinen wirklichen Friedens-u st and zwt- schen Deutschland und Frankreich geben könne, solange diese Besetzung fortdauert. Die „Germania" bringt das AuslieferungsbSgehren der französischen Besatzungsbebörde in Verbindung mit der bevor stehenden Unterzeichnung des Kellogg-Paktes in Paris durch die Außenminister der beteiligten Mächte und sagt: „Unter die ser: Umständen und in diesem Augenblick, während am Rhein französische Beamte schalten und walten dürfen, kann ein deutscher Außenminister nicht nach Paris reisen, um einen Weltfriedenspakt feierlich zu unterzeichnen, den die Franzosen in so grotesker Weiss verletzen. Wie wurde sich das mit Deutschlands Würde und Deutschlands Glauben an seine Zukunft vereinigen lassen? Auch das „Berliner Tageblatt" erklärt: Man kann nicht den deutschen Außenminister einladen zur Unterzeichnung des Kriegsächtungspaktes nach Paris zu kommen und gleichzeitig die Reichsrcgierung ersuchen, drei Deutsche wegen Beleidigung der französischen Flagge zufünf jährigemZucht- haus auszuliefern. Die „Voss. Ztg." steht in dem französischen Verlangen einen neuen besonders charakteristischen Beweis dafür, daß auf sie Dauer das Nebeneinander selbständig arbeitender französt- cher Militärbehörden im Rheinland und der offiziellen deutsch- ranzösischen Verständigungspolitik eine Unmöglchkeit ist. Eine elsWsifte KunSgebung kn Eolmar. Colmar, 26. Juli. Im Katharinensaal fand unter dem Vorsitz des Abgeordneten Walter aus Hagenau eine politische Versammlung statt, zu der sich etwa 7000 Personen eingefun den hatten, sodaß auf dem großen Hofe des Gebäudes eine Parallelversammlung abgehalten werden mußte. Es sprachen die Abgeordneten Dr. Rickltn, Brogly. Dahlet, Ross« und an dere. Die aus dem Gefängnis entlassenen elsässischen Führer waren Gegenstand begeisterter Kundgebungen. Es wurde chließlich eine Entschließung angenommen, in der die Ver- ammlung gegen den sogenannten Komplottprozetz und das »ort gefällte Urteil erneut protestiert und gelobt, für die hei- ige Sache des Elsaß solange zu kämpfen, bis die verhängnis vollen Folgen der Sanktionspolitik der französischen Regierung und deS Colmarer Urteils in ihrer Gesamtheit wieder gutge macht find, die Regierung die vollständige Umstellung ihrer Politik im Elsaß beendet und die versprochenen administrati ven und kulturellen Reformen verwirklicht hat. Die Entschlie ßung wendet sich sodann gegen jeden Versuch, die Presse und die Freiheit der Meinung im Elsaß zu unterbinden und be glückwünscht zum Schluß die Abgeordneten von Altkirch und Colmar zu ihrer endlich erfolgten Freilassung. Entfernung -er -rutschen Aufschriften kn Selxen. Innsbruck, 86. Juli. Wie die Bozener „Alpenzei- pung^ meldet, hat der Ämtsbürgermeister von Brixen einen Erlaß veröffentlicht, wonach auch in Brixen von nun an alle öffentlichen Bekanntmachungen, Aufschriften, Tarife und Fahr pläne in italienischer Sprache abgefaßt sein müssen. Bis 80. «rvvember müßen auf Kosten der Beteiligten alle deutschen Aufschriften entfernt sein. Mit dem 1. Oktober wird in den Brtxener Volksschulen der Unterricht ausschließlich nur noch in italienischer Sprache erteilt werden. der Zoll -es Oberleutnants a d. Raphael. Berlin, 86. Juli. Wie der Amtliche Preußische Presse- itenst mttteilt. hat die Nachprüfung durch die Strafvoll- treckungsbehörde ergeben, daß die ursprüngliche Annahme, Amtliche in der Gesamtstrafe des früheren Oberleutnants staphaäl enthaltenen Straftaten seien aus politischen Beweg gründen begangen, nicht zutrifft. Soweit Raphael wegen An stiftung zur versuchten Gefangenenbefteiung verurteilt worden ist, fehlt es vielmehr an einem solchen Beweggründe. Den auf diese Straftat entfallenen Teil der Gesamtstrafe wird er daher in voller Höhe aber nunmehr als Gefängnisstrafe zu verbüßen haben. Wegen der Vollstreckung des hiernach verbleibenden Straftestes hat die Staatsanwaltschaft das Erforderliche ver anlaßt. Sr-aa-lgimg -er bekSea Schmelz«. Berlin, 86. Juli. In der Presse ist verschiedentlich die Frage erörtert worden, ob der Amnestteerlaß auf den viel besprochenen Fall Schmelzer, Vater und Sohn, Anwendung findet. Nunmehr ist dahin entschieden worden, daß der Am- nestteerlaß auch aus diesen Fall anzuwenden ist, und der zu ständige Oberstaatsanwalt in Frankfurt a. Oder hat Auwei- Mg, Mart -Aff' Nötig- -N nera-üMert. Oie ägyptische Opposition. Senat und Kammer wollen trotz de« königlichen Dekret« am 28. Juli znsammentreten. London, 26. Juli. 135 Ägyptische Senatoren und Abgeordnete beschlossen gestern auf einer Versamm lung im ZägHlulistenklüb, dem großen politischen KluV der Ägyptischen Nationalisten, den Beschluß des Senats und der Abgeordnetenkammer, am 28. Juli wieder zu- sammenzutreten, aufrecht zu erhalten. Die Auflösung beider Häuser und die Außerkraftsetzung mehrerer Ber- fassungSartikel durch das Kabinett Mahmud Pascha wird als nichtig erklärt, da dies eine Verletzung her Ver fassung bedeut«. In dem Beschluß heißt eSr „Da wir geschworen haben, di« Verfassung als eines der hei ligster: Güter der Nation aufrecht zu erhalten, werden beide Häuser am 28. Juli um 6 Uhr in Ueberetnstim- mung mit den gefaßten Resolutionen wieder zusam mentreten." 25 wettere Abgeordnete haben sich Zu gunsten dieses Beschlusses erklärt. Die Senats- und Kammerpräsidenten sollen den Innenminister aufgefor dert haben, ihnen die Schlüssel zu übergeben, .um den Zusammentritt des Parlaments zu ermöglichen. Diese Forderung der Senatoren und Abgeordneten wird aber wahrscheinlich! von Mahmud Pascha und dem Innen minister 'übersehen werden, so daß den Abgeordneten, wenn sie ihr« Absicht durchführen wollen, nichts an deres übrig bleiben wird, als VaS Parlament zu stür men, waS man aber hier für unwahrscheinlich, hält. Ibrahim.Bah Nahmt, der ägyptische ArbeitSmi- nister, begibt sich morgen von.Kairo nach London, wo er mit Lord Lloyd, dem Oberkommissar in Aegypten, Str William Gowers, dem Gouverneur von -Uganda, und Str Johin Maffeh, dem! Generalgouverneur deS Sudans, über die endgültige Regelung der nationalen Wasserfrage verhandeln wird. Der gegenwärtige Ber- kehrsmtnister Hamid Pascha Suleiman und MaeGre- gor, der britische Sachverständige in der Ntl-Wasser- frage, haben sich bereits in den Jahren 1925 und 1926 eingehend mit dem Problem beschäftigt und einen Be richt ausgearbeitet, der eine Reihe von Empfehlungen für die Sicherstellung der Wasserversorgung Aegyptens macht. Mahmud Pascha scheint entschlossen zu sein, dis Frage in freundschaftlichem Geiste durch Verhand lungen mit dem Sudan und d«r britischen Regierung zu lösen. Lockerung der WohmmgSzwangswirtschast in Thüringen. Wetmar, 26. Juli. Der Staatsrat beschloß, die weitere Lockerung der Wohnungszwangswirtschaft in dem ursprünglich geplanten Umfange durchzuführen. Die Freigrenze für teuere Wohnungen und gewerbliche Räume wird dadurch weiter herabgesetzt. In Orten mit weniger als 1000 Einwohnern soll keine Bewirtschaftung durch Wohnungsämter mehr stattfinden. Berlin, 26. Juli. Heute fand zwischen dem ReichSverkeHrsminister und dem Generaldirektor der Deutschen ReichSbahngesellschaft anläßlich der Ichiten Unfälle eine Besprechung übe« di« Betriebssicherheit der Reichsbahn statt. Bei dem Uebergange der Staat«, bahnen in dje Hände des Reiches waren die Bahn anlagen und SicherhettSeinrichtungen an manchen Stel len infolge ungünstiger finanzieller Verhältnisse noch nicht bis zu demselben Grad« fortgeschritten, wie in dem übrigen Deutschland. Die ungünstige Wirtschafts lage in der Nachkriegszeit ließ einen wetteren Ausbau nur langsam zu. Ties gilt auch für die Zentralisie rung der Sicherungsanlagen auf einigen Bahnhöfen in Bayern, u- a. auch in München, Zu dem Münchener Unfall wurd« festgestellt, da bei genauer Befolgung der gegebenen Vorschriften die auf dem Hauptbahnhof München bestehenden Einrich tungen für die Sicherheit des Zugverkehrs auSreichen. Nur das unglückselige Zusammentreffen einer Reihe von Zufällen und Versehen konnte das Unglück Herbei führen. Um in Zukunft auch solch« Gefahrenmoment« nach Möglichkeit auszuschalten, bestand aber Lederet«. stimMung zu folgendem Vorgehen: Die bestehenden Blocketnrichtungen werde« sofort durch zwischenzeitliche Verbesserungen ergänzt, welche durch die Gruppenverwaltung Bayern bereit« vorbe reitet sind. Die im Gange befindliche endgültige Zen- traltsierung der Sicherheitsanlagen des HauptbahnhofS München sollen.mit allen Mitteln beschleunigt werden. Ueberhaupt sollen die wenigen noch nicht mit zentra lisierten Weichen und Signalen versehenen Bahrchüf« sofort daraufhin nachgeprüft werden, ob der Verkehr eine besonders beschleunigte Durchführung der Zentra lisierung erfordert. ! I Ml MM WM Zu den Angriffen wegen zu starker Inanspruch nahme des Personals wurd« festgestellt r Die Dienst einteilungen sehen in Süddeutschland „Ruhetage" von 32 und meh>r Stunden vor. Dadurch wird eine enger« Zusammenrückung von Tienstschichten, di« .durch kurze Ruhezeiten getrennt sind, notwendig. Demgegenüber ist in Norddeutschland die Zahl und Dauer der Ruhetag« geringer, aber die Ruhezeit zwischen den Dienstschich- ten allgemein länger. Nach .übereinstimmender Mei nung des ReichsverkehrSministerS und deS General direktors der Deutschen ReichSbahngesellschaft wird e» in Zukunft notwendig sein, die süddeutschen Dienstein- teilungen den zweckentsprechenden norddeutschen mehr anzupassen. § Borwürfe wegen Personalüberlastung infolge zu geringer Personalbesetzung können nur von Fall Zu Fall nachgeprüft werden. Auf dem Münchener Haupt« bahlnhof stellt sich die Kopfzahl gegenüber der Borkrieg», zett trotz zurzeit verminderter Betriebsausgaben um 14 Prozent höher als 1913. Der Gesamtpersonalbe- stand in Bayern betrug im 'Jahre 1927 16 Prlyent mehr als in der Vorkriegszeit, während dast Gesamt- Personal der Deutschen ReichSbahngesellschaft im Jahr« 1927 1,6 Prozent mehr betrug. Ein« zu geringe Kopf zahl kann also nicht als Ursache der Unfälle angesehen werden. Trotzdem sind Maßnahmen zu treffen, um an Tagen besonder« angestrengten Dienste» DerWrkungU- Personal mehr als bisher vorzusehen. Im Anschluß an die Erörterungen der betriev- ttchen Verhältnisse wurden wegen des SiegelSdorfer Unfalles, der aus Fehler beim Gleis zurückzuführen ist, die Frage der Oberbauarbeiten geprüft. Zm ganzen Retchsbahngebiet — und das trifft auch für SiegeWdorf zu — ist trotz der vermehrten Anwendung neuzeitlicher Einrichtungen die Zahl des BahnunterhaltungSperso- nals nicht wesentlich geringer als im Jahr« 1913. Zur besseren Ueberwachung der OberÄauauSführungen find wettere Kontrollen notwendig. Im Zusammenhang da- mit sollen di« Vorschriften für die Ausführung der Oberbauarbeiten sowie für die AuWllung und Ent fernung der Langsam-Fahr-Signale verschärft werden. Bis jetzt ist es mit Rücksicht auf den großen Umfang der Arbeiten noch nutzt Möglich gewesen, di« Rück stände in der Erneuerung der Gleise, die sich infolge der KrtegSverhältntss« und der Nachkriegszeit ergeben Haben, vollständig auszuarbeiten. Dies« Arbeiten sind tunlichst zu beschleunigen. E» werden bis zu ihrer Vollendung noch mehrere Jahve notwendig fein. In zwischen läßt es sich nicht vermeiden, di« heutige ge ringere Geschwindigkeit der Züg« gegenüber der Bor- krtegszeit auf einzelnen Strecken beizubchalten. Be züglich der Anzahl der durch Unfälle zu Schaden ge kommenen Personen ist folgende» festzustellen r Di« Zahl der Unfälle betrug auf «in« Million Zugkilvmeter im Jahr« .191» 4«, ,im Aahrs 1987 jvübr! -v bs-