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23. Jahrgang Chamberlain zur Ueberrelchung öer britischen Antwortnote auf öen kellogg-vorschlag. London, 18. Juli. Im Unterhause erklärte Chamberlain aus verschiedene Anfragen, er habe heute vormittag dem amerikanischen Geschäftsträger die Antworten der Regierungen. Großbritanniens, dcS australischen Gemeinwesens, Neuseelands, der Mion Südafrikas und die Antwort der Regierung, .Indiens übergeben, in denen die Vorschläge der.amerikanischen Negierung für einen vielseitigen Vertrag zum Kriegs verzicht angenommen werden. Die britische Regierung werde glücklich sein, den Vertrag zu der Zett und an dem Orte zu unterzeichnen, .die der Negierung der Ver einigten Staaten angenehm sind. Die Antwort werde am Freitag früh veröffentlicht werden, aber er könne keine Erklärung über den Inhalt der Antwort vor dem Zeitpunkt der Veröffentlichung abgeben. Die Vertreter des irischen Freistaates und des Dominions Kanada iv Washington würden ihre eigenen Antworten übergeben, die in einem günstigen Sinne gehalten seien, jedoch nicht den gleichen Wortlaut hätten. ES sei Sache die ser Negierungen, ihre eigenen Antworten zu ver öffentlichen. die belgische Antwort auf -ke kelloggnote. Brüssel, 18. Juli. In.seiner Antwort auf den Bries des amerikanischen Gesandten Gibson vom 23. Juni über den AntikriegSpakt sagt der Minister des Auswärtigen HYmanS u. a. folgendes: Der von der Washingtoner Regierung ausgearbeitete Wortlaut des Vertrages findet die volle Zustimmung der belgischen Regierung, die die in dem Bries enthaltenen Erklä rungen und Auslegungen mit Genugtuung zur Kennt- nts nimmt. Die belgische Regierung ist besonders glücklich, festzustellen, daß der geplant« Vertrag die sich aus dem Völkerbund spalt und dem Locarnoabkom- men ergebenden Rechte und Verpflichtungen vollkom- men aufrecht erhält, .die für Belgien die Grundgaran- tien seiner Sicherheit darstellen. Die Regierung des Königs Wäre der Regierung der Bereinigten Staatm dankbar wem» sie ihr das Datum und den Ort mit- . " b°"don, 18. Juli. Im Unterhaus stellte heute ün Arbeitechartei Welleck die Anfrage, ob die britische Regierung das vor kurzem gestellte deutschen Reichskanzlers bezüglich! der Rheinlandräumung erwogen habe, und ob sie bereit sei in wohlwollender Erwägung dieses Ersuchens zu A""deln. Chamberlain erwiderte, der .deutsche Reichskanzler habe in seiner Reichstagsrede keine aus drückliche Forderung bezüglich der Räumung des Nhein- landes gestellt, sondern lediglich der Ansicht Ausdruck verliehen, daß das besetzte Rheinland in Anbetracht der bestehenden Verhältnisse noch vor Ablauf des durch den Vertrag von Versailles festgesetzten Zeitpunktes ge räumt werden sollte. Tie britische Negierung stehe dieser Ansicht wohlwollend gegenüber, aber eine vor zeitige Räumung des Nheinlandes könne, wie er be reits früher auseinandergesetzt habe, nur auf.Grund einer besonderen Vereinbarung zwischen den Besatzungs mächten und Deutschland erfolgen, bet der neben den B^atzungsmächten auch andere Mächte befragt werden müßten. Tie britische Regierung sei jedenfalls bereit, etwaige Vorschläge, die von einer an dieser Frage stär ker interessierten Seite ausgingen, in wohlwollende Erwägung zu ziehen. Welleck stellte sodann die wei'ere Frage, ob Cb.mberlain irgendwelche Initiative ergriffen habe, .in Anbetracht des Umstandes, daß Deutschland sich! während der letzten drei Jahre (!) mit zunehmender Entschiedenheit von allen militaristi schen Tendenzen abgewendet und sogar im vergangenen Jahre Vorschläge für ein Rüstungsprogramm abgelehnt habe., zu dessen Durchführung es auf Grund der Jrie- densverträge berechtigt gewesen wäre. Chamber lain erwiderte: Es setzt mich stets in Verlegenheit, wenn ich Fragen beantworten soll, die von so vielerlei Voraussetzungen ausgehen. Ich beschränke mich, dar auf, den Kern der Frage zu beantworten. Ich glaube nicht, daß ich! zurzeit mit irgendwelchem Nutzen eine Initiative ergreifen kann. Der Abg. Wedgewood fragte an, ob die Re gierung bei Erwägung dieser Angelegenheit auch! an die Mehrkosten denke. Hie das Verbleiben der britischen Truppen im Rheinlands verursache, und ob die Ne gierung Mitteilen könne, auf wieviel sich diese Mehr kosten beliefen. Chamberlain antwortete: Diese Mehrkosten seien nicht der Rede. wert. Wedgewood stellte die weitere Frage: 'Ist eS nicht eins Tatsache, daß die Kosten der britischen Besatzung im Rheinland Entschädigungssumme abgezogen werden, die wir von Deutschland zu erhalten Haben? Chamber- lain antwortete: Die Kosten unserer Besatzung im Rheinlands bilden einen Posten, der von den Repara tionen bezahlt wird. Jedoch steht unser Anteil an den Reparationen in keinem direkten Verhältnis zu dem Anteil an der Summe, die Deutschland für die Aufrechterhaltung der Besatzung im Rheinland zu be zahlen hat. Wedgewood warf ein: Wir erhalten also weniger an Reparationen? Chamberlain: Und mehr an Besatzungskosten. Der Abg. Kirkwood stellte die Frager Ist der Staatssekretär des Aeußeren nicht bereit, endlich die Rolle des .Starken zu übernehmen, der sich seiner Stärke bewußt ist und es sich! leisten kann, edelmütig zu sein? Ist es nicht für uns an der Zeit, der Welt un seren Friedenswillen zu beweisen, indem wir alle unsere Truppen vom Rhein .zurückziehen? Chamberlain erwiderte: Ich Habe bereits gesagt, daß ich! eS zurzeit nicht für zweckmäßig erachte, eine Initiative zu er greifen. Die Zurückziehung der britischen Truppen allein würde die Frage der Rheinlandräumung.weder lösen noch sie einer Lösung näher bringen. Eine Erklärung Cecils zur Reparalkonsfrage. London. 18. Juli. Im weiteren Verlaufe der heutigen UnterHauSsitzung wurde an die Regierung, die Anfrage gerichtet, ob in Anbetracht der kürzlichen Er klärungen des Reparattonsagenten und des deutschen Reichskanzlers irgendwelche Schritte unternommen wor den seien um eine Konferenz der beteiligten Mächte zur endgültigen Regelung der deutschen Reparationsver pflichtungen herbeizuführen. Cecil erwiderte, die Regierung Habe mit Interesse von den angeführten Erklärungen Kenntnis genommen. Sie sei selbstver ständlich bereit, jeden Vorschlag zur Regelung der deut schen Reparationen, der ihr unterbreitet werde, mit größter Aufmerksamkeit zu prüfen, vorausgesetzt, daß derartige Vorschläge so gehalten seien, daß sie die Rechte und Interessen des britischen Reiches sicherstel- len und sich mit den Richtlinien der britischen Politik in Einklang befinden. Soweit er wisse, seien bisher in dieser Frage noch keine konkreten Vorschläge irgend welcher Art formuliert worden und er glaube nicht, daß es für die britische Regierung möglich oder gar ratsam fei, von sich aus in dieser Sache irgendetwas zu unternehmen. 35 Eisenbahnunfalle im ersten Halbfahr 1S2S1 veraltete Sicherungranlag, in München. iay«T)eUnMck^ronttdeS abgelaufenen 1.HaWachre» rMt, laut „Berliner Tageblatt«, 35 GifenLoLn- Unfälle in Deutschland mit zum! Teil sehr schweren Folgen. In den letzten zwei Jähren Haben sich allein m Bayern sechs große Katastrophen mit zusammen 78 Toten ereignet. Die Liste dieser Unfälle seichter noch einmal kurz ausgeführt: 25. Mat 1926 München (Ostbahnhof) r 30 Lote. 13. August 1926 Langenbach: 12 Tote. . 1. Dezember 1926 Ingolstadt: .1 Toter. 26. Oktober 1927 Bach: 1 Toter. 10. Juni 1928 Siegelsdorf: 24 Drte. 15. Juli 1928 München (Hauptbahnhof): 10 Tote. Leider muß die Frage, ob allo zur höchsten Sicherung der Menschenleben geeigneten technischen Mittel zurzeit im Eisenbahnbetriebe aufgeboten sind, im letzten Fall, am Münchener Hauptbahnhof, verneint werden. Der Hauptbahnhof München ist nicht mit de« allermodernsten Sicherungseinrichtungen ausgerüstet. Immerhin sind die Zugfahrten gedeckt durch Signale und sogenannte „Zustimmungsfelder«, so daß bet Be- folgung per Vorschriften eins Gefährdung der Zu», führten nicht eintreten kann. Bei dem Münchener Unfall liegt eS folgender maßen: Ter Zug fährt doch Bahnsteig bet Ausfahv- signal ab, er gelangt dann in einen Abschnitt, der durch Pie „ZustimmungSfelder" gedeckt ist. DaS eine liegt in einem Stellwerk in der Nähe des Bahnhofs, das andere an der DonnerSberger Brücke, etwa 1000 Meter vom ersteren entfernt. Solange sich «in Zug in diesem Abschnitt befindet. Müssen di« Signale der Zu- sttmnmngsfelder rot sein. Solange die ZustichmungS- felder rot sind, darf kein Zug vom Bahnsteig Nachfol gen. ES darf also kein Ausfahrsignal gezogen werden, ehe nicht das Zustimmungsfeld in dech Stellwerk am Bahnsteig von dem Stellwerk an der DonnerSberger Brücke weiß gemacht worden ist. In München ist das von den Stellwerksbeamten versehen worden; es ist das AuSfatzrstgnal für den nachfolgenden Zug freigsgeben worden, ohne daß die Zustimmungsfelder weiß! geworden waren, nachdem der Unglückszug d en ZusttmmUngSblock verlassen hatte. De« beiden Stellwerkswärtern, die sich telephonisch, unter einander verständigten.^ ist ein ErtnnerungSfehler unter- laufen, da sie sich nicht mehr bewußt waren, daß. der nachher verunglückte Zug fich noch im Blockabschnitt befand. Die Stellwerksbeamten waren anderthalb Stunde« im Dienst, als das Unglück passierte. Sie hatten vor- Her eine achtstündige Ruhepause. Durchschnittlich Hat das Personal acht Stunden täglich Dienst, Dis Brandursache ist jetzt dahin festgeflellt. daß durch das Lokomotivfeuer der Wägen, Per auf di« Lokomotive geschoben war, entzündet worden ist. Gin« Gasexplosion des einen Wagen«, der mit Gasbeleuch tung versehen war, ist nicht erfolgt. Der Gasbehälter war noch! nach! dem Unglück mit GaS gefüllt. Mit gewirkt bet der Ausbreitung deS Feuer« Hat da« stür- mische Wetter. Die autogenen Schweißapparate sind nicht direkt die Ursache für das Feuer gewesen. Nebew bei bemerkt werden neuerdings Luftmeißel durch Preß- luftantrteb beim Zerschneiden von Personenwagen.*«- wendet, uw, jeder Verletzung der Eingeklemmten durch Feuer zu vermeiden. Das elektrische BlockterungSshstem, da« in Mün chen nicht versagt Hat, läßt den Fahrdienstleitern durch telephonisches Einvernehmen leider di« .Hintertür des freien Entschlusses offen, eine« im Zustimmungsfeld stehenden Zug bet rotem Signal durchzulassen. »w Reichsbahn ist dabei, alle ihre SicherungSeinrtchtun- gen auf den modernsten Stand der Technik zu bringen. Das erfordert schätzungsweise «och Aufwendung» w« 35 Millionen RM für die Zentralisierung der Weichen- systeme aus Bahnhöfen. Die Einführung der elektri schen Beleuchtung ist jetzt für.all« ^Augwa^n der Reichsbahn erfolgt. Auch! alle neuen Personenwa^ werden mit elektrischem Licht ausgerüstet. Di« noch mit Gasbeleuchtung laufenden PersEnwagen Mt elektrischer Beleuchtung zu versehen, würd« etwa 120 Millionen RM kdsten. Wie aus diesen Zählen ersichtlich ist, wird die vollkvmmene Ausrüstung d« deutschen »°»mn m« allen erdenkbar vollwertigen Sicherung»- und Betriiw*- Mitteln noch ungeheure SunMen w^n, di« aber Gewährleistung der unbedingten E^nmsderS^- gäste unbedingt baldigst aufgewendrt werd«« müfM- Auer Tageblatt UZM Anzeiger für -as Erzgebirge '68 Freitag, äen 20. Juli 1S28 Die Frage der Rheinlandräumung teilen wollte, die sie für die Unterzeichnung des Ver trages wählen wird. General Obregon äas Opker eines religiösen Fanatikers. Mexiko, 18. Juli. Der mexikanische Präsident Cal las hat bekanntgcgeben, der Mörder habe etngestanden, daß er die Tat aus religiösem Fanatismus begangen habe. Der Mörder ist 23 Jahre alt und hat eine Kunstschule besucht. Die Polizei sand bei ihm einen Rosenkranz und das Bild des Priesters Miguel Augustin, der nach dem Bom benattentat auf General Obregon im November vorigen Jahres hingerichtet worden war. Die Frau und Mutter des Mörders wurden ebenfalls verhaftet. In Rom wird die Er mordung Obregous als ernste Gefahr für die Bemühungen angesehen, den religiösen Frieden in Mexiko wieder herzu- stcÜen. HSlz aus äer Haft entlassen? Berlin, 18. Juli. Der Fertcnstrafsenat des Reichs gerichtes hat, wie die „Voss. Ztg/ erfährt, unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten Arndts in Sachen Max Hölz gemäß dem Haftunterbrechungsantrag der Verteidigung einen Be schluß gefaßt, nach dem der Verurteilte ohne Verzug mit Straf unterbrechung aus der Strafanstalt Sonnenburg entlassen wird. Das eingelettcte Wiederaufnahmeverfahren geht unab hängig hiervon weiter. Das „Berliner Tageblatt" meldet: Nach dem Wortlaut des Amnestiegcsetzes hätte Max Hölz dieser Tage vom Zucht- Haus Sonuenburg in ein Gefängnis Übergeführt werden müssen, nm dort den Rest der durch die Amnestie aus ftebeneinhalb Jahre festgesetzten Freiheitsstrafe zu verbüßen. Mr die Heber- führuna von Hölz in ein Gejängnis waren bereits umfang- reiche Vorbereitungen getroffen. Nunmehr soll aber eine andere Entscheidung unmittelbar bevorstehen. In längeren Konfnenzen die ackern im Reicksjustizm Merium gepflogen wurden, hat der Verteidiger, Rechtsanwalt Dr. Apfel, auf die Undurchsichtigkeit der Lage des Falles hingewiesen, die zur Folge hat, daß eine offenbar materiell nicht mehr gerechtfertigte Strafe aus formalen Gründen weiter vollstreckt wird, weiter darauf, daß Hölz' Gesundheit unter den Erregungen der letz- t-n Ä t stark aelttten hat. Es ist anzunehmen, daß daraufhin im Reichsjusttzmintstertum eine andere Entscheidung getroffen worden ist.