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rag.blaa fl°.»zg.btrg. Enthalten- -le amtlichen Sekanntmachungen -es Rates -er Sta-t UN- -es Amtsgerichts Aue. p»M,ck-a»nt.r Nm. Lüprtg N-.1»- 266 Mniwoch» äen 2. November 1927 22. Jahrgang Italien demonstriert in Tanger gegen das französisch-englische Statut. Madr 1 d. 28. Oktober. An Tanger trafen der italieni sch« Kremer „Bart" und Vie Torpedobootszerstörer „Manin" und „Sauro" ein. Der Prinz von Udine wurde von dem ita lienischen Gesandten Bastianint, dem italienischen Konsul und der Kolonie empfangen. Der offizielle Empfang fand in der Legation statt. Später fand ein Diner mit dem gesamten diplomatischen Korps und dem MenduV als Vertreter des Sul tans sowie dm marokkanischen Behörden statt. Der Berichterstatter der Times in Tange" erhielt folgend, amtliche italienische Erklärung Mer die italienische Politik n, Marokko: „Italiens Lage als der ausgesprochensten Mittelmeermach: mit einer Bevölkerung, Vie jährlich um eine halbe Million zunimmt, erfordert seitens der italienischen Regierung di- sorgfältigste Beachtung aller Veränderungen, die an den Ufern des Mittelmeers voraehen können, und besonders solcher Ver änderungen, die sich an einem Tor des Mittelmeeres, wie es Tanger ist, vollziehen würden. Die Pariser Konferenz von 1923 führte eine Veränderung des Status von Tanger herbei, die ohne Mitwirkung der Ita lieniischen Regierung zustande kam und ohne Zustimmung Ita liens durchgeführt wurde. Die italienische Regierung hat da her niemals den gegenwärtigen internationalen Status v n Tanger anerkannt. Der Besuch eines italienischen Geschwaders unter dem Befehl des Prinzen von Udine ist daher nicht m«r -l" "»w. der Flagge. sondern eine Ermahnung zu dem Zeitpunkt, an dem neue Verhandlungen zwischen Frankreich und Spanien über Tanger eröffnet worden sind, dak die italienische Regie rung nach wie vor das gegenwärtige Statut für Tanger nicht anzuerkennen vermag und kein UÜbereinkommen anerkennen wird, das zustande kommen sollte ohne Italiens Mitwirkung. Dis italienisch« Regierung ist bereit, gemeinschaftlich mit den Neuerungen der anderen Mächte an einer endgültigen Regelung der Tangerfrage mitzuwirken. Es must klar ver standen werden, dak eine derartige Mitwirkung nur ans Grund einer Konferenz oder diplomatischer Unterhaltun gen erzielt werden kann, an denen Italien gleichberechtigt mir h-m anderen interessierten Mächten beteiligt ist." * „Mir Nnä in langer, um äort zu bleiben!" Mailand, 31. Oktober. Der „Corriere della Sero schreibt: „Die Stunde, auf die Mussolini seit Wochen vorberei tet bat, ist gekounnen. Italien meldet als führende Seemacht der Mittelmcerländer seinen Anspruch auf die Neuverteilung Marokkos an. Wir find in Tanger, um dort zu bleiben." Paris, 31. Oktober. Der „Motin" meldet aus Genua: Ein zweites italienisches Geschwader hat den italienischen KricasbUen Spezia verlassen. DaS ausgelaufene Gcschwad ist zwei Kreuzer und sieben Torpedoboote stark. Unbestätigt verlautet, dak auch das zweite Geschwader in die marokka nischen Küstengewüsser gehe. Maximilian Htrräen -s- Montana Verma la (Schweiz), 80. Okt. Ma ximilian Harden ist heute abend plötzlich hier gestor ben. Die sterbliche Hülle wird nach Berlin übergeführt. Karden litt an einer hartnäckigen Bronchitis, und er wollte deshalb zunächst noch weiter südlich gehen, ehe er nach Berlin zur Wiederherausgabe der „Zu kunft" zurückkehren wollte. Mittwoch verschlimmerte sich sein Leiden, doch durchaus nicht so, daß Bedenken bestanden, und seine Familie in Berlin hatte bis ge stern abend noch! keine Ahnung, daß sein Zustand in folge einer schweren Lungenentzündung plötzlich hoff nungslos. geworden war. Deshalb wollte auch Franz Pfenkpfert, der frühere Herausgeber der „Aktion", der bet Harden weilte, die Krankheitsnachrtcht zurückhalten, bis Frau Harden vorbereitet worden wäre. Aber der Tod war schneller, — das Konsilium Von fünf Aerzten an seinem Bett konnte keine Hilfe mehr bringen. Visse enzen bei -er Abwickelung -es Auseinander- sctzungsvertrages mit -en Hohenzollern. Berlin, 81. Okt. Wie der „Demokratische Zet- tungSdienst" erfährt, haben sich zwischen dem preußi schen Staat und dem ehemaligen Königshaus bet der Abwicklung des Auseinandersetzungsvertrages Differen. zen ergeben, die wahrscheinlich nur schiedsgerichtlich ge löst werden können, nachdem schriftliche Verhandlungen nicht zu einem Ergebnis geführt haben. Es handelt sich um preußische Rückforderungen von an das Reich ab geführten Vermögenssteuern im Betrags von etwa 340 000 Mark und um Riickforderung von Zuschüssen für den Unterhalt des Königshauses in Höhe von 471 500 Mark. kein Ehekonfens für -ie Schwester -es Kaisers. Berlin, 81. Okt. Wie die ,Freuzzeitung" von unterrichteter Seite hört, hat der ehemalige Kaiser seine Zustimmung zur Verheiratung der Prinzessin Viktoria zu Schaumburg-Lippe mit Zoubkow nicht ge geben. Vle Sesetzung -es Washingtoner Sotschafterpostens. Bereits am Sonntag wußte das „Berl. Tagebl." zu melden, daß. an aussichtsreichster Stelle der Kand^ baten für den Washingtoner Botschafterposten der Bo^ schaftsrat in Rom, Gesandter von Prittwttz und Gaff- ron stehe. Heute morgen berichten auch der „Lokalan zeiger" und die „Vossische Zeitung" von bt^er Kandt» datur. Nach dem „Lokalanzelger" soll da» Agrement für den Ernannten bereit» nachgesucht tvorden sein, Li« endgültig« Entscheidung dürfte noch in dieser Woche fallen. Sowjetruplanä will an äer Abrüstung teilnehmen. Genf, 31. Okt. Der russische Volkskommissar für auswärtige Angelegenheiten, Tschitscherin, hat den Ge neralsekretär des Völkerbundes soeben telegraphisch von der Absicht der Sowjetregterung, an der nächsten Ta gung der vorbereitenden AbrüstungSkommission des Völkerbundes teilzunehmen, in Kenntnis gesetzt. Ent-eckung einer Geheim-ruckerei in Rußlan-. Moskau, 31. Okt. Die Presse veröffentlicht eine Mitteilung der Zentralkontrollkommtssiyn der Kommu nistischen Partei der Sowjetunion über die Entdeckung einer von Anhängern Trotzkis organisierten Geheim druckerei in einem Lanvhaus etwa 20 Kilometer von Moskau entfernt. Tort wurden parteifeindliche Doku mente gedruckt und Lum Teil noch gefunden. Die un mittelbaren Organisatoren der Druckerei, .Grünstein und Katarina Leodorowa, wurden aus der Partei ausge schlossen. Abschaffung -er Todesstrafe. Moskau, 31. Okt. DaS Zentralexekutivkomitee der Sowjetrepublik har beschlossen, den Artikel über die Todesstrafe im Strafgesetzbuch abzuändern und statt der Todesstrafe Freiheitsstrafen festzusetzen. prlmo -e Rivera über eine Verschwörung an -er spanischen Srenze. Barcelona, 31. Okt. Primo de Rivera er klärte zu den Nachrichten über eine umstürzlerische Be wegung in Katalonien: An der Grenze ereignete sich in den letzten Tagen eine Nein«, vollkommen bedeutungs lose Verschwörung. Der spanischen und der französi schen Polizei machte es nicht die geringste Mühe, sie zu unterdrücken. Menschen als Zielscheibe. Kaiserslautern, 1. November. Ein 18 Jahre alter Bursche erschoß in der verganaenen Nacht gegen 12 UHr auf der Landstraße bei Kaiserslautern einen 20 Jahre alten Bergmann, aus dem Hinterhalte und verletzte einen anderen 20jährigen Beramann lebensgefährlich. Nach den Feld stellungen der Polizei wollte der Bursche seinen neuen Revol ver ausprobieven und fand in den beiden Bergleuten, die sich auf dem Heimwege von der Arbeitsstelle befanden, willkom mene Zielscheiben. Der Revolverheld wurde verhaftet. Zwei Lot« bei «inrm Flugzeugunglück. Madrid, 31. Oktober. Ucber dem Flugplatz Getafa stießen zwei Flugzeuge in KOO Meter Höhe »usammen. Ern Major und ein Unteroffizier, welche di« Flugzeuge führten, kamen dabei um» Leben. Der ägyptische tierkult. Non Kurt Aram. Dieser Aufsatz stammt von dem bekannten Romanschrift steller Kurt Aram, oer sich in der letzten Zeit lebhaft mit den verschiedenen Kulten der Antike auseinandersetzt. Er hat das Eraebnis seiner Forschungen in dem Werk „Magie und Zau beret in der alten Welt", Deutsche Buch-Gemeinschaft, Ber lin SW. 61, zusammengüfaßt und kommt zu ganz neuen, interessanten Schlüssen. „Seit den Feldzügen Alexanders des Großen war eine Reise nach Aegypten die große Mode der hellenistischen Zeil, und nichts hat die Reisenden dabet so beschäftigt und ver blüfft, wie der ägyptische Tierkult. Die Epikureer, die ersten Nationalisten von Format, vor allem Lucian, höhnten und spotteten darüber. Sie chatten längst vergessen, daß ihre Vor fahren einst ebenfalls dem Tierkult gehuldigt haben, was wir heute dank den Ausgrabungen von Mykäna und aus altgriechi schen und römischen Sagen wieder ganz genau wissen. Die Gegner der Epikureer aber, vor allem die Pythagoreer und Nenplatoniker, mühten sich «ifrig um immer neue Erklärungs versuche für den Tierkult bei einem Volk, das der ausgehenden Antike als das frömmste der Welt galt. Seit dem ägyptischen Feldzug Napoleons erwachte neues Interesse für bas Niltal. Besonders als dem genialen Cham- vollion die Entzifferung der Hieroglyphen gelang, und seitdem Spitzhacke und Spaten dem alten Land immer neu« Funde entreißen. Und wieder beschäftigt und verblüfft der ägyptisch«. Tierkult Europa. «Die heutigen Aegyptologen nehmen auf Grund von Fun den an, daß in der sogenannten Negadazeit, die in das Dib vium reicht, im ältesten Aegypten lebende Tiere in Tempeln verehrt wurden. In den 42 ägyptischen Gauen waren es ganz verschiedene Tiere, wie Falke (Milan), Wolf (Schakal), Kuh. Krokodil, Nilpferd, Aste, Geier, Schlange usw., die in diesen Gauen heimisch waren. An die Stelle lebender Tiere traten ihre Bilder und Sta tuen. Am Verbreitesten unter allen Tiergöttern ist der Falke. Ja, nicht mir einzelne Götter dieses BauernvolkeS werden als Tiere daraestcllt, sondern sogar der Himmel als Kuh, die mit den Beinen auf der Erde steht. Götter stützen sie, und nn ihrem Bauch leuchten die Sterne. Die Vorliebe für den Fal ken ging später so weit, daß man zuweilen allen Göttern einen Falkenleib gab und ihm nur den Kopf eines Tieres ließ, das man einst in einzelnen Gauen als Gott ober wenigstens als sein Abbild auf Erden verehrt hatte. Als aber die Götter immer häufiger menschliche Gestalt annahmen, behielten die meisten wenigstens einen Tierkopf, an dem der Aegypter daun Namen und Bedeutung sofort er kannte. Das Götterbild des Re, des Sonnengottes z. B., batte dann Gestalt und Gewand des Pharao, aber einen Fal- kenkopf. Vermenschlichte man die Göttin Hathor noch mehr, so ließ man ihr »venigstens die Kuhhöruer. Im Tempel von Dendera, der heute noch steht, ist sie nicht nur „kuhäugtg" (wie Hera bei Homer), sondern ihr vermenschlichtes Gesicht erinnert durch Augen, Ohren, Breite sofort an eine Kuh. Wurde die Göttin Bastei als Katze verehrt, so sehen wir sie wie eine ägyptische Bauersfrau angetan. In der rechten Hand hält sie eine Sistrumklapper wie eine Tänzerin. Am linken Arm trägt sie ein Körbchen, und die linke Hand hält einen Schild mit Löwenkopf als Schuß gegen böse Geister. So wohl ausgerüstet, macht sie sich auf den Weg und durch wandert das Reich ihrer Gläubigen. Nur Isis und Osi ris. die beiden populärsten und menschlichsten unter den ägyptischen Gottheiten, kommen meist, wenn auch nicht immer, ohne Tierkopf und Tierabzeichen aus. Isis trägt dann aber stets das Schriftzeichen ihres Namens auf dem Kopf, und der Körper des Osiris ist mumifiziert und hält in der Rechten ein Instrument, bas die Aegyptologen als Geißel bezeichnen, das aber genau wie ein ägyptischer Fliegenwedel aussieht, was für den Herrn und Helfer der Toten im heißen Aegypten wohl noch besser paßt. Als es mit der staatlichen Unabhängigkeit Aegyptens für immer zu Ende geht, flammt der Tierkult im Niltal noch ein mal in seiner ursprünglichsten Form wie zur Negadazeit mit oller Gewalt auf. Wieder genießen lebende Tiere göttliche Ehren. Jetzt werden sie nach ihrem Tod sogar feierlich mumi fiziert und betgesetzt. Da haben wir z. B. die mumifizierte Alle Erklärungsversuche hellenistischer Schriftsteller waren ebenso unbefriedigend dem Tierkult gegenüber wi? die der Fachgelehrten der letzten Jahrzehnte. Erst seitdem sich da« rationalistische Weltbild de? 10. Jahrhunderts, dank Völker- künde, dank neuer Erkenntnisse in Anatomie, Biologie, Seelen- und Vorweltkunde, langsam aufzulösen beginnt, fangen wir an, wieder etwas weiter und tiefer zu sehen. So hat erst die angelegentliche Beschäftigung mit der Lebensführung sogü- nannter „primitiver" Völker, soweit Reste von ihnen beute Überhaupt noch zu erforschen sind, die Einsicht in ihren „Tote- miSmuS" gebracht und damit endlich auch in die Untergründe und da» Wesen de» ägyptischen wie jeden Tierkult«», auf den wir tmtner häufiger stoßen, je besser es gelingt, in da» Leven veraanaenev Jahrtausende einzudrtngen. Wessen Geist nicht starr und träg am «wia Geftrtgm bänat, sondern sich sogar über di« ererbte Weisheit eia«» mvtzv