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21. Iahruang w^' 60 Millionen Mehraufkommen zur Deckung de» vorliegenden Nachtrag-etar- heranzuziehen. Dem Arbeitsbeschaffung-Programm de» Neich«ar- beitSmintsterS stimme ich durchaus zu. Wir haben 200 Millionen als Zwischenkrodtte für den Klein wohnungsbau zur Verfügung gestellt. Dadurch werden 40 000 neue Wohnungen geschaffen und es werden damit 120 000 Bauarbeiter aus der un terstützenden ErwerbSiojensürforg« herau-kommen. Wir esparen damit also et»oa 84 Millionen an Aus gaben für die ErwerbSlosensürsorge. Aehnltch liegt e» auch mit dem Kredit, den wir der Reichsbahn zur Fertigstellung angefangenev Bahnbauten geben. A»uh damit wird die Zahl der Erwerbslosen vermindert und die ganze Wirtschaft wird damit belebt. E» ist immer hin ein Fortschritt, wenn statt der zwei Millionen im Februar heute nur noch 1,3 Millionen unterstützt, Er- werbslose vorhanden sind. Zur Deckung de» Arbeitsbeschaffung-Programm» können wir eine neue Anleihe von 372 Millionen aus- nchmen, so daß wir zur Aufnahme von insgesamt S6S Millionen Anleihe ermächtigt find. Wir haben aber von der Ermächtigung zur Lombardierung von Schatz- wechseln noch keinen Gebrauch gemacht. Wir werden auch jetzt noch nicht den Anleihemarkt in Anspruch nehmen, sondern werden den Zeit punkt dazu sorgsam au»wählen. Trotz der Stenermähigung haben wir eine yinanzge» barung, die zwar hart die Grenze de» Defizit» streift, die aber doch sich in durchaus soliden Bahnen bewegt. Ernster sieht die Lage aus, wenn wir die Finanzen der Länder und Gemeinden betrachten. Wir wollen ihnen im Wege des Finanzausgleichs helfen und erwarten dann, daß sie besonders die vielfach überfparmten Real steuern senken werden. .Jedenfalls kann festgestellt wer den, daß die Erwartungen, die da» ReichSftnanzmtnt- stertmn im Frühjahr aussprach, sich erfüllt haben. Ich darf wohl von der Loyalität der Teutschnatto- nalen annehmen, daß sie anerkennen, daß ihre da maligen pessimistischen Prophezeiungen in keiner Weise eingetroffen sind Wollen wir die Erwerb-- losennot beseitigen, dann brauchen wir eine ge sunde Finanz- und Wirtschaftspolitik, gute Han delsverträge und ein gutes Etnvernchmen mit dem Auslande. (Beifall bet den Regierungsparteien.) Ein Antrag Stöcker (Komm.) auf Herbeizitierung der Minister Gehler und Sttngl wird gegen die Stim men der Antragsteller, der Sozialdemokraten und Völ kischen abgelehnt. Abg. Sänger (Soz.) begründet den von den So zialdemokraten eingebrachten Gesetzentwurf, wonach den Mitgliedern der ehemals regierenden yürstenfamtlien der Aufenthalt im Reichsgebiet verboten werden soil, wenn andernfalls da- Wohl der Republik gefährdet wird. Dem ehemaligen Kaiser Wilhelm II. soll da» Betreten de» Reichsgebiet« untersagt werden. Fall er feindliche Unternehmungen gegen da» Reich oder Preuße». richtet, soll Preußen da» Recht haben, da- ihm im Vergleich -verkannte Vermögen etnzuziehen. Abg. Lindeiner-Wildau (Tnat.) spricht über die Entlassung Seeckts und erklärt im Zusammenhang damit, daß da» Vertrauen zum Wehrmintster dadurch weitgehend erschüttert sei. ratSauSichüsse gefunden und wird am Donnerstag im Plenum des RetchSnues erledigt werden. Durch Ver ordnung oder AuösührungSbeslimmungen wird eine gleichmäßige und, wo es noch nicht geschehen war, ein« entgegenkommende Handhabung der VedürftigketlSPrü- fung stchergestellt werden. Ebenfalls wird durch Der- ordnung verhütet werden, das. Arbeit-steilen mit fort laufender, voller ArbettStäligkett auf dem Wege der Psltchtarbeit befehl werden. Endlich wird die Reichs- regtvrung entsprechend dem Antrag der Negierungs parteien die berufliche Fortbildung der erwerbslosen jugendlichen mit verstärkten Mitteln fördern und da bei auch diejenigen jugendlichen etnbvztehen, die auf Unterstützung keinen Anspruch haben. Soviel, meine Damen und Herren, zu deu zurzeit brennenden Fragen der unterstützenden Lrwerbsiosenfürsorge. Daß wir wir auch auf dem Gebiete der produktiven Erwerbs losenfürsorge nach wie vor alle« tun werden, um Ar beit zu beschaffen, habe VH schon im Ausschuß und in meiner Rede in der vorigen Woche erklärt und wieder hole es in diesem Zusammenhang. Ueberhaupt hält die RetchSregterung an ihrer grundsätzlichen, bejahenden Einstellung zur Sozialpolitik nach wie vor fest und wird daraus auch die Konsequenzen ziehen. (Bravo! im Zentrum. — Zurufe von den Kommunisten.) Abg. Dr. Scholz (D. BP.) beantragte angesichts dieser Erklärung, die Weiterberatunz der vorliegenden Anträge zu vertagen. Abg. Müller-Franken (Soz.) widersprach dem und erklärte, seine Partei beantrage, die gestern be schlossene Erhöhung um 30 und 20 Prozent durchzu- 'ühren und die Mittel dazu durch Aushebung der Er mäßigung der Börsenumsatzsteuer zu beschaffen. Den vorliegenden MtßtrauenSanträgen werde die Sozial demokratie nicht zustimmen. Nachdem sich noch Rädel (Komm.) und Henning (Völk.) gegen die Vertagung ausgesprochen hatten, wur de der Antrag auf Vertagung der weiteren Beratung der Anträge zur ErwerbSlosensürsorge nrtt den Stim men der Teutschnativnalen und Völkischen, der Kommu nisten und Sozialdemokraten abgelehnt. Daraufhin er klärte Abg. Tr. Scholz (D. Vp.) im Namen der Re gierungsparteien, daß diese sich an der Wetterberatung des Gegenstandes nicht mehr beteiligen werden. Sie überlassen, so sagte der Redner, die Verantwortung für die eventuellen Beschlüsse der neuen Koalition, die sich anscheinend auf tiefer sachlicher Ueberetnstimmung aufbaut. (Große Heiterkeit) Die sozialdemokratischen Anträge zur Erwerbslosenvorlage wurden dann ange- nommen. Tie zweite Lesung des damit verbundenen Gesetzentwurfes wurde erledigt, die dritte durch den Ein spruch der Regierungsparteien verhindert. Für da kommunistische Mißtrauensvotum, über da- daraus ab gestimmt wurde, stimmen nur die Antragstellers die Teutschnativnalen enthalten sich der Stimme. Da» völ kische Mißtrauensvotum wird erst am Mitkooch erledigt werden. Ta» -au- trat dann in die erste Beratung de» 800, Millionen-Nachtrag-kredtte» «in. N»ich«si'>a»zmlttlst»r Dr Reinhold leitete die Beratung durch längere Ausführungen ein, in denen er e» begrüßt«, daß der Reichstag jetzt den Weg einer gesunderen Finanzpolitik beschritten und die Steuern den wirklichen Bedürfnissen angepaßt habe. Er scht.dert dann di« bekannte,» Abmachung«»» mit dein Reparattonsag«nten, durch die «in« wesentlich« verbes- srrung d«r Liquidität der Retch-Hauptkasse erreicht wor den sei. Da» Abkommen hab« dem Reich« auch wesent lich« Ersparnisse gebracht. Durch dies« und ander, Ersparnisse konnte «in Drittel der Mehrausgaben gedelt werden, wettere 00 Millionen aus dem Mehraufkommen au» den Zöllen. Mvhrerträg« sind auch au» der Einkommen« und Kvv perschaft»st«u«r erzielt worden. Hm ersten Halbjahr 19LS blieb -um erstenmal da» Anskommeu^ aui der Lohnsteuer mit SSO Milli onen zurück hinter dem Ertrag der übrigen Gin. kommensteuer, di« övü Millionen Mar« bracht«. Ti« Umsatzsteuer, di« Vermögen«- und Erbschaftssteuer blieben hinter den Statansätzen zurück, während der Ertrag der Körperschastssteuer von Ss Millionen im Vorjahre auf ISS Millionen in diesem Jahr, gestiegen ist, Da» Gesamtaufkommen sttmt.iche» d.ruerarttn wick den Etatsansa» la übersteigen, daß «» berechtigt Zu Beginn der heutigen Riich-tagSsitzung, auf deren Tagesordnung die Fort setzung der Beratung der noch nicht erledigten Anträge zur ErwerbSlosensürsorge steht, teilte Präsident L ö b e mit, daß ein kommunistisches und ein völkisches M-ßtra«-i>»vo«»»i gegen dl« Reichiregleruiig Dr. Mar» etttgegangen sind. Auf Wunsch der Antragsteller wer. den beide MißtrauenSanträgc mit der Beratung der Erwerlwlofenanträge verbunden. Darauf gab »arbeltvniinlster Dr. Braun» im Auftrag der NeichSregterunq folgende Erklärung ab.- Wie ich bereits angekündtgt habe, ist die Reich«, reqterung nach der ersten NetchStiaqöstbung des gestri- gen Tage« sofort zusammcngetreien, um ihr weiteres v-vrgeheu tu den schwebenden Fragen der Arbeitslosen- sürsvrge zu beraten. Bestimmend für die Stellung, nähme der Ncichöregierung waren folgende Gesichts punkte: Nach den Bestimmungen der Verordnung über die ErwerbSlosensürsorge ist die RetchSregterung be- rechtigt und berufen, die nötigen Anordnungen Über Vie Anpassung der Unterstützungssätze an die wechseln, den wtrtschast.ichen Erfordernisse zu veranlassen. Tie RetchSregterung pflegt bet solchen Verwaltungsmaß- nnhmen den RctchSrat zu hören. Sie hat bisher auch mit dem Reichstag vor wichtigen Aenderuugen der Un terstützungssätze in der ErwerbSlosensürsorge stets Füh lung genommen. Das ist auch diesmal in auSgedehn- tcn Beratungen mit dem Sozialpolitischen Ausschuß ge schehen. Im Endergebnis dieser Beratungen stimmte der Sozialpolitische Ausschuß nach Ablehnung weiter« gehender Anträge den von den Regierungsparteien vor geschlagenen Erhöhungen zu. Auf denselben Boden stellte sich in dieser Frage der Haushaltsausschutz des Reichstages. Außerdem legte der Sozialpolitische Aus schuß größten Wert darauf, daß die neuen Unterstüt zungssätze spätestens noch in dieser Woche in Kraft treten sollten. TaS Plenum des Reichstages hat ge stern zwar in seiner Mehrheit sich für eine Erhöhung der Unterstützungssätze der Hauptunlerstühungsempfän- ger um 30 Prozent und der Zuschlagsempfänger um 20 Prozent ausgesprochen. Abstimmung aber und Par- tcierklärungen dazu zeigten ganz klar, daß es sich »um Teil um eine taktische Abstimmung gehandelt hat und eine Mehrheit des Reichstages im Gegensatz zu der formalen Abstimmung tatsächlich eine solche Erhöhun, nicht wollte. Auf Grund dieser Zusammenhänge Hit sich die RetchSregterung gestern entschlossen, an der dem RctchSrat bereits unterbreiteten Vorlage, die im Ein- klang sich befand mit den Anträgen der Regierungs parteien und den Beschlüssen der genannten MeiHStagS- ausschüsse, festzuhalten. Nur so war ein Inkrafttreten der höheren Unterstützungssätze noch in dieser Woche zu sichern. Die Reichsratsausschüsse haben heute morgen in zwei Lesungen der Vorlage der NeichSregierung ihre Zustimmung erteilt. Daraus ist die Anordnung heute mittag von mir vollzogen worden. Die Anordnung bringt neben den bekannten umstrittenen Erhöhungen der Hauptunterstützung-empsänger um 1ü Prozent für die Alleinstehenden und um 10 Prozent für die Nicht- alleinstehenden die Erweiterung der oberen Grenze der Unterstützung durch Einbeziehung de» vierten Kindes. Tie neuen -Lasten, die au» diese.» Anordnungen erwach sen, -»erden vom Reiche getragen werden. Soviel üb«r die Unterstützungssätze. Darüber hinaus ergreift die di. um -m »»"'""d >"> Geiste wichtiger Wünsche und Anträge de» Sozialpoli tischen Ali»schusse», wie sie speziell von den Regierung-. Parteien formuliert worden waren, folgend» Aufgaben teil» gesetzlich, t-tl» durch Verordnungen und Au»süh- einen Gesetzentwurf vorlegrn,, demzufolge die BeM« au» der Wochenhilfe und WoHenfürsorge süv die An gehörige.» der Unterstützung,empsänger nicht auf di« Er. wcrb»los«nunterstützunn angerechnrt werden dürfen. Sie wird weiterhin ein, Vorlage «tnbringm, durch di. mäß dem Antrag der Regierung-Parteien die Anwar- schäften aus die Pensionen der Sozialversicherung auf Kosten >>er «rwerbölosenfttrsorg, sichergestellt werden. Endlich soll durch Gesetz di« Fürsorge sA- die Aulge steuerten derartig geregrlt werden, daß ohne Unterbre chung die gleichen Bezüge wt, in der vmeMlosenfür- sorg« in Form einer Krisenfürfora« an di« Ausgesteuer ten durch di« Arbeitsam-,r aeMt werden, «äese, Gx fetzentwurf hat schon heüts di» Zustimmung der Reichs- Mprache in -er Nrich.konzlei über -en Entwurf eines Htbeitsschuygefet'es. Berlin, t) Nov. Unter dem Vorsitz de» Reich», lanzlcr» und unter Beteiligung der Neich-mintster Dr. Braun», Dr. Curttu», Dr. Sttngl, Dr. Krohn« und j?r -a-linde sand heut« vormittag in der Reich-kanzlet mit den Vertretern der deutschen Arbettaebervachitnda etne eingehende Au»sprach« über den Entwurf de» Arbett»schutzgesetze», namentlich über die Frage der ««- bett-zeit, statt. Seiten» der Retchsregierung wurde vorauf hingewtesen, daß sie vor eigen,, Entschließung besonderen Mert darauf lege, dies, überaus h-deutungs vollen sozialen und wirtschaft-politischen Problem« in eingehenden Aussprachen mit den berufenen Vertretern der Arbeitgeber und Arbeitnehmer einer Klärung nahe zu bringen. Seiten» der Vertreter der Wirtschaft wurde unter Betonung de» Willens, zur befriedigenden Lö sung der Ardeit-zeitsrag« beitragen »u wollen, darauf hingewtesen, daß bei der Regelung der Arbeitszeit- frag, au, di, noch keineswegs gesicherte allgemein, wirtschastslag, sowie aus di« besonderen verbältniF- in den einzeln«, Wirtschaft»»»,»gen »ntsprechend» «üch» sicht genommen werden müßte. D»r RitH«an-l«r d« di» vteilungncchm« dir R»ich«r»gi»runs dorbihalttn. Nie 8kW -er ArbeitrlesklMW im Reii-sleg D«r Nachtrag«-»«» Dr. R-Inhold«. - «s-g-n dl- Rückkehr Wilhelms II. Deutschnationales Mißtrauen gegen Gehler. Auer Tageblatt Anzeiger für -as Erzgebirge ^7-—. Donnerstag den 11. Tiovember 1926