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Mer Tageblatt «ui«»»««« ««Nam,« 1 «»ltmark, ,»Ntch, »«Ui — «,l»pf,nn„<. MM- MnZeigbL Mr öas ErMMrsr s.l'gromm,: rag'diatt fto»<rzg«birg,. «othalteuö Si, amtttchra S»Sa»M«achv«gsa -es ktole« -« Slo-1 »ach -r» Amtsgericht» fla«. Mm« Nr.1»»» Nr. 233 Mittwoch» >ien 6. Oktober '926 21. Jahrgang Paneuropaikche BeltVeLmngen. Ein Aufruf. Eine Konferenz von Staatsmännern und Politi kern, -ie unter dem Vorsitz von Emil Borel, ehemali gen französischen Minister, am 2. September 1926 im Palais Eynard zu Genf stattfand, beschloß, einstimmig dis Konstituierung des Bundes für Europäische Ver ständigung sowie die Veröffentlichung des nachstehenden Manifestes, dem die Vertreter von 24 europäischen Nationen zugestimmt haben. An die Völker EuropasI Eine der eindringlichsten Lehren des Weltkrieges und seiner Wirkungen beruht in der Erkenntnis der europäischen Völker, daß zwischen ihnen eine wahre Znteressensolidarttät besteht. Die innerhalb- des Völ kerbundes gemachten Erfahrungen haben ihrerseits das Vorhandensein einer wechselseitigen Abhängigkeit der europäischen Gebiete dargetan, einer Abhnncig'cit. die auf Nachbarschaft, Austausch und Aehnlichicit der Lc- aenöbedingungen begründet ist. Die verschiedenen, ans dem Vötterbnndspakt her ayrgegangenen Bemühungen . (Schtedsgerichtsverträ, e das Genfer Protokoll, schließlich Locarno) stellen ans sichtsrciche Versuche dar, das Heil Europas zu fördern. Die Negierungen haben das Zeichen gegeben zu einer neuen Politik der Versöhnung und der Verständi gung. Zn diesem Bereiche können jedoch die Regierun gen nur die Wege weisen und ebnen. Es ist die Aufgabe der Völker selbst, den auf Positive Arbeit gerichteten Zusammenschluß zu verwirklichen. Nichts ist erreicht, solange sie mit ihrer Zustimmung zurücthalten und ihr Wille unentschieden ist, Schließlich must das, was in Locarno dank der Initiative einiger Staaten geschaf fen wurde, zu einein gemeinsamen Unternehmen ganz Europas werden. Damit eine derartige Entente zustande kommen könne, ist es unentbehrlich, zunächst zwischen den Völ kern geistige Bande wechselseitigen Vertrauens zu schaf fen. Aus dem Aktionsprogramm einer solchen Orga nisation müssen Erörterungen, die die gegenseitige Ge hässigkeit wieder entfachen könnten, ausgeschaltet wer den. Sy wird es möglich werden, gleich von Anbeginn das Gefühl wirklicher Einheit auf einer festen Grund lage entstehen zu lassen und eine den gemeinsamen In teressen dienende, positive Arbeit zu eröffnen. Zur Erreichung dieses Zieles erscheint, als das ge eignetste Mittel die Schaffung eines „Bundes für Euro päische Verständigung", der sich aus Landessektionen vor, mannigfacher Form (Verbände, Komitees usw) zu- sammensetzen würde. Nach langen Bemühungen ist diese Organisation soeben ins Leben gerufen worden, dank der Unterstützung von Politikern, die verschiede nen Nationen und innerhalb derselben verschiedenen Parteien angehören, aber durch das Bewußtsein von der Notwendigkeit einer europäischen Zusammenarbeit ver bunden sind. Der Bund setzt sich im wesentlichen zum Ziel, daS Verständtgungswerk dec Negierungen zu ergänzen und deren künftige Schritte vorzubereiten, indem er auf die Völker .selbst einwirkt und in ihnen tzas Bewußtsein ihrer Solidarität wachzurufen sich bemüht. Zu seinen Hauptaufgaben gehört demnach die Herbeiführung der europäischen Entspannung, sowie der moralischen und effektiven Abrüstung, die Beseitigung der Ursachen kün> ctger Kriege durch freundschaftliche Verständigung, schließlich die tunlichste politische und wirtschaftliche An näherung der europäischen Völker zwecks Wahrnehmung ihrer gemeinsamen JuUresstn. Der Bund beobachtet die strengste Neutralität in allen inneren Fragen politischer und sozialer Natur. Er betrachtet die Erhaltung der nationalen und 'ulturellen Eigenart jedes Volkes als unentbehrliche Vorbedingung aller europäischen Zusammenarbeit. Der Bund wird, im Interesse der Erhaltung des europäischen Frieders, aufs energischste jedes Streben nach einem kontinentalen Imperialismus bekämpfen, der sich eines Tages gegen andere Erdteile wenden könnte. Er nimmt sich vor, die Zusammenarbeit der verschiede nen Konttnente ebenso eifrig anzustrebcn, wie die der europäischen Völker. Sein letztes Ziel kann nur in der endgültigen Stabil.sierung des Weltfriedens bestehen. Alle diejenigen, die an der Verwirklichung der Europäischen Verständigung, sei es als. Gründer einer Laudeegruppe, sei es individuell, Mitarbeiten wollen, werden ersucht, sich an das Generalsekretartat des Bun des unter der nachstehenden Adresse zu wenden: Berlin, Kurfürstendamm 150. Dr. Alfred Nossig, Generalsekretär. Edgar Milbaud, Stellvertretende« Generalsekretär. Eröffnung ües Kongresses. Wien, 3. Lkt. Heute vormittag wurde der erste paneuropäische Kongreß mit großer Feierlichkeit eröff net Der Hauptsaal des Konzerthauses, der mehrere tausend Personen faßt, war voll besetzt. Die ganze Breite der Bühne war vorn mit einem einzigen Tisch ausgefüllt, an dem die Hauptdelegierten der 30 euro päischen Staaten saßen. Nur Rußland fehlte, dagegen waren auch die Vereinigten Staaten von Amerika ver treten. Vor jedem Delegierten stand ein Fähnchen, daS Banner seines Landes. Hinten an der Wand der Büh- ncuttschc waren die überlebensgroßen Köpfe europäischer Denker nnd Führer zu sehen: Knut, Nietzsche, Napo leon, Victor Hugo, Amos Evmeniur und Mazztni. Nach einem Orgeluorspiel wurde die paneuropäische Flagge feierlich enthüllt, dle aus blauem Grunde eine goldene Sonne zeigt, darin ein rotes Kreuz. Dann begrüßte dcr Vorsitzende der österreichischen Sektion Dr. Seipel als Präsident des Kongresses die Erschienenen. Er führte aus: Paneuropa bedeute nicht, daß die Völker irgend welche Rechte nusgeben sollten. ES wäre eine Ver armung der Menschheit, wenn dto Vielheit der Kulturen beeinträchtigt würde. Aber trotz der verschiedenen Sprachen, die auf diesem Kongreß zu Worte kommen würden, könne man europäisch miteinander «:eden, wie der französische Außenminister Briand gesagt habe. Tas setze freilich voraus, daß man europäisch denke und fühle. Nur dann könne es zu einem dauernden Frie den kommen, und die Sehnsucht danach habe diesen Kon greß zustande gebracht. Alan hoffe dabei auf die Hilfe der katholischen Kirche und der anderen religiösen Ge meinschaften, aus den Völkerbund, der durch den Ein tritt Deutschlands auf das wertvollste vervollständigt worden sei, auf die Unterstützung der Parteien und der wirtschaftlichen Organisationen. Darauf sprach der österreichische Bundeskanzler Dr. Ramel. Minderheitenschutz und Freihandel, so sagte er unter anderem, die, die paneuropäische Bewe gung fördern wollen, lägen auch der österreichischen Ne gierung ganz besonders am Herzen. Der Vizebürger- meister Emmerling führte aus: Gegenüber den immer festeren Organisationen der außerouropäischen Welt müsse die Weltorganisation Europa ins Unglück führen. Europa sei eine Trägerin aller .Kulturen gewesen und dürfe nicht bloß Objekt der Geschichte bleiben. Auch in sozialen Beziehungen sei ein enger Zusammenschluß Europas von höchster Wichtigkeit. Tmm kamen die Hauptdelegierten der Staaten in der Reihenfolge des französischen Alphabets zu Worte. Als erster, da Allemagne am Anfang steht, Reichstagspräsident Löbe, der sich an die Spitze der deutschen Sektion gestellt hatte. Er erinnerte an Stresemanns Auftreten bei der letzten Genfer Tagung und meinte, der Außenminister selbst.habe dergleichen wohl noch vor wenigen Jahren für eine Utopie, gehalten. Die Bewegung Paneuropa sei gegen niemanden gerichtet, nicht gegen Amerika, nicht gegen Asien, nicht gegen England, nicht gegen Rußland, auch nickt gegen den Völkerbund, sondern mit allen die- sen »volle man freundschaftliche Nachbarschaft halten. Tic Wirtschaft sei vorangegangen, viele Einzelgcbietth »vie Eisen, Stahl, Wolle usw., hätten bereits ihr Pan europa. Tie Rede LöbeS fand großen Beifall. Nach ihm sprach der bulgarische Delegierte, der in bulgari scher, dann in französiscker und dann in deutscher Spra che redete. Auch der spanische Delegierte sprach pacp einigen spanischen Worten französisch und zuletzt deutsch. Deutsch sprack auch der Delegierte Portugals und ebenso die VenreUr der Tschechoslowakei und Norwegens. WaS aber besonders überraschte, war die Tatsache, daß. auch der englische Delegierte Watts sich der deutschen Sprache bediente. Vie ungerechten omeriku-.ischen Stahlzölle. Neuhvrk, 4. Okt. Das Ergebnis der Untersu chungen der deutsch,amerikanischen gemischten Kommis sion für die Frage der amerikanischen Zölle auf deut sches Eisen ist der Regierung' Vvrgelcgt worden. Nach amtlicher Feststellung haben die Untersuchun gen ergeben, daß die amerikanischen Anti-Dumpings- Akte von Deutschland nicht verletzt worden sind. Tic deutschen Warcp.pr.vise ständen zwar unter -den ameri kanischen Inlanospreisen, sie seien aber nicht so nied rig, um eine ernste Konkurrenz für die amerikanische Ware zu sein. isselchrMtlcbaMiiiliilster vr. Luttlur über üeulscbe GittjcbaMpolililr. Köln, 3. Oktober. Auf dem heutigen vierten Sitzungs tage des Parteitages der Deutschen Volkspartei gab Reichs» wirtfchaftsminister Dr. Curtius, der mit lebhaftem Beifall be grüßt wurde, einen Gesamtüberblick über die deutsche Wirt» schaftspolitik. Der Minister beschäftigte sich zunächst mit der optimistischen Beurteilung der deutschen Wirtschaftslage im In» und Auslande, insbesondere in den Vereinigten Staaten von Nordamerika. Er betrachte cs als seine Ausgabe, Ueber- trcibungen auf das rechte Maß zurückzusühren. Fortschritte seien gewiß fcftznslcllen, insbesondere bet den beiden für die Konjunktur maßgebenden Faktoren, dem Kapitalmarkt und dem Absatzmarkt. Dem Wachsen des Kapitals entspreche dle Senkung des Zinsfußes. Durch möglichste handeispolitlschr Aktivität sei es uns ferner gelungen, auf dem Vlnslandsmaik' stetig Terrain zu gewinnen. Auch der Auslandsmarkt sei nach dem völligen Zusammenbruch nm die Wende des Jahres 1923/24 im ganzen gcnonnncn kräftig w-cder erholt. Diese Helle» Farben des Wii lschaflsbildes kontrastierten nun aber stark mb dnnllen Tönen. Der Umfang des Außenhandels habe 1924 nur die Hälfte, 1925 nur Dreiviectel des Friedens- nmfanges ausgemacht. Das Jahr 1926 werde wieder einen Rückschlag bringen und wahrscheinlich nur ZweidrtttA dcr Friedenshandels erreichen. Die Arbeitslosigkeit, die l'/r Million unterstützte Vollerwerbslose, tatsächlich aber wohl mehr als acht Millionen Volksgenossen in Ungewißheit, Sorge und Nok halte, sei keineswegs nur eine vorübergehende Konjnnkturfolge, sondern die Folge weitreichender Strukturveränderungen der Weltwirtschaft und der innerdeutschen Wirtschaft. Schließlich hänge über der ganzen Wirtschaft als düstere Wolke dle Reparatlonsfragc mit all ihrer Unsicherheit und Schwere. Aus dem weiten Gebiet der großen Aufgaben der denlschen Wirt schaft und der amtlichen Wirtschaftspolitik in der nächsten Zu kunft griff der Minister vier Problems heraus. Er nannte zunächst den Finanzausgleich und die Verwaltungsrsform und erklärte, daß die beiden Probleme nach den zwingenden Dar legungen des Neichsfincmzministers für die parlamentarische Erledigung noch eine Weile zurttckgestclit werden müßten- Inzwischen müßten alle Wirtschaftskreise gerade an diesen Fragen intensiv m'.tarbeiien. Zweitens gebe es das Problem Staat und Wirisch ist. Diese bedürfe der Vertiefung, Klärung und Lösung. Hie- sei man nn Grunde einig darin, daß der Staat nur die Gi biete der Wirtschaft für sich in Anspruch nehmen dürfe, auf denen die Kräfte der Privatwirtschaft ue> sagten, nnd überw »gendes Allgemeinintsrsssc eins starke Ve» tätigung des Sim tes fordere. Mo d c Sstwt Dinge in', müsse, die sonst übe Haupt nicht getan würben, NUft-'n Hoheit»- rechte und fiskalische Luteresscn keine Nolle spielen, müßte r bi- zwcckmüßigstcn Organisativnsformcn gewählt werden. Noa wichtiger als dle Frage dcr wirtschaftlichen Betätigung de: öffentlichen Hand sei die Zusammenarbeit aller Wirtschafts formen mit dem Staat- Die Berufsorganisationen mit ihrer großen Stärke und Mannigfaltigkeit würden im Neichswicr» schajtsrat zu geordnetem Zusammenwirken niit dein Staat gebracht. Der endgültige Neichswirtschaftscat werde auf diese»', Grundgedanken an bauen. Eine große Aufgabe bleibe er weiter, das rechte Verhältnis zwischen dein Staat und den organisaticmsbildenven Kräften der Wirtschaft auf den Gebieten der Erzeugung und des Absatzes hecznstellen. Der Aufschub der behördlichen Arbeit air der Regelung des Kuliurprotienw hänge mit dcr Winschaftscnquete, mit der Entwicklung der internationalen Kartellierung und ihrer Erörterung auf der weltwirischasciichen Konferenz, sowie mit den neuen Trust tendenzen und Trustbildungen zusammen. Die Arbeiten würden aber/im Laufe des Winters wieder ausgenommen werden Drittens: Dich ocuischr Hondeispoiit'ck beruhe auf dcr Zolliaris- Novelle vom November- 1925 Diese habe gsletzliche Geltung bi» zuni 31- Juni 1927. Wir müßten uns entschließen, ihrs Eeli"»g um zwei bis drei Jahre zu verlängern. Es sei mau nur technisch unmöglich, die gesetzgeberische Arbeit eines solchen Werkes wie des endgültigen deutsche», Zolltarifes bis zum nächsten Sommer zu leiste»», es wäc« auch gänzlich verseht,, so rasch schon endgültiges schaffen zu wollen. Viertens: Alle vorhin erörterte», Fragen stehen nach Ausfasstmg des Ministers in ihrer Bedeutung zurück gegenüber der Neparationsfrage. Die Diskussion über die Durchführung des Damesplunes und die Endlösung des Neparationsproblems sei im Auslände n, vollem Gange- In Deutschland befinde sich die allein frucht bringende Methode eindringlicher Wirtschaftsuntersuchnngen noch im Anfangsstadium. In diese Diskusion würden nunmehr die Verhandlungen über die wirtschaftliche Ausführung des deutsch-französischen Ausgleichsplancs von Thoiry eingeschaltet. Der Minister erklärte mit warmen Worten sein volles Ein verständnis zur Thoiry-Politik Dr. Stresemanns, hielt es abec für seine Amtspflicht, mit nüchternen wirtschaftlichen Erwägungen zur Lösung dcr Aufgabe Seizutragen. In diese.» Zusammen hang ich.ug er jedoch dor, die Erörterungen auf das an sich schon ungeheure, weittragende und verwickelte Geschäft dec Mobilisie--'.ng von ein bis zwei Milliarden deutsche: Esten - Skdnob'ivoti-vvrn zu beschränken und warnte vcr der Eefrch: der Verquickung mit dkr. gesamten Lösung dcr RcparativnS-