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Nr. 223 21. Jahrgang Ireitag, äen 24. September 1S2S Muer Tageblatt VMM Mnzeiger für -as Erzgebirge ML keksramm«, «asebla« fto«rzg,dirg.. enthaltens sie amtlichen SakaaatMachaag«, aale« ser Stab« aas se« flmlagrricht« flae. ftM L*vs«g ae.'^s Locarnodebatte in Genf. Nochmals Artikel 16. — Abreise der deutschen Delegation. Genf, 22. Sept. IJn der heutigen Sitzung des ersten VerfammlungSauSschusseS wurde über eine Reso lution des dritten Versammlungsausschusses beraten, in der die Grundsätze der Verträge von Locarno als ge eignete Grundlage für die Außenpolitik aller zivili sierten Nationen bezeichnet werden. Ter Vertreter Finnlands nahm die Resolution zum Anlaß, um in einer längeren Erklärung zum Ausdruck zu bringen, daß er sich nicht der Auslegung des Artikels 16 der Wölkerbundssatzung anschließen könne, die zwischen den Stgnntarmächten von Locarno vereinbart und in der bekannten Anlage 1 zu den Locarnoverträgen nieder gelegt worden sei. Sofort nach der Erklärung des fin nischen Delegierten nahm der deutsche Vertreter, Mini- sterialdtrektor T-r. GauS, im Namen der deutschen De legation daS Wort zu einer formellen Erklärung. Er betonte, daß, er nicht auf die Erörterungen elngehen könne, die früher im Schoß des Völkerbundes über die Auslegung des Artikels 16 slattgesunden hätten. Er könne sich im Namen der deutschen Delegation lediglich an den Wortlaut der Note halten, die von den übrigen Stgnatarmächten von Locarno an Deutschland gerichtet und die in einer Sitzung des Völkerbundsrates in den Archiven des Völkerbundes ntedergelegt worden sei. In der sich hieran anschließenden Diskussion, in der bis her lediglich der Vertreter Lettlands die finnische Er- klärung unterstützte, kam alsdann zum. Ausdruck, daß die in dieser Erklärung aufgeworfene Frage mit der zur Beratung stehenden Resolution des dritten Ver- sammlungsauöschusses nichts zu tun habe. Im übrigen haben bei diesem Anlaß. Vertreter der anderen Signatar mächte von Locarno, insbesondere Senator Sctn- loja und Fromageot bei ihren Aeußernngen un zweideutig festgestellt, daß sie den Standpunkt des fin nischen Delegierten nicht teilen nnd zu den Erklärun gen stehen, die von ihren Negierungen in der Locarno, note Deutschland gegeben worden sind. Die Diskussion wird heute nachmittag fortgesetzt. Genf, 22. Sept. Neichsminister Dr. Stresemann/ Staatssekretär T-r. Weismann und Ministerialdirektor Dir. Kiep fahren Heute nachmittag um 6 Uhr mit dem Errichtung von -rutschen Vertretungen kn Zrankretch. Berlin, 22. Sept. Wie den Blättern mitgeteilt wird wird in den nächsten Tagen ein deutsches General konsulat in Marseille errichtet. Konsulare werden in Bordeaux, Le Havre, Lyon und Algier folgen. Hrün-ung eines Vereins zur Errichtung eines ölsmarck-Notional-enkmals. Köln, 22. Sept. Mit dem Sitz in Köln ist ein Verein zur Errichtung eines Bismarck-Nationaldenkmals gegründet worden, dessen Vorstand u. a. angehören: Reichsminister des Aeußeren T-r. Stresemann, Reichs kanzler a. D. Dr. Luther, Reichsmtnister a. D. Dr. JärreS, Reichstagsabgeordneter Fürst Bismarck, Gehei mer Bergrat Dr. ing. E. H. Htlger und Geheimer Jv- stizrat Dr. Porsch, Vizepräsident des preußischen Land tages. Am 16. und 17. Oktober d. I. veranstaltet der Verein inHannober einen ersten Deutschen Bismarck- Tag, zu dem zahlreiche Einladungen ergangen sind. die Senennung Sü-tirols. Rom, 22. Sept. Mussolini erklärte die Benen nung Südtirols als Alto Trentino für ungesetzlich. Die offizielle Bezeichnung heiße Alto Adige und müsse bleiben. Haftentlassungen in Rom. Rom, 22. Sept. Die anläßlich des Attentates auf Mussolini in Rom verhafteten Personen wurden sämtlich entlassen. In Bologna wurde der Vertrauens mann der Kommunisten verhaftet. bu-gekausschuß -es polnischen Landtages. Warschau, 22. Sept. Die für heute angesctzte Sitzung des Budgetausschusses des polnischen Landtags wurde auf morgen vertagt, um dem Ministerpräsiden ten Bartel, der morgen hier eintrifft, Gelegenheit zu geben, persönlich an den Verhandlungen teilzunehmen fahrplanmäßigen Zug nach Berlin zurück. Die übri gen Mitglieder der Delegation bleiben bis zum Schluß der Vötkcrbundsversammlung in Gens. Staatssekretär von Schubert wird bis zum Schluß dieser Tagung Deutschland im Völkcrbundsrat vertreten. Eine Botschaft vr. Stresemanns an -as Rheinland. Köln, 22. Sept. Nach einer Meldung der „Köl nischen Zeitung" empfing Reichsaußenmtntster T-r Stresemann unmittelbar vor seiner Abreise au» Genf den Vertreter der „Kölnischen Zeitung", um ihm folgende Erklärung abzugeben: In dem Augenblick, tu dem ich Genf verlasse, ist es mir ein Bedürfnis, der Bevölkerung des RheinlandeS, unter der ich 'ja in we nigen Tagen aus dem Kölner Parteitag der Deutschen Vvlkspartel weilen werde, einige Worte treuen Geden kens -,u sagen. Wir haben hier in der Stadt des Völ kerbundes Tage von geschichtlicher Bedeutung erlebt, uns selten war eine so kurze Zeitspanne mit so vielen wichtigen politischen Vorgängen und Verhandlungen er füllt. Aber inmitten aller Arbeit, die wir hier lei steten, war unser Blick unaufhörlich auf da» Rheinland gerichtet. Des RheinlandeS gedachten wir in per Stun de, als wir, von 4« Nationen begrüßt, in den Saal der Pölkerbundsversammlung einzogcn. Dem Rhein lande gehörte auch uuser Denken in den Besprechungen von Thviry, aus deren große Bedeutung für die Zu kunft des deutschen RheinlandeS ich wohl nicht mehr ctuzugchen brauche. Die rheinische Bevölkerung, die in den schweren Stunden so viel Treue und Hingebung an das große Vaterland bewiesen hat, darf am AuS- klange dieser denkwürdigen Genfer Tagung da» Gefühl haben, daß ihre Treue und Hingebung unvergessen ist, und daß sie die sicherste Grundlage bildete, aus der all ein hier an dem Werke der deutschen Freiheit gearbeitet werden konnte. vermin-erung -er Sefatzung. Der „Demokratische Zeitungsdienst" meldet, daß im besetzten Gebiet in den letzten Tagen Abtransports fran zösischer Truppen nach Frankreich begonnen haben. Vor äem Sturz äirr Diktatur in Spanien. San Sebastian, 22. Sept. Dio innsrpolitische Krise Spaniens spitzt sich aufs schärfste zu und vielfach wird schon für die allernächste Zeit ein völliger Um schwung in Madrid erwartet. Es ist ein offenes Ge heimnis, daß die bekanntesten Politiker Spaniens, die sich unter der Diktatur aus dem politischen Leben zu rückgezogen haben, einen Ausruf an die Nation vor- beretten. der gleichzeitig mit der Einberufung der Na- ! tionalversommlung durch Primo de Rivera an die Oes- fentlichkeit gegeben werden soll. Zu den Unterzeich nern dieses Aufrufes gehören u. a. die ehemaligen Ministerpräsidenten NomanoneS, Sanchez Toca, Gar- zio Prieto, der frühere Kammerpräsident Billa Nueva und der von Primo de Rivera vertriebene frühere Mi nister Alba, sowie die hervorragendsten Namen der spa nischen Literatur und Politik usw. Der Aufruf bekundet - den festen Willen der Unterzeichner, mit allen Mitteln den Hturz Vcr Diktatur Herbcizuführen. Sämtliche Unterzeichner, ganz gleichgültig welcher Parteischottic- ruug, haben sich von der Monarchie losgesagt. Nur auf Grund dxr Perfassung bestehe die Monarchie und sei sie ausrechlerhalten geblieben. Deshalb dürfe der Thron nicht dauernd die Verfassung außer Kraft setzen. Vie neue Tcansatlantik-Lufkscksiffltnie. Zum Abschluß der in Madrid notwendig! werden den Verhandlungen über die Organisation de» trans atlantischen Luftverkehrs wird sich Dr. Eckener, .wie eine Korrespondenz meldet, in Kürze nach Madrid be geben, um dort für die Lcppe^n-Gesellschaft die not wendigen Unterschriften zu vollziehen. Gleichzeitig wird sich auch eine Expedition nach Spanien begeben, um dort die für die Errichtung der neuen Luftlinie Berlin-Sevilla notwendig werdenden Vorarbeiten zu erledigen. Tic Länge des in Friedrichshafen im Bau befindlichen Versnchssasifses soll 236 Meter, die Breite 31 Meter und dir Höhe 35 Meter betragen. An der Spitze des Schiffe» liegt wiederum die kerzenförmig ge baute Kabine der SchtMührunz. TpS Schiff wird von sieben Motoren von insgesamt 2S40 PS. getrieben. Die Minilteranklage in Norwegen. Minister vor Reichsgerichtshöfen wegen mißbräuchlicher Handlungen in ihrem Amte sind seit dem Kriege keine selte nen Erscheinungen. Trotzdem war die Zahl der Angeklagten wohl noch nie so groß wie gegenwärtig in Norwegen, wo nicht weniger als ein früherer Ministerpräsident und sechs Regierungümitgtieder sich vor dem Reichsgericht zu verantwor ten haben. lieber den Sachverhalt läßt sich die »Prager Presse* folgendes melden: „Die Nachwirkungen des Krieges, die sinkend« Konjunk tur zur Folge hatten, machten sich in Norwegen besonder- in der Bankwett geltend. Eine Reihe Danken mutzten ihr« Zahlungen einstellen oder wegen des allgemeinen Sturze- aller Werte oder aus Mangel an liquiden Mitteln unter Ad« uünistration genommen werden. Besonder- schlimm war die vag? im Frühjahr 1923 geworden, da ->vel der bedeutendsten Banken des Landes: die Eentralbauken sor Norge und die Foreningöbanken ihre Zahlungen clnstellen mutzten. Al dana auch Schwierigkeiten für die Noröke Handelsbank ent standen, Indem die Einleger einen Ansturm auf die Bank machlen, bat diese um Unterstützung der Regierung. In ein- geweihieu Finanzkreisen wurde die Lage d?r Bank alü eine sehr gute angesehen, und deshalb wurde die Negieruiia von der NorgeS Bank und den gröberen Privatbanken ersucht, die Handelsbank zu stützen, damit sie ihre Tätigkeit fortletzen könne. Ches der Regierung ivar damal- Otto B. Halvorsen. Er war indessen krank und an seiner Stelle hatte der Minister des Aeutzeren, tz. Mtchvlet, die Leitung der Regierung über nommen. Finanzininister war Abraham Berge. Das Ersuchen der Norge« Bank und der Privatbanken wurde von der Negierung in mehreren Sitzungen, an denen auch der Chef der NorgeS Bank und di? Leiter der anderen Banken teilnahmen, behandelt, da nach den Aeutzerungen der sachverständigen Bankleute angenommen werden mutzte, datz e'u Sturz dec Handelsbank auch für andere Banken schlimm ' Folgen haben würde, indem er auch einen Run auf diese ver ursachen würde, und da anzunehmcn war, daß die Handels^ bank völlig imstande war, ihren Verpflichtungen nachzukom- men, wurde der Beschluß gefaßt, eine Staatsuntevstützung von 25 Millionen Kronen zu gewähren. Die Unterstützung wurde Ende Mai in der Form von StaatSwcchseln an die Bank geleistet. Die obenertvähnten Finanzleute, mit denen die Regierung verhandelt hatte, waren der bestimmten Ansicht, datz die Stützungsaktion des Staates geheim gehalten werden mützte, falls ein guter Erfolg erzielt werden sollte. Dies konnte nicht geschehen, falls die Angelegenheit dem Storthing unterbreitet werde. Finanzminister Berge, der nach dem Tode des Herrn Otto B. Halvorsen ani 30. Mai zum Ministerpräsidenten er nannt worden war, faßte deshalb öen Beschluß, die Leistung der Unterstützung geheim zu halten, wobei er die Absicht batte, die Verantwortlichkeit dem Storthing gegenüber später zu übernehmen. En Jahr später, im April 1924, benötigte die Bank eine neue. Unterstützung und dir Negierung beantragte beim Storthing die Gewähr einer Anleihe von 15 Millionen Kro nen, welche die Handelsbank bei der NorgeS Bank erhalten ollie Der Antrag wurde angenommen. Bei dieser Gelegen heit wurde indessen die im Jahre 1S23 erfolg'e Staatsunter stützung nicht erwähnt, weil man fürchtete, dah Vies einen neuen Run auf die Bank Hervorrufen könnte. Indessen erneuerte ein Teil der Presse ihre Angriffe aus d e tzandüsbank, we.che auf diese Weise dis erwünsch e Ruh« nicht erhielt. Die Einleger zogen fortgesetzt ihre Gelder aus der Bank zurück. Im Juli 1!>24 trat das Kabinett Berge zu- rück und das Ministerium Mowinckel wurde gebildet. Im Herbst erwies es sich, daß so bedeutende Beträge in der Han delsbank behoben worden waren, daß di? Regierung sich ver anlaßt fand, eine öffentliche Administration der Handelsbank anzuregen. Diese erfolgte am 15. Oktober 1924. Die ganze Angelegenheit, auch die Unterstützung vom Jahre 1923 wurde darnach zur Kenntnis des Slvrihiugs gebracht. Das norwegische Srorthing teilt sich bei der Behandlung vvn Gesetzesvorlagen in zwei Abteilungen, das OdelS hing und das Lathing. Das Odclsthing, „die zweite Kammer", nm- faßt drei Viertel der Mitglieder des Storthings; das Lagthing, „die erste Kammer", umfaßt en Viertel derselben. Abgesehen von Gesehesfragen ist das Odclsthing auch zuständig hinsicht lich der Prüfung der Protokolle der Regierung. Die aus den Linken, einem Abgeordneten der Bauern partei und Abgeordneten der Arbeiterpartei bestehende Majo- rität des S'orthingauSschusseS, der die Angelegenheit betref fend die Unterstützung der Handelsbank zur Behandlung er- b e!t, brachte im Odelsth ug den Antrag ein, den ehemaligen Ministerpräsiden'en Berge und sechs seiner Kollegen vor das N ichsgericht zu stellen, weil sie es verfehlt hatten, d''e StaakS- unte'stützunq an die Norske Handelsbank im Jahre 1923 dem S orthiug zu unterbrecken. Die Minorität, die aus den Rech ten den freisinnigen Linken und einem Abgeordneten der Bauernpartei bestand, fand die Handiungsw'ise der Regierung unter den damaligen Umständen befugt und stimmte gegen den Antrag und schlug vor, die Angelegenheit ruhen zu lals?n. Hier mutz indessen darauf aufmerksam gemacht werden, datz weder der Antrag der Majorität de- ProlvkollauSschusieS,