Volltext Seite (XML)
/luer Tageblatt Nr. 216 21. Jahrgang Donnerstag» äen 16. September 1926 Die Locarnoverträge in Kraft zum Das Kohlenkomite« des rag.blan EathaUraS Sl» amtlich«» Sakaaatmachaagra -«» «an» s«t Gta-k aas Sn» ftmNgtttcht» Mm. p»nM«r-n»«» ftmi Leipzl, ar. IS«, Feichskoaferenz Ser Sergarbeiter zur Seratuag über eine« internationalen Streik. ' Der Deutsche Bergarbeiterverband wird, nach einer Meldung aus Bochum, am 26. September eine Reichskonferenz »eck; Düsseldorf cinberufen, wo zu dem Beschluß der Exeku- k ve der Bergarbeiterinternationale Stellung genommen wer- geschichte und die politische Bedeutung des Locarnovertrages hin unter besonderer Hervorhebung des bedeutsamen Anteils, den der englische Minister des Aeußern, Sir Austen Chamber lain gehabt habe. Dem Genannten, sowie der englischen Negierung Dank auszusprechen für ihre wertvolle Tätigkeit beim Zustandekommen des Werkes von Locarno sei ihm heute Pflicht und Bedürfnis. Der Zusammenhang zwischen dem Werk von Locarno dem Eintritt Deutschlands in den Völkerbund sei nicht formaler Natur: Beide Tatsachen bedeuteten die bewußte entschlossene Abkehr von einer Politik der gegenseitigen Seratuogen über Sie kohlenfrage lm englifchen Kabinett. London, 14. September. Kabinetts erörterte die durch die ablehnende Antwort der Bergwerksbesitzer entstandene Lage und stellte einen Bericht fertig, der der Kabinettssitzung am Donnerstag vorgelegt Genf, 14- September. Die an den Verträgen von Zocarno beteiligten Mächte, nämlich Deutschland, England, Frankreich, Italien, Belgien, Tschechoslowakei und Polen, Haden Heute vormittag im Generalsekretariat des Völkerbundes die Ratifikationsurkunden zu ihren Verträgen niedergelegt. An dem Akt, der sich im Amtszimmer des General- ekretärs Sir Eric Drummond vollzog, nahmen teil: für Deutschland Reichsaußenminister Dr. Strcsemann, für Eng- and der Außenminister Sir Austen Chamberlain, für Frank, eich Außenminister Briand, für Iialien der eiste Delegierte Senator Scialoja, für Belgien Senator de Bonqudre, für sie Tschechoslowakei Außenminister Dr. Benesch und für Polen rer Außenminister Zalelki, die alle von ihren jnrismchcn Sachverwaltern begleitet waren. Nach Prüfling der verschiedenen Urkunden wurde übe> irren Ntederlegung für jeden einzelnen Vertrag ein befand ree. Protokoll angefertigt und von dem jeweils beteiligt, n Ver reter unterzeichnet. Nach Abschluß dieser Formaliiäieu riclnclen sie Delegierten gemeinsam ein Telegramm an den Bürger, meister von Locarno- Mit der Niederlegung der Ratifikationsurkunden sind die Verträge endgültig in Kraft gefetzt worden. Vle Krage Ser nichtstän-igen katsmitglieöer. Genf, 14. September. In der heiit gen öffentlichen Sitzung des Rechtsausschusses der Versamml inr, ans de,e Entscheidung sich das Interesse im Augenblick kmnennien, wurden die gestern abgefaßten Vorschläge der Unterkommnsiou punktweise durchberaten. Die Sitzung begann um 1080 IItu und führte um 12.30 Uhr zur Annahme eines von Laucheur- Frankreich eingebrachten Abänderuugsantrages, wonach bei der Abstimmung über di« Wiederwählbarkeit von nichtständigen Ratsmitgliedern weiße Stimmzettel überhaupt nicht gezählt werden sollen- Nach dem Absiimmungsbrnuch des Völker bundes bedeuten die weißen Stimmze'iel wed.r ja noch nein, sie hätten aber, wenn sie nach dem Antrag der Umcikomnnssion gezählt würden, die Erlangung der erforderlichen Zweidrittel mehrheit erschwert. Im übrigen sind in dem nunmehr vor liegenden Plan folgende Bestimmungen von Interesse: 1. Im Fall« de» Ausscheiden» von Mitgliedern ou, dem Rat vor Ablauf ihrer Mandat,dau«r hat in der nächsten Bölkerbnndsversammlnng ein« Nachwahl zu erfolgen und zwar nur für di« Laufzeit de« sreigewordenen Mandat». 2. Während normalerweis« einer nicht begrenzten Zahl von Mitgliedern di« Wiederwählbarkelt mit Zweidrittelmehr heit verliehen werden kann, von denen jedoch nie mehr al« drei gleichzeitig dem Rat angehören dürfen, wird in den Uebergang»bestimmungen für 1926 bestimmt, daß di« Wieder Wählbarkeit im höchsten Fall« drei Mitgliedern verliehen werden darf. In allen Fällen ist di« Zahl der erlangten Stimmen entscheidend, dergestalt, daß di« Mitglieder mit den wenigsten Stimmen, auch wenn sie Zweidrittelmehrheit erlangt habe«, ausfallen. Weiter wird in den Uebergangsbestimmungen festgestellt, daß die Versammlungen von 1927 und 1928 ganz aus nahmsweise die Wiederwählbarkeit weiteren Mitgliedern ver leihen können, auch wenn schon 1926 die vorgesehene Höchst zahl von drei Mitgliedern diese Eigenschaft erlangt haben sollte. Die übrigen Bestimmungen entsprechen den bereits be- lannten Vorschlägen der Studienkommission für die Ratsreform. Empfang Ser englischen presse -urch Dr. Stresemann. Genf, 14- September. Reichsminister Dr- Stresemann empfing heute aus Anlaß des Austausches und der Nieder legung der Ratifikationsurkunden über den Vertrag von Locarno me in Genf anwesenden Vertreter der englischen Presse. Tr- Stresemann wies in seinen Ausführungen auf die Vor- und nur und Bekämpfung und dem Uebergang zu dem System der europäischen Verständigung und der darauf aufgebauten Zu sammenarbeit. Voraussetzung solcher Verständigung sei ein Geist des Vertrauens, der zunächst bei den Führern vor- Händen sein und von da au» in den Völkern sich ausbreiten müsse. In den am Locarnowerk beteiligten Ländern sei die damalig? deutsche Anregung zu einem Sicherheitapcikt zunächst auf starkes Mißtrauen gestoßen, und es sei erst im Laufe der -Zeit gelungen, dieses Mißtrauen in den einzelnen Ländern zu zerstreuen. Auch sonst hätten sich Im Lause der Verhand- lungen viele Schwierigkeiten ergeben, die mehrfach, wie in London und bet den Frühjahrsverhandlungen in Genf, zu ernsten Krisen geführt hätten. Ihre Üebe>Windung sei neben dem Willen aller zu vertrauensvoller Zusammenarbeit nicht zum mindesten der wertvollen Mittlertätigkeit der englischen Politik z» verdanken. Minister Stresemann wies anschließend darauf hin, daß die deutsch-französische Verständigung keine Beeinträchtigung der englischen Interessen bedeute. Die» gelt« auch von den Verhandlungen über einen Eisenpakt, an denen die englische Industrie auf Grund eigener Entschließung sich nicht beteilig«. Zum Schluß gab der Minister der Hoffnung Ausdruck, daß das gemeinsame Werk von Locarno sich Wohle aller Beteiligten immer weiter auswirken möge. Vie Besprechungen zwischen SronSi unS Chamberlain. Genf, 14. September. Di« Schweizerisch« Depeschen- Agentur meldet: In der Besprechung zwischen Grandi und Chamberlain, die gestern abend stattfand, wurde eine Reihe interessanter auch außereuropäischer Probleme berührt. Wie verlautet, soll nicht nur die abessinisch« Frage angeschnitten, sondern auch das Tanger-Problem ziemlich «ingehend erörtert worden sein. Hierbei war eine gewisse Ueverciustimmung I daS Wohl des Ganzen gerichteten nüchternen Realpolitik der zwischen dem englischen und italienischen Standpunkt fest zustellen. Zusammentritt -er ersten juristischen Kommijston tn Genf. Genf, 14. September. Heute früh trat die erste (juristische) Kommission der Völkerbundsversammlung zu einer Sitzung zusammen. Auf der Tagesordnung steht die Frage des Wahlreglements für die nichtständigen Ratssitze. Morgen sollen die Wahlen für die nichtständigen Ratssitze selbst vor genommen werden, und übermorgen soll die erste Sitzung des neugewählten Völkerbundsrates abgehalten werden. Manchester SuarSian" über Sir öesetzungsfrage. London, 14. September. „Manchester Guardian" weist auf die natürliche Erbitterung hin, die die Anwesenheit britischer Bcsatzungstruppcn in Wiesbaden verursache. Seit fünf Jahren habe England sich bemüht, die Deutschen vor den Franzosen zu schützen. Aus diesem Grunde seien die englischen Truppen in Deutschland geblieben. Aber es frage sich nun, ob es nicht im Interesse der künftigen Beziehungen Deutschlands und Englands besser sei, sie nunmehr zurück- zuziehen. vemscbe vemoirrstisÄe Partei un» bürgerliche Zammiimgrkronl lr> Sachse». ' Die Deutsche Demokratische Partei hat auf Einladung hin > an den Besprechungen teilgenommen. Sie hat dabei mehrfach ' versucht, eine Aussprache über die Vorteile und die Nachteile > einer sogenannten bürgerlichen Einheitsfront herbeizuführen und die gegen eine solche bestehenden Bedenken geltend zu machen. Eine solche Aussprache ist in den Verhandlungen immer verhindert, vielmehr ist gefordert worden, der Ein- > heitsliste unbedingt zuzustimmen. Die Deutsche Demokratische Partei hat darauf aufmerksam gemacht, daß von einer bür gerlichen Einheitsfront doch nicht die Rede sein kann, wenn große, auch wirtschaftlich bedeutsame Berufsgruppen und Volksschichten, soweit sie auf ntchtfoztaWtschem Boden stehen, von einer solchen ausgeschlossen werden. Daraufhin hat man nun zwar nachträglich noch den Deutschen Beamtenbund und den Deutschen GewerkschastSring hinzuzuzichen versucht, aber die Absicht, im wesentlichen eine Vereinigung der sogenann ten produzierenden Berufe und der wirt'chaftlich und politisch rechtsstehenden Kreise herbeizuführen, ist doch zu deutlich er kennbar, als daß diese zunächst ausgeschlossenen Kreise sie nicht hätten rrk.'nnen sollen. Sie lehnen eine Beteiligung unter Berufung auf ihre politische Neutralität ab. Unter diesen Umständen bedeutet c-ber die Zusammenfassung ein- eitig wirtschaftlich und politisch Interessierter nicht eine Ver einheitlichung, sondern eine um so tiefere, die Gegensätze schär fer betonende Zersplitterung unsere» Volke». Es ist durchaus verständlich, daß die Parteien, denen die Führer der sich jetzt absplittcrnden Parteien (der Völkischen und der Wirtschaftspakte!) bisher angehört haben, sich be mühen, die den Führern folgenden Massen sich zu erhalten. Aber käme eS diesen Führern wirklich auf die Einigung an, so könnte^ sie diese sehr einfach erreichen, wenn sie bet den Parteien blieben, bei denen sie jetzt sind. Dann könnte eS bei den bestehenden drei bürgerlichen Parteien bewenden. Diese könnten sich untereinander verständigen, den Wahlkampf an ständig zu führen. Damit wär« dos Nötig« erreicht. Eine Vereinigung aber, die auch den Unruhestiftern zu willen ist, muß Tausende von Wählern, die einen wirklich inneren Frie den unseres Volkes erstreben, vor den Kopf stoß?n. Und statt einer Stärkung des Bürgertums muß eine Schwächung ein treten. Die bürgerliche Einheitsfront richtet sich gegen die be stehende große Koalition». Diese ist au» den schwersten / Erschütterungen des Landes hervorgegangen und tn schweren politischen Kämpfen entstanden. Sie ist der Erfolg einer auf I daS Wohl des Ganzen gerichteten nüchternen Realpolitik der beteiligten Parteien: der Deutschen Volkspattei, der Deutschen Demokratischen Partei und der Alten Sozialdemokratie. Sie ist unbestritten für unser Land zum Segen geworden. Di« Deutsche Demokratische Partei hat an dem Zustandekommen der großen Koalition bedeutsamen Anteil. Sie müß'e be fürchten, daß sie der Verleugnung der eigenen bisherigen Po litik und der Untreue gegen ihre bisherigen Bundesgenosse geziehen würde, wenn sie ihre Politik jetzt entgegengesetzt er stellen würde. Wie groß oder wie gering die Aussichten auf deren Fortbestehen sind, kann niemand sagen. Wenn Einsicht, ruhige Ueberlegung und Rücksicht auf das Wohl des ganzen Volkes unser Bürgertum beherrschte, so würde es, so müßte es im Wahlkampf zu den Parteien stehen, die ihm »rotz aller Beschwernisse, die keine Regierung beseitigen kann, Ruhe und Ordnung in Sachsen gebracht haben. Die Bildung einer wirtschastlich und politisch rechts orientierten bürgerlichen Einheitsfront, die ihre Spitze auch gegen die Alte Sozialdemokratie richtet, muß die verhängnis volle Wirkung haben, daß d.'r große moralische Erfolg ver loren geht, den durch die große Koalition die Staatsidee in der Sozialdemokratie errungen hat, daß Linksblock wieder zusammengeschweißt und der radikale Flügel der Sozialdemv- kratie gestärkt wird. Sie wird zugleich bewirken, daß, wenn die Linksparteien die Mehrheit erhielten, das foz'alisti ch-kom- munfftische Regiment wieder auflebt. Die Schuld daran Härten natürlich nicht EinIgungSbestrcbungen schlechthin, sondern die Einigungsbestrebungen aus einer falschen Grundlage und mit einer falschen Zielrichtung. Die Deutsche Demokrasi che Par tei erstrebt den Zusammenschluß der verfassungstreuen, staatS- bejahenden Parteien der Mitte; dieser allein sichert unserem Volk« die innere Befriedigung. Nichts anderes als diese er strebt die Deutsche Demokratische Partei, wenn sie sich im Wahlkampf auf sich allein gestellt sieht. Mzeiger für Sas Erzgebirge n soll nach dem die Landesvrganisationcn beauftragt wer den, d e Frage eines Solidaritätsstreikes für die ausgesperr- um eng.i.chen Bergarbeiter in Erwägung zu ziehen. werden soll, auf der voraussichtlich Baldwin den Vorsitz führen wird. fibg. Prof. Dr. Kastner über Sie Politik -er Oemokrattfchen Partei. Wie der „Vorwärts" aus Amsterdam meldet, hat die Bergarbeiter-Internationale zum 30. S.ptember eine Sitzung nach Ostende einberufen, um für den Fall des Scheiterns der Verhandlungen im englischen Kampf eine internationale Strsikaktion zur Unterstützung der engli'chen Bergarbeiter einzuleiten. Der Internationale Gewerkschaftsbund hat bis her, abgesehen von 18 Million Gulden Darlehen, 225 000 Gulden al» Beitrag der Landeszentrale für die englischen Bergarbeiter überwies«. Zusammenstöße zwischen Faschisten unü Carabinieri in Triest. Laibach, 14. September. Nach einer Meldung au» Triest, soll es dort am Montag zu Zusammenstößen zwischen Faschisten und Carabinieri gekommen sein, wobei zwei Faschisten und ein Carabinieri schwer verletzt wurden. Gestern ist ein Faschist seinen Wunden erlegen. Die übrigen zwei Verwundeten ringen mit dem Tode. Landtagsabgevrdneter Prof. Tv. Kastner sprach in Pirna über die Politik der DDP. Seinen mit großem Beifall auf genommenen Ausführungen entnehmen wir folgendes: Der Einzug Deutschlands in den Völkerbund, dessen Bedeutung man gewiß nicht überschätzen, aber auch nicht unterschätzen darf, gibt Anlaß zu der Feststellung, daß schließlich doch die von der Demokratischen Partei seit Anbeginn geforderte Politik würde voller, sachlicher Verständigung mit den anderen Völkern der Welt, allein zu einem, wenn auch langsamen^ so doch sicheren Wiederaufstieg führe. Di« Anforderungen der Demokratischen