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Mer Tageblatt LMM Mzeiser für -as Erzgebirge r-k-ramm.» rag.biatt EakhaUen» -k amtlich« Sekaaatmachaagra -« Rat« -« Gta-i uaö -a» Matagericht» Mm. peffM» «em» Ma «sch, Nr. 14S Dienstag» äen 29. Juni 192S 21. Jahrgang Stresemann für ein friedliches Europa. Reöe lm Verein -er ftuslanüspresse. Berlin, 27. Juni. Im! Hotel Adlon beging ge stern der Verein der ausländischen Presse zu Berlin sein 20jährige» Bestehen durch ein Festessen, an dem zahlreiche Mitglieder der Reichsregierung, darunter Tw. Stresemann sowie der preußischen Regierung, de» diplomatischen Korps, führende Abgeordnete der poli tischen Parteien, Persönlichkeiten aus der Theaterwelt sowie der Presse teilnahmen. Der Präsident des Ver ein» begrüßte die Mäste mit herzlichen Worten. Cr be glückwünschte im Verlaufe seiner Ansprache ReichSmi- ntster Dr. Stresemann zu dem glücklichen Abschluß der Verträge von Locarno und sprach den Wunsch aus, daß die ferneren Bemühungen des Ministers zugunsten der Befriedung Europas auch weiterhin von Erfolg gekrönt sein möchten. Darauf ergriff der Doyen des diploma tischen Korps, Monsignore Paeelli, das Mort zu einer Rede, in der er u. a. ausführte, daß aus dem furchtbaren Erlebnis des Weltkrieges eine starke, alle Völker erfassende JriedenSsehnsucht hervorgewachsen sei, der heiße Wunsch, eine Wiederkehr dessen zu verhindern, was die Menschheit in den grauenvollen Jahren des Weltkrieges erdulden mußte. Auch dieser Sehnsucht nach Frieden müsse ein Wille zum Frieden werden. Aus diesem Willen zum Frieden müsse sich herausbilden: Taten und Opfer für den Frieden. Diesen Willen in den Herzen der Völker zu fördern und zu festigen, sei eine erzieherische Ausgabe gewaltigen Ausmaßes, die ohne die aufrichtige und entsagungsfreudige Mitarbeit der „Großmacht Presse" unlösbar bleiben würde. Dann sprach MeichSminister deS Auswärtigen Tr. Stresemann. Er sagte u. a.: Daß in der Gegenwart eine Politik nach innen wie nach außen unmöglich, sei, wenn sie sich nicht stützen könne auf die öffentliche Mei nung der Welt oder des eigenen Landes. Ader, der die Nachwirkungen des großen Krieges in Deutschland ken ¬ nen gelernt habe, werde verstehen, daß, ein Volk, da» so unendlich viel in sich geistig verarbeiten Mußve,den Weg internationaler Annäherung unter viel größeren Schwierigkeiten zu gehen vermochte, al» andere Natio nen. Ter Weg der deutschen Außenpolitik sei unend lich schwer und dornenvoll und werde es weiter blei ben. Er jedoch werde nicht die Hoffnung darauf ver lieren, daß die großen bewegenden Gedanken, dis mit dem tarnen Locarno verbunden sind, sich schließlich durchsetzen allen Widerständen zum Trotz. Er habe auch die Neberzeugung, daß die Männer, die damals an der Spitze ihrer Völker die Politik von Locarno guchietzLn- es auch heute noch tun und daß l>aÄ Werk von Locarno die Basis sein muß für die weitere Außenpolitik und alle kommenden Verträge. Die Idee, die sich heute der Menschheit empfehle, sei, daß das GesanttergebniS des Weltkrieges ein Elend und ein Unglück für alle g!e- wesen ist, die am Weltkriege teilgenommen haben. Ich sehe nicht mehr Sieger und Besiegte, so erklärt« Dr, Stresemann, sondern nur noch ringende Völker, die sich bemühen, aus dem Chaos, da» sich vor ihnen allen auf getan hat, wieder in die Vernunft zurückzukommen. Wenn die Vergangenheit al» Tatsache für sich gilt,, können wir mindestens da» eine tun, wir können au» der Vergangenheit für die Gegenwart und Zukunft ler nen. Die Zukunft kann nur aufgebaut werden auf dem alten, kulturell hochstehenden Europa, da» der Welt so unendlich viel gegeben hat, auf dem! Gedanken deS Frie dens, der Solidarität und der Zusammenarbeit der Völker. Zum Schluß sprach im Namen de» Reichsverbands der deutschen Presse Chefredakteur Georg Bernhard, der dem Verein die besten Wünsch« der deutschen Presse in herzlichen Worten -uM Ausdruck brachte. Keine AwekSrkttelmehrhelt für -as Zürftenabfinüungsgefey. Berlin, 26. Juni. Die Verhandlungen des Rechts ausschusses über das Abfindungsgesetz sind heute zwar beendet worden, eine ausreichende Mehrheit für das Gesetz in der Voll- Versammlung des Reichstages konnte aber nicht geschaffen werden. Die Regierungsparteien werden am Montag, also einen Tag vor der Verhandlung im Plenum, die Besprechun gen mit den Sozialdemokraten und den Deutschnationalen wieder aufnehmen. Der kritische Punkt dieser Verhandlungen bleibt die so zialdemokratische Forderung, daß das Abfindungsgesetz rück wirkende Kraft auf abgeschlossene Vergleiche haben soll. Auf «diese Forderung will die Deutsche Volkspartei aber auch das Zentrum nicht eingehen. Sollte die Verabschiedung des Gesetzes am Widerstande der beiden Flügelparteien, der Sozialdemokraten und der Deutsschnationalen scheitern, so ist kaum mit Zwangsmaßnah men der Regierung, wie etwa der Reichstagsauflösung, son dern mit der Vertagung der Angelegenheit bis zum Herbst zu rechnen. Während des Sommers sollen dann Versuche Unternommen werden, durch direkte Vensteichsverhandlungen zwischen dem preußischen Königshaus, den Thüringer Fürstenhäusern und den be helligten Ländern die Auseinandersetzung im Sinne des Abfindungsgesetzes zu regeln, ohne daß eine reichsgesetzliche Regelung vorliegt. Zranzöflsche Ree-er gegen -rutsche Reparationsschiffe. Part», 26. Juni. Der Minister für öffentliche Arbeiten Daniel Vincent hat gestern in .St. Nazatre, wo er sich anläßlich einer TcnkmalSenthüllung aufhielt, Vie dortigen Reeder empfangen und ihnen versprochen, die Aufmerksamkeit der französischen Regierung auf den in Deutschland auf Reparationskonto vortzenoinrmenen Bau von Schiffen zu lenken, damit die Arbeiter in den französischen Häfen hierdurch nicht geschädigt werden. das -eutsch-ruPsche warenkreöitgeschäft. Berlin, 27. Juni. Zu den Mitteilungen über da» Zustandekommen de» teilweise durch die öffentliche Hand garantierten russischen Warenkredttgeschäste» ver täutet von der Tieutschen Bank al» Führerin de» Ban- kenkonsortiums, daß die Abwicklung der Geschäfte über eine zu diesem Zwecke zu gründende A-G. erfolgen soll, an der die Banken sich ihrerseits beteiligen und an die ausschließlich die Kreditgesuch« zu richten fein werden Lite gesamten Transaktionen basieren auf Dollarwäh- vuW. Mt d«m ZrMvgjkuwstm der GejchäM Lüld «ch Perfektionierung der Verträge und nach Gründung der genannten A>G. zu rechnen fein. Reichstag und ältere ftngeftellte. Berlin, 28, Juni. Der neunte (soziale) Aus schuß des Reichstages befaßte sich, gestern mit den be schlossenen Leitsätzen des eingesetzten Unterausschusses. Ein von dem Ausschuß angenommener Antrag Dir. Mol denhauer und Genossen, der u. a. von den Abgeordneten Lambach (Tntl.), Thiel (D. Vp.) und Gerig (Zentrum) unterzeichnet wurde, lautet: „Der Ausschuß wolle beschließen, die Reichsre gierung aufzufordern, zur Behebung der Notlage der älteren Angestellten 1. zu veranlassen, daß Höchstzahlen für da» Halten von Lehrlingen im Handelsgewerbe festgesetzt wer den, , 2. gemeinsam mit den Ländern UmschUlungSmaßnah- men für erwerbslose Angestellte in die Wege zu letten und notfalls solche Umschulungsmaßnahmen durch Bereitstellung besonderer Mittel zu fördern, 3. zugunsten erwerbsloser Angestellter unverzüglich im Wege der Fürsorge oder Versicherung die Maß nahmen zu treffen, die zur Abwendung drohenden Verlustes von SozialverficherungsMnwartschaften notwendig sind, 4. unverzüglich den Entwurf eine» Gesetzes vorzu legen, wodurch da» geltende KündtgungSrecht für ältere Angestellte verbessert wird, 5. unverzüglich eine Ergänzung de» Pressegesetze» in die Wege zu leiten, uM dttz Mißstände auf dem Ge biete der Chiffre-Anzeige zu beseitigen." Wie verlautet, wird dem Reichsrat Mitte nächster Woche von der Reichsregierung zur »baldigen Durch führung der vorgesehenen Maßnahmen eine Vorlage zu gehen. die dann schnell an den Reichstag gelangen dürfte. Lite Sozialdemokratie hatte ihre Taktik auf eine Politik de» aller oder nicht» eingestellt und sich an Vermittlung-Vorschlägen, di« die Sache vorwärts brin gen, nicht beteiligt. Lite RetchStagSabgeordneten Thiel, LamVach und Gerig gehören der Verwaltung! de» Deutschnattonalen HandlungSgchtlfenverbande» an. Verhaftungen in Lissabon. Pari», 26. Juni. Nach einer HavaSmeldung au» Lissabon hat die Regierung neben drei ehemaligen Mi. ntsterpräsidenten den Führer.der Linksparteien Mdaro vaichafWe saften. „Der finanzminilter." Unter den neuen Männern in der Regierung befindet sich auch Maurice Dutreil, DSputd der Mayenne. DutreU schrieb vor einigen Tagen einen Artikel, der sich mit der Finanzkrise beschäftigt und den wir, da er die Stimmung vieler Franzosen zeichnet, hiev wiedergeben. So wären wir denn glücklich beim neunten Finanzmintster der gegenwärtigen Legislaturperiode angelangt. Haben wir jetzt denjenigen, der den Franken retten wird. Wahrscheinlich nicht, und gewiß nicht eher, al» seine Vorgänger und al» alle die Experten, und Techntker^lomttSL die die Regierung ein zusetzen beliebt. » Mein da» Land kann sich und sein Geld retten, wenn e» will. Wird eS diesen Willen qufbrtngen? Nach dem Kri«e trat, wie nach allen großen Katastrophen, während der alle Nerven angespannt find, die unvermeidliche Reaktion ein. Ein großer Hang zur Entspannung, zum Wohlleben, zur Bequemlichkeit hat sich der Nation bemächtigt. Wie könnte dem auch anders sein? Nach trüben Zeiten voller Befürchtungen und Bellemmungen blieben wir siegreich und die Zukunft, so dachten wir, tat sich weit ung alänzend vor uns auf. Unsere Ruinen, unsere Schulden, unfern Wieder aufbau, unsere Pensionen an die Kriegsopfer? Was küm mert daS unSI Wird nicht Deutschland alles bezahlen? E» wäre die Zeit de» Sparens gewesen. Man gab au». Eine Periode intensiver Arbeit tat not. Man produzierte weniger. Ein zerronnenes Kapital war erneut aufzubauen; kein Mensch dachte daran. Und wenn man jemanden gesagt hätte, daß auf diese Weise schwere Zeiten hereinbrechen müß ten, so hätte man nur erstaunte Gesichter getroffen. Diese Stunden sind aber nun gekommen,, und sie sind um so härter und an Enttäuschungen reicher, al» niemand auf sie gefaßt war. Dieses Resultat haben wir jetzt: Verzagtheit, Entmutigung, völlige Niedergeschlagenheit. Und gerade hier, und nur hiey liegt die Gefahr. Wenn sich da» Land Dieser Stimmung hin gibt, so kann e» dem Untergang entgegengehen oder doch so hart getroffen werden, daß eS unendlich lange Zett brauchen wird, um sich wieder aufzurichten. Wenn dagegen beizeiten gehandelt wird, wenn man sich aufrafft und auf die Traume von gestern, von 1918, von 1919 verzichtet, wenn man ohne Furcht und ohne Illusionen de« Wirklichkeit in die Augen sieht, so wird da» Land innerhalb weniger Jahre gerettet sein. Aber unter einer unabwend baren Bedingung: Das Land mutz mutig, kräftig, willensstark an die Arbeit gehen und mutz ein für allemal mit dem System des Ausgebers des Verschleudern» und der Verschwender manieren brechen, die seit sieben Jahren in Mode stehen. Die politischen Männer, die nacheinander die Macht übernehmen, die Regierung, die Kammern, die Experten- comttös und Sachverständigenräte können nichts dazu tun, als höchstens auf die Moral etnwtrken. Ihre Aufgabe ist: durch die Worte, die sie auSsprechen^ durch technische oder anderweitige Maßnahmen, mit einem Wort durch ihr ganzes Verhalten Vertrauen zu schaffen und es allen einzuimpfen. Alle Reformen auf dem Gebiete der Finanzen, des Bankwesens und des Geldverkehrs, die sie auch durchführen mögen, werden nur indirekte Wirkung erzielen, insofern sie die Geistesverfassung beeinflussen. Wa» haben wir denn erst kürzlich wieder beobachten können? Etwa» Jammervolles: einen Finanzmintster, einen in der vollen Bedeutung des Wortes ehrlichen Mann, von erprobter Loyali tät, durchdrungen von tiefstem Pflichtgefühl, der nach mühe- vollem und hartem Kampf seinen Posten aufgeben mutztn weil er Schritt für Schritt auf Hinterntsse, auf Fallen, auf Jnteressenkonslikte stieß. Aus dieser Feststellung gilt es, eine Lehre zu ziehen: währmd des Krieges war der Chef der Regierung Kriegs minister, und er mutzt« es sein. Nach dem Waffenstillstand wäre zunächst wünschenswert gewesen, daß er Minister de» Auswärtigen sei. Heute kann der Ministerpräsident, da e» nun einmal als ausgemacht gilt, datz er ein Portefeuille haben mutz, nichts anderes als Finanzmintster sein. Ausgerüstet mit einem — wenn auch unvollkommenen Programm (Vollkommenheit gibt es nun einmal nicht) aber voll energischen und unbeugsamen Willens, erkennen lassend, datz er entschlossen ist, um jeden Preis zu einem Resultat zu kommen, von der öffentlichen Meinung gestützt, ermutigt und vorwärts gedrängt durch den Willen deS Volke»: so müßte der Finanzminister und Chef der Regierung dastehen! Jetzt ist keine Zeit mehr für politische Kunststückchen, für Experimente, für Partei-Machenschaften und Parlament». Akrobatik. Jetzt gilt e» mit Tatsachen und Taten zu operie ren, Energie und klaren, kalten Willen zu zeigen, der die Massen mit sich fortreitzt: Und wenn nicht heute, so mutz e» spätestens morgen sein. ZufammenMe zwischen Zaschlfien ua- Linksparteien En Reims. Part», 27. Juni, wie Hava» au» Reim« mel det, kam e» dort heute abend -wischen Faschisten, die in -leim» eine WirtschastStagung abhielten» einerseits und Sozialisten und Kommunisten andererseits zu einer Schlägerei, in deren Verlauf drei Faschisten leicht verletz» wurden. Der Polizei -«lang e», die Ruhe in kurz« Acht viederherzustelle».