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21. Jahrgang Somwbenä, clen 22. Mai 1S2S Dr. nr /luer Tageblatt WMWP - «.sch.«»« M U VW M U UM U< U U UM M MWM M MW U^^^AGMau«-«-«,« «<rla».a i «»i»m°rr, ^«sp«ch.^,us Ne. --. / -.".«-»p"n--.. r«l,sramm«, Lagedla« ft«e«»rgedk»e. Svthaltraö öl» amtlich»« Srkaanttnachougrn ö»O Rat»» ö»» Staöt aaö ö»A Rmtsgerlcht» M«. p'M'ck K»ot, ftml r«ip,ig Nr. 1»», Graf Bernstorff gegen Gas- und Lustkrieg. 2n der Konferenz herrscht kein ehrlicher Wille zur Abrüstung. Genf, 20. Mat. Gegen Schluß der DormittagS- fitzung des AbrüstungSauSschujsseS erklärte Graf Bern storfs, die bisherige Debatte habe vielfach bet ihm' den Eindruck erweckt, daß man die vorgebrachten Argumente besser Lum Beweis der These hätte verwenden können Wie kann man der Abrüstung aus dem Wege gehen, als zum Beweis der anderen These; Wie kann man zu einer Abrüstung kommen? Der argentinische Delegierte habe gestern von dem! po tentiellen Ariedensmillen gesprochen. Nach seiner Auf- sassung müßte man wenigstens zu einem Zwischenab- komMen gelangen. Aber alle Argumente, die vorge bracht wurden, klangen so, als ob sie in einer Jett vor lem Kriege vorgebracht würden. Graf Bernstorfs führte dann etwa folgendes aus: Man darf doch die Tatsache des Bestehens des Völ kerbundes und den Umstand nicht übersehen, daß da durch die Lage vollkommen geändert worden ist. Jü din sehr erstaunt darüber, daß man in diesen Debatten vom Völkerbund und seiner Tätigkeit nicht mehr ge sprochen hat als dies geschehen ist. Ein Krieg ist doch heute mit gewissen Ausnahmen eine Unmöglichkeit. Ein kriegerischer Konflikt ist nur noch zwischen dem Völkerbund selbst und einem Angreiferstaat vorstellbar. Außerdem ist meiner Ansicht nach auch, die Sicherheits frage zu stark unterstrichen worden. Unter Bezugnahme auf den Schlußabsatz, der Re solution der BölkerbundSversammlung führ der Redner fort: Wenn wir überhaupt zu einer Einigung kommen, dann können wir sie nur dann in die Praxis umsetzen, wenn der Völkerbundrat, wie in dieser Resolution vor gesehen ist, erklärt, daß die allgemeine Sicherheit, von der in dieser Resolution die Rede ist, erreicht ist. Die ganze Diskussion, die wir hier führen, müßte sich doch auf der Annahme aufbauen, daß diese allgemeine Si cherheit erreicht ist. In den meisten Ausführungen wurde der Völkerbund und die Bestimmung des Art. 8 seiner Satzung, nach der die Freiheit der Staaten, sich zu rüsten, beschränkt ist, vollkommen ignoriert. Wir haben deutscherseits in Bezug auf Entwaffnung in den letzten acht Jahren eine sehr, große Erfahrung bekom men. Weniger Erfahrung haben wir aber in Bezug auf Rüstung, was die letzten acht Jahre anbetrifft. Ich Habs einen tiefen Eindruck empfangen von dem düsteren Gemälde, das gestern der belgische Senator de Brouckers uns über den Gas- und Luftkrieg vor Augen geführt hat. Ich will, durch diese» Bild an geregt. nicht etwa einen formellen Vorschlag unter breiten, sondern nur eine persönliche Anregung geben, dis dahin geht, die Anwendung von Giftgasen und von KriegSluft'ahrzeugen glast zu verbieten. ES wäre auf jeden Fall ein recht guter Anfang für unsere Arbeiten,und würde in der Welt den denkbar besten Eindruck machen. Der belgische Delegierte hat in seiner Rede auch noch ausgeführt, daß jedem Land er laubt .sein müsse, sich zu verteidigen. Eine zynische Grausamkeit wäre, wenn man einem Lande verbieten wolle, sich gegen Luftangriffe auf seine Hauptstadt zu schützen. Nicht ich habe dieses Wort von der zynischen Grausamkeit gebraucht. Ich möchte aber doch vorauf Hinweisen, daß Deutschlands Entwaffnung augenblicklich so groß ist, daß wir unsere Hauptstadt nicht gegen einen Luftangriff verteidigen könnten. Bet der Frage der potentiellen Kriegsstärke eines Landes muß man berücksichtigen, wieweit die Frtedens- industrte in eine.Kriegsindustrie übergeführt werden kann. Ich will keine unangenehmen Erinnerungen aus der Vergangenheit erwecken. Aber für den besonderen Fall Deutschlands ist die Lqge doch so, daß die deutschen Industriezentren, die in der Nähe der Grenzen liegen, in wenigen Stunden vernichtet werden können, bevor überhaupt an eine Umwandlung herangegangen werden kann. Außerdem muß man noch die besonderen schwa chen Punkte, die ein Land aufweist, berücksichtigen. Dar unter fällt zum Beispiel die Unmöglichkeit, die Be völkerung mit genügender Nahrung zu versehen, die Schwierigkeiten in der Beschaffung von Rohmaterialien, besonders solcher, die aus den Kolonien etngeführt wer den müssen. Schließlich muß man noch auf die geogra phisch« Lage eine» Landes Rücksicht nchmen. TS ist ein UrzsturschiHd, ad dl« Lmn»«» offen daliegen, aber.ob sie durch natürliche Schranken, wie Gebirge usw. ge schützt sind. Ich habe den Eindruck, wie ich schon in mei ner ersten Rede sagte, daß der Fragebogen auf der einen Seite bis ins einzelne geht, daß auf der anderen Sette aber einige wichtige Punkte überhaupt nicht ins Auge gefaßt sind. Es wäre doch sicher wesentlich, die Frage des Verbotes der Krtegsflugzeuge, der schweren Artil lerie und der Tanks zu erwähnen. Ich meine, mau würde erfolgreichere Arbeit leisten können, wenn man nicht nur aus die bloße Herabsetzung der jetzigen.Rü stungen auSginge, sondern auch daranginge, gewisse Ka tegorien von Rüstungen überhaupt auszuschalten. Außer dem muß die Frage der Kolonialtruppen noch perück- sichttgt werden. Ich wiederhole, daß ich hier keinen formellen,Vorschlag im Namen meiner Negierung oder auch nur in meinem eigenen Namen mache, sondern nur einige Gedanken aus Grund unserer bisherigen Debatte vvrbrtnge. Schließlich möchte ich noch, daraus Hinweisen, daß wir und der Völkerbund schon aus Prestigegründen un bedingt zu praktischen Ergebnissen gelangen müssen. Nach der mit sichtlichem Interesse von den Ausschuß mitgliedern aufgenommenen Rede des deutschen Ver treters erhob sich Lord Robert Cecil, um den vom Grafen Bernstorfs angeführten Gedanken zu unterstrei chen, daß durch das Bestehen des Völkerbundes gegenüber der PortriegSzeit eine vollkommen veränderte Lage ge schaffen sei. England könne sich nicht vorstellen, daß es noch irgend einen anderen Krieg geben könne, alÄ einen BölkerbundSkrieg gegen einen Augreiserstaat. Er wies sodann daraus hin, daß die Internationale Konfe renz zur Kontrolle des Waffenhandels im vergangenen Jahre sich in ihrem Schlußprotokoll ausdrücklich! gegen den Gaskrieg ausgesprochen hat. Vor der Rede des Grafen Bernstorff hatten in der heutigen Vormitlagssitzung des Abrüstungsausschusses die Vertreter Rumäniens, Finnlands, Polens, Chiles, Argentiniens und der Vereinigten Staaten Pas Wort ergriffen, um, teilweise unter Darlegung her besonder« Verhältnisse ihrer Länder, ihre allgemeine Stellung zum AbrüstungSigroblem zu entwickeln. Der rumänische Delegierte trat in sehr entschiedener Weise und unter Hinweis aus die gefährdeten Grenzen seines Landes für dis französischen Grundsätze ein. Vor Durchführung einer allgemeinen Abrüstung müßten die nötigen Garan tien für eine allgemeine Sicherheit geschaffen werden und zunächst müsse durch Abschluß weiterer regionaler Sicherheitsverträge die allgemeine Sicherheit erhöht werden. Der finnische Vertreter forderte dagegen eine universelle Regelung der Sicherheit, wie sie durch das Genfer Protokoll vom Jahre 1924 vorgesehen war. Er bedauerte, unter Bezugnahme auf die geographische Lage Finnlands und anderer Länder, daß Rußland, dessen friedliche Absichten er keineswegs bezweifeln wolle, den Arbeiten des Abrüstungsausschusses fernge- blteben sei, ein Umstand, durch den die Aufgaben des Ausschusses erschwert würden. Der polnische Vertreter erklärte, wenn alle Staaten sich verpflichteten, keinen Krieg zu beginnen und alle Streitigkeiten auf fried lichem Wege betzulegen, so könnte die tatsächliche Ab rüstung verhältnismäßig rasch und allgemein durchge führt werden. Wenn Polen wirksame internationale Garantien für seine Sicherheit erhalten könnte, so wäre es zu einer bedeutenden Herabsetzung seiner Rüstungen bereit. Sökal forderte als wesentliche Vorbedingung für hie allgemeine Sicherheit die Ausarbeitung eines Verfahrens, durch das der Völkerbundrat gegebenenfalls rasch den Angreifer bestimmen und wirksame Maßnah men treffen könne. Ter amerikanische Delegierte Gib- son erklärte, daß der Grad der Sicherheit in Europa von dem Ausmaße der Herabsetzung seiner Rüstungen abhänge. Er empfehle die Einschränkung der Rüstun gen zu Lande und in der Luft aus dem Wege über den Abschluß regionaler Abkommen. Tie Einschränkung der Rüstungen, so betonte er, ist eine der Methoden, um die Sicherheit der Länder zu erhöhen. Wenn wir warten wollen, bis eine absolute Sicherheit erzielt ist, ohne inzwischen irgendwelche Fortschritte in der Einschrän- kung der Rüstungen zu machen, so werden wir in einen circuluS virttosuS geraten und zu keiner Einschränkung der Rüstungen gelangen. Auch-die Vertreter von Ar gentinien und Chile traten mit der gleichen Entschieden heit für regionale Abkommen zur Einschränkung und Herabsetzung der Rüstungen ein. Der Ausschuß müsse ftz» solche Abkommen Grundsätze ausarbeiten. Die alten Trmsenäer weräen nicht nusgewertet. Urteil de« Reichegericht«. Leipzig, 20. Mat. Bor dem 4. Zivilsenat de» Reichsgerichtes fand heute vormittag die RevtsionSver- handlung wegen deS Aufwertungsanspruches der KrtegS- noten statt. Zu der Verhandlung hatte sich eine groß? Menge Zuhörer eingefunden. Einige hundert Personen erwarteten außerdem vor dem Gerichtsgebäude die Ent scheidung de.S Senates. Die Vertreter ^der Klage kamen zu dem Schluß, daß die Paragraphen 1, 2 und 8 de» Retchsbankge« setzeS nichtig seien und daß deshalb die Ansprüche der Noteninhaber berücksichtigt und nach Treu und Glauben befriedigt werden müßten. Insbesondere müsse ein we sentlicher Unterschied zwischen den Inhabern neuer und alter Banknoten gemacht werden- Ter Rechtsvertreter der Rcichsbank führte au», daß die alten NetchSbanknoten ihre Eigenschaft als Inhaber schuldverschreibungen mit dem Hperrgesetz vom 4. 8. 1!>l4 verloren hätten. Von diesem Augenblick an seien sie nur reine Geldzeichen gewesen und eS bestehe kein Unterschied zwischen denen alter und neuer Ausgabe. ES sei durchaus kein HvheitSrecht pretSgegeben worden und auch von einer Enteignung könne durchaus keine Rede sein. Der Ausruf der Noten sei seinerzeit zu dem Werte erfolgt, den sie tatsächlich hatten. Nach mehrstündiger Beratung fällte der Gerichts hof das Urteil, das auf Verwerfung der Revision lautet. Somit findet keine Aufwertung der rotgestempelten Tausendmarscheine «statt. Ein holländischer Gelehrter über üen üeutsch-rustlschen Vertrag. Amsterdam, 20. Mat. In der neuesten Numf mer des Organs der Holländischen Vereinigung für Völkerbund und Frieden, der MonatSzeitsch-ift „De Folkenbod" befaßt sich der Leiter der Abteilung für Völkerbundsangelegenhetten des holländischen Auswär tigen Amtes, Professor Dr. Francois, mit dem deutsch russischen Vertrag. Der Verfasser kommt hierin zu dem Schluß daß dieses Abkommen durchaus mit den Grund sätzen der Völterbundsatzungen vereinbar ist und führt zur Begründung dieser Ansicht etwa folgendes aus: Die Behauptung, daß Deutschland selbst entscheiden werde, ob Rußland als Angreifer zu betrachten sei und sich somit allen Verpflichtungen aus Anlaß einer Völ- kerbundsnktion gegen Rußland entziehen könne, sei.zwar vollkommen richtig, aber der Völkerbund selbst habe es nicht anders gewollt. Seit 1921, als die bekannte Resolution angenommen wurde, nach der die Bunde». Mitglieder jeder für sich beurteilen sollten, ob eine Ver, letzung der Völkerbundsatzungen vorltege, und ferner fest gestellt wurde, daß die Entscheidung des Völkerbundrats nicht mehr als rein gutachtlichen Wert haben solle, habe sich der Standpunkt durchgesetzt, daß kein Bundesmit- glted entgegen seiner eigenen Ueberzeugung zur Teil nahme an wirtschaftlichen, finanziellen oder militäri schen Sanktionen gezwungen werden könne. Ebenso stehe eS mit dem Turchzugsrecht. Man möge dies bedauern, aber die Tatsache sei nun einmal nicht anders. Von einem Vertrag, der sich auf diesen beiden Grundlagen aufbauje, könne daher nicht behauptet werden, daß, er gegen die Grundsätze des Völkerbundes verstoße. Eine dunkle Ge fahr sei culerdings in dem Vertrag insofern enthalten, als er den Gegnern vo-r Deutschlands Zulassung zum Völkerbund, denen schon der Mund geschlossen schien, wieder neuen Mut geben werde, Deutschlands Eintritt in den Völkerbund im September nochmals zu ver hindern. Gegenüber derartigen Bemühungen berechtige' jedoch die ruhige Haltung der verschiedenen Regierun gen gegenüber dem Vertrage zu dem Vertrau«», daß man die Lage nicht als zu dunkel anzusehen brauche. die erste Sitzung öes Kabinetts Marx. Berlin, 21. Mai. Das RetchSkabtNett hielt ge stern nachmittag laut „Lokalanzeigev" seine erste und zugleich die letzte .Sitzung vor den Pftngstferien ab. Gegenstand der Beratungen war nach dem genannten Blatt da/ Arbeitsprogramm der Retchsregterung. Grö ßere politische Fragen sollen erst nach den Pftngstferien in Angriff genommen werden. Fortschritt -,r Seutsch-engiischen Luftschiffahrts- verhan-lungen. London, 20. Mat. Der Luftfahrtmintster teilte tm Unterhaus mit, daß die Verhandlungen über ein Lustfahrtabkommen zwischen Deutschland und England l nunmehr günstig fortsch retten.