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/luer Tageblatt Sonnabenä. äen IS. Dezember 1925 20. Jahrgang Nr. 294 MZM /inzeiger für öas Erzgebirge fvk »»» M», m»t r,i,gromm.» ra,,»iatt ftu««r,g,dtrs,. Enthalt»«- -l» amtllcheu B»kaa«tmachnag»a -»» Rate» -»» Staöt an- -»» Amtsgericht» Ku». psstsid«».»-«!- Nm« L.,p„g Ne. ,e»s Das geplante Attentat auf Stresemann. Ll» er ,gekillt^ w»r-en sollte. Der glücklicherweise rechtzeitig entdeckte Mordplan ist von den inzwischen verhafteten Kalldorfs und Lorenz schon kurz nach der Rückkehr der deutschen Delegation aus Locarno aus geheckt worden. Als ungefähr Mitte November die völkische und die deutschvölkische Hetze gegen den Vertrag von Locarno begann und diese Hetze sjch '"mmer mehr gegen die Person des Reichsausjcnministers Dr. Stresemann zuspitzte, fasste nach sei nem Eingeständnis Kaltdorff den Entschlich, Stresemann zu ermorden. Seme Absicht war, diesen Mord genau jo auszuführen, wie seinerzeit die Mörder Ralhenaus vorgingen. Zu diefem Zweck brauchte er zwei Gehilfen, einen zur M taussührung des Pla nes und einen, der das Auto lenken konnte, das hierfür.not wendig war. Denn das Attentat sollte, wie gesagt, in strenger Anlehnung an die Ermordung Rathenaus also im Auto, er folgen, und zwar hatte sich Kalldorfs die Sache anschemend so gedacht, baß er, zusammen mit Loreng 'n einem Auto sitzend, die Gelegenheit aöpassen wollte, wo Stre'emann zu einer Aus fahrt das Auswärv ge Amt verlieh. In diesem Moment jolli-ii die totbringenden Schüsse abgefeuert werden, und sogle ch darauf im ersten Augenblick der Verwirrung bas Mordauto, von einem Dritten gelenkt — d'cse Rolle war einem Schlosser Poesnig zugedachj —, mit rasender Schnelligkeit vcr'chwinden. Das war der Plan, den Kaltdorff und Lorenz als aus sichtsreich betrachteten. Jetzt galt es nur noch, den Autolenker zu " nben Wie Lorenz selbst zugab, bat Kabdorfs hierfür den Schlosser Poesnig in Aussicht genommen, den er mit den Wor ten kür den Plan zu gewinnen luchte: „Ich will Gttesemana erschießen. Wer macht mit?" Der Schlosser Poesnig jedoch verh'elt sich diesem Mordplane gegenüber völlig ablehnend und erklärte schließlich, als die bei den immer wieder -'n ihn drangen, doch m'stznmachen, er würde die ganz« Sache zur Anzeige bringen falls sie den Plan n'cb aufgeben würden. Daran dachten jedoch weder Kaltdorff noch Lorenz. Im Gegenteil: Als sie merkten, bah Poesnig nicht mitmachen wollte, kamen sie auf den Gedanken, sich zuerst-ew»' mal das nötige Geld zu beschaffen erstens einmal, um sich das für die Ausführung des Planes nötige Auto besorgen zu kön nen, und zweitens die für eine Flucht erforderlichen Kosten - .Stresemann, verwese man.* zu bestreiten. Für den geeigneten Geldgeber hielt j-altdorff den ihm von früher her bekannten rechtsstehenden Münchener- Rechtsanwalt Goetze, an den er folgenden Brief richtete: Berlin-SiemenZstadt, 3. Dezbr. 1925. Led'genhcim, Süduche Auffahrtsstr. Lieber alter . . .! Ich lebe noch. Ich habe mich bucchgcraust. Es war ein kleines Kunststück, hier anzukommen, und ich habe nur hier raufzukommen. Zwei Jngeweuce haben meinen Eintritt ge« managed. Natürlich Partersache! lind nun: Ich habe den Reim gemacht, nach bekannten Mustern: „Stresemann, verwese man". Du verstehst! Ich habe zwei Offiziere, die m'tmachen und auch die „Finanzierung" ist ullright. Es wäre mir sehr lieb, wenn Du paar Ze len schreiben würdest, dah ich für die Sache g>n bin. Du kennst meine Vergangenheit, Du weiht, was von m'r zu halten ist. Natürlich: wun Du nur mich noch als Referenz dienst, so ist das o ne sehr wichuge Unterstützung meiner Berliner und Mecklenburger Referenzen. . . . „verwese man". Das Schwein muh gekillt werden Ein Flugzeug ist auch zur Verfügung. Aus diesen Andeutungen weißt Du, um was es geht! Die Industr'e ist auch gegen den Verräterhund, z. B. Kirdorf im „Lokalanzeiger". Die Tat geht auf mein Konto, die zwei Offiziere — deren einer sehr erprobt lst — tun mit. Schrift so schlecht, weil die Arbeit mich gang infam mit- N'MMt. Du hast sicher Vrtrauensmann hier, der mich aufs Korn nichmt. Heil und Sieg! Mit treudeutschem Gruß Dein Karl Kaltdorfs. (Alles hier Zt Marineoffizier, Offizier bis zum Obersten.) Gruß Werner Lorenz, Overl. a. D., unbekannter Weise. Heil und Sieg! Neichskanz'er Dr. Luther beim Reichspräsidenten. Berlin, 17. Tez. Der Reichspräsident hat im Laufe des heutigen Abends nur den geschäftsführen den Reichskanzler Dr. Luther empfangen. Irgendwelche anderen Empfänge haben nicht stattgefunden. Bespre chungen des Reichspräsidenten mit den Parteiführern kommen vorläufig nicht in Frage. Im Hinblick auf die heute im Reichstag begonnenen Weihnachtsserien des Parlaments ersuchte der Reichs präsident den Reichskanzler und die ReichSmtnister, die Geschäfte auch fernerhin weiter zu führen. Der Reich», s Präsident wird seine weiteren Entschließungen in der ! Frage der Neubildung der NeichSregterung -rechtzeitig vor dem am 12. Januar ersolgendcn Wiederzusammerl- tritt des Reichstages fassen. Das Zentrum hält an der strotzen Koalition fest. Berlin, 17. Dez. Tie ZentrumSfrattton trat nach der Plenarsitzung zu einer Besprechung der politischen > Lage zusammen. Ueber die Sitzung wird von der Par tei folgender Bericht herausgegeben: Die ZentrumSfraktton des Reichstages hat sich.heute 1 eingehend mit der durch die Ablehnung der Sozial demokratie geschaffenen Lage besaßt. Sie hält einmütig ! an ihrer bisherigen Auffassung fest, daß die groß« Ko- alition allein den Erfordernissen der Gegenwart ent- i spricht und wird dieses Ziel auch, weiterhin Mit aller Entschiedenheit verfolgen. Auf Wunsch der Reichstags fraktion wird der Vorsitzende der Partei, Reichskanzler a. D. Marx, den Parteivorstand und die Vorstände der ZenrrumSfrakttonen des Reichstages und Landtage» vor dem Wiederzusammentritt des Reichstages zu einer Be sprechung über die zu unternehmenden Schritt« etnbe- rufen. , Dl« sozlaldemokrat'ichen Programmpuulte. Berlin, 17. Tez. Ter „Vorwärts" veröffentlicht heute die fünf Programmpunkte, die die sozialdemo kratische ReichStagSfraktion am Mittwoch unterbreitet hatten. 1. Reichsgesetzliche Regelung der Fürstenabfindung mit rückwirkender Kraft auf Grund de» demokratischen Antrages. ' . veutsch-französtsche wirtfHaftskonferenz tm Januar. Berlin, 18. Tez. Wie die „Voss. Zig." zu her Unterredung deutscher Industrieller mit französischen Kammermitgliedern aus Paris erfährt, wurde int Laufe der Besprechungen beschlossen, im Januar eine deutsch französische Wtrischaftskonferenz in Paris abzuhalten, an welcher französische und deutsche Parlamentarier und Jndustrievertreter teilnehmen sollen. Vk» deutschnationalen als Hüter -er Nrlchsverfassung. Berlin, 17. Tez. Tie deutschnattonale Reichstags fraktion hat eine Interpellation eingebracht, in welcher daraus hingewtesen wird, daß aus Veranlassung des badischen Innenministeriums anläßlich des Besuches des Reichspräsidenten in Karlsruhe Spalier bildenden Ver einen das Mitführen von Fahnen in den Reichs- und Landessarben gestattet, andere Fahnen und Wimpel aber verboten worden seien. Dieses Verbot verstoße gegen die durch die Reichsverfassung gewährleisteten Rechte. Eö werden Maßnahmen von der NeichSregterung gefor dert, um in Zukunft derartige Eingriffe einzelner Lan- de-mtnisterien in verfassungsmäßige Rechte zu verhüten. ,Vle Verrücktheit»,, von Mossul." London, 17. Tez. Während sich die konservativen und halbosftztösen Blätter grüßte Zurückhaltung in der Kritik über die Mosfulentscheidung de» Völkerbünde» auferlegen gibt di« Opposttionspresse ihrem ablehnen den Standpunkt unverhohlen Ausdruck. Tü« schärfsten Worte gebraucht die „Tailh Mail", di« unter der Ueber« schrtft „Tie Verrücktheit von Mossul" auf die »en, Hürde für den britischen Steuerzahler hinwetst. Die Nachricht werde von der englischen Oesfentltchlett, die Mossul nicht wünsche, mit sehr gemischten Gefühlen be grüßt werden. Ta» erste Ergebnis dieser Entscheidung de» Völkerbundes würde die Heraufbeschwürung «ine» künftigen Krieges mit «tner bedeutenden Militärmacht sein. Austen Chamberlain würd« dann die Lorbeeren von Loearnq unter dem Steinhaufen von Mossul wiederftnden. — „Tatst, Expreß" weist auf die kürzlichen orakelhaften Er klärungen Baldwins tm Unterhaus hin. M« englische Oefsentiichkett wisse, daß sie betrogen sei. Eie glaub« nicht an die Möglichkeit einer mesopotamischen Unab- -tinGt-kst». vis liberale.Westminster Gazette" schreibt. daß zu den normalen Kosten der Verwaltung des Irak sür England nunmehr weitere Kosten, vielleicht sogar Feindseligkeiten im Mossulgebiet hinzukommen. Während Churchill sich dem ersten Budgetdefizit seit dem Kriege gegenübersehe und durch Erhebung von Abgabca aus Taschenmesser und Vorhänge und aus Ersparnissen in der Erziehung der Kinder hier und da 100 000 Pfund zu retten suche, habe sich das Kabinett zu einem Schritt! entschlossen, der wenigstens 100 Millionen Pfund kosten würde. Alles was der Steuerzahler sehen könne, sei die außerordentliche Kurzsichtigkeit des Kolonialmini sters. Ter sozialistische „Daily Herald" schreibt, die britische Nation ist gegen ihren Willen dqzu verdammt worden^ die Verwaltung über ein tm Osten liegendes Gebiet für wettere 25 Jahre zu übernehmen. Ein Bruch mit der Türkei ist gewiß. — Die Haltung der englischen Presse läßt eine scharfe Debatte tm Unrerhaus erwarten. Die Mosfulentscheibung vor brm türkischen Kabinett. Nach Empfang der Mossul-Entscheidung des Völ- kerbundörateS hielt Las türkische Kabinett unter Vor sitz Kemal Paschas eine stundenlange Sitzung ab, in der eine energische Protestnote an den Völkerbund beschlos, sen wurde. » Sine französische Warnung an die Türkei. „Petit Paristen" warnt die Türket vor xtnem krie gerischen Abenteuer und betont, daß ein Angriff ans Mossul nicht allein die Besetzung Konstantinopel« und einen neuen Kurdenaufstand zur Folge hätte. Tite En tentemächte würden auch nicht zöger.!, auf den Drei teilung-Vertrag von 1015 zurüchzukommen, durch den Anatolien in ein« französische, englische und italienische Etnflußzone aufgeteilt werden sollte. Da» Blatt kommt» deshalb zu dem Schluß, daß trotz der türkischen Pro teste ein ernster Widerstand der Türket nicht zu erwarten sei- »l -keim bereitet -en frühjahrsfel-zug vor. Parts, 17. Tez. Rach einer Meldungams Fez trifft Add el Krim all« Vorbereitungen für einen neuen yrühjahrsseldzug. Er läßt neu« Straßen bauen, Unter- kunftsmvgltchkeiten sür Truppen errichten, großzügige Telegraphen- und Telephonnetz« anlegen und die draht losen Stationen vermehren. In einem Aufruf an di« Äraoerstämme sagt Md «l Krim, «v werde den heiliaen Krieg bt» zur Befreiung aNer mohammedanischen Mit- telvölker Syriens, rrtpolttanien», Aegypten» und Ma- rottos strtsetzen und Vox ksinsm Lpfer »urückfchrsLen. 2. Ratifizierung des Washingtoner Abkommens bet gleichzeitiger Inkraftsetzung in Frankreich und Belgien. Schleunige Verabschiedung.eines Arbeitzeitgesetzes unter Wiederherstellung des achtstündigen NormalarbettStag». Leistung von Ueberstunden nur nach tariflicher Verein barung, Ausnahmen in Fällen höherer Gewalt durch behördliche Regelung. > 3. Erfüllung des Artikels 165 der Reichsverfas sung -urch paritätischen Ausbau der Handels-, Hand werker- und LandwirtschaftSkammern sowie bet der Bil dung -es endgültigen ReichSwtrtschastSrateS. 4. Bis zur schleunigen Verabschiedung eine» Gesetz«» über die Arbeitslosenversicherung eine wettere Erhöhung der Unterstützungssätze, obligatorische Kurzarbeiterunter- stützung, Aufhebung der Bestimmungen über die Be grenzung der Unterstützung-dauer und Aufhebung der Vedürstig'eitSprüfung, Ausdehnung der Erwerbslosen fürsorge auf alle Angestellten, die Landarbeiter und die Hausangestellten, besondere Unterstützungsmaßnah men für die Ausgesteuerten und die bisher von der Un terstützung nicht Erfaßten. 5. Bet Ermäßigung von Steuern Vorrang der HauSzinSsteuer, der Lohn- und Umsatzsteuer vor den Besihsteuern. 6. Verwendung der Erträgnisse aus der Mietzins« steuer für den Wohnungsbau; Offenlegung der Steuer listen. Lronkeetch gegen -t» Rückgabe »hemall-er -»utjcher Kolonien. Part», 17. Tez. Die Kammer hat heut« naLmts- tag die Aussprache über das Kolonialbudgat Wied«» ausgenommen. Bet Beginn der Sitzung km «s su etneW Zwischenfall. Ter Berichterstatter Verwhks auf Gewiss* tm Ausland verbreitete Gerüchte, nach d«n«n Geplant sei, Deutschland nach der Aufnahme in den Völkerbund Togo und Kamerun »urückzugeben. Er hoffe, dah Eng- land in dieser Angelegenheit nicht ein Beispiel g«dch dem Frankreich folgen müsse. Die Abgabe v«» fran- Mischen Kamerun an Deutschland -alt« er Mr «in Dfns der Unmöglichkeit. T«r fricher« KolontakmtWsr Pudr, Hesse wie» daraus -in. daß auf keinen Fall hsr Gin druck entstehen dürfe, daß auch nur ein Zoll »rMvon dem Gebiet abgetreten würde, auf dem die fraüWfch« yahn« weh,. Ter Koloniattntntst«, verftchetRdareuf, Frankreich werde an kein» ausländisch» Macht Kolo- nis« hnrückgs-sn. - ,