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Nr. 2SS 20. Jahrgang Dienstag, äen 22. Dezember l92S MBM Anzeiger für -as Erzgebirge p»ru»»u« Ml «», «» Um,,«««» »» ««— »HrU»« »I !»«>>« M O.M.f.»«!,. «»tttch« z«Il« I» «»ctpstiml^. r,l,gram Mir rag.biott fttt-r,,«»,,-«. Enthalten- -ie amtliche» Sekaaatmachnagea -es Nate» -er Gtaöt »nö -es Amtageelcht» Aae. Postscheck-«»»«» NI «ch»»ta »r. I*«e Reichsetat 1926 WS» i Berlin, 19. Dez. Auf der Tagesordnung der öffentlichen Vollsit zung des RetchSrateS vom Sonnabend nachmittag stand der Entwurf des Reichshaushaltplanes für das Rech. nungSjahr 1926. Ministerialdirektor Sachs führte als Berichterstatter aus: Infolge des Umstandes, daß der Reichstag auch in diesem Jahre die verfassungsmäßige Pflicht, den ReichshauShaltPlan vor Beginn des Rech nungsjahres zu verabschieden, nicht erfüllt Hat, vielmehr der Haushaltplan für 1925 auch jetzt im Dezember 1925 noch nicht gesetzlich festgelegt ist, wird die Finanzge barung immer verworrener. Tie AuKgabebewilligun- gen des Reichstages sind zum Teil ohne Rücksicht auf die verfügbaren Teckungsmittel vorgenommen. Dem Reichsrat erwächst daher unter Umständen die verant wortungsvolle Aufgabe, Ausgaben und Einnahmen in Einklang zu bringen, um gemäß der in den Londoner Abmachungen übernommenen Verpflichtung den Haus haltplan für 1925 ohne Fehlbetrag abzuschließen. Bet den sachlichen Ausgaben fällt noch ins Gewicht, daß die in die Vergleichsspalte aufgenommenen Ansätze 1925 tatsächlich nicht verausgabt werden dürfen, sondern ge mäß dem in den Haushalt der allgemeinen Finanzlage neu eingestellten Etnnahmeansatz von 73,5 Millionen Reichsmark aus Ersparnissen an den sachlichen Aus gaben um 20 Prozent zu mindern sind. Eine Ver mehrung von Planstellen sowie eine Höherstufung ist in den: vorliegenden Entwurf gxundsätzlich nicht vorgenom men worden. Eine Ausnahme ist nur für das Auswär tige Amt und für das Retchsversicherungsamt gemacht worden. Die Ausgaben für Besoldungen erscheinen da durch überall höher, daß die Erhöhungen der .Besol dungen und deS Wohnungsgeldzuschusses im Rechnungs jahr 1925 aus einem Pauschbetrage im Haushalt der all gemeinen Finanzverwaltung zu entnehmen waren, wäh rend sie nunmehr bei den einzelnen Besoldungsstellen eingerechnet sind. Der Haushaltplan Hält in Einnahmen und Aus gaben mit deutsch-türkisches Hon-elsabksmmen. Berlin, so, Dezember. In Angora ist ein vorläusi- deutsch-türkische» Handelsabkommen abgeschlossen worden, 7,7 Milliarden das Gleichgewicht und wird voraussichtlich den zu er wartenden Gesamtausgabenbedarf für 1925 nicht über schreiten, wiewohl sich die aus dem Haushaltplan zu bestreitenden Reparationslasten für das Rechnungsjahr 1926 um 300 Millionen Reichsmark gesteigert haben. Die Reichsregterung vertritt die Auffassung, daß die Unter bringung einer Anleihe aus dem Rechnungsjahr 1926 noch nicht möglich sein würde. An fton zusammengesetzt werden. Di« Frag« der Einberu fung der Konferenz wird erst im März oder April d> I. Gegenstand einer neuen Prüfung, sein. Wirtschaft unä Sozialpolitik. Von Dr. «llz, M. d. R. Gerade in dem Augenblick, in dem der Reparat'onsagent Gilbert zu äußerster Sparsamkot der öffentlichen Wirtschaft in Deutschland mahnt, und gerade in einer Zeit, in der die Wirtschaftsstatistik zeigt, baß die Zahl der Konkurse seit Ja nuar 1924 von 290 auf 1344 im November 1925 sich erhöht hat, daß die wöchentlichen Wechselproteste von 2691 im März 1925 auf 5400 im November gestiegen sind, in derselben Ze t, wo die Arbeitslosenziffer sprunghaft auf 500 000 angewachsen ist, kommt die deutsche Reichsregierung mit einer Denk schrift übgr prakt!ische Auswirkung der So- zialpolittk heraus, aus der sich die ganze ungeheure Be lastung der Wirtschaft durch diese sozialen Maßnahmen ergibt. Mehr denn je empfindet die Wirtschaft in ihrer gegen- Einnahmen sind aufgestellt an Besitz- und BerkehrSsteuern 4,8 Mil liarden Reichsmark (100 Millionen Mark weniger als im Vorjahre). Tie Einnahmen aus Einkommen- und Körperschaftssteuer sind mit 2350 Millionen Reichsmark gleich hoch veranschlagt wie im Vorjahre. Täe Umsatz steuer ist mit 1350 Millionen Reichsmark um 80 Mill, niedriger veranschlaget als im Vorjahr. Die Ueberwet- sungen für Länder und Gemeinden bleiben mit 2737 Millionen Reichsmark um 147 Millionen Reichsmark gegenüber den voraussichtlichen Jst-Ueberweisungen für 1925 zurück. Der Etnnahmeansatz für Zölle und Ver brauchssteuer übersteigt mit 7 Milliarden Reichsmark den vorjährigen Ansatz von 141 Millionen. Als Zuschuß der Deutschen Reichspost zu den all gemeinen Retchsausgaben ist ein Betrag von 20 Milli onen Reichsmark in den Entwurf eingestellt. Tzje Reichs druckerei soll einen Zuschuß von 3,8 Millionen Reichs- mark gegen 1,8 Millionen im Vorjahre liefern. End lich waren aus den Ueberschüssen de» Jahres 1924 220 Millionen Reichsmark al» Rücklage für Reparations zwecke Vorbehalten worden, die im Entwurf jetzt dazu dienen, die Reparattonslasten de» Jahre» 1926 bestreiten, zu Helsen. ' vorläufig kein« Wlrtfchastskonfaranz -r» Völker-»»-«»! Parts, 20. D«z. Der „Jntranstgeant" meldet, daß der Vvlkerbundsrat vorläufig den Gedanken einer Ein berufung einer Wirtschaftskonferenz nicht nähertreten werde. Bon der Bildung eine» Ausschusses, der di« Vorarbeiten in Angriff nehmen soll, wird dementspre chend abgesehen werden. Als Grund für diesen Beschluß w'rd angegeben, daß verschiedene Länder, tnsbesonderr Deutschland, nicht ihr« Absicht erkennen ließen, sich in, diesem Ausschuß vertreten zu lassen. Der Ausschuß sollt« aus den Mitgliedern des völkerLundrate», den Delegiert«» des Internationalen Arbeitsamtes und d«n. schen Mtarife» mit'rückwirkender »rast ab 17. Oktober b.J «achvech-ndigen d«r Fln-nz- und VktschaMomnts- - auf 8 Morl h-raLzusetzen. geS deutsch-türkische» Handelsabkommen abgeschlossen worden, da» einstweilen bi» zum Abschluß de» in Aussicht genommenen endgültigen Handelsvertrages die Handelsbeziehungen zwi schen beiden Ländern regeln soll. In dem Abkommen sichern sich beide Staaten da» gegenseitig» Meistbegünstigung»««-^ in zolltarifltcher Hinsicht zu. Deutschland hat sich ferner ver pflichtet, den Zollsatz für Rosinen au» Position 52 de» beut- , Die Ausgaben für die allgemeine Reichsverwaltung bleiben mit 4116 Millionen Reichsmark um Ü42 Millionen RM. hinter denen de» Vorjahres zurück. Hierbei entfallen 18 v. H. (669,8 Millionen) auf die Bezüge der Beamten, Ange stellten und Arbeiter des Reiches, und 40 v. H. (15s12,8 Millionen) auf sächliche Ausgaben. Eine schwere Be lastung für den Haushalt bildet der Penstonsfonds mit 1,5 Milliarden RM. Die Versorgungsgebührnisse der-' schlingen im ganzen 42 v. H. der allgemeinen Reichs ausgaben. Die aus dem RetchshauShalt zu leistenden Reparationsausgaben belaufen sich im Rechnungsjahr As W W ^I°!° A----mtt net man die übrigen Leistungen für 1926 hinzu, so ergibt sich alles in allem eine Reparationsleistung von 1360,3 Mil lionen Reichsmark. Ter ordentliche Haushalt der allgemeinen Reichs-, Verwaltung weist auf an Einnahme 7,4 Milliarden RM., an fortdauernden Ausgaben 6,8 Milliarden RM., an einmaligen Ausgaben 249,2 Millionen RM., so daß sich eine Gesamtausgabe von 7,1 Milliarden RM. er gibt, mithin ein Ueberschuß von 294,2 Millionen RDH Ter außerordentliche Haushalt der allgemeinen Reichsverwaltung bestreitet eine Ausgabe von 301 Mil lionen RM. durch 6,8 Mill. RM. eigene Einnahmen und den erwähnten Ueberschuß des ordentlichen Haushalts von 294,2 Millionen RM. Ter Haushalt für die Kriegslasten zeigt im ordentlichen Haushalt einen Aus gabebedarf von 232,3 Millionen RM., im außerordent lichen Haushalt einen solchen von 1285,8 Mill. RM. Ten Ausgaben stehen in beiden Fällen gleich hohe Ein nahmen gegenüber. ' s s ! !> Wie ernst die Wirtschaftslage ist, lehrt jeder Tag. Ihre Rückwirkungen auf die Finanzlage de» Reichs und damit auch der Länder und Gemeinden können nicht ausbleiben. Im Rechnungsjahr 1927 sind für Repara tionszahlungen neben den von der Industrie und der deutschen Reichsbahn aufzubringenden Beträgen aus dem Reichshaushalt 362 Millionen Reichsmark mehr al» im Rechnungsjahr 1926 aufzubringen. Im Rechnungsjahr 1928 sind es 735 Millionen RM. mehr, und vom Rechnungsjahre 1929 ab jährlich 940 Millionen RM., also nahezu eine Milliarde mehr. Rücklagen für diese Zahlungen sind nicht vorhanden. Taß derartige Beiträge durch eine Steigerung der Abgaben aufzubringen sein könnten, wird niemand für möglich halten. Es wird kaum bestritten werden können, daß die Belastung der Wirtschaft mit Steuern und sozialen La sten eine Vermehrung nicht mehr verträgt. Wir bedür fen einer starken Steigerung unserer Ausfuhr, um oamit > unsere Reparationskosten wenigstens zum Teil zahlen und den gewaltigen Fehlbetrag in unserer Handelsbilanz. abmildern zu können, aber unsere Industrie ist im Aus lands nicht wettbewerbsfähig, solange ihre Erzeugnisse mit so großen Lasten beschwert sind und solange ihr im Inlands die gute und zahlungsfähige Kundschaft der Landwirtschaft fehlt. In der Sitzung des RetchSrateS wurde dann der von der Regierung vorgelegte Haushaltplan für 1926 angenommen. Auch für 1926 ist vorgesehen, wegen der dringend notwendigen Sparmaßnahmen den Posten eine» Sparkommissars weiter betzubehalten. Außerdem stimmte der RetchSrat den vom Reichstag in den letzten Sitzungen angenommenen Gesetzentwürfen zu, so u. a. der Verlängerung der Gültigkeitsdauer de» deutsch-portugiesischen vorläufigen Handelsüb«r«inkom- men», der Verlängerungsfrist für die Zuckerung der Weine de» Jahrganges 1925 bi» zum 61. Mär» 1926 und der Senkung der Lohnsteuer. wie die Denkschrift der Regierung sehr richtig sagt, d'e wirt schaftlichen Notwendigkeiten führen einen zähen Kampf mit den sozialen Bedürfnissen. Es ist nicht wertlos bei dieser Sachlage, sich einmal die ganze Ausdehnung der sozialen Lasten klar zu machen und zu prüfen, ob bezw. nach welcher Richtung hin eine Milderung dieser Lasten eintreten kann, ohne die berechtigten Interessen der mit sozialer Fürsorge Bedachten zu gefährden. Die soziale Versicherung umfaßt gegenwärtig die Kranken versicherung, die Angestelltenversicherung, die knappschaftl che Versicherung der Bergwerksleute und die Erwerbslosenfür- sorge. Gegetr Krankheit find alle Arbeiter und Angestellte versichert, deren Iahresaröeitsverdienst 2700 Mark n cht über schreitet; das sind gegenwärtig etwa 19 Millionen Menschen. Die Mittel M dieser Versicherung werden im Umlageverfahren aufgebracht und richten sich nach dem jeweiligen Bedarf. ' Ae Beiträge festzusetzen, ist eine Angelegenheit der Selbstverwal tung. Die Aufsicht liegt bei den VerstcherungSbehörden der Länder; die fachliche Entscheidung über Arbeitsunfähigkeit und Krankengeldbezug trifft der Kassenarzt. Bestandteil der Kran kenversicherung ist auch die Wochenhilse für versicherte Frauen und für Angehör-'ge von Versicherten. Die gesamten Beiträge für Krankenversicherung beliefen sich im Jahre 1924 auf 98o Millionen Mark. In der Invalidenversicherung werden etwa 17 Milli onen Arbeiter gegen Invalidität und für den Todesfall versichert. Sie versorgt gegenwärtig etwa 3 100 000 Menschen gegen 1 Million im Jahre 1913. De Zahl der Renten empfänger hat sich infolge der Aufnahme von Witwen und Waisen, von Kriegsteilnehmern und infolge früheren Ein tritts der Invalidität gegen 1913 fast verdreifacht. Die Mit tel der Landesversicherungsanstalt werden durch Beiträge auf gebracht, und zwar wird seit 1. Januar 1924 der Versiche- rungsaufwanb »ebenfalls im Umlageversahren gedeckt. Im Jahre 1924 betrugen die Ausgaben für Renten 310 Millionen Mark; Im Jahre 1925 ist ein Aufwand von 370 Millionen Mark zu erwarten. De Angestslltenversicherung umfaßt rund 2 Millionen Angestellte mit einer Versicherung gegen Berufs unfähigkeit und für den Todesfall. Sie umschließt alle Ange- ! stellten mit einem Jahresgehalt bis zu 6000 RM. Die Wit wen und Waisen erhalten im allgemeinen einen Prozentsatz des Ruhegehalts des Ernährers. Die Ausgabe für Renten, Heilverfahren, Verwaltung usw. betrugen 1924 rund 30 Millionen Mark, sie werden 1926 auf 100 Millionen Mark steigen. Die Unfallversicherung entschädigt die Folgen von Betriebsunfällen bei Arbitern und Angestellten in be stimmten gewerblichen und in allen landwirtschaftlichen Be trieben; sie umfaßt 780000 gewerbliche Betriebe mit 9,4 Millionen Versicherten und 4,5 Millionen landwirtschaftliche Betriebe mst 2,14 Millionen Versicherten außer den Betrie ben de» Reiches, der Länder und der Gemeinden mit - etwa 900 000 Versicherten. Die Lasten der Unfallversicherung sind im Jahre 1024 mit 150,4 Millionen Mark anzusetzen; für 1925 auf 192 Mill. Die knaippschaftliche Versicherung acht von der Erwägung aus, daß für die Bedürfnisse des gefährlichen und aufro'benben Bergwerkberufe» die Invalidenversicherung nicht auSretcht und bewirkt daher für den-Fall der Bergfer tigkeit ein« Jnvaltdenpension, d'e Sei Lb Dtenstsahren für den Bergmann mindesten» 40 Prozent de» DurchschntttSlohneS beträgt. Di.» Belastung de» Bergbaues durch dies» sozial« Maßnahme wird für da» Jahr 1925 aus insgesamt 31 SH Mil lionen Mark geschätzt. Dio EvwerbSlosenfürsorge hatte in der Zeit vom 1. Juli 1924 bis 30. Juni 1925 226 Millionen Mark Einnahme au» den Ro hen der BeltragSverpfItchteten und 229,8 Millionen Mark Ausgaben. Der gesamte Äufwand der sozialen Ver sicherung betrug im Jahr« 1916 1 418000 000 Mark, im Jahre 1925 2 648000 000 Mark. Zu diesen durch die sozial« Versicherung Ledtngttn Milliardenbetragen kommen nun noch di« -und«rt« vo» Mil lionen hinzu, di« durch dk, sozial, Fürsorge d«r G«m«ind«n für Rentner und Fürsorgebebürsrig» aller Art bedingt »erd«», und gegen 1S18 etwa auf da» sechsfach« gestiegen sind»