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^luer Tageblatt Ireitag» äen 4. Dezember 192S Nr. 2S1 20. Jahrgang r.i.oramm,: «a,,blatt I*u«rzg,dirs». SothaUrnö -l» amtlichen vekaoatmachongra -er Kate» -er Gta-t IM- -es Amtsgericht« Rur. p»stsch,«.e»at» ftmt L»«p,«g m.iee» MWEbOUbPEWf«»D»WG»«!, V»R«WW GOßkrUlNDOU »bMGM AtO M>OkffOAUH ^OEiEIGßlO Mff HaZLtGLO >t>O HNN IMb MnAttger für oas Erzgebirge ZZZ- Die Vekpvechungen in London. London, 2. Dez., Reichskanzler Le. Luther und Reichsaußenminister Tr. Stresemann Huben heute den freien Vormittag dazu benutzt, sich einmal den engli schen Parlamentsbetrieb anzusehen, und haben dem Un terhaus einen längeren Besuch abgestattet. Von poli tischen Verhandlungen bleibt der heutige Tag frei/ Was in London zu besprechen war, ist gestern erledigt worden. Lite Londoner Morgenpresse, vornehmlich „Daily Tele graph", veröffentlicht Informationen über den Inhalt der gestern getroffenen Vereinbarungen in denen Dich tung und Wahrheit sich mischen. So umfangreich, wie es d<wt geschildert wird, ist weder das Programm der Be st rechungen noch ihr Ergebnis gewesen. Man hat nicht einen genauen Termin für den Ein tritt Deutschlands in den Völkerbund festgesetzt, denn der Instanzenweg, der hier einzuhalten ist, geht über den Bölkerbundsrat. Am 7. Dezember tritt er in Genf zu sammen. Tie Tagung, auf der nach längst festgesetztem Plan auch das Programm einer Weltwtrtschaftskonferenz besprochen werden soll, wird vorübergehen müssen, ohne daß der Antrag Deutschlands vorltegt, denn am 5. De zember will Tr. Luther die Gesamtdemission des Ka binetts überreichen. Selbst wenn man annimmt, daß es keine sehr langwierige Krise werden wird, so wird es doch einige Tage dauern, bis das neue deutsche Reichs ministerium gebildet ist. Und schon rein zeitlich ist deshalb die Einbringung eines AufnahmeantrageS Deutschlands nicht möglich. Er bleibt also der März tagung Vorbehalten, die in Madrid stattftnden wird. Auf die Madrider Tagung des BölkerbundsrateS wird aber sehr bald eine außerordentliche Tagung des Völker bundes in Gens folgen und aus dieser der formelle Ein tritt Deutschlands in den Völkerbund und die Ergän zung des Völkerbundsrate» durch ein ständiges deutsches Mitglied erfolgen. Den weitesten Raum in der gestrigen Besprechung haben die Rheinlandfragen eingenommen, und es sind in manchen Punkten Ergebnisse erzielt worden, so in der Verringerung der Truppenzahl in den noch besetzt bleibenden Gebieten, hinsichtlich des Dislokation der Be- satzungstruppen und der Abkürzung der Räunnmgsfrtst der Kölner Zone. Während e» seststeht, daß die Belgier ihre Truppenzähl um zwei Drittel verringern, ist noch nichts Endgültiges ausgemacht, wieviel Truppen Frank reich behalten wird. Aber eS kann schon heute gesagt werden daß die Stärke der früheren FriedenSovganisa« ttonen nicht oder wenigsten» nicht wesentlich! überschrit ten werden wird. Ueber die Rhetnlandfragen hinaus ist noch die Regelung der deutschen HandelSluftschiiffahrt im Rahmen eine» gesamteuropäischen UeberetnWmmenS be- sprvchen worden und, soviel man hört, auch die An gelegenheit der Kontumazurtetle der französischen Kriegs gerichte. Darüber hat Stresemann bereit» im Reichs tage befriedigende Mitteilungen machen können, und man darf hoffen, daß Frankreich sehr bald dem belgi schen Beispiel folgt. Das ist der wesentliche Inhalt der Londoner Be sprechungen, und man darf sagen, daß die deutsche Dele gation manches Erfreuliche mit nach Berlin bringt. Man darf auf der anderen Sette freilich nicht übersehen, baß die drei Tage in London in der Hauptsache der Unter zeichnung des Vertrage» von Locarno gedient haben nnd daß in London nicht eine Konferenz mit einem fest stehenden Verhandlung-Programm stattgefunden hat. Tie Kürze der Zeit allein hat e» noch nicht gestattet, eine Diskussion aut breiterer Basis zu führen. Aber alle Teilnehmer sind sich darüber klar und einig gewesen, daß die Diskussion in den nächsten Wochen und Mona ten fortgesetzt werden muß. Man wird ununterbrochen miteinander in Verbindung bleiben, teil» auf diploma tischem Wege verhandeln und von Zett zu Zett neue Zusammenkünfte vereinbaren zu Verhandlungen über Fragen deren Bedeutung eine mündliche Aussprache wünschenswert erscheinen läßt. Morgen mittag reist die deutsche Lielegatton über Ostende nach Berlin zurück. London, 2. Dez. Es ist gestern und Montag auf. gefallen, wie überall den deutschen Delegierten der Bor tritt gewährt wurde. Ta» ist nicht allein au» der An ordnung des französischen Alphabetes zu erklären, da Deutschland (Allemagne) tm Französischen mit A be ginnt. Es lag schon Absicht darin, wenn man Witt, eine gesellschaftliche Wiedergutmachung. Wer mit in London lebenden Tieutschen über ihre Erfahrungen aus gesellschaftlichem Gebiete gesprochen hat und die Rückwirkungen auf das geschäftliche Leben kennt, der weiß die Bedeutung und Wirkung der be tonten Freundlichkeit gegenüber den deutschen Delegier ten zu schätzen. Seit Locarno wankt die Scheidewand, die gesellschaftlich in England noch höher aufgerichtet war als in Frankreich. Ein Telegramm Luthers unü Strefcmanns an Marx. Berlin, 3. Dez. Tie „Germania meldet: Reichs kanzler Tr. Luther und Reichsaußenminister Dr. Strese- mann haben an den Reichskanzler a. D. Marx aus Lon don folgendes Telegramm gesandt: Bon der gleichen Stätte, an der wir im vorigen Jahre gemeinsam gear beitet haben, um den Weg für eine bessere Entwicklung Deutschlands zu bahnen, senden wir Ihnen in aufrich tiger Hochachtung die besten Grüße. Luther, Stresemann. Rücktritt Ser Neichsreglerung am 4. Dezember. Berlin, 2. Dez. Im Reichstag teilte auf sine An frage des Aög. Lejeune-Fung (Dn.) Ministerialdirektor Ritter mtt^daß die Retchsregierung am Freitag zurück treten werde. Srlan- nach Paris zurückgekehrt. Parts, 2. Dez. Briand ist mit der französischen Delegation um 8.35 Uhr auf dem Pariser Nordbahnhos angekommen. Er wurde von den Ministern und den Mitgliedern de» diplomatischen Korps, darunter dem deutschen Botschafter v. Hoesch, am Zuge begrüßt. Meh rere tausend Menschen erwarteten Briand vor dem Bahn-! Hof und begrüßten ihn begeistert mit dem Ruf«: ,E»! leb« Briand, e» lebe der Frieden!" Briand fuhr vom Bahnhof sofort zum Palat» Bourbon, wohin sich auch die anderen Minister sowie die Botschafter und Ge sandten begaben. Der Sitzungssaal der Kammer hat mittlerweile da» Aussehen der großen Tage angenommen. Di« Tribüne war schon lange vor 4 Uhr überfüllt, und auch di« Ab geordnetenbänke füllten sich rasch. Einige Minuten nach 4 Uhr erhebt ein Teil der Linken und der bisher oppo sitionellen Mitt, sich klatschend. Briand tritt ein, ge folgt von den Mitgliedern seine» Kabinett». Aber di« Ovation ist nicht so warm, wie allgemein erwartet wurde, Dia meisten Sozialisten blieben mit den Kommunisten und den, größten »eil der Opposition schweigend sitzen. Einige vereinzelte Rufer ,,E» lebe Briand!" und diese Kumme»; de» Programm» ist vorbei. Briand bestieg die Tribüne zur Verlesung der Pro. grammerklärung, welche gleichzeitig dem Senat durch den Justizmintster verlesen wird. Tie Programmerklärung wurde von der Kammer sehr kühl ausgenommen. Darauf wurde die Zurück- stellung der Interpellationen beschlossen. Tas Finanz. Projekt wurde dem Finanzausschuß überwiesen. Tann wurde die Sitzung vertagt. Zr nkrelch verzichtet nicht auf Speien. Pari», 2. Tez. Ter neue französisch« Oberkommis sar in Syrien, Henry de Zouvenel, hatte in Kairo mit Mitgliedern de» shrisch-palästtnesischen Parlaments eine Unterredung, die ihn sehr hoffnungsvoll stimmte. Aber sein Abkommen wurde durch einen Brief zunichte ge macht, den er am nächsten Tage erhielt, denn das Ko mitee erklärte darin, daß ein Frieden zustande kommen könne, wenn Frankreich auf sein Mandat über Syrien verzichte und seine Truppen sofort zurückziehe, de Zouvenel erklärte sofort in einem Antwortschreiben, daß er diese Bedingungen ablehne. Frankreich denke nicht daran, da» Mandat, da» ihm der Völkerbund übertra- gen habe, au^ugeben. . » Vie voUarspenör ik» italienischen Volks. Rom 2. Tez. Mussolini hatte in der Kammer da italienisch« Volk dazu ausgefordert, zur Tilgung eine» Teile» der italienischen Schuld an Amerika eine Mil- lton Dollar vor dem 1. Dezember zu -zeichnen. Au» den ersten von der Regierung empfangenen Nachrichten ergibt sich heute, daß die freiwillig« Zeichnung Über 80 Millionen Lire etngebracht hab«, also eine fast vier- mal größere Summ« al» diejenige, um di« Mussolini ersucht hatte. -evorstshenS» Negieruag«krlfr ln Spanien! Part», L. Tez. wie Hava» au» Hendah« meldet, sind nach den neuesten au» Madrid «tngettosfenen Mel dungen dort Gerücht« tm Umlauf, daß «tn« Regierung»- krts« devorstehs. Reichstag. Annahme be» Handelsvertrages mit FtaUm. Berlin 2. Tez. In der heutigen Sitzung de» Reich»« tage» wurde der Handelsvertrag mit Italien in zweiter Beratung gegen die Kommunisten, di« VöMschen und einen Teil der Deutschnationalsn angenomm««. Im Anschluß daran nahm da» Hau» tn einfach« Abstimmung den deutsch-italienischen Handelsvertrag 1« dritter Lesung an. Ferner wurden zwei Entschließun gen de- Ausschusses angenommen, nach denen die Ro- gierung um Vorlage einer Tenkschrift ersucht wird, au» welcher ersichtlich ist, durch welche Maßnahmen andere Staaten sich gegen Dumping-Gefahren und besonder» gegen Valutadumping zu schützen versuchen, und wo nach ferner eine Uebersicht gefordert wird, wie gegen über der AuSfuhrentwicklung Vie Einfuhr unter der Wir kung de- Baluta-Tumping- gestiegen ist. Ta» vorläufige Zollabkommen zwischen Deutschland und der Schweiz wird in zweiter und dritter Beratung gegen die Kom munisten, Völkischen und einen Teil der Teutschnatio« nalen angenommen. La- Ueberetnkommen vom 3. 10 1625 zwischen dem Deutschen Reich, und der Rupubltk Oesterreich zur Regelung einzelner Zollfragen wird ohne Aussprache in zweiter und dritter Beratung angenom men. Es folgt dann die erste Beratung d«s von den Demokraten etngebrachten Gesetzentwurfes über die Vermögensrecht! ich« Außet »ander set« znng mit den früher regierenden Für stenhäusern tn Verbindung mit dem von den Kommunisten ein ge brachten Gesetzentwurf über entschädigungslos« Enteig nung der Fürstenhäuser. was bekommen Sie tzohenzollern! Sine amtlich« Erklärung de» preußischen Pressedienste». Berlin, 2. T«z. Zu den in der Oeffentlichkeit ver- breiteten Ziffern über die BermögenSau-etnandersetzung zwischen dem Preußischen Staat und dem vormaligen Königshaus gibt der Amtliche Preußische Pressedienst auf Grund der Denkschrift aus dem Fahre 1924 und son stiger Unterlagen folgende Schätzung der in Bettacht kommenden Werte: Nach den Vereinbarungen mit de,m vormaligen KönigShause sollen dem Staate u. a. zu fallen: Land- und Forstbesitz im Werte Yon etwa 18 Millionen Reichsmark, Nutzungsgrundstücke etwa 85 Millionen, Schlösser und Gärten etwa ^74 Millionen. Kapitalien etwa 300 000 Reichsmark, Mobiliar der hi- storischen Schlösser etwa 75 Millionen, Kunstwerke in den Berliner Museen etwa 35 Millionen, Theaterbau- lichkeiten etwa 30 Millionen, zusammen etwa 686,2 Millionen Reichsmark. Demgegenüber verbleibt nach dem in Aussicht ge nommenen Vertrage dem vormaligen KönigShause (Häuptling Land- und Forstbesitz im Werte von etwa 42 Millionen Mark, Nutzungsgrundstücke etwa 13 Mil lionen, Schlösser und Gärten etwa 81 Millionen (dar unter da» Palais Kaiser Wilhelm» I. im Werte von etwa 17 Millionen, Schloß und Park Babel-berg im Werte von etwa 17 Millionen), Hausgerät und sonstige Mobilien etwa 10 Millionen. Dazu kommt noch die Gegenleistung für den an den Staat abzutretenden Grundbesitz mit 30 Millionen Reichsmark. deutsckwatkonale gegen Veutfcke Volksparteß. Hamburg, 2. Dez. Die Parteileitung de» Lande»- verbaude» Hamburg der Deutschnattonalen Volk-Partei verö'fentlicht eine Kundgebung, tn der der Deutschen Volk-Partei. nachdem sie sich von ihrem Führer Strese- mann au» dem nationalen Lager heraus in da» inter nationale habe sichren lassen und au» einer Rechtspartei eine Partei der Linken geworden sei, so lan^e schärfster Kampf anyesagt wird, al» ft« in diesem Lager bleib«. Im Zusammenhang damit werden scharfe Angriffe ge gen den Außenminister gerichtet. Ruflöfuug -er lntgrollilertrn Kontrollkommlsston ln München. München, 2. r«z. Wie die „Münchner Neuesten Nachrichten" zu melden wissen, soll di« bisher in Mün chen bestehend« interalliiert« Kontrollkommission, di« au« etwa acht Offizieren zusammengesetzt war, am 31. Dezember al» selbständig« Stell« aufgelöst werden. Rach diesem Zeitpunkt verbleiben noch 1« »ln französischer und ein italienischer Offizier, die de» ^nwralltterten Kontrollkommission in Verltn unterstellt, »erden, in München. . > <. > > § , ! - i l I