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Muer Tageblatt ,» für ^u-wSrtl,« t!i prstanstal««» >1«»». — «rfchelst »,rkta,«ch. imspr»ch - stnßhwtz Ne. SS. Anzeiger für das Erzgebirge »I, ftidi«,ifp«»i»i pitttzitti für ^Inz«Ig«n au» ftu, uni U»,«-«nt »» *»l»pf«»n>,«, au»> »-ktl-i Mu>«t,«a 1» <0»ILpf»nnt»», X«klam,.p,»«,,!>« «» «»l»pf«nnt,i amtlich» Aili« I» »,l»pf»nni,i. . Gramme, ragidlatt Nueirzgibirge. Enthalten- -t» amtlichen öekanotmachongen -e- Nair» -er Eta-t aa- -r» Amtsgericht» Mr. p»Me« r»nt» ftmt Leipzig Nr. 1»»» Nr. 237 Sonnewenck, cken w. Vkiober 1S2S 20. Jahrgang Deutschlands Eintritt in den Völkerbund. Vke vierte Sitzung -er Konferenz. — Unterredung Lhamberlaln-Strefemann. — Vie Teilnahme Polens. Locarno, 8. Ott. Tie heutige vierte Sitzung der Konferenz, die kurz nach 21/2 Uhr nachmittags begann, mr erst gegen 6 Uhr abends zu Ende, und also mit ihrer iber dreistündigen Tauer die längste aller bisherigen Hungen der Vollkqnferenz. Aus der Tatsache, daß er deutsche Reichskanzler Dr. Luther zusammen mit dem elgischen Außenminister Vandervelde als letzte und erst inge nach allen anderen das Konferenzgebäude in eifri- e»r Gespräche verließ, will man im Verein mit an- eren hier zirkulierenden Gerüchten den Schluß ziehen, aß Belgien auch in der Frage des deutschen Eintritts a d,en Völkerbund, der in der heutigen Sitzung einen er Hauptverhandlungsgegenstände gebildet haben soll, ine vermittelnde Haltung eingenommen hat." Daß der eutigen Sitzung eine besondere Bedeutung zukommen ckrde, war schon die Ansetzung der frühen Stunde für hrcn Beginn ersichtlich. lieber den Verlauf der Sitzung, von der sich Cham- erlain sowohl als auch Mitglieder der französischen Te- Miion sehr befriedigt zeigten, wurde folgender Bericht usgegeben: „Tie vierte Sitzung der Konferenz war der Be ratung derjenigen Fragen gewidmet, die sich durch die Teilnahme der eventuellen Unterzeichner des Sicher heitspaktes am Völkerbund ergeben. Diese Beratung gab Anlaß zu einer allgemeinen Aussprache, in der die Vertreter Deutschlands, Frankreichs, Belgien». Englands und Italiens die Ansichten ihrer Regierun gen darlegten. Die Konferenz vertagte sich danach auf Sonnabend, den 10. Oktober, und es wurde beschlossen, <m diesem Tage zwei Sitzungen abzuhalten, eine Vor mittagssitzung um 10.30 Uhr und eine Nachmittags sitzung um 2.30 Uhr." Ter Sonderberichterstatter des WTB. meldet: !Jn Verfolg der gestern durch die Zusammenkunft Lusther- iriand eingeleiteten persönlichen Fühlungnahme zwi- chen den Hauptdelegierten hat heute vormittag eine mgere Unterhaltung zwisch en dem deutschen Mi- ister des Aeußern Nr. Stresemann und dem riti scheu Außenministe r Chamberlainstatt- esunden. Tie nahezu zweistündige Tauer der Unter- allung ermöglichte es, die wichtigen schwebenden Fragen u besprechen. lieber den Verlauf der heutigen Sitzung schreibt der Berichterstatter der „Voss. Ztg."r " . „Auch das Völkerbundproblem! scheint nunmehr ge- au wie die Frage der französischen Garantie für die stlichen Schiedsverträge zunächst von den Juristen wei- r beraten werden zu sollen. Man hat den morgigen ag in vollem Umfange für die Beratungen der Juristen isewiert und erst am Sonnabend werden die Politischen elegierten zu einer neuen Vollsitzung zUisammentreten. Sie sehr man sich bemüht, den Gang der Konferenz zu -schleunigen, geht daraus hervor, daß mvn am Sonn- bend am Vor- und Nachmittag Kqnfevenzsitzungen am eraumt hat. E> steint mithin die Absicht der Delegation zu sein, i dieser Woche mit der Generaldebatte und mit den wichtigsten Fragen des Westpaktes fertig zu werden, um dann in der nächsten Woche unter Zuziehung der Außen minister der Tschechoslowakei und Polen» in die Einzel beratung der östlichen Schiedsverträge eintreten zu kön nen. Die Stimmung der Delegationen ist, wie man hier bisher feststellen konnte, durch den Verlauf der heutigen Sitzung, obwohl naturgemäß gerade heute po sitive Ergebnisse noch nicht erzielt werden konnten, durch aus günstig beeinflußt worden. Die Führer aller Delegationen haben es sich weiter zur Pflicht gemacht, jeden übertriebenen Optimismus zu bekämpfen. Sie bemühen sich, den sie befragenden Jour nalisten klar zu machen, wie groß noch die Schwierig keiten sind, die bis zur Erreichung des Endzieles über wunden werden Müssen. Gin Mitglied der deutschen Delegation kennzeichnete heute das, was bisher erreicht sei, als einen Fortschritt in der Ebene, während es doch schließlich darauf ankomme, die Gipfel der Schwierigkeiten zu erklimmen. Gerade durch dieses Bestreben der Delegationen ge winnt man aber die Meinung, daß in Wirklichkeit jeder Tag die Verhandlungen ihrem Endziel 'um ein erheb liches Stück näher bringt. Man Pflegt zu sagen: Wo ein Wille ist, da ist ein Weg. Hier sind drei starke Willen, und da wird Wohl der Weg um so schneller ge öffnet werden können." Die Frage der Zulassung Polens zur Konferenz in Lorarno. Locarno, 8. Okt. In der gestrigen Vollsitzung der Konferenz wurde auch die Frage der Zulassung der pol nischen Delegation zur Konferenz erörtert, wobei beider seits die Ansicht geäußert wurde, daß für die Zulas sung ein besonderer Beschluß der fünf zur Konferenz ein geladenen Mächte notwendig sei. Der polnische Außenminister Dr. Skrzhnski ist heute nachmittag in Locarno eingetrofsen und hat im Park hotel Wohnung genommen, während seine Begleiter im Hotel Metropole ab gestiegen sind. Direkte Schlafwagen Berlin—Locarno. Ab 7. Oktober führt der T«-Zug D 44 (ab Berlin Anhalter Bahnhof 2.16 Uhr nachmittags, an Locarno mittags 12.30 Uhr) und sein Gegenzug (ab Locarno 4.46 Uhr nachmittags, an Berlin Anhalter Bahnhof 5.22 Uhr) direkte Schlafwagen Berlin—Locarno. SUtzschlag in -as Lvcarnoer Hotel Espanaüe Berlin, 9. Okt. Wie die Blätter aus Locarno mel den, ging dort gestern abend ein schweres Gewitter nie der. Der Blitz schlug in das Hotel Esplanade, wo die deutsche Delegation wohnt, ein. Es wurde jeuoch nur die elektrische Lichtanlage des Hauses zerstört, sodaß die Dielegationsmitglieber das Abendessen beim Kerzenschein einnehmen mußten. Auch die Lichtanlagen der Stadt wurden durch Blitzschlag beschädigt, sodaß die Stadt in völliges Dunkel gehüllt war. Ferner sollen die Tele- phonlettungen teilweise zerstört worden sein. « - ,»' ! !.»'.>»»», > > « «M» Sal-wln über -en Slcherhektspakt. London, 8. Ott. In seiner Red« in Brighton sagte Kdwin noch über den Sicherheitspakt etwa folgendes: >» neuer Gedanke wurde durch das deutsche Momo- indum vom Februar diese« Jahre» vyrgcbracht, und ie Negierung verlor keine Zeit, s'ch ihn zu eigen zu lachen. Die zugrunde liegende Idee ist einfach und ehr- h. Was den Vertrag selbst anbelangt, ^o sind Pie rundsätze, von denen wir uns leiten ließen, klar, der ertrag muß zweiseitig und gcgxnselttg sein, rein defen- v im Charakter und dem Geist de« Völkerbund-Pakt» npepaßt. Jede neue von der britischen Regierung über- onimene Verpflichtung muß friedlich und auf die be- chcnden territorialen Abmachungen in jenem Gebiet «schränkt sein, welche» für die britische Sicherheit von taler Bedeutung ist, nämlich an der Grenze zwischen Mlschland und seinen westlichen Nachbarn. Wir Ver meil darauf, daß das Ergebnis ein System sein wird, klchc» mit einem Mindestmaß neuer Verpflichtungen nen wesentlichen Vorteil für unser Land verbindet, »em e» die Kriegsgefahren verhindern und zur Wie- Herstellung Europa» beiträgt. Ich bin der festen Ssfnung. daß derselbe Grundsatz, der für den Westen pellt pariflen über -ie -eutsch-ruMchen Sezirhungen. Pari», 8. Ott. Ter Berliner Berichterstatter des „Petit Parisien" erklärt, in diplomatischen Kreisen ver sichere man, daß Außenminister Tr. Stresemann in der vergangenen Woche mit Tschitscherin in Merlin geprüft habe, welcher Art die russisch-deutschen Beziehungen sein würden, wenn Deutschland den Stcherhettspakt unter zeichnen und in den Völkerbund etntreten werde. Eine Art deutsch-russischen GegenvcrtragcS sei dabei von sow- jettsttscher Sette vorgcschlagen worden, durch den Ruß land und Deutschland sich gegenseitig verpflichteten, sich in Zukunft weder militärisch noch wirtschaftlich! oder durch eine finanzielle Blockade anzugretfen. Dieser Gegenpakt solle später abgeschlossen und dem positiven Ergebnis der Konferenz von Locarno angepaßt werden. Tos ist einer der Gründe, weshalb fpie deutsche Delegation nicht endgültig in Locarno selbst abschlteßen wolle, da der deutsch-russische Dichcrheitspakt nach den Aussagen von Tschitscherin dazu bestimmt ist, eventuell zu gleicher Zett wie der westliche. Sicherheit-Pakt In Kraft zu treten. Gefecht in China. Schanghai, 8. Ott. Nach japanischen Berichten ka men Kantontr'rppsn im Scheklung-Tunttvang-Tistritt in lt, auch für dis WMgs B-.fri»dunst Osteuropa» an«' stvnflftt mit Tri'PPeri de« General» Sch-nschtnn^mirZ. wandt werden wird. . Da' Gefecht soll ziemlich verlustreich gewesen sein. Die ^nettensosfensivtz. Von Dr. Milz, M. d. R. lieber die Tage von Locarno berichtet die Presse mit den alten CItchees. !ES sind deren ja so viele vor handen von London, Brüssel, Genf, Genua, Cannes oder wie die Namen heißen mögen, mit denen der Weg Deutschlands zu den Konferenzen gepflastert war. „Echo in London und Paris." „London ist zuversichtlich." „Mißtrauen in Prag." „Ter Auftakt." „StresemannS Befinden hat sich gebessert." So und ähnlich leuchtet es mit den größten Lettern auf allen ersten Seiten der deutschen Blätter. Wer abseits des Lärm» der großen politischen Heerstraße die Dinge in Locarno auf sich wirken läßt, vermag dem, was sich dort vollzieht, nicht mit ungeteilter Zuversicht entgegenzusehen. Man hat den Eindruck, als ob jetzt gegen Ende der.ersten Woche der Konferenz die Beteiligten sich noch nicht einmal dar über klar seien, welche Probleme im einzelnen überhaupt zur Sprache gebracht oder entschieden werden sollen. In seiner außenpolitischen Rede voM 22. Juni 1925 erklärte Stresemann: „Eine gerade Linie der deutschen Außenpolitik führt über die Liquidation des uns ausgs- zwungenen Ruhrkampfes zum Sachverständigengutach ten und von dem Londoner Reparationsplan zum Plan des Sicherheitspaktes. Deutschland hat.jetzt eine Frie densoffensive großen Stils begonnen." ES war in: Krieg das tragische Schicksal aller Offensiven, daß sie taktische Erfolge brachten, sich aber strategisch totliefen. Hoffent lich bleibt der Stresemannschen „großen" Friedensoi'sew' five das gleiche Schicksal erspart. ZuM Gelingen jeder Offensive gehören klare strategische Ziele und ein an ganz bestimmten Punkten angesetzter Kräfteeinsatz. An bisherigen Verlauf der Friedensoffensive hat die diplo matische Oberleitung in dieser Beziehung nach außen hin nicht die erwünschte Klarheit und Entschlossenheit erken nen lassen. Schon vor Locarno hat man die Offensive mit allerhand Nebenaktionen belastet und die Zielpunkte teilweise gewechselt. Es scheint so, als ob der Ober leitung selbst das nicht immer zum Bewußtsein gekout- men ist. Bei der außerordentlich starken Inanspruchnahme unserer Minister durch die wechselvvllen Probleme der Außen- und Innenpolitik kommt es zuweilen vor, daß einer oder der andere von ihnen nach- verhältnismäßig kurzer Zeit vergißt, was er gesagt hat. Von Stresemann ist das bekannt: Von Luther ist eS weniger bekannt, aber es scheint auch ihm zuweilen zu passieren. Am 29. April 1925 erklärte der Reichskanzler Dr. Luther : „Die Sichcrheitsfrage ist ein zu schwieriges Problem, als daß es ratsam wäre, sie unnötig durch das Hinein ziehen anderer Probleme zu belasten, die entweder mit ihr überhaupt in keinem Zusammenhang stehen oder doch zweckmäßig eine gesonderte Behandlung erfahre::." Ob der Reichskanzler an diese Worte Wohl noch gedacht hat, als er auf Geheiß der Deutschnationalen vor dem Gang noch Locarno die Vernuchrurigsnote in der Krieg?- schuld frage notifizieren ließ? In der gleichen Rede erklärte Luther: „Auch die Frage der Räumung der nördlichen Rheinlandzone, kann selbstverständlich nicht in dem Sinne mit dem Zustande kommen "din.es Sicherheitspaktes' verknüpft werden, daß die Räumung von ein?m solchen Sicherheit-Patt abhän gig wäre." In der deutschen Antwortnote vom 20. Juli 1925 steht der hiermit nur schwer in Einklang zu brin gende Satz: „Tie deutsche Regierung möchte darauf hin. 1 weisen, daß das Zustandekommen eines Sicherheit-Pattes eine so bedeutsame Neuerung darstellen würde, daß sie nicht ohne Rückwirkung auf die Verhältnisse in den. be setzten Gebieten und überhaupt auch die Frage der Be setzung bleiben dürfe." Und Stresemann sagte am 22. Juli 1925 im Reichstag: „Die Nichträumung der nörd« i lichcn Rheiulandzvne, die zugesagt war, und die sich laus den Verträgen für den 10. Januar dieses Jahre» ergab, hat gerade diese große Entspannung, der öffent lichen Meinung (infolge der RuhrräumMg) rrkedcr zu- j rücktreten lassen." Locarno hätte zur Entscheidungsschlacht der deut» , scheu Friedensoffensive werben können. Aber nur dann, ! w"nn man auf den diplomatischen Kampf etwa dir > Grundsätze übertragen hätte, die einst der russische Ge neral Brussilow in einem Tagesbefehl bekundet»: mor gen beginnt die Okstnsive; wo MkAmpft wird, müssen Tintenfässer geschlossen werden; ich kenne »mr noch Mel dungen und Befehle." ES wird während dieser Frie densoffensive. genau so wie vor ihr, Vie! zu viel u»nl die Kernprobleme herumgeredet und hevumgeschrteben, anstatt daß sie klar zur Entscheidung herau-gestellt wer den. So wird Lorarno bestenfalls ein taktischer Teil- erfolg vwrdkn, aber auf keinen Farr ein strs.tegischn Endsieg. Auch Locarno wird da» Schicksal fast aller bisherigen Konferenzen teilen. Perm wesentlichster Er- darin Bestand. «»nen nmen Ksn-> gewordenfein