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/luer Tageblatt Sonntag» cien 3 Mai 1923 20. Jahrgang Nr. 102 preuNlcker Lanätag hln-raburg nlmmt an. Generalseldmarscha'll v. Hindenburg hat in einem gestern beim ReichSwahllettvr etngegangenen Schreiben vom 29. April erkblrt daß er bereit sei, die Wahl an» zunehmen. Die Vereidigung, ist auf den 12. Mat fest» oesetzt- Was lehrt uns äie Wahl? Von Dr. Külz, M. jd. «. ML der Erwühlte her deutschen volle« ist Hinden burg au» der Wahlschlach" um den ReichSprästdentea- sitz hervorgegangen. E» 'ist nicht überflüssig, die» alV erst« Lehre de» Unter un» liegenden Kampfes festzu halten, denn «in erheblicher Lei! der Presse und d« Politiker, die, wie wir Hindenburg» Kandidatur be» Ampst haben, suchen den WahlguSfall mit allerhand Rechenkunststücken in da» Gegenteil zu Verkehren. Ob Hindenburg ,/ruf den Krücken der Kommunisten" ge wühlt worden ist, Äb die Gesamtheit der abgegebenen Stimmen eine Mehrheit für Hindenburg nicht ergibt- da» alles ändert nicht« an der Tatsache, daß, er gewühlt ist. Und au» dieser Tatsache gilt, e» die Folgerungen zu zichen. > . i i i > l > Die erste Folgerung Ist die, daß dem Erwählten de» Volkes auch von den bisherigen Gegnern seiner Kandidatur die Achtung bezeugt wird, die dem Staats oberhaupt gebührt. In einem Lande mit gefestigt« republikanischer Tradition würde man so etwa» kaum au»zusprechen brauchen. Der gegenwärtige amerllant- Mchlvare Ätzung r>»rr stiigeibNtztt. Bischofswerda, 1. Mai 192b. Am Mittwoch hat in Tröbtgau bei Bischofswerda ein Kugelblitz Ver heerungen angerichtet, wie sie für einen Blitzschlag noch nicht zu verzeichnen waren. Der Blitz, der nach Angabe mehrerer Augenzeugen in Form einer großen Feuermasse scheinbar senkrecht und verhältnismäßig langsam ntedergtna, schlug in da» TranSformatorenhauS Sei der Schule, sprang auf die Te» lcphonlettung über und richtete in der Wohnuna de» deutsch» nationalen' Landtagsabgeordneten Lehrer Grellmann furcht bare Verwüstungen an. Di« Wände wurden durchschlagen, die Decken wie von Schrapnellstücken durchlöchert, die Gardinen verbrannt. Herr Grellmann -«fand fich eben am Telephon, fähig« Regierung zustande zu bringen. Gelingt es nicht, ein arbeitsfähiges Kabinett zusammenzubringen, so bleibt nicht» anderes übrig, al« aufzulösen. ES läge aber im Interesse des preußischen Volkes, ihm die Mühe, di« Arbeit und Beunruhigung einer Neuwahl zu er sparen, denn im Voll herrscht eine tiefe Sehnsucht nach Ruhe. Deshalb erhoffe 'ich auch, daß, der Landtag sein Verhalten so einrichtet, 'un» in Preußen eine Neuwahl hu ersparen. Nachdem der deutsch nationale Abgeordnete Meher- H«vm»dorf sich noch in sebr scharfen Worten gegen die preußische Staat»regierung und namentlich gegen das Zentrum geäußert und dabei insbesondere auf die Welt anschauungsgegensätze zwischen Zentrum und Sozial demokratie htngewiesen hatte, die unüberbrückbar seien, entfesselte der Aentrumsabgeordnet« Wildermann stür mischen Widerspruch auf der Rechten, indem er sagte: Dar Papst und die katholische Kirche haben wieder holt den Sozialismus wie den Protestantismus al» Irr lehre bezeichnet. (Hört, Wrt! und groß« Aufregung recht».) Von un» zweifelt kein Mensch daran. (Stür misch«: Entrüstung und andauernder betäubender Lärm recht».) In aller Ruhe stelle ich fest, daß in der Welt» anschauung zwischen uns und den Sozialdemokraten «ine tiefe Kluft besteht, daß Die (nach recht») aber dogmatische und bürgerliche Toleranz verwechseln. (Fort gesetzter erregter Widerspruch rechts.) Bet unserer po litischen Zusammenarbeit bleibt die absolut« Verschieden heit der Weltanschauungen durchaus bestehen, das ha- byn wir auch beim Eintritt der Sozialdemokraten in di« Negierung klar Ausgesprochen. Und ist die Deutsche Vvlkspartei nicht auch in die Große Koalition eingetre ten? Damit hat sie doch anerkannt, daß grundsätzlich gegen eine solche Zusammenarbeit wicht» einzuwenden sei Auch der Abg. v. Richter, der danach! das Wort er griff, erklärte, daß ihn die Ausführungen des Vor redner» aufs tiefste verletzt Hätten, dagegen lenkte er sichtbar gegenüber dem preußischen Ministerpräsii -lten ein, lobte dessen Zurückhaltung während der Zeit der Zusammenarbeit mit der Deutschen BolkSpartet in der Großen Koalition. - - l ! ! Die Große Koalition war entschieden ein Fortschritt gegenüber der Weimarer Koalition. Wären wir damals nicht etngetreten, so hätten sich wM die Dinge nach! un serer Auffassung ungünstiger entwickelt! Reibungen gab e». Zwischen Ministerpräsident Braun und mir haben auch Schwierigkeiten obgewaltet. Ich erinnere an die Fragen der Absägung der ostpreußischen Landräte, air di« Angelegenheit de» Polizeipräsidenten Runge, aruW.mmung zu den Anträgen zur Vertrauensfrage. wurde zu Boden geschleudert und erlitt eine vorübergehende linksseitige Lähmung. Der Schulkinder, die den Blitz zum Unterricktsztmmer hatten niedergehen sehen, bemächtigte sich natürlich eine furchtbare Panik,) da dos HauS im Nu von dichtem Schwefeldampf erfüllt war. Wie durch ein Wunder ist eS hier ohne weitere» «Unglück abgegangen. Der gleiche Blitzstrahl hat auch die Transformatorenhäuser in Neudorf und Schmölln zerstört. Drei Telegraphenstangen i zwischen Töbtgau und Schmölln sind vom Blitz zertrümmert und eiserne Masten in kleine Splitter zerschlagen. Der LettungSdraht ist auf 100 Meter völlig verschwunden und in Atome zertrümmert. In den 1K Kilometer entfernten Steinbrüchen f am Ratschten war ein Arbeiter an der elektrischen Leitung beschäftigt. Er wurde zu Boden geschleudert und war längere Zeit bewußtlos. Im Stetnbruch am sogenannten Alten Keller arbeitete der Arbeiter Aust an der Leitung. Auch er -wurde zu Boden geschleudert und bekam, wahrscheinlich infolge des Schrecken», einen Krampfanfall. Der Blitz hat etwa SO Fernsprechmasten in Töbtgau und Umgegend unbrauchbar »macht. Auch hier wie der entlud sich da» Gewitter, wie im Königsteiner Fall, erst nach geraumer Zett «ach dm Niedergang de» so Verhängnis vollen Blitzschläge». tigten Stimmen auf sich, aber seitdem er gewählt ist, betrachtet ihn ganz Amerika doch al» sakrosankte» Ober haupt de» Landes. So sehr wähvend der Wahl die Persönlichkeit der Kandidaten naturgemäß im Mittel punkt de» Kampfe» stand, denn eine solche Wahl ist «eben in hervorragendem Matz« eine Persvnlichkeit»frage, so sehr muß vor der Perlon de» einmal Gewählten der Kampf der Parteipolitik Haltmachen. G» darf sich nicht mit umgekehrtem Vorzeichen da» erbärmlich« Schau- spiel wiederholen, dem Ebert ausgesetzt war. Würde und Ansehen de» deutschen Volle» oerlangen ein Her- auÄheben der Perlon de» Staatsoberhauptes au» den Niederungen de» Tagesstreit«». ' Ter R«tchSprästd«nt soll da» Symbol de« Staats willen» und die Verkörperung des BolkSwillen» sein. Staatswille.' und Volkswille kommen in der Wahl Hin denburg» nicht eindeutig zum Ausdruck. Da» ist die zweit« Lehre, die wir au» dem Ergebnis de» 26. April zu ziehen haben. Die Wahl ist nicht allein die Ver körperung de» Vollswillen«, sondern auch das Spie gelbild der VolkSstimmunf Hindenburg begann eine geschichtliche Persönlichkeit zu werden, er war auf dem Wege zum Piedestal 'des Nationalheros de« letzten Krie ge». Tas nationale Empfinden Weiber Kreise de« deut schen Dolle» rankt sich von jeher lieber an einer Person als an einer großen Idee empor. In dieser Beziehung ist es bezeichnend, von wann und für welche Zwecke jetzt die Person Friedrichs des Großen und BiAmarck Hex- Halten muß. Diese beiden standen aber schon an dem geschichtlich! geweihten Platz per Nationalgvößsn, und kein politischer Mißbrauch kann sie von dort herunter holen. Die national« Schnsuchb eine» großen Teile» der Hindenbuvgwähler glaubt 'gefühlsmäßig, daß die na tional« Noch unserer Lage gebannt werden könne, wenn an der Spitze de» deutsch«« Volles eins Persönlichkeit steht, die aus der Vergangenheit einen nattonalgeschtcht- lichen Kapitalbesitz, mitbringt. „Nun mutz sich alle», alle» wenden", das ist ungefähr die Stimmung, in der ein, großer Teil des deutschen Volles, mich Hoffnungen sich über die staat-politischen Realitäten hinwegsehend, den Stimmzettel für Hindenburg in die Urne legte. Au» diesen Kreisen hat am 26. April die Kandidatur de» Rechtsblocks den Zufluß ini Vergleich zur ersten Wahl erhalten. D«» Massiv der Hticdenburgwähler besteht freilich au» den rechtsgerichteten politischen Strömun gen, die in der Wahl Hindenburg» eine wesentlich« Etappe auf dem Wege zur politischen Macht glauben erreicht zu haben. Ein« dritte Lehre gibt die Wahl unseren Partei politikern. Wktche Schichten de» deutschen Volke» sind von dem Bestreben erfüllt, die führenden Persönlich keiten nicht au» den Kreisen der parteipolitisch abge stempelten Politiker zu gewinnen, sondern sich freizu- Machen von allzu enger partetmütziger Bindung. Ge wiß, auch di« Kandidatur Hindenburg war ein« ausge sprochene Parteikandidatur der Rechtsparteien, aber di« Persönlichkeit Hindenburg» erschien vielen parteipoli tisch nicht gebunden, und deshalb konnte die Fiktion von der „überparteilichen" Kandidatur Hindenburg» WU> kung haben. Marx hat sich im Wahlkampf jeder Partei- politischen Einstellung enthalten und sich ganz und gar al» Mann einer klaren staat-politischen Linie gezeigt, aber da» hat ihm wenig geholfen, für viele -lieb er stimmung-mäßig der Parteipolitik« und Zentrum«, mann. Die republttantschen Strömungen In Deutsch land werden au» der Wahl Hindenburg« vtOSrk,nnt»W gewinn«,, daß die demokratisch-republikantschen Var- teien sich nicht damit begnügen dLfm» sich att solch» ' g« preußischen Landtag wurden gestern die Au», einandersetzungen Mischen der Regierung und der Oppo sition fortgesetzt Ministerpräsident Otto Braun sagte, eR sei ja sehr löblich, wenn Dr. v. Lampe da» Ziel der großen Volksgemeinschaft vor Augen habe. Aber eine BvllSgemetnschaft, von der bi« Sozialdemokraten von vornherein ausgeschlossen feien, wäre eben keine Volks- gemetnschast. Eine solch« sei ja auch! von der Rechten gar nicht ernst gemeint, weil man wisse, daß das Zen trum sie nicht nitmachen werde. ES trügen daher die jenigen Parteien die volle Verantwortung, die eine le- benSfähige Regierung stürzen, ohne imstande zu sein, ihrerseits eine solche zu bilden. Ter Ministerpräsident über. Die Schwierigkeiten >'von denen Herr v. Richter sprach die Hoffnung aus, daß, sich das Hau» der Staat»- sprach, hab« ich nicht nur Mit der Boll-Partei gehabt. Notwendigkeit nicht verschließen werde, eine arbeit». Es gibt keinen Minister, keinen Staatsmann, keinen Ab- ' ' geordneten, der da» Kunststück fertig brächte, mit allen Parteien fertig zu werden! ' Abg. Dr. Preuß (Dem ): Ich habe trotz de» gutmü- sch«"Präsident vereinigt« tz. B? bei einer Wahlbetetlt- Ligen Charakters der jetzigen Debatte doch die Empfin- gung von 65 Prozent nur 3b Prozent der wahlberech- dur^g, daß diese politische Aussprache die letzte in die- sem Landtag sein dürfte. Der Appell an die Wähler erscheint unumgänglich, denn dieser Landtag hat keine trag fähig« Regierungsmehrheit, nachdem die Deutsche BolkSpartet die Große Koalition absichtlich und bewußt zerstört hat. Nun bemühen sich die Deutschnationalen und die Deutsche BolkSpartet krampfhaft, das Zentrum auf alle mögliche Weis«, durch Umschmeichelung und Anpöbelungen, zu sich herüberzuztehen, aber vergebens. Die Opposition kann nnd darf nach! Artikel 57 der Ver fassung eine Regierung «nur stürzen, wenn sie eine an ders an ihre Stelle zu setzen vermag, darum ist dort die Bildung einer Regierung erleichtert, ihr Sturz erschwert. Herr v. Richter will Sozialdemokraten und Deutsch nationale gleichmäßig am Staatsleben und an der Staatsverwaltung beteiligen; das würde doch den Deutschnationalen zum größten Schaden gereichen. Denn dann müßten ja AO o. H. der jetzigen antivepublikanischen Preußischen Beamtenschaft entfernt und durch! Republi kaner ersetzt werden. Das heutige Verhältnis im Be amtenapparat ist ja nur die Folge einer geradezu sträf lichen Nachsicht. Wir werden ' sorgsam wachen, daß Reichspräsident und Republik nicht auseinander gehen, daß die Republik von reaktionären Einflüssen sreige- halten wird. Das Schicksal der Regierung in Preußen wird maßgebend sein auch für Deutschland und für seine Bewertung im Ausland, darum mutz alle .Kraft daran gesetzt werden, in Preußen nicht di« Reaktion hochkom men zu lassen, sondern ein festes republikanisches Regi ment ist Preußen aufzurichten. (Beifall b. d. Dem.) ' Abg. Wtldermann (Ztr.) erklärt, er habe sich nur gegen den Vorwurf gewandt, seine Partei stehe im Wi derspruch mit den Auffassungen und Erlassen des Pap ste». Zur ReichspräsidentschaftOwahl erklärte der Red ner mit starker Betonung: „Ich! erkläre vor aller Oef- fentlichkeit, es ist weder den Sozialdemokraten noch den Demokraten für die Mitwahl de» Herrn Marx tr- rendeine Versprechung gemacht, noch ist irgendeine Ver- fltchtung eingegangen; e» ist auch keinerlei Bsrspre- mng oder Verpflichtung verlangt worden." Nach auSsprachsloser Annahme einer Reihe von »iuSjchußanträgen vertagt sich .um 5.20 Uhr das Hau« M rs Freitag, den 8. Mat mit der Tagesordnung: Ab-- Mstimmong über -le Vertrauensfrage am s. Mal. den Fall Hörsing; der Wahlaufruf für das Reichsban ner schloß mit dem Schlutzappell: Nieder mit der Deut schen Vollspartei, nieder mit der Deutschnationalen Vollspartei! Heißt das, "die DtaatWautorität stützen? Und da» geschah, als die Vollspartei in der Regierung satz. ' Minister Severing: Wenn man eine Verständigung will, ist sie leichter möglich auf der Grundlage der Aus führungen des Herrn v. Richter als der de» Herrn v. Camp«. Männer des politischen Lebens sollte man nach ihrer Gesamtwirksamkeit, nicht nach einzelnen Reden beurteilen. Da» gilt auch den Ministerpräsident gegen- t — »EM.Iß, «ch Ml »II p.n.nfl.u«, MM MM KGM KM KG MV MM M MV UM MM KG UMM MV KM KG « »'N,, ««. i»»«« »»«»»«v. lvtholtenü ,Ie omtllchra Vekoontmachuogen t«, Not« Etat« aat te» Amtsgerichts Ma,. t>»< «»<, »>. >««