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/luer Tageblatt Anzeiger für öas Erzgebirge Dr. SI Sonntag, üen td. April 1S2S 20. Jahrgang en > -H» -L.7S 6en rpreise. Nr. !adr» ESden. rgen va-»// Wiker ckler sllung 8rtri,bi. c. 2008 air >1. erheten. «r guten »SSV eben Oe 47. Koblenz, 17. April. Die in der Nähe von Neuwied gelegene Hermannshütte, die 250 Arbeiter beschäftigt, ist von der Firma Friedrich Krupp A.--G. in Essen stillge legt worden. Beuchen (Oberschlesien), 17. April. Nach einer Mel dung der Ostdeutschen Morgenpost aus Mährtsch-Ostrau wurden in einzelnen Betrieben, des Ostrau-Karwiner BergrevierS Bekanntmachungen der Unternehmungen an gebracht, aus denen he rvor geht, daß, wegen Arbeitsman- gels bedeutende Arbeiterentlasjungen Vorgenommerl wer den müssen. Am ganzen sollen 4—5000 Bergleute ent lassen werden. Im Ostrau-Karwiner Bezirk ist auch ein großer Teil Hultschiner «Arbeiter beschäftigt, sodaß die schon bestellende Arbeitslosigkeit, die durch die Abtretung des Hultschiner Ländchens hervorgerufen wurde, dadurch noch vergrößert wird. Fürst Günther zu Schwarzburg-Tondershausen-Rudol- stadt f. Im Alter von 70 Jahren starb in Sondershausen der ehemals regierende Fürst Günther zu Schwarzburg-Son- dcrshausen-Rudolstadt. Er hat erst als Freiwilliger und dann als Leutnant den Krieg 70/71 mitgemacht und war zu letzt General der Kavallerie a la suite des Garde-Kürassier- Regiments. Am 22. November 1918 verzichtete er auf den Thron. Seine Ehe mit Prinzessin Anna-Luise von Schön burg-Waldenburg ist kinderlos geblieben. Als Chef des alten deutschen Geschlechts, daS im 14. Jahrhundert, als Deutsch land sich noch seine Könige wählte, dem Reich einen König gab, folgt dem verstorbenen sein Vetter Prinz Gtzzo zu Lchvarzburg. eeir Vertretung Verdienst: monatlich, e Beamte. lllk1urtii.V. besonderen Justizkommission übertragen worden. lieber den Verlaus der Katastrophe in Sofia wird noch folgendes gemeldet: Zu der Leichenfeier hatten sich die bulgarische Regierung sowie zahlreiche Abgeordnete eingefunden, außerdem Offiziere, die Spitzen der Be hörden ufw. Ter König war nicht erschienen, und auch die Mitglieder des diplomatischen Korps waren nicht an wesend, da der Ermordete keine große Rolle gespielt hatte. Während des Chvrgesanges gab eS plötzlich eine furchtbare Detonation; der Kirchenraum füllte sich mit Staub und Rauch, Mauerteile stürzten herab, man hörte Schreie von Verwundeten. «Es entstand eine Panik, bei der mancher von den Verwundeten erneut verletzt wurde. Ter Katafalk, der Mitten in der Kirche stand, stürzte um. und an den «Türen staute sich die Menge in' fürchterlicher Weise. Die Minister «konnten alle lebend die Kirche verlassen. Die Negierung «sorgte sogleich' für die not wendigen sanitären und politischen Maßnahmen. Ter Ausnahmezustand wurde über die Stadt verhängt. Die Garnison wurde alarmiert die Straßen an der Kathe drale wurden abgesperrt, die Hauptstraßen der» ganzen Stadt militärisch besetzt, und auch der Konak wurde mit einem Militärkordon umzogen. D«a das Attentat «offenbar von den Agrarkommuni sten auSgegangen ist, fürchtete man zuerst, daß größere Unruhen folgen würden. Diese Besorgnis verwirklichte sich jedoch nicht, am Abend herrschte in der Stadt wie der Ruhe und Ordnung. Ob das Attentat mit dem vor kurzem aus den König verübten Anschlag zusammen hängt, ist noch nicht aufgeklärt. Die Zahl der Toten und Verwundeten stebt noch nicht genau fest. Tos Un glück hätte viel schlimmer werden können, wenn die Feier in der neuen Kathedrale stattgefunden hätte; die alte Kathedrale ist nur ein ver'hältnismäßig kleines Ge bäude. Die Kirche ist der heiligen, Sophie geweiht, von der die Hauptstadt ihren Namen bekommen hat. Tie Leiche des Mörders deS Abgeordneten Milew wurde gestern früh an der nämlichen Stelle aufgefun den, wo Milew selbst gerötet worden war. An der Leiche war ein Zettel angeheftet, worauf stand, daß die „Hinrichtung" auf 'Befehl der mazedonischen Orga nisation vollstreckt worden war. Der getötete Mörder ist ein bekannter Anarchist und einer der Haupturheber des Attentats, das Februar 1914 im Kasino von Sofia verübt wurde. . j Umstnrzbewegung auf dem ganzen Balkan? T«er „Corriere della Sera" meldet aus Bukarest: Dia kommunistische Umsturzbewegung hat auf dem gaw zen Balkan begonnen. In Rumänien, Serbien und Griechenland sind zahlreiche russische. Emissäre seit Wo chen tätig. In Saloniki beschlagnahmten die griechischen Behörden eine kommunistische Munitionsfabrik, in Bel grad und Nisch die jugoslawischen Behörden Thnamit- vorväte. In Bukarest konnten durch. Haussuchungen bei namhaften Sozialisten 26 nicht augemelüete Sowjet rüssen verhaftet werden. WMW Mnzetger für öas Erzgebirge Z-MM «mlllch, s,ll.« Lü-eamm», ra-idiatt Enthalte»- -k amtliche» vekaaatmachuagen -es Rates -er Sta-t an- -es Amtsgerichts flae. p»M»ck.«onts> Amt LKpzis Nr.IS-, fand anläßlich der Einsegnung der Leiche des ermordeten Generals Costa Georgeff eine Trauerfeier statt, die von etwa MO Personen besncht war. Als vor dem Katafalk das Evan gelium verlesen wurde, erfolgte eine furchtbare Detonation, die weithin gehört wurde und in der Kirche schreckliche Ver- Wüstungen anrichtete. Selbst die Fensterscheiben an den Häusern der Umgebung wurden zertrümmert. Die mittlere von den drei Kuppeln der Kirche stürzte ein und begrub mir ihren Trümmern die unter ihr stehenden Menschen. Von den 200V Personen sollen kaum 2VV unverletzt geblieben sein, die übrigen sind tot oder verletzt. Bisl^r konnten 150 bis 200 Leichen aus den kn der Kirche herumliegenden Körper teilen seftgestellt werden. Alle öffentlichen und privaten grankenanktattrn sind mit Verwundeten überfüllt Bis 10 Uhr konnten die bekannteren Persönlichkeiten unter den Leichen festgestellt werden. Es befindet sich eine Reihe von Abgeordneten darunter. Fast alle Minister sind verletzt, ichwer verletzt angeblich auch Ministerpräsident Zankow. In allen Städten Bulgariens wurden zahlreiche Verkos tungen oorgenommen, in Novo Zagora allein 150 Personen. ? ie es beißt, wurde die gesamte bulgarische Grenze aesverrt. Sofort nach der Explosion in der Kathedrale beg„b sw! der König auf die Unglücksstatte, wo er von der versammelten Menge lebhaft begrüßt wurde. TaS Werkzeua der Explosion, eine mit einem Uhrwerk Versehene Höllenmaschine, war unter dem Dach deS südlichen Teiles der Kathedrale verstockt. Da die offiziellen Persönlichkeiten, um die Bahre Kostas in der Mitte der Kirche standen, waren sie der Wirkung der, Explosion viel weniger ausgesetzt als die, die sich in der Aktionssphäre der Maschine befanden. Die Zahl der Toten beträgt etwa 150, die der Verwundeten 200. Ter Ministerpräsident, der KriegSminisrer Und der In nenminister trugen leichte Verwundungen davon. Un- :er den Toten befinden sich außer den schon Genannten ter Bürgermeister von Sofia und Minister a. D. Ge neral Naedenosf. Unmittelbar nach der Explosion tra ten die Minister zu einer Beratung zusammen. Der Kriegsminister Valkosf und der Platzkommandant Gene ral Lazaross machten danach einen Rundgang durch die Stadt, von der Bevölkerung überall jubelnd begrüßt. Mehrere Verhaftungen wurden vorgenommen. ES herrscht Rühe. Im Kreise Nowa-Zagora hat die Kriminalpolizei über 100 Personen verhaftet. Aus der Vernehmung i. er Verhafteten geht «hervor, daß das Attentat auf Kö- i.ig Boris und die Kathedrale Sweta-Nedilja das Sig nal für die 'E r klär uno der Revolution und die Ausrufung der Sowjetrepublik auf dem Balkan sein sollte. Die Zeitung „Epocka" «meldet: Fast sämtliche Mit glieder der kommunistischen Zentrale find seit einigen Tagen aüs Sofia und Bulgarien verschwunden. Die Polizei, die in ver Wohnuüg des Kommunisten? hrers Swnjo f erschien, fand diese leer. Ebenso ist das i wtei- bü'.o vollständig auSgeräumt. Zwei Partetangepörige ter Bauernpartei, in deren Wohnungen man kommuni- ststche Parteikorrespondenzen fand, wurden festgenom- -men Tie Grenzen sind seit Mittwoch, gesperrt und die ter üvate Gr! Seppen»«« It und billig t von kibeaftock. Stillegungen im öergbau. Essen, .17. «April. In den Verhandlungen vor dem Temobilmachungskommissar über die Stillegung der Magerkohlenzechen Schürbank und Charlottenburg und Johannes Segen wurde «festgestellt, daß die wirtschaft lich« Lags unhaltbar geworden ist und die Stillegung deck Betriebe nicht zu umgehen sei. Von den Mager kohlenzechen hat nunmehr auch die Gewerkschaft Wer- beder Steinkohlenwerke die Stillegung des Betriebes wegen dauernden Unwirtschaftlichkeit beantragt. Die Zech« will die Aufrechterhaltung einer geringen Förde rung versuchen. Zur Entlassung werden etwa 500 Ar beiter und Angestellte kommen. Während bisher von den Betriebsstillegungen mit größeren BetriebSein- schränkungen nur die unter den schwierigen Absatzver- hältntssen besonders stark leidenden Magerkohlenzechen betroffen wurden, werden jetzt auch die Fettkohlenzechen von der Stillegung bedroht sowie die Schachtanlagen Westende 1 und 2 in Duisburgs Melder ich und Schles wig in Brake bei Dortmund gezwungen, ebenfalls wegen starken Absatzmangels und Unwirtschaftlich,kett der Be triebe di« Genehmigung zur Stillegung etnzuholen. 100 Mann von 1 und 2 Westende.sollen auf einer anderen Anlag« untergebrachi werden. Unter Berücksichtigung bet den UnterhaltungSarbeiten unter und üb« Lage Wetter Beschäftigten würden auf beiden. Zechen gusarw> men etwa 1450 Arbeiter und Angestellte zur Entlas sung knurren. ! > i< « . > j , > Wit fen. luer Tosiebl. Vie Wckck in W m den MininnWen in die W gesprengt. Sofia, 17. April. In der Kirche des Heiligen Königs Untersuchung ist durch Beschluß des Ministerrats einer Warum nicht Hinäenburg? Von Dr. Külz, M. d. R. Man muß. schon in die Zeitungen zurückgehen, in denen das KrtegSpresseamt auf seinem tiefsten Niveau angelangt war, uim ein Seitenstück zu der Methode zu finden, mit der ein Teil der Rechtspresse in Sachen der Kandidatur Hindenburg arbeitet. Mitunter wirkt eS geradezu ekelerregend, einen Deutschen wie Hindenburg von einer solchen «Atmosphäre der Unwahrhaftigkeit um geben zu sehen. Offenbar hat Hindenburg selbst gar kein« Ahnung davon, baß er der nach allerhand partes taktischen Schiebungen zustande gekommene Verlegen- heitSersatz für den seinerseits schon als BerlegenheitK» kandidaten ausgestellten Dr. «Jarres ist. Tie historische Gestalt eines Hindenburg «kn dieser Rolle zu sehen', ist nur für Menschen erträglich, die jeder geschichtlichen Psychologie bar sind. Diese Sünde gegen den historischen Hindenburg und gegen bis deutsche Erinnerung der letz ten Kriegsepoche ist eine neue schwere Belastung des Schuldkontos derer, die als Träger des deutschen Schick sals in schwerster Zeit nur allzuoft und allzu gründlich versagten, aber verhängnisvoller noch als diese Sünde gegen die Vergangenheit ist die aus der Kandidatur Hindenburg sich ergebende Gefahr für Gegenwart und Zwkunft. ' > ! ! ! I! ! ! Die Wahl zum Reichspräsidenten ist eine Persön lichkeitsfrage und eine Frage der Staatspolitik. In beiden Beziehungen ist «die Kandidatur Hindenburg ein völliger Fehlschlag. So «schwer eS ankommt, nicht nur die Kandidatur Hindenburg als solche, sondern auch die Persönlichkeit einer kritischen Würdigung -u unterziehen, so unerläßlich ist «dies im Interesse «eines objektiven und vertieften Urteils. Andererseits verliert aber auch LiefÄ Würdigung alles Peinliche dadurch, daß gerade der jenige, der Hindenburg als Mensch und als Feldherrn aufrichtig verehrt, i'hn «im Interesse der Reinheit dieses Verehrung in keiner «Rolle setzen möchte, in dis er nicht paßt. Man führt als einen wesentlichen Grund gegen! die Kandidatur Hindenburg gemeinhin daS hohe Alter an. An sich braucht dies kein Hinderungsgrund zu sein. Wenn der Mensch im hohen Alter zu einer Funktion be rufen wird, die in der Linie seiner bisherigen Lebens^ betätigung lag ünd gewissermaßen deren Krönung und Abschluß bildet, dann «kann er, die nötige geistige und körperliche Rüstigkeit vorausgesetzt, gerade im Alter zu Überragender Rolle berufen sein. Wenn aber ein fast achtzigjähriger Mann in ein Milieu hineingezogen wird, das ihm ein langes Leben Hindurch zuwider, ge wesen ist ünd von dem er sich deswegen absichtlich fern gehalten hat, so ist das ein Verbrechen an diesem Men schen und gegen die, denen seine Arbeit gelten soll. «Im Reichspräsidenten verkörpert sich die Staatsführung. StaatS'führüng ist praktische Politik im höchsten .Sinne des Wortes. So reiche Fähigkeiten, Hindenburg für die HeeresfÜhrung mitbrachte so offenkundig ist sein Man gel an Fähigkeiten Hur StaalSführung. Das ist dach dokumentarisch festliegende Urteil aus dem Kreise deck aufrichtigen Freunde Hindenburgs. Die Größe Hinden burgs in der Nachkriegszeit beruhte im wesentlichen darin, daß, er 'sich — im Gegensatz zu Ludendorff — von dem ihm fremden Gebiete der Politik fern Hielt. Jetzt« wird er aüs dieses Gebiet gedrängt, das seine Schwäche ist. „Politik und alles Nichtmilitärische lagen ihm fern. Er legte sich dis im Offizierskorps herrschende Glau- bensjormel, der Offizier soll keine. Politik treiben, da hin autz, daß «r sich nicht um sie kümutvrn. dürfe. La er sich mit Politik nie befaßt hatte, so ist sie ihm ein« Buch mit sieben Siegeln geblieben, DaS war schlimm^ denrt es hielt sehr schwer, ihn zum energischen Handeln zu bewegen, obwohl dieses sehr nötig war." Dieses! Urteil fällt über Hindenburg einer sein« glühendsten Verehrer, der bekann'te Oberst Bauer. Also: die Rechts parteien bringen es fertig einen fast achtzigjährigen Greis, der nie das Bedürfnis gehabt. Kat, sich politische Bildung aüzuetgnsn, zur obersten Führung der .Staats geschäfte ovrzüschlagen. ' , , Und damit kommen wir zur staatspolitischen Sette d«r Wahl. T«er Reichspräsident ist der Träg« der po litischen Tradition des Reiches, da» er vertritt. Dio junge deutsche Republik hat unter Ebert» Präsident schaft unter den iso sehr viel geschmähten Regierungen der repubMantsch-oemotrattschen Paxteien 'mühsam den Mnssang zu einer eigenen Tradition gewonnen. Hin denburg kann nie der Träger dies« Tradition, vor al lem aber auch ftrte der Träger ein« neuen Tradition werden. Di« politischen Kräfte, di« hinter der Kandi- datur Hindenburg stehen, wollen bewußt abrücken von der bisherigen Politik, die im Innern ein» Festigung der Republik, nach außen eine Verständigung mit un seren Feinden «von gestern «strebt. «» ist «ine erbärm lich» N»igh»it, wenn tm gegenwärtigen Wahlkampf di» antirepubltkantschon Strömungen diese Kiel» nicht offen