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! > i! I,, /d-W» UE Anzeiger für -as Erzgebirge Mer Tageblatt p«M,,tt« für «», H„ «» U«,«,,n» »» ««, »IM,« ^nz-l-i»« >,kl»m«.p,tltz,ll» «. O-Upf«»«I,i, «mttlch, -,tt« « *»u,ö«a,i. rog'bioii M,,,«,«,^. «nthallenS ölr omkltchen Vrkooalmachvngen Sr» Roles üer s»«tl UN- »e» flmlsg,richt» flur. p»«ll»^-««>i»>ft«t»-»-« «-.>«« Nr. SS Freitag, cien 10. April 1925 20. Jahrgang tzrnäenburg. Berlin, 8. April. Der Retchsblvck hat heute oor- «Ntag di« entscheidende Beratung über die Kandidatur für den -weiten Wahlgang abgehalten. Im ganzen Verlauf der Verhandlungen hatte Lr. Jarres keinen Zweifel darüber gelassen, Daß. an seiner Person eine Er weiterung der Basis des Reichsbkocks nicht scheitern dür fe. Nachdem die Bayrische Bost-Partei mitgeteilt hatte, datz sie einer Kandidatur des Genevalfelomar^challs v. Hindenburg zustimmen würde, bat Dv. Jarres tele graphisch, von seiner Auisteklung Abstand zu nehmen, und empfahl den: ReichSblock dringend, dem General- fekdmarschall v. Hirdenburg die Kandidatur zu über tragen- Ter ReichSblock 'beschloß darauf)in heute mit tag, die Kandidatur dem Generalselomavschatt v. Hin denburg anzubieten; dieser hat auch soeben angenom men. Me Bayrische BostSpartet, die Wtvt>chalt»partet. der Bayrische Bauernbund «und die Teutsch-Hannooersche Partei haben sich außer den im Reichsblock vereinigten Parteien und Verbünden dieser Kandidatur angechlos- sen und sind damit dem Reichsblock' beigetreten. Die Würfel im Lager des Reichsblocke» sind ge fallen. Jarre», den Wan erst als „VerlegenheitSkan- didaten", dann al» „besten Politiker der Zeit" bezeich net«, wird beiseite geschoben. Tamil bekundet der Lvebell-Au-schuß, daß er 'selbst nicht glaubte, datz Jar re» geeignet ist und zweitens, daß e» notwendig sei, einen zugirüstigeren Mann aufzustellen, um die er forderlich« Mehrheit zu bringen. Die Wahl fiel auf den greisen Generalseldmarschall v. Hindenburg. Hinden burg hat nach langem Zögern angenommen und sich da mit selbst den schlechtesten Menst erwiesen. Wer das politische Leben kennt, wird dem unbedingt zusttmmen müssen. Die Kunst der Politik ist angeboren und läßt sich durch guten Willen nicht ersetzen. Ist ein Feldherr, und sei e» ein so genialer wie Hindenburg, nun Politiker? Wohl in den allerseltensten Füllen- Friedrich der Große und Napoleon l. bilden die leuch« tinden Vorbilder, die e» ^verstanden haben, beides zu vereinen. Ler spüle re Aufstieg Deutschlands beruht auf der Teilung 'beider Gebieter Bismarck—Moltke— Noon. Wo es versucht wurde, militärische Grützen an die Stelle eines Diplomaten zu setzen, haben schlechte Erfahrungen die Unmöglichcett bewiesen. Erinnert sei hier nur an die Statthalterschaft Manteuffels. Damals hat sogar Wilhelm II. erkannt, daß das Militür bei seinen Leisten bleiben soll. Hindenburg hat ost betont, daß er kein Politiker ist und auch niemals Anspruch gemacht, als solcher an gesehen zu werven. Ware er nur im allergeringsten Politiker gewesen, ,o Hütte er oer elenoen deutschen fju- nen- und Außenpolitik wühreno des Weltkrieges ein Ende bereitet uno sich nicht den Er,olg seiner Siep - >er- derben lassen. Er ist Soldat durch und durch. EiselneS Pflichtgefühl hielt ihn im Jahre des Zusammenbruchs auf seinem Posten, während andere vorzogen, das Aus land aufzusuchen. Taeje Tat wird ihm in Deutschland nicht vergessen werden. Seinen Namen aber in einer Form auSzubeuten, wie es der Reichsblock getan hat, zeigt, daß man auch hier dem Parteiinveresse die Ver ehrung nachstellt. Hindenburg nähert sich seinem 80. t Jahre. Lite „München-AugSburger Abendzeitung" lehnt di« Etnwünde, die sich auf das Alter de» Feldmarschall» beziehen, ab und Erinnert an Elemenceau und Gio.'itti. Gewiß, auch Bismark ünd Chlodwig von Hohenlohe Waren hoch betagt. Vergessen wir aber nicht, datz Liese Münner geschulte Politiker waren, vergessen wir nicht, daß der Partetkampf stte schärfer geführt wurde wie heutzutage. Wenn heute die Press« des ReichSblock» jeden auffordert, für Hindenburg zu stimmen, so scheint e» von Interesse, die Blätter der letzten Tage durchzu- f-htz«. ' ,Fre«Mttung" vom S. Mprtkr „Man redet von Hindenburg. Der Mann steht uns,zu hoch, um ihn in den eklen Partetstreit hevetnzuziehen, der zu Lasten Vie Räumung von Köln macht gute Fortschritte. Im englischen Unterhaus wurde die Frage, ob die Räumung von Köln durch die Verhandlungen über den Fünfmächtevertrag verzögert werde, von Chamberlain verneint. Er erklärte, die Angelegenheit habe im Gan zen befriedigende Fortschritte gemacht und« wenn alle Teile Geduld und guten Willen' zeigten, könne man noch zu einer Lösung der Schwierigkeiten kommen. Auf «ine andere Frage antwortet« Chamberlain, bevor der verW de» Versailler Mtlistkkvmitee-r den alliierten Regierungen nicht -ugegan-en fei, Unna nicht ««sagt der Linken füllt. Jarres steht außerhalb aller Machi nationen der letzten Tage. Er bleibt nach wie vor die Kandidatur des ReichsblockS. Wir erwarten heute noch den Entschluß und 'seine selbstverständliche Proklama tion." l ! - „Völkischer Kurier" vom '4. April: „Wenn wir vor der Kandidatur Hindenburgs warnen, dann tun wir es mit dem Rechte des ehrlichen Freundes, der sich dagegen wehrt, daß mit der vollkommen unpolitisch eingestellten Natur des greisen Feldmarschalls ein unehrliches Spiel getrieben wird." Di« volksparteiliche „Zeit" erklärte am 7. April, daß „eS sich nicht empfiehlt den greisen Feldmarschall in diesem Stadium de» Wahlkampfes in die politische Kampslinie zu stellen". Die volksparteilich« „Tägliche Rundschau" vom 6. April: „Wir halten den Gedanken, den Felldmarschall Hindenburg zum Präsidentschaftskandidaten zu machen, überhaupt für unglücklich und haben das schon Var zwei Jahren öffentlich ausgesprochen» als Hindenburg bei der nachher verschobenen Präsidentenwahl von der Teutfchnationulen Partei nominiert werden sollte. Ta» Amt de- Reichspräsidenten ist ein politische» Amt, kein militärisches, und es erfordert die volle Kraft eine» überragenden Manne-, der noch in den besten Jahren steht. Ter Feldmarschall v. Hindenburg aber ist nahe an achtzig . . . Würde er aber in den Wahlkampf ge stellt» so würden die Schmutzfluten auch zu ihm hin aufspritzen und dem Ausland das ekle Schauspiel ge geben werden, daß e» für die deutsche Partetwut und den Parteieifer lein Heiligtum und keine verehrungs würdige Person gibt." »Deutsche Tageszeitung" vom 6. April: „ES ist ge wiß richtig, datz die ehrwürdige und über jede Kritik, erhabene Persönlichkeit de» greisen Feldmarschalls wie kein« andere geeignet wäre, an den besten Instinkte de» deutschen Volke» zu appellieren, und unter diesem Ge sichtspunkte würde jeder Verständige eine solche Kan didatur begrüßen, deren Bedeutung noch vermehrt wür de durch das oifensichlliche Opfer, das der treue Eckardt des deutschen Volkes mit ihrer Annahme brächte. Aber man denkt nur mit geringer Freude an die Unvermeid lichkeit, daß in solchem Fall der Feldmarschall in das Zentrum eine» erbitterten Kampfes gestellt würde, der von der Gegenseite mit allen Mitteln parteipolitischer Gehässigkeit vom Stapel gehen würde." „Hamburger Nachrichten" vom 5. April: „Wie man überhaupt auf den Gedanken kommen tonnte, den 'Ge- neralseldmarschall in diesen Streit hinetnzuztehen, ist ebenso unverpändl ch wie H.nLenburgS Ablehnung uns selbstverständlich er.cheint. Nachdem der Generalfeld- marschall vor dec ^.cst<i Wahl seinen Kriegskameraden Ludendor,f kürz und eindringlich, gebeten hat, seine Kandidatur zurüchzuzieten, war eS ein reichlich taktloses Unterfangen, jetzt dem Generalfeldmarschall selbst eine derartige Kandidatur zuzumuten. Hindenburgs Ruf zur Sammlung aller um den Reichsblock vereinten Kräfte bedeutet zugleich einen Ordnungsruf für diese Schwarm geister, wird aber, das erwarten wir bestimmt, als Fan fare im deutschen Molk wirken. Einen Hindenburg müs sen wir unter allen Umständen dem politischen Streit fernhalten." ' ' ! ! Man sieht, in wenig Stunden kann sich viel ändern. Eben noch der alte Feldmarschall, dessen Name zu hoch' steht, um ihn in den Parteischmutz zu ziehen, und jetzt der Kandidat, der wrdcr zu alt noch zu ungeschult in politischen Lingen ist. ' Wie wird sich nun da» Ausland zur Kandidatur' Hindenburg» stellen. Glauben wir, datz das Ausland vergessen hat, wer während de» Krieges deutscher ober- ster Heerführer war? Die Umstellung der Politik zu Deutschland, die man in Part» und London bet einer ReichSprüstdentschast Jarre- erwog, hat dem ReichSblock nicht genug zu denken gegeben. Bet ihm gilt nachwtevvr „die Partei über da« Vaterland". werden, wa» unternommen werde. Da» Milttärkomitee unter Marschall yoch fei zweifellos ein« Autorität im Urteilen, aber die Regierungen behielten sich dennoch die Freiheit vor, sich ihre eigenen Ansichten zu bilden. (Leider sind die guten Fortschritte unsichtbar.) Part», 8. April. Die Antwort de» Vorsitzenden der Interalliierten Milttärkommission ' in Versailles, Marschall Foch, auf den von der Botschafterkonferenz bezüglich der Entwaffnung Deutschland« unterbreite, ten Fragebogen wird wahrscheinlich End, dieser Woche fertig gestellt sein. Vie politische unä wirtschaftliche Lage Litauens. Bon Dr. E. Müll«». ' Kowno, 29. März 1935. Gegenüber der heutigen Kownosr Universität steht ein unscheinbare», baufälliges Häuschen. Eine Birks läßt ihre Zweige auf da» Strohdach niedevhängen, und man würde auf dieses schmutzige. Uebevblvibsel aus ak ter Zeit kaum achtgeben, wenn man nicht immer Wie^ der darauf 'hingewiesen «würde, datz hier der grotze Dich- ter Mickiewiez gewohnt hat. Mickiewiez, der in Litauen geboren und ausgewachsen ist, dessen weltbekannter „Pan Thaddäus" das ganze Wesen der litauischen Landschaft verkörpert, hat dennoch, in polnischer Sprach gedichtet und gilt gleichzeitig den Polen al» ihr größter Dichter. Das Beispiel Mickiewiez' ist typisch: litau ischer Geist und Kultur von Polen aufgesogen. Mickiewiez ist nicht das einzige Kulturgut, um, da» )is beiden Nebenbuhler haßerfüllt streiten. Der Haß ist uralt und dauert trotz der gemeinsamen Kirche un vermindert fort. Heute heißt das Objekt Wilna. Wilna, die alte Residenz der litauischen Großfürsten, di« Stadt der hundert Kirchen, ist von den Polen durch einen Gewaltstreich, gewonnen worden und gehört seitdem! zu Polen. Ta Litauen die» nicht anerkennt, sondern mit aller Kraft auf die Wiedergewinnung Wilna» htnarbet- tet, ist die einzigartige politisch« Lage entstanden, datz sich Polen und Litauen noch, immer im Kriegszustände befinden. Zwischen Litauen und Polen gibt e» kein« einfach« Grenze, sondern dis beiden Länder sind durch ein« neutrale Zone voneinander getrennt. Ich habe ein« mal da» Vergnügen gehabt, vier Monate innerhalb der neutralen Zone zwischen Ukraine und Sowjetrußland zu wohnen und 'kann nur immer wieder darauf hin» weisen, datz es angenehmer ist, auf einer mit Akroikt» gefüllten Kiste zu frühstücken, als in oder an einer neutralen Zone zu wohnen. Latz sich zwischen Polen und Litauen die berüchtigten Räuber der Randstaaten versammeln, ist selbstverständlich, schlimmer noch sind die Fretschärlerbanden, die da» Land hüben und dvüs ben in ewiger Unruhe halten. Inmitten all diese» Durcheinander» gibt es Dörfer, die zu keinem der bet- den Staaten gehören wollen und ihr« eigene Republik gebildet haben. Eines Vieser Dörfer, das mit Maschi nengewehren und Geschützen bewaffnet ist, Hat bi» jetzt noch jeder, sowohl der litauischen wie der polnischen und bolschewistischen Besetzung ersolgvoichen Widerstand ent gegengesetzt. In Merline, einer Stadt an der neutra len Zone, lebte als Direktor des dortigen Gymnasium» der Bruder einer Bekannten. Gestern traf die Nachricht in Kowno ein, 'daß Vieser Mann von über die Grenze gedrungenen polnischen Truppen ermordet worden ist. Man sollte es 'kaum für möglich halten, daß sich der Schauplatz dieser unhaltbaren Zustände nur 50 Kilo meter von Kowno entfernt befindet. Laß die» alles kein unwichtiges Balkantheater ist, mag allein der Um stand beweisen, daß ohne Regelung der Wilna-Frage kein Randstaatenblock zustande kommt, da sich Litauen nicht mit Polen an einen Tisch setzt. Wilna ist dtr Herd von Streitfragen, in Vie das ganze östliche Deutschland- von Kattow'ltz bis Memel über Nacht hineingezogen werden kann, und der Völkerbund sollte eiste raschle und tatkräftige Bereinigung der Angelegenheit Wilna herbeisühren, bevor litauische, polnische und deutsche Uebernationalisten einen Brand entfachen, an dem! nur di« Bolschewisten ihre Suppe kochen. Ler für den Bestand der jungen litauischen Repu^ blik gefährlichste Augenblick kmr die bolschewistische In vasion während des fowjetrusstsch-polnischen Kriege». Die Heilung der mit kommunistischen Ideen! durchdrun genen Kleinbauernschatt durch Vas homöopathische Mit tel einer durchgreifenden Agrarreform, verbunden mit der altherkömmlichen Abwehrstellung der römisch-kat-v- ltschen Kirch« gegen da» orthodox« Rußland, d. h. Asien, erschuf in Litauen ein Partetgebtlde, da» an Seltsamkeit kaum seinesgleichen hat. Diese Gartet die noch heute die führende ist, nennt sich christlich-demo- kratische. Ler Name kann zu Irrtümern führen, was sich insbesondere der deutsche Kaufmann, der nach Li tauen Waren auskübrt, inerten sollt«. Christlich-demo kratisch heißt auf deutsche Verhältnisse übertragen, nicht di« Einstellung Wirt-Rathenau-Kvalttion, sondern «ine ganz recht» gerichtete Koalition. Obwohl dieser Partei die Kirch« angehört, hat Gr führend« Kopf, der heu tige Landwirtschaft-Minister Krupavtetu», ein« Agra» reform durchgeführt. die beinahe so durchgreifend ist tote die russische. Jeder Großgrundbesitz wurde auf 80 Hek tar beschränkt, da» enteignete Land ohne Entschädigung de» Eigentümer» verteilt, Vie HUwthtzken, di» auf dm früher sehr großen Besitzungen lagen, Hot de» Enteig nt ts auch fernerhin »bzutragen. Daß derartig» Nm*»