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/luer Tageblatt /lnzeiger für öas Erzgebirge r^Müi st»-«s-»dt»a«. Sathattra- -k amtliche« Sekaoatmachaogea -es Nair» -er Sta-1 «a- öe» fs«tt»g«1chtt> M». pMtzeck^eme,ftattMNP»«.iss» Nr. 293 19. Jahrgang Mittwoch» äen N. Dezember 1924 lUcktiltt «ei- stelckmglenmg Reichstag am 5. Jmmar. Berlin, 15. Dez. Wie verlautet, kann numntehr Mit ziemlicher Sicherheit angenommen werden, daß der Reichstag Montag, den 5. Januar, zusammentreten wird. di« Demokraten beitreftn ward««. Dieser Beschluß ha», natürlich Heute kein« Gültigkeit mehr, außerdem aber stehe die Ablehnung der Demokraten fest. Da» Zentrum werd« mit diesem Standpunkt d«r Demokraten als einer vollendeten Tatsache zu rechnen haben. Di« Zentrum», abgeordneten Hütten inzwischen Mit ihren WOlern Füh lung genommen und würden unter dem Heischen Ein- druck der Anschauungen ihrer Wühler am Mittwoch Are Beschlüsse fassen. Beschließt da» Zentrum, in «ine Koalition mit den Deutschnationalen einzutreten, jo Hi die Koalition gesichert, beschließe e» da» Gegenteil, so bliebe den Deutschnationalen und der Deutschen »olk»- Partei nur eine MinderhettSregierung, auf die sie es kaum ankontmen lassen könnten. Immerhin würde da« Zentrum auch in diesem Salle einer MinderhettSregie- rung au» Deutschnationalen und Deutscher Kolkspartei sich pon Fall zu yall entscheiden, ob es die Politik dieser Regierung unterstützen könne. Marx kann sich in dessen nicht vorstellen, daß beide Rechtsparteien sich zu einer solchen Regierungsbildung entschließen können. A«f jeden Fall werde also zuerst di« Bildung einer Koalition der bürgerlichen Parteien versucht werden. Schlage dies ser Versuch fehl, so wäre dann die große Koalition in Erwägung zu ziehen. > . < ! , Der Bayrische Bauernbund für die Koalition der Mitte. Berlin, 15. Dez. Der Führer de» demokratisch ge sinnten Bayrischen Bauernbundes Professor Fehr, hat, wie eine Korrespondenz erführt, der ZentrumSfraktion mitgetetlt, daß er eine Koalition der Mitte unterstützen wüä>e. . >' > > i. i i: > l'E j i Berlin, 15. Dezember. Reichskanzler Dr. Marx über» brachte heute nachmittag 4 X Uhr dem Reichspräsidenten die Rücktrittserklärung de» -ftlchskabtmttS. Der Reichspräsident nahm die Demission entgegen, beauftragte aber gleichzeitig den Reichskanzler Dr. Marx und die bisherige Reich-regieruug mit der einstweiligen Weiterführung der Geschäfte. G Berlin, 15. Dez. Der Reichskanzler hat Heute nach^ mittag mit dem Reichspräsidenten über di« formellen Fragen beim heutigen Rücktritt deSl Kabinett» verhandelt Da» ReichSkabtnett, da» heut« noch einmal versam- melt war, hat nur ein« Reihe laufender Angelegenhei ten, darunter den Uebergang der Rentenbank In di« Rentenkreditanstalt behandelt, sich! aber Mit der politi schen Lage nicht mehr beschäftigt, da der Rücktritt be reit» offiziell am vorigen Mittwoch beschlossen war. Der Reichspräsident wird, dem „Tag" zufolge, mor gen mit den Führern der einzelnen Parteien unverbind liche Besprechungen haben. Mit einer offiziellen Be auftragung eines Abgeordneten Mit der Kabinettsbildung bi» zum Abschluß der Fraktion-Verhandlungen, die in der Hauptsache Dienstag und Mittwoch stattftnden, Muß gewartet werden. " , An der FrakttonSberatung der Deutschen Volk-Partei, die für Mittwoch angesagt wird, wird auch, Außenmi nister Dr. Stresemann wieder tetlnehmen. Kanzler Marx über -kr Regierungsbildung. Wien, 15. Dez. Der Berliner Berichterstatter der „Neuen Freien Presse" hatte eine Unterredung Mit dem Reichskanzler Marx über die Möglichkeiten der Regie rungsbildung. Marx erklärte, aM Mittwoch werde vor aussichtlich die Entscheidung fallen- Weik dann da« Zen trum zu seiner Jraktionssitzung zusammentritt. Marx erinnerte an die letzte Regierungskrise, wo da» Zentrum! Mit 48 gegen 17 Stimmen beschloß, sich ,an einer Koalt- Vie SenlattonsprozeNe. Bo« unser» Berliner Mitarbeiter. Laßt genug sein de»grausamen Spiel»! Da» ist heute der Ruf, der hunderttausendfach au» dem Volk« heran» den Lettern der Prozesse in Magdeburg und Hannover, mit denen jetzt die Oeffentlichkeit soviel behelligt wird, cntgegenschallt. Der gesund« Sinn de» volle» wehrt sich dagegen, daß den Massen von Schlamm und Unrat, di« der Wahlkampf aufgewühlt hat, neue,unabsehbare Mengen von Verleumdungen und Schmutz folgen und sich Aber da» wehrlose Publikum ergießen sollen. Selbst die sonst schwer zu zügelnde Sensationslust gewisser ftndet ihre Grenze, wo da» Uebermah de» Unerträglichen nicht nur moralische, sondern auch körperliche Uebel- kettsgefühle zu erregen beginnt. So verschiedenartig die beiden Prozesse, von denen wir sprechen, auch! sonst sein mögen, sie haben da» Gemeinsam«, daß die Geduld der Oeffentlichkeit durch eine nicht sonderlich gespickte Pro- zeßlettung übermäßig belastet wird und daß sich au» Hl- len Kreisen, .ganz gleich welcher Partetrichtung, da« ungestüme verlangen kundgibt, mit diesen Dingen nicht mehr behelligt zu werden. > Der Prozeß gegen da» Scheusal von Hannover, den Massenmörder Haarmann, hätte sich nach, Ueberzeugung weitester Kreise sehr wohl unter Ausschluß der Oeffent« ltchkett abspielen können. Der Gegenstand des Prozesse» berührt da» Schamgefühl aller normal empfindenden Menschen so stark, daß sich wohl eine rechtliche Begrün dung dafür hätte finden lassen. Außer der baldigen Ab urteilung HaarmannS und seiner Mitschuldigen hat die Oeffentlichkeit nur da» eine Interesse, daß die Mißstände in der Hannoverschen Polizei, die sich, bei diesem An laß herausgestellt haben, so schnell und so gründlich, wie möglich beseitigt werden. Besondere Aufmerksamkeit sollten die Behörden dabet vor allen Lingen den so- Knannten Polizeispitzeln widmen, auf deren Dienste Re Kriminalpolizei leider noch immer nicht verzichten will. Der Verkehr der Kriminalbeamten .mit zweifel haften Subjekten dieses.Schlages erfordert ganz beson dere Charakterfestigkeit auf fetten der Beamten und muß don den Vorgesetzten aufs schärfste überwacht werden, wenn sich .nicht ganz unerträgliche Zustände ergeben sollen. Aber das find schließlich! Angelegenheiten der Verwaltungsbehörden, und es kam hier vor allen Din gen darauf an, auf die Mißstände hinzuweisen, Pie sich aus der Oeffentlichkeit und au» der allzu breiten Aus- svinnung de« Gerichtsverfahren« in Hannover ergeben haben. Bet de» Verfahren in Magdeburg liegen die Ler- HSltntsse etwa» ander». Da» ergibt sich schon aus der Person des Angeklagten, des jugendlichen Journalisten Röthardt, der lediglich eine Puppe ist, die von mehr oder weniger gut versteckten Drahtziehern in Bewegung gesetzt wird. ES ist doch überaus bezeichnend, daß dieser Herr, der den Wahrheitsbeweis für die ungeheuerliche Beschul digung de» Reichspräsidenten antreten will, nicht einmal in der Lage ist, irgendwie durch Fragen in die Ver handlungen einzugretsen. Dazu reichen seine geistigen Fähigkeiten nicht auS. Da» skandalöse an diesem.Prozeß ist, daß hier da» Gericht dazu benutzt wird, um.einen dolitischen Feldzug gegen eine bestimmten Kreisen miß liebige Person zu führen. Und daß diese Person der Reichspräsident Ebert ist, der gegenwärtig die Souve ränität des Deutschen Reiches in sich verkörpert. Das Magdeburger Schöffengericht wird hier, ohne daß e» sich pessen bewußt zu werden scheint, zu niedrigen po litischen Zwecken mißbraucht. Ohne Rücksicht auf,da» Ansehen Deutschlands in der Welt tobt sich, hier eine ungezügelte Partetletdenschaft au», ohne daß der Vor sitzende des Gericht» gewillt oder imstande ist, mäßigend etnzugreifen und die nationale Würde vor der Besude lung durch giftsprttzende Demagogen zu schützen. Wer sich nur ein geringes Maß von Ruhe und Neber- legung bewahrt hat, wird den Gedanken weit von sich weisen. Haß ein Mann wie der Reichspräsident Ebert Landesverrat begangen haben könne. Ein Mann, der zwei seiner Söhne tM Felde hat lassen müssen und «S trotzdem abgelehnt hat, den dritten, ihm noch gebliebenen, »urückzurufen, worauf er ein Recht hatte. ES handelt sich dAbei garnicht darum, zu den politischen Ideen der Sozialdemokratie oder zu den Meinungen de» Herrn Tbert Stellung zu nehmen. Seine Politik sm Jahve 1918 mag richtig oder falsch gewesen sein. Darüber aber dürfte kein Zwetlef. bestehen, daß er von den besten Ab sichten für da» deutsche voll beseelt war. Da» Magde burger Schöffengericht verkennt sein« Aufgabe, wenn «S glaubt, weltgeschichtliche Fragen lösen zu müssen, wie diejenige, ob die Politik der Reichsregierung oder die- tenige der Sozialdemokratie im Januar 1918 Hie rich tig« war. Sein« Aufgab« war e», den Reichspräsiden ten vor einer wohlbedachten Beschimpfung/ zu schützen, rmd dies«« Aufgab« ist «» durch dir Art der Perhand- l-nMi-rittA zweifellos sicht gerecht geworden. Das Zusammenspiel -er Nationalisten. Berlin, 15. Dez. Wie die Nationalisten Frankreich» und Deutschlands einander in die Hände arbeiten, geht aus dem heutigen Leitartikel de» „Echo de Part»" Her vor. Da» Blatt wirft der französischen Regierung in der heftigsten Form vor, daß sie durch Hen deutschen Botschafter b. Hoefch, der nach Berlin abgeretst ist, der deutschen Regierung hab« Mitteilen lassen, Man sei in Paris geneigt, einer deutschen LinkSregierung bet der Durchführung der Verträge größere» Entgegenkommen zu zeigen, als einer Regierung des Bürgerblock». Won zuständiger Berliner Regierungsseite wird strikt in Abrede gestellt, daß Botschafter v. Hoesch iM Zusam menhang mit der Regierungskrise nach Berlin berufen wurde oder vertrauliche Mitteilungen der französischen Regierung zu überbringen habe. Wenn eS auch! natür lich sei, daß der Botschafter seine persönlichen Eindrücke von den Pariser Stimmungen dem Kabinett vermittelt, so ist seine Berliner Reise doch! in erster Linie durch! die lausenden und sehr komplizierten Handelsvertrag-Ver handlungen mit Frankreich verursacht. von Jago« begnadigt. Leipzig, 15. Dez. Wie die ,Leipziger Neuesten Nachrichten" erfahren, Hat der Reichspräsident im Gna denwege dem früheren Regierungspräsidenten Traugott von Zagvw die noch zu verbüßende Rechtsstrafe erlassen. Won Jagow war wegen feiner Beteiligung am Kapp- Putsch, Pom Reichsgericht zu fünf Jahren Festung ver urteilt worden und hat von dieser Strafe am 18. De-i zember drei Jahre verbüßt. . Ein Nachspiel zum Rathenauprozeß. Freiberg, 15. Dez. Da» Polizeiamt Freiberg teilt mit» Fabrikbesitzer Johann Küchenmeister (bekannt au» dem Rachenau-Prozeß) ist, nachdem ihm durch Beschluß de» StaatSgerichtShofe» zum Schutz der Republik vom 17. RoveMber 1924 sicher«» Geleit bewilligt worden ist, nach Freiberg zurückgekehrt und wird sich hier bi» zu dem gegen ihn noch anzuberaumenden verband lunMer- mi» aufhalt«». . ! ! i i ! ! Mexikanisch« Spott für -le Scharfmacher. Neuhork, 15. Dez. Die Neuhvrker Zeitungen schrei ben in ihren Kommentaren zu den englischen und fran- zösifchen Falschmeldungen über angebliche Waffenfunde und geheime Rüstungen in Deutschland, daß ft« diesen Meldungen keinen Glauben schenken können. Sie ver spotten die Gespensterfurcht gewisser englischer und fran zösischer Kresse, die mit solchen Meldungen freilich nur ihre besonderen, ganz bestimmten Zwecke verfolgen wollen tton mit den Ltuischnattonalen -u beteiligen, faW auch EWMe MWU ter Mr mt Mur. London, 15. D«T. In eine« lleberbltck über Pie Ar beit Chamberlain» auf feiner soeben beendeten Auslands reise erklärr der diplomatische Korrespondent de« „Daily Telegraph", daß Chamberlain -Wei Beweise, seine« In teresse» an der Sicherheit Frankreich» gegeben Haber 1. Sein Einverständnis mit der Ernenn»^ eine» Franzosen als Vorsitzenden für die vom Völkerbund zu ernennende Kommission zur Ausübung der Militärkon trolle in Deutschland. Die dagegen, sowie gegen die Er nennung von alliierten, an Stelle von neutralen, Vor sitzenden für die entsprechenden Militürkontrollkommis« sionen in Oesterreich, Ungarn und Bulgarien durch den schwedischen Delegierten auf der BölkerbundStagung in Rom erhobenen Bedenken seien zweifellos! sn Uoberetn- sttmmung mit dem Geist des Völkerbünde». Sie be weisen anderseits die Schwierigkeiten, sich in der Pra xi» stet» im Einklang mit dem Jdealverfahren zu halten. 2. Müsse die französische Regierung die Bereitwil ligkeit der englischen Regierung erkannt habep, Frank reich Im Rheinland nicht dadurch in Verlegenheit zu bringen, daß die englischen Truppen au« Köln zurück gezogen werden, ehe di« Franzosen au« dem Ruhrgebiet abztchen. Ties« Bereitwilligkeit England« bestehe je doch nur für den Fall, daß die Räumung in absehbarer Frist geschieht und auch weiterhin die legal« Form Liner großzügigen und versöhnlichen Haltung gegen Deutsch« land beobachtet wird. Pari«, 15. Dez. Der Pariser „Matin" Meldet au» Köln, daß die britisch« Militärbehörde hi»! heut« keine einzige Kündigung der gemieteten Prtvakwohnungen -um 10. Januar ausgesprochen habe. E» gelte somit für au«- geschlossen, daß Köln am 10. Januar geräumt wird. vir MMe Lage in MarMo. London, 15. Dez. Hier ist die Nachricht an« Tanger «tngetrofsen.daß die Stämme von Angora sich in» Auf ruhr gegen Spanien befinden. Sie eroberte« die kleine Garnison El Kfar Seignir und bedrohte» Tetwm. Dia Lage kann sogar in Tanger ikltifch werden. Auf der spanischem Botschaft in Part« wurde Sonn tag abend einem Vertreter deck,,Matin* erklärt: Altt diese Ereignisse sind da» Ergebnis ein« großen Prvpa- gandabewegung, die in AegiOten begann, sich über Tu nis ausbrettete und nun die 10 000 Araber von Arrgora ergriff. Spanten ist heute in der Gefahr, seine letzten Stellungen in Marokko zu verlieren. «uchGrvßbritan- nten ist sorgen der Nähe von Gibraltar bedroht. Frank reich ist wegen seiner Interessen in Tang« und weg« de« Nachbarschaft do« Agier beunruhigt.