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Donnerstag, cken 13. November 1S24 Ar. 2SS /lnzeigerfür öas Erzgebirge K»««! e<ühall«a- »I, amtlich»« o.kaiiatmachiuig«« -«« Natt« t« Staii out -««1U»i«-«eIcht» M>«, IS. Jahrgang llslRvin; Programm. MsU stHer ist e« in England Brauch, datz der Pre- «lttMntster bet deut Lordmajor>Bankett, das alljährlich dB» Nieter der Einsetzung des Londoner Bürgermeisters tu der Gulldhall absetzalten wird, eine große Programm mottsch« Bede Hütt. Die Zeremonien, unter denen sich dieser feierliche Mt vollzieht, sind noch! ganz mittel alterlich .und Wickeln sich unter Entfaltung eines großen historischen PouchS ab. Die ganze Vorliebe deS Eng länders für ältüberkomMene Formen zeigt sich bei die ser Gelegenheit in besonders anschaulicher Weise. Gin großer Umzug geht durch die Stadt Mt Herolden und Bannerträgern und glänzenden Staatskarossen, Md auch die «Feierlichkeit im Rathaus vollzieht sich, unter den her gebrachten alten Formen. Was hätte nach! unseren kon tinentalen Begriffen näher gelegen, als wenn der neue konservative Ministerpräsident Baldwin in setn-r Rede an diese alten Traditionen angeknüpft und nun ein aus gesprochen konservatives, d. h. das Wte erhaltende- und neu belebendes Programm entwickelt hätte. NichtS da von ist geschehen! Im Gegenteil, Baldwin betont in seiner Rede an mehreren Stellen und mit besonderem Nachdruck, L>aß das Ziel seiner Regierung keineswegs der Stillstand oder die Stagnation.sei und von einer Wieder belebung des Tahingegangenen ist überhaupt nicht ein mal die Rede. Los Land hat sich für geordneten Fort schritt erklärt, Jo legt Baldwin das Ergebnis der eng lischen Wahlen aus und dementsprechend gestaltet er sein RegterungSprogramm. Rückschrittliche Bestrebungen kommen für England überhaupt nicht in Betracht, der Weg, den die neue Regierung gehen will, führt nach vor wärts und entspricht dem, was wir in Deutschland die «Mittlere Linie" zu nennen pflegen. Am stärksten macht sich! her Unterschied gegen die Politik seines Vorgängers Maedonald in dem.inner politischen Programm bemerkbar. So, wenn er betont, datz hie Erleichterung, der .Lage der großen Masse der Bevölkerung hauptsächlich von ihr selbst besorgt werden müsse. Das ist eine klare Absage an dse staat-soziali stischen Bestrebungen der Arbeitervegierung, die diese allerdings in keinem Punkte verwirklichen könnte, weil sie keine Mehrheit im Parlament Unter sich hatte. Aber auch Baldwin betont, daß die Regierung unter Beibe haltung de» bisherigen Wirtschaftssystems alles mögliche tun werde, um die sozialen Zustände und die Lage der großen Masse zu verbessern. IM einzelnen kündigt er Maßnahmen zur Beseitigung der Wohnungsnot und zujr Verringerung der Spanne zwischen den Gestehungskosten der Lebensmittel und den Kleinhandelspreisen an. In der Außenpolitik ist der Unterschied Les konser vativen Programms zu demjenigen der Arbeiterpartei wesentlich geringer. Es ist vor allen Dingen die Ver schiedenheit der Methode, -ie Baldwin von seinem Vor gänger trennt, während er in den Zielen mit diesem fast überall lübereinstimmt. Entsprechend ihrem impe rialistischen Eharakter ist die konservative Regierung in erster Linie bemüht, das Band, daS da» Mutterland mit den Dominions verknüpft, Md daS sich unter der Mr- betterregierung infolge einiger Meinungsverschiedenhei ten etwa» gelockert hatte, wieder enger zu knüpfen. Mo Vorzugsstellung der Dominions und die Reichsverteidt- gung sollen stärker berücksichtigt werden. Auch, in der Frage des Genfer Protokolls über Sicherheit und Ab rüstung soll der Standpunkt der Dominions chesser ge wahrt werden. DaS Ziel der konservativen Politik geht offenbar dahin, die Abrüstungsfrage, zu der auch sie eine positiv« Stellung einniMMt, nicht durch Hen Völ kerbund, sondern durch eine Konferenz, die.von den Beri- einigten Staaten einberusen werden soll, Pegeln zu las sen. Ueberhaupt wird man sich in Zukunft auf ein be- sonder« enges Zusammenarbeiten zwischen England und Amerika gefaßt machen müssen. Das besagt aber nicht, daß die englische Regierung den Völkerbund nun als.eine erledigte Angelegenheit be trachtet. Baldwin betont vielmehr in seiner Rede wie derholt die große Bedeutung dieser Einrichtung und spricht den Wunsch au», daß Deutschland möglichst bald und in einer Forst, die Mit seiner eigenen Würde mnd seinen Verpflichtungen vereinbar sei, in Yen Völkerbund ausgenommen werde. Hiermit kommen wir zu denjeni gen Fragen, die uns Deutsche besonders nahe angehen, nämlich zu den Aeußerungen Baldwin» über Jein Ver hältnis zu Frankreich und Deutschland. Di« außer ordentlich warmen Wort«, die er an den französischen Ministerpräsidenten Herrstt richtet, werden gewiß auf der anderen Seit« de» Kana«! nicht ohne Eindruck blei ben. Die französischen Nationalisten, die infolge de». Umschwung» in England schon eine günstigere Konjunk tur für Poineare Heraufstetgen sahen, sind auf» schmerz lichste enttäuscht- ' ! Richt besser geht e» unseren deutschen Reaktionären, die ja schon in allen Wahlversammlungen dem brutschen Wähler ha» englische Beispiel dvrzufüUen pflege«. Der englische Premierminister erteilt in seiner den deutschen Reaktionären «ine Absage, Wie sie nicht deut licher sein kann. Er betont di« hohe Bedeutung der Lon doner Abmachungen und widmet in diesem Zusammen hang auch seinem Vorgänger Maedonald Worte der An erkennung. Er spricht die lleberzxugung au«, datz dck» Londoner Abkommen Deutschland die Möglichkeit gebe, ein Faktor des Friedens und der Stabilität in Europa zu werden. Er hetont aber Mt Nachdruck, .daß die Ver wirklichung dieser Hoffnung von dem deutschen Bolle selbst abhänge. Eine neue Gelegenheit biete sich -en Mutschen, .wenn sie gewissenhaft jtzre Verpflichtungen erfüllten. i Zn der Richtung dieser Politik liegt auch!, datz Bald win die Notwendigkeit der Entwaffnung. Deutschland- be tont, aber dabet verlangt, daß sie ohne unbilligen Ver zug beendet werde. Damit zerrinnen alle jene Phanta sten in wesenloses Nichts, die in reaktionären Kreisen an den Wahlausfall in England geknüpft wurden. Die Politik der konservativen englischen Regierung bietet nicht die geringste Grundlage für eine tM deutschnatto- nalen Sinne abgeänderten deutsche Außenpolitik. Auch die neue englische Regierung erstrebt nicht» andereS^als eine Befestigung de- Frieden» in Europa und in Her Wett und denkt garntcht daran, irgendwelchen deutschs nationalen Abenteuern Vorschub zu leisten. Deutschland wird auch Mt der neuen englischen Regierung nur tz» einem Erträglichen Zusammenarbeiten kommen, -wenn e» unbetrrt an der bisher verfolgten Politik der Mitt« fest hält. ' ! i . / * Die Eröffnung des englischen Parlament». London, 11. November. Gestern abend bat der Mi nisterpräsident eine Proklamation unterzeichnet, die den Zu sammentritt deS Parlaments, der ursprünglich auf den näch sten Dienstag in Aussicht genommen war, auf den 8. Dezem- ber festsetzt. An diesem Tag« wird die Vereidigung der Mit- glieder und die Wahl des Sprechers vorgenommen werden. In gut unterrichteten Kreisen ist man der Ansicht, daß die Verlesung der Thronrede 'am. S. DezMber erfolgt, an die sich die große Debatte über die politische Lage cmschließen wird. Vie Mästung Oer ürutsven lMslrlr. Berlin, 10. Nov. Zur Durchführung der! b«r!ettS gesetzlich geregelten ReParattonSbelastung der deutschen Industrie find jetzt durch Verordnung der RetchSVegte- rung die ersten Bestimmungen erlassen worden. Sie be- Stehen sich lediglich! auf die Frage der Belastung, nicht aber auf die Aufbringung, die bekanntlich nach.gan- anderen Gesichtspunkten erfolgt und durch besondere« Gesetz geregelt worden ist. > Ausgenommen von der Belastung sind neben der Landwirtschaft und einigen Zweigen deS BerkehrSge- werbes sowie den Bank- und BersicherungSbetrieben nun mehr auch da» Musik-, Theater- und Schaustellergewer be, ferner mehrfachen Forderungen entsprechend Gesell schaften., die in eigenen Geschäftsbetrieben lediglich! An teile an Erwerbsgesellschaften besitzen. Bet,verpachteten Unternehmungen wird der Eigentümer zu einem.Vier tel belastet, der Pächter zu drei Viertel. Streitigkeiten entscheidet eine Schiedsstelle. Falls der Hauptbetrieb belastet ist, gelten auch nicht belastung-fähige Nebenbetriebe, mit Ausnahme der Land wirtschaft, als belastet. Dagegen sind an sich! belastungs fähige Nebenbetriebe frei, wenn der Hauptbetrieb Land wirtschaft ist. Zu den anderen belastungsfreien Bran chen macht ein belastungsfähtger Nebenbetrieb den gan zen Betrieb belastungSpflichttg. Bet EinzelunternehMun- gen (auch Personalgesellschaften) wird daS zur Vermö genssteuer veranlagte Betriebsvermögen zugrunde ge legt. Das Betriebsvermögen von Ehegatten Mrd zu sammengerechnet. i > l ! Befreit sind, wie bereits bekannt, Unternehmungen mit weniger als 50 000 MaÄ Betriebsvermögen, wo bei eventuell mehrere Betriebe züsaMmengelegt werden. Zuständig für die Umlegung der Lasten sind die örtli chen Finanzämter, die efnen Belastungsbescheid zustellen. IM Falle der Nichtunterzeichnung erfolgt die Unterschrift durch di« Vorsteher des Finanzamt««. Für die Nachprü fung ist ein Sekretär des ReichSfinanzhofe» zuständig. Da« Jahr^ in dem die Einzelobltgationen, noch unver zinslich .sind, hegtnnt am 1. September 1924. Nattea gibt -eutsthes Eigentum frei. Rom, 11. Nov. Di« italienisch» Regierung, teilte dem Botschafter de» Deutschen Reiche«, Frhrn. v. Neu rach, durch eine Note vom 10. November mit», datz sie unter Wiederholung ihrer stüheyen mündlichen Zusage Zusicherung erteilt, von dem.ihr durchi/8 18, Teil Anhang 2 de» Frieden» von Versailles gewährten Recht bezüglich dl- deutschen Privateigentum« keinen Gebrauch zu wache«. veiire-elwg Ser bramirnbesoläuag. Berlin, 11. November. I« ber Frage d« «wrem- lang ber Beamtenbesoldung wird die Entscheidung de» Keich». finanzMnkfterium» «st fall«, wenn vorher ein« Verständigung mit den Regierungen ber Länder erzielt morden ist. Die Ver treter der Landesregierungen werd« voraussichtlich sch« in dies« Woche in Berlin eintrefsea. Erst dann wird —»stütze- Pens in der nächsten Woche — bst «eichsregienmg die Spi- tzenorganisationen der Beamten zu Besprechung« «Mladen. Der Berwaltungsrat der Reichsbahn wird am 18. «ooem- der za einer Sitzung zusammentreteu, die sich mit dem bis herigen Ergebnis der Lohnverbaudlung« mit den Eisenbahn- arbeite« beschästig« sdll. Wie wir hören, werden in den nächst« Tag« «ich die Beamtenorganisationen der «eich», bahn beim Reich-fimmrmirrtfterimn «eg« einer Gehaltser höhung vorstellig ««den. 9 Prozent Lohnzulaae für di« Eisenbahner. Berlin, 11. November. Dem „vorwärts" zufolge txjtt voraussichtlich mit dem 1. Dezember d. I. der tarifliche Zustand bet der Reichsbahn wieder ein. Alle Lohngruppen erhalten eine gleichmäßig« Lohnerhöhung von 9 Prozent mit der Maßgabe, daß die Mtndestzulaae 4 Pfennig pro Stunde betragen muß. An die Stelle der lOtägtgen Lohnzahlung tritt wieder die wöchentlich«. Str«» b«l d«r Berlin«« Untergrundbahn. Berlin, 11. Nov. Da« Betrieb-Personal der Des- ltner Hoch- und Untergrundbahn ist heut« In den Streik getreten, und der Fährbetrieb liegt still. Gearbeitet Mrd nur in den Werkstätten. Etwa 1800 Mann stehen im Streik. Nach langen Lohnverhandlungen Hatte der Schlichter einen Schiedsspruch gefällt, den die Direktion und vst Handwerker und WeWLttenarbeiter angenom men Haben, den aber die Betriebsangestellten abletznten. Tn di« Direktion Mt Berufung auf den ql« verbindlich erklärten Schiedsspruch ein wettere« Verhandeln ab lehnte, hielt das Betrieb-personal Heust nacht «ine Ver sammlung ab, -te beschloß, .sosort in den Strell . zu treten. - Der Berlin« Gaearleltmstreik o«rml«den. Berlin, 11. Nov. Da her Schiedsspruch Über dst Lohnregelung bet der Berliner Sa-betriebSgefellschaft Mr verbindlich erklärt wurde, ist die Lohnbewegung bet der Gesellschaft beendet und ein Streik vermieden. Vk Neuregelung -es -lchtstim-entags. Eine bevorstehend« verordmm- de» Reich,arbeitsminift««. Bern, 11. Nov. Zur Frage der Durchführung ve» Achtstundentages in Deutschland Meldet .da» „Genfer Journal", offenbar aus Kreisen de« Internationalen Arbeitsamtes, Man habe den Eindruck» Paß sich die Fra ge der Ratifizierung deS.Washingtoner AbkvMmenS über den Achtstundentag in Deutschland der Entscheidung nähere. Minister Brauns sei zurzeit Mt der , Ausar beitung einer Verordnung beschäftigt, die in dieser Hin sicht diejenige vom vergangenen Dezember . abändere. Sie setze fest, daß der Achtstundentag in gewissen genau Zeichneten Arbeitsstätten zur Durchführung gelange, daß aber seine Anwendung nicht schematisch sei, sondern gewisse Ausnahmen zulässig stln sollen. , Vorstehende Meldung wird von maßgebender Sette tM wesentlichen bestätigt. ^«sflchtsrelchr VerhaaSlungen üb« elnea großea amerikanischen stommunalkre-lt. Die vom Deutschen Sparkassen- und Girvverband nach Neuhork entsandten Vertreter sind von ihrer Mt Kenntnis der Aufsichtsbehörde auSgeführten Reise nach Deutschland zurückgekehrt. Mess Reise yatte den Zweck, die amerikanische Bankwelt über da« Wesen und die Auf gaben der deutschen Sparkassen- und Girovrganisatton zu unterrichten und neben der Anknüpfung allgemeiner Geschäftsbeziehungen die Frag« zu klären, ob und unter welchen Voraussetzungen ei» Möglich wäre, amerika nische« Kapital für die Wirtschaft der deut schen KomMnnalvervävd« flüssig zu Mache«. Lite Verhandlungen find -war noch nicht Abgeschlossen und erklärlicherweise vertraulichen Charakter«, eröffnen aber immerhin schon jetzt Aussicht darauf, Vatz da« Ziel in absehbarer Zeit erreicht wird. E» braucht nicht be- sonders betont zu werden, datz der deutsche Sparkassen- und Giroverband die ganz« Angelegenheit auch Wetter- hin nur in ständiger Fühlungnahme mit den zuständigen Reich-- und Staatsstellen bHandeln Mrd. Schrrckensregkmeat ka Gpaalrr». Madrid, 11. November. Nach dem neuesten Frmk- spruch Ist die Lage in Spanien sehr «ast Im Norden an ber französisch« Grenze organisiere« sich bst Aufständischen, «ach Hinrichtungen in Barcelona wurde» iu verschied«« Provia- ze» Verhaftungen vorgrmmuuerr. Ja Naverra «Md« «dem fall, «ufMstsche füsiliert.