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Dr. ISS Freitag» äen iS. Juli IS24 iS. Jahrgang UE /lnzeiger für das Erzgebirge Mer Tageblatt H-kU«->>er>ts-i >Ii Detl»»hintt»e pltit^tl» HU Ha»««,«,-»» Ha« an» Um,«,«»» »» *»l»,»«uü,«, »»— »«»«,« H»»*«,«» U »»l»,H«,i,«. «,Nam«»p-Nt»-N» -- *»l»»f«,n>,«, »»«Ich» 8«Il« « 'cirgramm«, Tag.blau flu«ttzg,birg«. Enthalten- -le amtlichen Sekanntmachungen -es Kates -er -kta-t «a- -es Amtsgerichts Kur. p»M«ck e»«t», Hmt ttpztg a». 1»»». Politische Reiseeinärücke. von srvtpn Grkelend M.d.R. Dr Abg. Erkelenz kommt eben von einer mehr- wöchigen Studienreise aus Frankreich zurück und schil. dert seine Eindrücke in der bekannten Wochenschrift „Die Hilfe". Wenn man eine Reise Macht in der Reihenfolge Genf -Lyon—PaÄö. dann geht man in wenig Wochen durch dHet verschiedene Atmosphären, In Genf«, am! Sitze deS Völkerkunde« und des internationalen Arbeitsamts weht eine internationale Luft. Von hier aus gesehen gewinnen die Streitigkeiten der Nationen untereinan der, die Sorge jeder einzelnen Nation um.ihre Angs- legenhetten schon stark den Charakter von Ereignissen» die man aus der Vogelschau steht. Hier ist »eine Stelle, von der man deutlich ein anderes Europa.sieht^ LIlS wir an einem Nachmittage in einem glänzenden, weit räumigen Garten in Genf der Einladung uuS Völker- vundskreisen zum Tee folgten, da lag unten in mass» statischer Ruhe der Genfer See in schönster Nachmit- taaSsonne unter einem südlich blauen Himmel.« Und drüben hoch oben, trat, nur Mr gute Augen sichtbar, der Montblanc dünn, schwach, verhüllt aus dem Ne bel hervor. In Paris vor dem Standbild >deS Krieges 1914—18, vor der Are de Triomph, vor all den zahlreichen anderen Erinnerungen an kriegerische Taten, trat mir immer der verhüllte Montblanc vor . <e Seele als Wahrzeichen der Zukunft: ein Dach, weit, l och, über allen selbständigen europäischen Nationen, ein Bund der europäischen Nationen, .ein Bund der Völker. Lyon die Stadt der Arbeit, die '' Stadt fleißiger Menschen, die den Stempel der Jndustriearbett deutlicher auf ihren Gesichtern tragen als die Pariser. Bei allem Anderssein gegenüber irgendeiner deutschen Großstadt: daS Gefühl, in einer anderen Welt zu^etn, lommt nicht auf. Ter Unterschied zwischen München und einem Dorf im bayrischen Wald, zwischen Berlin oder Teltow ist Piel größer und grundsätzlicher als der Unterschied zwischen Lyon und Berlin, oder Lyon und Köln. Die Bevölkerung direkt freundlich, entgegenkom mend. hilfsbereit, auch wenn sie un« als Deutsche er kennt. Heiße französische Patrioten, aber doch, in-die ser Luft kann der Geist des NichtÄ-alS-PatriotiSmuS nicht gedeihe«. Hier lebt eine erfüllte politische Demo kratie und eine Sehnsucht, .eine Hoffnung, yus .kultu relle, auch soziale Demokratie. Menn Man will — ein Zwtschenstadtum zwischen einem nur französischen Patriotismus und einer Zukunft, die um freie Natio nen ein engeres Band der Gemeinschaft schlingt. Pa ris: herrlich .weiträumig, großzügig, Mer auch voll Stolz und Selbstbewußtsetn. IM gesellschaftlichen Sinn vielleicht die internationalste Stadt der Erde, , aber im Innern. im Geiste französisch, .nur französisch. Bon hier aus wird noch lange der Weltherrschaftstraum Frank reichs ausstrahlen. Fast.feder Stein reizt dazu. Herr schaft, .nicht nur mit Waffengewalt, . nein, . auch nllt Geist. Wissenschaft, Kultur, Kunst. Ohne befürchten zu müssen, .durch die Ereignisse der Nächsten Zeit ein Lügengeftrafter zu werden, .darf man feststellen daß die in den französischen Wahlen zutage getretene Auffassung inneren, .kulturellen .und sozialen Fortschritts und äußerer FriedenSwilligkett, als eine tatsächliche.lebendige Kraft vorhanden, ist. Geistig wird sie getragen vom Wirkungskreise der Volksschule au» und von erheblichen Teilen der Hochschulen, während die Atmosphäre der Mittelschule nationalistisch und re aktionär ist/ Nicht selten trat un» allerdings bei nach? denklichen Leuten der Gedanke entgegen, ob der,fetzige politische Umschwung nicht zu früh komme.» spb gr im Lande bereits Boden genug habe, .um die kraftvolle Führuno der Politik zu übernehmen,. Ob deshalb nicht mit vorübergehenden Rückschlägen gerechnet werden müs se Unzweifelhaft hat in der ersten Freude des uner warteten Sieges die französische Linke ihr« Kraft über schätzt. Sie hat die hemmenden Kräfte nicht genügend eingesetzt. Nicht da» ganze Land hat link» /gestimmt- Pari» und der Norden haben nach wie vor nattonalistb- sch« Mehrheiten. Zum Norden gehören di« Gebiet«, in denen der Kriea getobt hat/ SS ist -egreifltch, daß die erschütternden Erlebnisse dieser Gebiete noch auf längere Zeit .hinaus zu« schärferen Tonart gegen Deutschs land neigen. Parts selber lag nahe genug den Schlacht feldern und hört« selber bi» zuletzt da» Pfeifen per Ge schoss« in seinem Rayon. Außerdem und hauptsächlich: n Pari» ist -1« Presse» Find die Aemter, find die Schichten, di« am ehesten noch Opfer eine» französischen sv rrschastittraume» über Europa werden können., Auch »" Vari» ist die LtnkSÜeweaung deutlich., Wenn per Ouotidien" in eineinhalb Kahren au» dem Nicht» auf -ine Auflage don vierhunderttaufend steigen konnte, wenn „Erc Nmrvtlle" und „vtuvr," einen Weiten Leser kreis haben, dann zeigt daN »alle» auch den Beginn don Wandlungen in Parts/ Trotzdem: die Pariser Atmo sphäre ist nationalistisch, poincaristtsch. Herrtot und der linke Radikalismus stammen aus dem Süden, aus dem Rhone-Departement, aus den Phrenäengebteten, ge nug. auS den Landesteilen, -te den Krieg von Ferne sahen. Im Gegensatz zu Deutschland, wo /die tapfer sten Helden in den Landesteilen sitzen, die nie ein vor-, kupfertes Geschoß pfeifen hörten und nie eine Hellblaue Uniform sahen. Herriot und seine Freunde sitzen in Paris auf einem, ihnen innerlich fremden Boden. Man kann von ihnen daS Wort gebrauchen, haS KehneS vom Sachverständt- senbericht.sagte r Auch ein vernünftiger Mensch.muß sich im Jrrenhause an die Sprache, seiner Umgebung anpassen. In Lyon wurde Herriot verehrt, bewundert. Wenn in Versammlungen nur sein Name genannt wurde, gingen Stürme des Beifalls durch die Massen.. In ge wissen Pariser Kreisen gilt er als ein in Taten schwa cher Gelehrter/ Andere beargwöhnen ihn und seinen ehrlichen Idealismus. Und die berufsmäßigen Draht zieher in den Aemtern und in der Presse sehen in ihm einen der Schliche unkundigen Tölpel, dem man bald ein Bein pellen wird, well er in seiner ehrlichen Offen heit die Träume einer französischen Herrschaft über Europa stören könnte. GS geht ihm, wie manchem re publikanischen Minister in Deutschland, der nicht we nigstens seine ersten Mitarbeiter Mtbrachte r Kopf und Hände sind nicht vom gleichen Geiste geleiteti, Aber darüber gab es eine Stimme: Herriot ist Hn feinem ganzen Wesen ein vielleicht etwas weicher, aber,durch Ausdauer zäher».auf realen Grundlagen fußender Idea list. Wie lange sich sein Kabinett hält, wagt niemand Vorauszusagen. Aber fast alle sind überzeugt, daß auch sein Nachfolger, sei e» Briand oder der inzwischen am nestierte Eaillayk die Grundlinien seiner Außenpolitik weiterführen werden. Rein parlamentarisch, betrachtet i liegt die Hauptschwierigkeit im Senats. Die Kammer kommt eben aus den Wahlen. Ihre Mehrheit ckst im Feuer des Wahlkampfes auf eine gewisse politische Li nie festgelegt/ Im Palais Bourbon toben die Leiden schaften. Wir sahen die Abgeordneten im Handgemenge und in Verhandlungen von großer Leidenschaft^ alN «S sich um die Amnestierung Eaillaux' handelte... ^DaS war der Kampf gegen die innere Reaktion. Im.Senat, im Palais Luxemburg, .waltet abgeklärtere Ruhe bei ! älteren Herren die keinen neuen Wahlkampf hinter sich haben, die bisher größtenteils mit Poincare /gingen. ! Der Pendelschlag »in der Kammer geht ihnen zu wett nach links, auch für die Innenpolitik. Sie fühlen sich als Bremse. Erst die Wahl im Januar n. I. könnt« ! hier eine teilweise Aenderung, bringen. ' Herriot ist stärker gebunden alS die anderen Regie!- <runasführer durch die Empfindlichkeit der öffentlichen Meinung »seine» Lande», durch die KapitolSwächter de» französischen Imperialismus, die von der Illusion na- § voleonischer Ideen zehren, die in der Außenpolitik Re? aklionäre geblieben 'sind, weil sie nur an die Gewalt der Waffen und der Unterdrückung glauben. Dio Zu stände in Frankreich erlauben nur ein langsame» /Vor wärtsschreiten. Statt eines großen Entschlüsse» wird es viele kleine Entschlüsse geben. GS ist die bedeutsame Folge de» Wahlsieges der französischen Demokratie, daß diese vielen kleinen Entschlüsse möglich werden. G» iss eine Dummheit oder eine Schlechtigkeit, wenn die «^In ternationale der Reaktion", wenn die „blutige Inter nationale" hüben und drüben behauptet Herrtot gleich Poincare.- Aber es ist ebenso falsch, zu sagen, -er Sieg der französischen Demokratie sei an sich schon -io .Ord nung Europas. Hüben und drüben bedarf eS schwerer Arbeit, um die Völker aus den Fesseln deN Geists» der Gewaltpolitik zu befreien. nötigen Gesetze durch den Reichstag. daN zweit« nach Einsetzung sämtlicher Kontrolll und anderen Organe, die im SachverständigenPlan vorgesehen sind, erfolgen. England hält diese Vorschläge mit dem LaweSplan für unvereinbar. Hiesige finanzielle Kreise bezweifeln auch daß die Anleibezetchner sich mit der fünften Vorbe dingung der ReparationSkommisston beruhigen werden. Tie Anleihe könne nicht vor der völligen Herstellung der wirtschaftlichen Einheit Deutschlands gezeichnet wer den. 1 ,1 I l ! ' 1 Die Einladung Deutschlands wurde bisher nicht berührt. Ter „Daily Herald" bedauert die Tendenz gewisser Kreise, .zu vergessen, daß die freiwil lige Zustimmung Deutschlands unentbehrlich ist.» Die Entschetduna der Konferenz, bezüglich! der Ginladung Deutschland» werde den Prüfstein für ihre ganze geistig« Verfassung abgeben. > Der dritte Ausschuß hat seine Arbeiten so. gut wie beendet. Er schlägt vor, da» Problem der.Sachllefe- - rungen aufrechtzuerhalten wie es bis.jetzt gehandhabt werde,wobei nur die Interessen der ^Mächte berücksichtigt würden, und zwar mit Hilfe von Vertrügen, die von der Reparattonskommtssion selbst unterschrieben wür den. Die Frage der Preise und die Frage per Qualität würden von einem alliierten Sachverständigenausschuß, welcher der ReparationSkommisston unterstehen .solle, geprüft werden. Dom Geist sachlicher Arbeit beseelt- Ueber den allgemeinen Eindruck der bisherigen Ar beiten der Konferenz ist beute die Ansicht vorherrschend, daß e» gelungen ist. eine fruchtbringende Arbeit in Gang zu bringen so daß.sich' die gegenwärtige Konfe renz von ihren Vorgängern zweifellos durch -en Geist sachlicher Arbeit und durch den .starken Wünscht,. Praß tische Ergebnisse zu erzielen, unterscheidet. Diese Be obachtung darf aber zu irgendwelchen übertriebenen optimistischen Folgerungen für die wettere Konferenz entwicklung nicht verleiten, denn die wirklichen schwie rigeren Fragen werden erst heute und in den nächsten Tagen in Angriff genommen werden und erst Hann wer den sich entscheidende Eindrücke wieder geben lassen. London, 17. Juli. Wie erwartet, bildete die Kon ferenz gestern sofort drei Ausschüsse, welche die einschlÄ- gtgen Fragen vor der Debatte in der Vollsitzung durch arbeiten sotten. Der erste befaßte sich mit Verfehlun gen und Sanktionen, der zweite mit der wirtschaftlichen Räumung de» Rukrgebietes, der dritte Mit den Sachlei stungen. DaS Hauptinteresse konzentrierte sich auf den ersten Ausschuß mit seinem ausgesprochen politischen ^Charakter. Jede Hauptdelegation ist darin durch je einen diplomatischen, juristischen und finanziellen Ver treter und Sachverständigen der ReparationSkommisston vertreten. Die vier kleineren Mächte erhalten eine Kob- lekttvvertretuno durch zwei Delegierte, nachdem man zuerst versucht hatte, sie ganz auSzuschltetzen.« Dieser Ausschuß unter dem Vorsitz Snowden» und der Be teiligung Logan» behandelte sofort die Frage, welch« Autorität da» Vorhandensein einer eventuellen Ver fehlung feststellen sollte. Frankreich befürwortete dafür die heutige. Reparattonskommtssion. Der amerikanische Beobachter erklärte, Washington hätte gegen di« Ernen nung eine» Amerikaner» zum Generalagent und Mit glied der ReparationSkommisston üd hoc nicht» einzu wenden. Snowden bezweifelte, .daß di« Anleihezeich ner in einem solchen Arrangement ein« genügende Ga rantie sehen würden. England befürworte, mit der Ernennung diese» Amerikaner» den Präsidenten de» Daaaer Gerichtshöfe» zu betrauen. Frankreich dagegen sprach sich abermals für di« ReparationSkommisston au». Hmt« wird darüber abgestimmt werden. Der »wette Ausschuß unter Lrewe berät heute da» französisch« Memorandum, -a» dl« wirtschaftlich» Räu mung de» Rukirgebtete» in »w«t Stadien vollziehen WM Da» erste Stadium soll nach der Verabschiedung aller Die drei Londoner KoininMonen Amerikas Vertretung in der ReparationSkommisston. Paris, 17. Juli Tie AKnee Hava» meldet heute nachmittag aus London, Herriot habe einen Teil de» Vormittags hindurch mit seinen Mitarbeitern in der französischen Botschaft beraten. Um 11 Uhr hab« »er sich zu Maedonald begeben. Er hatte mit ihm eine längere Unterredung und frühstückte mit IHM. Die fran zösischen Sachverständigen waren den ganzen Bormit- tag mit der Sitzung der S. Kommission beschäftigt die heute nachmittao ^stattsand. Die S. Kommission (Aust hebuna -er Pfänder) wird wahrscheinlich ihre Sitzungen vertagen, .und zwar auf Verlangen der französischen Sachverständigen. d,ie mit der Aufstellung de» frans-- fischen Programm» für die Wiederherstellung der deut schen wirtschaftlichen und steuerlichen Einheit beschäftigt sind. Die zweite Konferenz soll um SH Uhv,zusam» mentreten. i London. .17. Juli. „Star" zufolge hatte Maedo- nald heute eine Konferenz mit Snowden und den Sach verständigen de» Auswärtigen Amte»,.ferner,mft Lord Varmoor.' Der diplomatisch« Berichterstatter de» Blat te» erklärt, au» gut« Quell« zu wissen, daß -t« Fran zosen zur unsichtbaren Besetzung bereit seien, svll» sich Deutschland bereit erklär«, den LaweSplan auchufüh-