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rramm«, <rag»b!att flui,r,o,birg». Enthalten- -la amtlichen Bekanntmachungen -es Nates -er L»ta-t UN- -es Amtsgerichts ^lue. poMeck-xontor ftmt teipziglee». Nr. 174 Montag, äen 28. Juli 1S24 IS. Jahrgang Entscheidende Tage in London. London, 27. Juli. Ein Vertreter des Neuterschen Büros besprach gestern mit verschiedenen Mitgliedern der alliierten Delegationen die letzte Phase der Londoner Konferenz. Wie er berichtet, fand er bei den englischen, französischen und belgischen Vertretern keine pessimistische Stimmung. Die all gemeine Ansicht sei, dah trotz gewisser grundlegender Meinungs verschiedenheiten die Konferenz ein erfolgreiches Ende nehmen mühte, weil es sonst ein Unglück geben würde. Obwohl mit Bedauern zugegeben wurde, dah bisher keine Anzeichen dafür vorliegen, dah die zahlreichen Versuche, die Bankiers zufrieden zu stellen, von Erfolg gewesen seien, habe man allgemein das Gefühl, dah alle Schwierigkeiten überwunden werden müssen. Allgemein glaube man, dah die deutsche») Vertreter etwa am Donnerstag hier sein könnten und alles bis zum Ende der kommenden Woche besprochen sein könnte, wenn durch die Aufnahme der gemeinsamen Verhandlungen mit den Deutschen nicht wieder die ganze Frage aufgerollt werden sollte. Der Londoner Berichterstatter des Temps will wissen, dah man in gut unterrichteten englischen Kreisen heute den feste»» Entschluh feststellte, morgen und die kommenden Tage eine ernste Anstrengung zu unternehmen, um die Konferenz zu einem glücklichen Ende zu bringen Der morgige Tag sei von groher Bedeutung. Die englischen Unterhändler seien sich ihrer Verantwortung und der ernsten Folgen bemüht, die eit» teilweiser oder vollkommener Miherfolg der Konferenz nach sich ziehen werde. Alan sei jetzt entschlossen, den Bankiers alle Garantien wirtschaftlicher Art, die für die Anleihe wünschenswert seien, zu geben, aber, was politische Fragen anbelresfe, wolle man fest bleiben. Parts, 27. Juli. Staatssekretär Hughes trifft Montag in Paris eil» und will mit den Führern der französischen Oppositioi» in Kammer und Senat, insbesondere mit Poincare, Besprechungen abhalten. Bet dieser Gelegenheit will er Herriots Gegner davon überzeugen, dah dieser in London nach beste», Kräften Frankreichs Rechte wahre und dah ihm infolgedessen die Opposition leiste Schmierigkeit machen solle, wenn er gezrKungen sei, Zugeständnisse zu machen, denn ohne solche Zugeständnisse wäre das Schicksal der Londoner Kon ferenz besiegelt. Und wenn diese scheitere, mühte zunächst Frankreich die Folgen ertragen, weil der französische Frank stark fallen würde. Ob diese Argumente des Staatssekretärs Hughes auf Poincare irgendwelchen Eindruck machen werde, bleibt abzu warten. Dl« englische Flottenparade. London, 26. Juli. Der König nah»»» heute die grohe Flottenrcvue bet Spithead ab, an der 106 Kriegsschiffe jeder Art und Gröhe und zahlreiche Flugzeuge mit Besatzungen von zusammen 30 000 Mann teilnahmen. Die königliche Pacht, der mehrere Schiffe mit den Führern der alliierten Missionen der Londoner NeparattonSkonferenz," den Mit glieder»» des Kabinetts und zahlreichen Parlamentsmitglieder»» folgten, fuhr die Reihen der Kriegsschiffe entlang, die eine Front von etwa 4 Meilen bildeten. London, 27- Juli. „Sunday Times" zufolge besteht aller Grund -zu der Annahme, dah mährend des Besuches der Konferenzteilnehmer in Spithead Besprechungen von einer gewissen Bedeutung stattfanden, und dah diese eine gewisse Wirkung auf die Vollkonferenz am Montag haben werden. Der Nachdruck, mit dem die Bankiers auf ihre Forderungen dringen, verursache eine gewisse Besorgnis- In Konferenz kreisen glaube man jedoch, dah eine befriedigende Kompromih- formel möglicherweise bis morgen vereinbart werde. « Paris 27. Juli- Auf der Rückkehr von Spttehead nach London fapd im Sonderzug zwischen Macdonald, Herriot und Theunts eine Besprechung statt, wobei der englische Ministerpräsident seinen französischen und belgischen Kollegen mitteilte, dah eine sofortige militärische Räumung des Ruhr gebiete» zu einer Annahme der Beschlüsse der 1. Kommission führen könne, d. h. wenn die Franzosen nicht nur die Ingenieure und Zollbeamten, sondern auch die Soldaten aus dem Ruhrgebiet zurückzvgen, so könnte der Neparationskom- Mission da« Recht verbleiben, nach Befragen des General agenten für die Zahlungen und eine» Vertreter« der Anleihe zeichner eventuelle Verfehlungen Deutschlands festzustellen,' auherdem würden die alliierten Negierungen das ihnen in Paragraph 4 de» Beschlusses der 1. Kommission zugestandene Recht behalten, Zwanhsmahnahmen gegenüber Deutschland anzuwenden. Dieser Vorschlag Macdonalds wurde von tzrrriot abgelehnt, der darauf bestand, dah Frankreich, wenn es die militärische Räumung de« Ruhrgebtete» zugestehen wollte, hierfür entsprechend« Zugeständnisse erhalten müsse Zu dieser überraschenden Stellungnahme Herriot« muh gesagt werden, dah PoinearS immer erklärt hatte, die Soldaten seien nur zum Schutze der Ingenieure in das Ruhrgebiet entsandt worden. Wenn »»unmehr die wirtschaftliche Räumung des Nuhrgebletes erfolge»» solle, so ist nicht einzusehen, zu welchem Zweck die Soldatei» dort verbleiben sollen. Jedenfalls hatte auch diese Besprechung zwischen Macdonald, Herriot und Theunis kein Ergebnis. Die deutsche Delegation für London. Nachdem nunmehr die juristischen Sachverständigen die Beiziehung Deutschlands zur Londoner Konferenz gutgcheihen haben, darf damit gerechnet werden, dah die für nächsten Momag anberaumte Vollsitzung der Konferenz die Einladung beschlichen wird, die dann möglicherweise noch im Laufe des Montags offiziell erfolgt. Da immerhin 48 Stunden zwischen der Einladung und der Abreise der deutsche»» Delegation liegen dürften, werden die deutschen Vertreter kaum vor Mittwoch Bcrlu» verlassen. Selbstverständlich hat man sich jetzt auch ! bei dem gegenwärtigen Stand der Dinge bereits mit der Zusammensetzung der deutschen Vertretung besaht, und es darf > nach unseren Informationen als sicher angenommen werden, ! dah der Reichskanzler selbst die deutsche Delegation führt. Ebenso sicher dürfte die deutsche Teilnahme des Relchsauhen- minislcrs Dr. Stresemann sein und auch diejenige des Finanz ministers Dr. Luther- Neben diesen prominenten Mitgliedern der Delegation wird diese nur noch aus einem kleinen Kreis voi» Negieruugsvertrctern und Sachverständigen bestehen. Keinesfalls dürfte die deutsche Vertretung mehr als 15 Köpfe zählen. „Bitte recht freundlich!" Der „Corriere della Sera" erfährt voi» seinem Bericht- erstatter, Mac Donald habe gestern die ander»» vier Grohen gebctei», dah jsie in Gegenwart von Journalisten eine lächelnde Miene aufsetzen sollten. Es hätte nämlich Pessimismus ver ursacht, dah ain Tage vorher Herriot und Theunis in erregtcin Gespräch durch die Strahen Landons gegangen seien. In der Tat legt manches Londoner Abendblatt grohes Gewicht auf die lächelnden Minen und folgert daraus ein bald folgendes Einvernehmen. Nach der gestrigen Sitzung verliehen denn auch sämtliche Delegierte das Haus mit lachender Miene. Herriot soll einem französischen Abgeordneten mitgeteilt haben, dah jetzt alles gut gehe. Hinter den Kulissen der inter- allierten Konferenz übt die starke Persönlichkeit des Staats sekretärs Hughes einen grohe»» Einfluh vuf die Mitglieder der verschiedenen Delegationen aus. Auch er ist ständig be' müht, die Gegensätze zu überbrücken. Di« deutsche Eisenbahn al» gröht« Gesellschaft der Welt. Berlin, 26. Juli. Dos Organisationskomitee der deutschen Eisenbahngcscllschaft hat gestern in Loudon die Bearbeitung der Entwürfe eines Gesetzes und der Gescllschastssatzungen der Eisenbahngcscllschast beendet und die Entwürfe det Nepa- rationskommission vorgelegt. Das Komitee hat in lang wierigen Beratungen die Grundlage für die Bildung der Gesellschaft gelegt, die die grösste der 'Welt sein und ungefähr 700000 Beamte, Angestellte und Arbeiter umfassen wird. Das Koniitec setzt sich aus Sir William Acworth, Lcverve und den beiden deutschen Mitgliedern Bergmann und Vogt zusammen. Bon der Ernennung eines fünftin neutralen Mitglieds, das ursprünglich vorgesehen war, hat man Abstand genommen, da die Arbeiten des Komitees zu einem vollen Einvernehmen geführt haben- Dieser Erfolg ist ein glückliches Vorzeichen für das gute Wirken der Gesellschaft, deren Aufgabe es sei»» soll, zum Wiederaufbau des deutsche»» Wirtschaftslebens beizutragen und gleichzeitig Werte für die Beseitigung der Reparationslasten zu schaffen. SN« wieder Krieg. Mannheim, 27. Juli. Eine Massenkundgebung unter der Losung „Nie wieder Krieg" veranstaltete im Anschluh an eine stark besuchte Heidelberger Versammlung die Friedens gesellschaft Mannheim und Ludwigshafen auf besetztem Mann heimer Gebiet. Es sprachen Professor Balmqin voi» der fran zösischen Liga für Menschenrechte und der sozialdemokratische Neichstagsabgeordnete Ströbel Wegen des auherordentlichen Andranges zu der Veranstaltung muhte noch eine Parallel versammlung abgehalten werden. Wien, 27. Juli. Aus Anlah des 10. Jahrestages der Kriegserklärung veranstalteten gestern abend 15 Vereine pazi fistischer Richtung hier eine Kundgebung gegen den Krieg, der ein Fackelzug über die Ningstrahe folgte. Heute vormittag fand eine von de, sozialdemokratischen Partei veranstaltete grohe Kundgebung der, Arbeiterschaft gegen den Krieg vor dem Rathaus statt. 16 Redner, darunter englische, französische und deutsche Delegierte, die anlählich der in Wie»» tagenden internationalen A>-betterwoche hier weilten, hielten Ansprachen. G -London, LS. Juli. Preß Asfoeation zufolge iss der amt' liche Bericht über die Schlacht von Skagerrak nunmehr ver« üffsntltcht worden. Wirtschaftliche Nunäschau. Während in London um die politischen Voraussetzungen des Dawesplanes — ökonomische Streitpunkte gab es etgent-* lich bis jetzt nicht — gestritten wird, müht sich die deutsche Wirtschaft krampfhaft ab, über die schwierige Zeit bis zur Ausführung des Dawesplanes Hinwegzukommen. Man vek- Helt sich nicht, dah mit der Durchführung des Sachver ständigengutachtens eine Veränderung der Lage zu erwarten ist, dah vor allem mit einem reichlicheren Zustrom ausländi schen Kapitals in die deutsche Industrie gerechnet werden kann. Inzwischen wird aber die Wirtschaftslage immer prekärer- Die täglichen Konkursfälle erreichen jetzt Ziffern, die, wie die „L. N. N" berichtet», nicht mehr weit von 100 entfernt sind, und überschreiten damit schon weit die Normal höhe der Vorkriegszeit. Und wenn auch bis jetzt erfreulicher weise Zusammenbrüche ganz groher Werke noch nicht ringe- treten sind, so wird die weitere Verschlechterung der Konjunktur doch deutlich genug dadurch gekennzeichnet, wenn Werke von Weltruf wie Heinrich Lanz in Mannheim vor die Alternativ« gestellt sind, entweder Tausende von Arbeitern zu entlassen, oder sich durch Staatssubvention über Wasser zu halten. Auch aus anderen Gegenden des südwestdeutschen und westdeutschen Industriegebietes kommen Alarmmeldungen, die uns die grohe Gefahr unserer Lage vor Augen führen. Die Höchster Farb werke haben zu Entlassungen schreiten müssen. Im rheinisch westfälischen Industriegebiet kündigen die bekannten Phönix werke grohe Einschränkungen und Entlassungen zuml-August an. Und auch in Sachse»» steht es nicht viel besser. In Zwickau haben die Horchwerke von 1500 Arbeitern 800 entlassen. Die Mollwerke in Chemnitz, ein zwar noch junges aber rasch zur Bedeutung gekommenes Unternehmen, muhte sich dieser Tage unter Eeschäftsaufsicht stellen. In den westsächsischen Terttl- distrikten fällt es den Webereien schwer, ihre schon auf 24 Stunden in der PZoche eingeschränkten Betriebe aufrecht- zuerhaiten. Von einer Abflauung der Krise ist also nach auhen hin noch kaum etwas zu verspüren, um so mehr, als der Arbeits markt eine zunehmende Verschlechterung aufweist. Die jetzt oft aufgeworfene Frage, ob der Höhepunkt der Krise schon erreicht sei oder ob wir uns noch diesseits der Krise befinden, ist eine im Augenblick schwer zu beantwortende Frage. Be zeichnend für den Ernst der Lage Ist, dah viele sonst inner lich gesunde Firmen nicht mehr in der Lage sind, Kredite aufzunehmen, weil es ihnen nicht möglich ist, die hohen Spesen für die Kredite herauszuwirtschaften. Auf der ein«n Seite schärfsten Preisdruck bei vermindertem Absatz, auf der anderen Seite unerträgliche Steuerlasten und Spesen. Die Ermähigung der Umsatzsteuer um V, Prozent und die Kohlen- preisermähtgung fallen nur unerheblich ins Gewicht. Am nachteiligsten wirke»» aber die immer noch unerhörten Zins sätze, die jede rationelle Wirtschaftsweise im Keime ersticken. So ist es kein Wunder, dah täglich neue Produktionsein- schränkungen, Kurzarbeit und Feierschichten gemeldet werden. Darauf ist zum Teil zweifellos der Rückgang der Kredit« gesuche bei der Reichsbank und bei den Privatinstituten zu erklären, also eine Ursache, die nicht gerade al« eine erfreuliche Erscheinung zu bewerte»» ist- Nicht richtig ist es, wenn, wie es jetzt vielfach der Fall ist, die Kreditpolitik der Reichsbank für die Wirtschaftskrise ver antwortlich gemacht wird, wenn argumentiert wird, die Siche rung der Währungsstabiiität vollziehe sich auf Kosten der Wirtschaft. Dieser Satz stützt sich auf die Anschauung, dah die Wirtschaft ohne inflationistische Wirkungen ein Mehr von Geldumlauf verdauen könnte, was nicht bewiesen ist, aber durch die Erfahrungen, die mit der mit der Etnführung der Nentenmark gehandhabten liberalen Kreditpolitik der Reichs bank gemacht wurde, widerlegt werden kann. Nein — richtiger ist der Satz: die Gesundung der Wirtschaft kann sich trotz Währungsstabiiität nicht vollziehen. Als furchtbares Erbe einer Inflation, die die Betriebsmittel vernichtete. Diese können aber nur entweder durch eine Kapttalregeneratton in der Wirtschaft oder durch Zurverfügungstellung ausländischen Kapitals geschaffen werden. Gin drittes — es sei denn/auf Kosten einer Inflation — gibt es nicht. Die letzte Zeit brachte leichte Ansätze' einer Besserung der Kredttnot- Di« Geldsätze sind im Sinken begriffen und der Privatdiskont markt (siehe auch letzten Retchsbankausweis) beginnt wieder ' langsam in Funktion zu treten. Da» sind Anzeichen, dah di« Wirtschaft versucht, ihre Krankheit au« sich heraus zu heilen. Und es ist zu hoffen, dah die Industrie au» eigener Kraft noch die schweren Wochen bi» zur Ankunft gröberer Auslands kredite zu überstehen vermag. Ist doch der „Silberstreifen am Horizont" immer deutlicher zu erkennen.... «in, ne«, Kreditquill« für da» sächsisch» -and««». Dresden, 26 Juli. Dem Landesausschub de« Sächsischen Handwerks ist es nach langen Bemühungen gelungen, di« mit dem Kreditstock für da« sächsische Handwerk und Lewerb« verfolgte Schaffung «in«, starken zentralen Geldinstitut» zu, Tat werden zu lassen. Am 18. d. M. wurde di« »Sächsisch« Zentralgenossenschaftskasse", genannt Sachsenkass«, «rrichtrt. Sie hat di« Aufgabe, da« Handwerk und den g«w«rdltch,n Mittelstand mit billigen und au-ntchenden Krediten zu ver»