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.. Mnzetger für das Erzgebirge MW r«a^M e-ih-uo- -t« O»Mch«»G«>-W»»Ochm,g,» 4» 4« Gw-t «I- öt» MM-B-rtcht- st-». p.m».«.,,!,,,, D>, «,. I—, Nr. 12S Dienstag» äen 3. Juni 1924 19. Jahrgang Die ewige Regierungski's Bon unserm Berliner Mitarbeiter. Man ist in Deutschland schon daran g^vöhnt, datz Regierungskrisen lange bauern. Aber diesmal über- trifft die Dauer der Regierungsbildung, doch all« Er» Wartungen. Am 4. Mat hat die Reichstag-WM statige» strnden und am 4. Juni kann sich allem Anschein nach noch immer nicht die neue Regierung dem Parlament Varstellen. Der neue ReichStagAprästdent Wallraf war am Montag M AeltestenauSschutz sogar der Ansicht, .datz die Regierungserklärung pes neuen Kabinetts erst nach den PfinMerien auf Pie Tagesordnung gesetzt werden könnte. Man sollte es wirklich nicht für möglich kal ten. vierzehn Tage lang Laben die Parteien der Mitte mit den Teutschnationalen aufs eingehendste verhandelt. Und immer noch sind die Verhandlungen zu keinem Ab- schluh gelangt. Wer will es der demokratischen Reichs, uigSiraktion verdenken, wenn sie am Montag einstimmig den Herrn Reichskanzler Tr. Dtarx aufgefordert Katoden Ergebnissen der bisherigen Verhandlungen nun endlich Rechnung zu tragen und zu einer Regierungsbildung aui dem Boden der Plattform der Mittelparteien zu schreiten, da eine wettere Unsicherheit der Lage außen politisch gefährlich und wirtschaftlich unerträglich sei. Kein Mensch im Lande versteht mehr diese Ver schleppungstaktik. Tie Tatsachen liegen doch setzt klar vor aller Augen. Tie krampfhaften Vermittlungsver suche der Deutschen Vollspartei zwischen den Deutsch nationalen und den Mittelparteien sind gescheitert. Tie deutschnationale Retchstagsfraktion hat in einer feier lichen Erklärung.am vorigen Freitag der Welt kund und zu wissen getan, daß sie nicht eine Kontinuität der bis- herigen Außenpolitik, sondern eine Kursänderung ver langt und als sichtbares Zeichen dafür einen anderen Außenminister an Stelle Stresemanns fordert. Ta aber die drei Mittelparteien eine ganz klare außenpolitische Plattform allen Verhandlungen zugrunde gelegt hatten, die gradlinige Fortsetzung der bisherigen Außenpolitik verlangte, und da auch diese Plattform dem In- und Ausland zur Kenntnis gebracht war, konnte eine Ver ständigung als völlig, ausgeschlossen gelten. Selbst et waige Kompromih'ormulierungen eines neuen außenpo litischen Programms waren damit unmöglich geworden, denn sie hätten selbst bet vorsichtigsten Wortfassungen sofort bewiesen, daß der außenpolitische Kurs nicht fort gesetzt, sondern irgendwie geändert werden solle. Und wenn nun gar ein Wechsel aus dem Posten des deutschen Außenministers vorgenommen worden wäre, hätte nie mand in der Welt mehr geglaubt, daß die deutsche Re- aierung Lei ihrer vorbehaltlosen Annahme des Sach verständigengutachtens stehen geblieben wäre. So hatten «S pffenbar auch am Freitag die Teutschnationalen an gesehen, als "sie ihre Absage der Öffentlichkeit unter breitet hatten. i l Auch die Deutsche Volkspartei hatte unter dem ersten Eindruck der deutschnationalen Absage und Schluß erklärung gls FrakttvnSbeschlutz verkündet, datz sie nun mehr ihre VermtktlunaStätigkeit als erloschen ansehe. Jedermann mutzte annehmen,, datz über Sonntag endlich die neue Regierung unter AUSschlutz der Teutschnatio- nnlen zustande kommen würde. Aber das Unglaubliche geschah, daß am Sonntag neue Verhandlungen zwischen Marx und Hevgt und zwischen Hergt und Scholz, dem Führer der Deutschen Volkspartei, wieder etngeleitet wurden, bei denen die Teutschnationalen überraschender weise aufs neue entgegenkommende Erklärungen abge geben haben sollen. Und die Deutschen Volksparteiler haben trotz aller schlimmen Erfahrungen offenbar noch einmal geglaubt, es sei doch noch eine Regierung mit Einbeziehung der Deutschnattonalen auf Grund der Plattform möglich, die sie selbst mitbeschlossen und eine Zeitlang.sogar als ihre Höchst eigene vertreten haben. Ter normale Wähler, selbst der deutsch-volkSparteiliche, wird Verständnis, und fassungslos vor solchen Anschau ungen stehen. Schaltet man die vartettaktischen Kreuz- und Quer sprünge der Deutschnationalen und der Deutschen Volks partei einmal aus, .so ist poch die politisch« Lage fetzt nach den wochenlanaen Verhandlungen so klar wie nur irgend denkbar. Die Teutschnationalen haben nach lan gem Zögern endlich offen erklärt, datz sie eine Kurs änderung -er deutschen Außenpolitik verlangen. Eine solch« Kursänderung würde die setzigen Verständigung», Möglichkeiten 'mit per Entente völlig Perschütten und Deutschland politisch und wirtschaftlich in den Abgrund stürzen. Sie kann und darf deMalb nicht ernsthaft in Betracht kommen Tie Deutschnationalen haben sich in ihrer Entscheidung selbst der Möglichkeit beraubt, .aktiv an der Regierung jeil-unehinen. Alle Liebesdienste der Deutschen Volkspartei können daran nicht» ändern, wet tere vrrtzandlunsen über die GinLmishunr der Deutsch» nationalen tu die Realeres müssen damit ein» für alle mal erledigt kein. Richt au- irgendwelchen parteipo litischen Gründen, .sondern im dringendsten Interesse des Vaterlandes. Diese» Interesse ist im Augenblick umsv stärker, al» die wirtschaftliche Lage, insbesondere die allgemeine schwere Kredttnot sede Verzögerung ab- schlietzender BerständtgungSverhandlungen mit der En tente verbietet. Es bandelt sich heute nicht mehr blotz darum, eine verhandlungSßähige ReichSregterung zu stande zu bringen, .sondern sie so schnell als irgend mög lich in den Sattel zu setzen. Jeder Ta^ später, an dem daS geschieht, bedeutet ungeheure wirtschaftliche Schädi gungen. die niemand verantworten kann. Allo mutz schnell gehandelt werden. Die demokra tische ReichStagsfraktivn hat sich sehr genau überlegt ob sie die Beschleunigung nicht dadurch herbeiführen könne, dcch.sie ihrerseits erklärt, sich an weiteren Ver handlungen über eine Regierungsbildung Mit Deutsch nationalen nicht weiter beteiligen zu wollen. Sie ist indessen aus wohl erwogenen Gründen zu dem Beschluß gekommen, .sich in diesem Augenblick noch nicht frei willig Lind selbst aus den Verhandlungen auSzuschlte- ßen, an denen sie seither mit so großem Geschick und Er folg beteiligt war. Sie hält es auch .fetzt noch für notwendig, innerhalb der drei Mittelparteien den grad linigen Kurs der deutschen Außenpolitik mit allem Nachdruck zu vertreten. Die demokratische Entschließung . Die demokratische ReichStagsfraktivn hat folgende Entschließung gefaßt: „Nachdem die Deutschnattonale Volkspartei aul Freitag öffentlich erklärt bat, daß.sie eine Kontinuität der bisherigen Außenpolitik ablehnt, .und eine Kurs änderung auf dem Gebiete der Außenpolitik verlangt die zu der zwischen den bisherigen Regierungsparteien vereinbarten Plattform in diametralem Gegensatz steht, fordert die demokratische Fraktion den Reichskanzler auf, dieser Tatsache Rechnung zu tragen und zu einer Regie rungsbildung zu schreiten, da eine weitere Unsicherheit die Lage außenpolitisch gefährdet und wirtschaftlich un erträglich ist." Eine nene Erklärung Stresemanns. In Ergänzung unserer am Sonnabend gegebenen Meldung, derzufolge der Reichsaußenmintster Dr. Strese- mann bereits am Himmelfahrtstage dem Reichskanzler Marx gegenüber zum Ausdruck gebracht habe, die Neu formung des Kabinetts nicht von persönlichen Rücksicht nahmen abhängig zu machen, wird nunmehr bekannt, datz Ar. Stresemann erneut schriftlich seine Erklärung vom Himmelfahrtstage dem Reichskanzler Marx ^gegen über wiederholt hab«. Ein« Erklärung der R«ich»tag»ftaktion der Deutschen volkspartei. Die NeichStagSfraktton der Deutschen Volkspartei gab gestern gegen 3 Uhr folgende Mitteilung aus: „Die Fraktion der Deutschen Volkspartei hat in ihrer Sitzung yom 2. Juni wiederholt zu den Ge rüchten und Zumutungen Stellung genommen, datz die Fraktion den Parteiführer Außenminister Tr. Strese mann fallen ließ". Sie stellt demgegenüber fest, daß sie und ihre VerbandlungSführer stet» an ihm aus sachlt- chen und persönlichen Gründen festgehalten haben. Wenn sie die Entscheidung auch von dem Willen de» Herrn Dr. Stresemann abhängig gemacht hat, so war das zunächst eine Selbstverständlichkeit, .entsprach aber auch Her eigenen Haltung pes Herrn Tr. Stresemann gegenüber dem Reichskanzler Marx. Tie Fraktion verweist wie derholt auk ihren Beschlutz vom 31. Mai, wonach.sie zu ihrer Haltuna in erster Linie durch die Erwägung Le» stimmt worden ist. .Hatz es aus sachlichen Gründen ge- boten ist, im In- und Ausland durch einen Personen wechsel nicht den Anschein einer außenpolitischen Kurs- änderung hervorzurufen.- > Vk flrbeltswte-eraufnohme im Ruhrgebiet, Essen, 2 Juni. Im gesamten Ruhrbergbau find heute MchL Prozent der Belegschaft der Frühschicht eingesahren. Im Vergrevier Duisburg, wo di« Kommunisten am stärksten vertrete« sind, betrug die Zahl der Arbeitswilligen sogar 97,82 Prozent der Gesamtbelegschaft. ES ist nirgends zu Nuhestörrmgrn gekommen. 2b« Millionen «oldmark Verlust,. Der Zechenvcrband gibt bekannt, daß durch den Ruhr- bergarbeitexstrcik und die dadurch veranlaßte Stillegung der Kohlenförderung LbO Millionen Goldmark Verluste entstanden sind. Dis Nachlieferung für di« Alliierten beträgt allein eine, groß« Monatsförderung. Der Ausfall an Arbeitslöhnen! erreicht fast 170 Millionen Goldmark. > protrst -rs deutschen öeamtenbun-es gegen -le Gehaltsregelung. Zur Erhöhung der Beamtengehälter hat der Deutsche Beamtenbund Me Entschließung.gefaßt, in der es heißt: Die BundeSlettung des Deutschen Beämtenbundes hat mit Em pörung von der.durch Verordnung der Reichsregicrung vor genommenen unsozialen und unzulänglichen Besoldungsrege lung Kenntnis genommen. Sie gibt im Hinblick auf die all gemeine Lage und insbesondere wegen der Besoldungsreqe- lung ihrer tiefen Besorgnis für die Gegenwart und Zukunft der deutschen Beamtenschaft Ausdruck, und stellt mit großem Bedauern fest, daß die Reichsregierung hierbei kein Verständ nis für die Lage der fchwex darbenden unteren Bemntensch ä>- ten gezeigt hat. Die BundeZleitung lehnt die neue Besol- dungsregelung mit Entrüstung ab. Sie erwartet vom Reichs- tage, daß er an Stelle dieser Regelung eine neue setze, die von, sozialen. Geist getragen ist und allen Beamten di- Möglichkeit einer menschenwürdigen Lebensführung wiedergibt. Die Reichstagsfraktion der Deutschen Demokratischen Partei hat einen Antrag etngebracht, wonach mit sofortiger Wirkung der Artikel 6 der auf Grund des Ermächtigungsge setzes erlassenen Verordnung über die 12. Ergänzung des Besoldungsgesetzes aufgehoben werden soll. Durch diesen Artikel hat sich die Regierung die Ermächtigung gegeben, bis zum 1. Oktober 1924 die Gehälter der Beamten von sich aus ohne Befragung des Reichstages zu regeln. Die demokratische Fraktion HÄt die Aufhebung für geboten, nachdem die Regie rung auf Vorschlag Les Reichsfinanzrytnisteriums für die Zeit ab 1. Juni eine Neuregelung der Bezüge verfügt hat, die wegen ihrer unsozialen Gestaltung in den Kreilen der Be amten der unteren und mittleren Besoldungsgruppen mit Recht größte Erregung hervorgerufen hat. Ver potsöamer Kommunkstenanschlog Die Untersuch Mra Wer das bei der Enthüllung de» GardedukorPs-DenkmalS in Potsdam geplante Spreng stoff-Attentat hat zweifelsfrei ergebe», datz die mit der Vorbereitung dieses Verbrechens betrauten Personen bis in die Zentrallnstanzen der KPD. reichen. Der Stadtrat Thiedemann und der Stadtverordnete Hesse, die in Potsdam der Kommunalvertretung angehören, haben unmittelbar an den Vorbereitungen zu dem Atten tat gearbeitet. Die Verhaftungen sind in Potsdam. Berlitt, Hamburg und einigen Orten der Provinz erfolgt. Es wurde dabei Material gefunden, paS be weist, datz. die kommunistische Parteileitung über ein sehr sorgfältig zusammengetragenes^ kostspieliges Nach richtenmaterial verfügt- Es handelt sich bei diesem Ma terial u. a. auch um ein Lichtbild-Archiv, das eine große Anzahl von Personen umfaßt, darunter namentlich Po litiker und Beamte der Dezernate, .die sich mit dem Treiben der Kommunisten befassen. Aum Attentat auf Vr. Selpel. Anarchisten al» Anstifter de» Anschläge» Die Budapester Polizei glaubt Anhaltspunkte da für zu haben, daß das Attentat auf Bundeskanzler Dir. Seipel von derselben Anarchistengruppe organisiert wur de Pie den Arbeiter Staron nach Budapest entsandt«, damit er den Reichsverweser tzorthh erschieße. Staron war als Weberciarbeiter in einer ntederöstcrreichischen . Fabrik beschäftigt und gestand bet seiner Verhaftung per Polizei, datz Mne Auftraggeber auch gegen mehrere andere Staatsoberhäupter Attentate planten. Der Per, haftete soll damals bereits Namen von Komplicen ge nannt haben, darunter den Namen Karl Javorek, der fetzt da» Attentat auf Seipel verübte. Zavo r ek wurde wiederum verhört, wobei er einige Reue zeigte. Er lehnte Nahrungsaufnahme ab und sagte nur, er wolle erst dann essen, wenn man ihm mit Gewißheit sagen könne, daß .der Bundeskanzler außer Gefahr sei. Das sehr lanae Schreiben, da» er an seine Frau richtete und das man in seinen Taschen vorfand, ist überaus verwirrt. Er sagt darin, datz ihn da» Le ben nicht mehr freue und daß er ihm «in Ende bereiten Würde. Sr hab« kein« Aussicht mehr, glücklich zu fein. Er wolle spurlos au» der Welt gehen. Wenn «S ihm gelinge zu gehen, solle noch einer mit ihm, den er gern mitnehmen möchte, Tr. Seipel. Wien, 2. Juni. Unausgesetzt fuhren vor dem Krankenhaus, in dem Dr. Seipel liegt, dis fremden Ge sandten vor, um sich in ein« Liste «tnzutragen. Auch zahlreich« Blumensvenden treffen ein. Niemand wird tedoch zum Kanzler gelassen, da die Aer»t« nicht ver» j heimlichen, datz wegen der verhältnismäßig stark fort» geschrittenen Zuckerkrankheit der Zustand de» Pattenten als ernst bezeichnet werden mutz. Die einzige Unter redung, di« Dr. Seipel hatte, fand.mit dem General kommissar des Völkerbünde» Dr. Zimmermann statt. dem «r seine Wünsch« äußert«, auf Grund d«r«n Le. Zimmermann ZeitungSvertt«t«rn gegenüber srMrk, .pr werde, fall- per Kanzler an der Reis« zur PWsrHurrd».