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LW- Anzeiger für das Erzgebirge ««.««, ft»,,«»»»». <»4H»U4»- »I« o«M->4» »« Kit» 4« V,a4,«» »4 MWi^ttcht» K04. ftm «»,, w.,«, Nl. 121 Sonnabenck» ckea 24. Mai 1S24 IS. Zshrgong Die Reglerungsblläung. ls«, w. a»Ii M d. o Sm alten Reichstag konnte man zuletzt häufig wahr» tzmen, daß einzeln« Parlamentarier von Rus und selbst inze politische Parteien da» geradlinige Lenken ver rat hatten; sie dachten und Sandellen in Kurven und Pirolen, und zuletzt fand sich der ganze Reichstag au» en Jrrgängen nicht mehr heraus, .itt die er sich! ver armt hatte. GS scheint fast io. Als hätten beim neuen ieichStaa die Parteien und manche sogenannte politischen Mrer schon vor dessen Zusammentritt das Denken n gerader Linie verlernt. Anders kann man sich die -«Handlung »der Frage der Regierungsbildung nur chwer erklären. Es ist erstaunlich, mit welchem Rafft- rement sich einzelne Kreise bemühen, diese an sich klar kanzler» zu bestimmen. Wien solchen Machenschaften gegenüber mutz einmal mit aller Deutlichkeit zum Aus druck gebracht werden: der größte Teil de« deutschen Volke« hat es satt, die Entscheiimng über da» Schicksal der deutschen Regierung und über die Lebensfragen der deutschen Nation in partettakitschen Verhandlungen ver« zettelt zu sehen. Tas Gebot der Stunde ist die klare und einfache Lat. Tie Reichsregierung hat die Ver« antwortunoSfreudigkeit gehabt, -io Sachverständigengut achten als Grundlage anzunehmen, .sie mutz guSharren und weiter den Mut zur Verantwortung dieser Politik auch vor dem neuen Reichstag haben, selbst ihren eige nen Parteien gegenüber. Besteht in den Reihen der Volkspartei das Bedürfnis, sich von einer Mittelpartei zu einer Rechtspartei zu entwickeln, so mag sie das in Gottes Namen tun, aber nur Klarheit mutz geschaffen iegende Fraga zU komplizieren. Der bevorstehende Zu- ammentritt de» Reichstags läßt es deswegen geboten er- cheinen. noch einmal alles verwirrende Beiwerk bet Sette zu schieben und sich die gegebene Situation frei on allen Partettaktischen Nvbenrücksichten zu v«rgegen wärtigen. . ! ! Die jetzige Reichsregierung hat in der zwischen altem md neuem Reichstag liegenden parlamentslosen Zett nach innen und außen erklärt, daß sie die Sachverstän digengutachten als geeignete Grundlage zu einer er träglichen Auseinandersetzung mit unseren Gegnern von gestern betrachtet und zur Mitarbeit auf dieser Grund lage bereit sei. Ter Angelpunkt für unsere ganze Po litik liegt in dieser Auseinandersetzung. Daraus ergibt sich als folgerichtiges Gebot für die Reichsregierung iestzustellen, ob sie bet dieser ihrer grundsätzlichen Ein stellung zu der Lebensfrage des deutschen Volkes die Mehrheit de» neuen Reichstages hinter sich hat. Tatz die« tatsächlich der Fall ist. unterliegt keinem Zweifel. Die NeichStagSwahlen haben keineswegs das Ergebnis gezeitigt, .datz das deutsche Volk in seiner Mehrheit keine solche Verständigung wolle. Tie an sich klare Sach lage ist zunächst durch die Teutschnationalen getrübt worden insofern, als sie die Reichsregierung zum Rück, tritt aufsvrderten. In diesem Schritt der Teutschnatio nalen laa eine maßlose Neberhebung und völlige Ver kennung der politischen und parlamentarischen Kräfte verhältnisse. Wenn in Frankreich Herr Herriot den Rücktritt der gegenwärtigen Regierung -erlangen wür de, so hätte das Sinn, denn Herr Herriot hat hinter sich eine Mehrheit des Parlaments und des Volkes. Wenn aber Herr Hergr an die Reichsregierung die Auf forderung zum Rücktritt richtet, .so hat er dazu nicht das geringste Recht, denn er hat keine Mehrheit hinter sich, und die Reichsregierung lieht sich im Reichstag auch sonst nicht vyn vornherein einer ihr feindlichen Mehr- hcitSbilduna^gegenüber. Die Reichsregierung,wieS des halb mit Fug und Rocht das deutschnationale Ansin nen zurück, und es schien so, als sei sie entschlossen, den einzig richtigen Weg zu gehen und den Reichstag sofort vor die Frage zu stellen, üb er die von ihr eingeschla gene Politik grundsätzlich billige older nicht. Da kam die zweite Komplikation der Lage, und zwar durch die Volkspartei, die in ihrer Reich». tagSfraktion beschloß den Anschluß nach recht« herzu stellen. anstatt die Deutschnationalen vor die Entschei dung zu stellen, den Weg zur Mitte zu finden. Diese Haltung der volk-parteilichen RetchStagSfraktion war umso bedauerlicher al« damit die Stellung der Regie rung, in der ja die' Volkspartei ausschlaggebend oer- treten ist, .geschwächt werden mußte. Die Deutschnatio- aalen hielten sich nun erneut für befugt, di« Initiative ,ur Neubildung der Reichsregierung zu ergreifen und luden Volkspartei, Zentrum und bayrische Volkspartei zu einer Besprechung Lin. Datz sie dabei die Demokraten ausschließen wollten, war nicht etwa eine auf.dieser Seite so häufta M verzeichnenden taktischen Ungeschick lichkeiten und unschicklichen Taktlosigkeiten, sondern war der in plumper Form unternommene versuch, die drei Regierungsparteien und damit die Regierung selbst au», einander zu manvverteren. Erfreulicherweise wurde das Gegenteil erreicht. Zentrum und volkspartei dran gen auf Hinzuziehung der Demokraten und legten ihren Verhandlungen mit den Deutschnationalen gemeinsame programmatische Festsetzungen zu Grunde. So lag -rotz der Extratour der Deutschen Volk-Partei da« Schwer gewicht der Entwicklung zunächst wieder bet den Regie rung-Parteien der Mitte, vermutlich wird sich die Si tuation aber bi» zum Zusammentritt de« Reichstages noch mehrfach verschieben und verändern. Denn die Teutschnationalen behandeln auch di« Persqnenfragen in denkbar ungeschickter Weise, indem st« Ttrpitz al» Reich«, kanzlerkandidaten auf der Bildfläche erscheinen lassen, der von sich selber vor kurzem da- Bekenntnis ableate. datz er sein Wirken für da» öffentlich« Leben im allge meinen al» abgeschlossen betracht«. Im übrigen würde e» ja auch nicht Sache de« Herrn Hergt, sondern Sache de« Reichspräsidenten sei«, di« Persönlichkeit de« «eich«. werden. Es geht auf.die Tauer nicht an, datz hervor ragende Mitglieder der Volkspartei im Wahlkampf.und setzt eine Politik im Kielwasser der Teutschnationalen treiben, während der volksparteiliche Führer und Außenminister an der Politik der Mitte festhält. Ent weder — oder. Je stärker die parteitakttsche Verwir rung der Lage wird, um so zwingender wird die Pflicht der Regierung, an der einfachen und geraden Linie fest zu halten, die für sie gegeben ist. Es ist glicht Aufgabe der Regierung, .den Parteien auf allen möglichen und unmöglichen Seiten- und Irrwegen zu folgen, .sondern sie z«s einer klaren Politik zu zwingen. Tie Regierung wird Siegerin sein, die den Mut zur offenen parla mentarischen Entscheidungsschlacht hat. Die Regierung, die unentschlossen inmitten des Wirrwarrs der Par teien hin und her pendelt, wird sich binnen kürzester Frist in der Innen- und in der Außenpolitik vor einem Trümmerfelde sehen. » G » Die Berliner Derhanälungen. Fürst Dölow al» Rrichvkanzl-rkavdidat genannt. Berlin, 28. Mai. Die Verhandlungen der mittel parteilichen Parteiführer mit denen der Teuifchnationa- len über die Regierungsbildung dauerten bis kurz nach 2 Uhr und werden morgen vormittag 10 Uhr in glei chem Kreise fortgesetzt werden. Ein über die Verhand lungen von dem Leiter derselben auSgegebensr Bericht besagt: > > ' > t ! „ES fand eine einaehende Besprechung über die sach lichen Grundlagen einer gemeinsamen Regierungsbil dung statt. Die Personenfrage wurde offen gelassen. Den Besprechungen lag eine von der Deutschen Volks- Partei herrührende mit anderen Parteien besprochene Ausarbeitung Lugrunde. Die Verhandlungen wurden allgemein als vertraulich bezeichnet. Insbesondere ver. Pflichteten sich die Teilnehmer, die erwähnte Ausarbei tung einstweilen nicht zu veröffentlichen." Der Reichskanzler Marx wurde telephonisch! zu den Verhandlungen hinzugezogen. Wie in den WandelgSngen de» Reichstag» verlautet, ist neuerding« wieder von einer Reichskanzlerkandidatur de« Fürsten Bülow di« Rede. Lirpitz beim Reichskanzler. Berlin, 28. Mai. Großadmiral v. Tirpttz gibt über seine Besprechung mit Reichskanzler Marx eine Infor mation an die Rechtspresse aus. wonach, die Besprechung der Fräge der Annahme des Expertengutachtens gegol ten habe. Ta Dr. Marx gn der und e dingte n Durch führung -c- ExpertengutachtenS festhalte, .so sei die Be sprechung ohne Resultat geblieben. Eine neue Bespre chung de» Großadmiral» mit Dr. Marx sei nicht be absichtigt. ' ! >> ' ! . ! l , Hochverratsoerfahren gegen Kommunisten. Berlin. 28. Mai. Der Oberretchsanwalt weilte ge stern in Berlin. .Sein Besuch galt dem vom Reichs gericht eingeletteten Hochverrat-verfahren gegen die kommunistische Parteileitung, Die Anklage spll sich gegen mehr al» KO Personen richten. SMveit die Be schuldigten Mitglieder de» Reichstage» sind,. wird die Regierung unmittelbar nach Zusammentritt des Reich«, tage» die Genehmigung.zur Strafverfolgung Aachsuchen. von drei Kommunisten heimtückisch überfallen. Dessau» LL. Mai. Al» in der vergangenen Rächt de» Flugzeugsührer Petersen di« Kavalterftrafti entlang ging, b»> segneten ihm drei Leut«, wie sich nachher herau-fteltte Kommg. nisten, die ihm den Stahlhelmgrutz zuriesen. Petersen er. widerte den Gruft und nmrde unmittelbar darauf von den Kommunisten angegrissen und geschlagen. In der Rotwehr zog er da- Messer und hielt feine Angreiser vom Leibe. Da bei verletzte er einen Kommunisten leben-gesährlich durch einen Stich i« de« Unterleib/ Berlin, LS. Mai. Di« radikalen Betriebsräte der Großberliner Industrie beschlossen gestern abend, am Tag de« Wiederzusamuwntritt« de« Reichstage» um 1 Uhr au» den Betrieben zu gehen und für die Mteregienmo und die politische Amnestie zu demonstrieren. öetrlebsrätewahlrn bei -er Reichsbahn. Rückgang der kommunistischen Stimmen. Die Betriebsrötewahlen bet der Reichsbahn, die in diesen Tagen stattgefunden haben, ergaben, soweit bis her Resultate vorliegend das überraschende Ergebnis eines nicht unerheblichen Rückgänge» der kommunistischen Stimmen. In Halle erhielt der deutsche Eisenbahner- Verband (freigewerkschaftlich) 7972 Stimmen, der Allg. Eisenbahner-Verband (Hirsch-Tuncker) 1938 Stimmen, der Gewerkschaftsbund der Eisenbahner (christlich) 470 und die Vereinigte kommunistische Opposition 1248 Stimmen. Bei den Wahlen der Werkstättenarbetter in Sachsen haben die Kommunisten 3448 Stimmen er halten, und damit gegen da» Vorjahr 1000 Stimmen ver loren. Im Bezirk Osten (Frankfurt a. d. O.) war da» Wahlergebnis folgendes: DEV. 5364, .AGB. 1981, GTE. 290. Kommunisten 484. Am bemerkenswertesten ist der Rückgang Per kommunistischen.Stimmen in Dort mund..wo der TEV. im Betriebsrat 40 Sitze, die GDG. 9 Sitze, der AEV. 3 und die Kommunisten nur 2 Sitze erhielten. In Königsberg t. Preußen, -er bisherigen Hochburg der Kommunisten, erhielt der DGB. 8000, di« Kommunisten dagegen nur 52 Stimmen. Auch in Leip zig und Berlin, besonders aber in Lichtenberg, dem bis herigen Rückhalt der Berliner Oppositionellen Eisen bahner. ist ein starker Rückgang der kommunistische« Stimmen zu verzeichnen. < Erhöhung -er Seamtengehälter am 1. ^unl. Berlin, .23. Mat. .Mit dem 1. Juni tritt eine Er höhung der Grundgehälter der Beamten auf.80 Prozent des Standes von 1913 ein. E» wird darüber folgende amtliche Mitteilung au«- gegeben: Die mit Wirkung vom 1. Dezember 1928 festgesetzten Goldmarkbezüge der Reichsbeamten Mutzten im Interesse der Aufrechterhaltung -er damals gerade unter Troßen Opfern erkämpften Stabilität der Wäh rung .zur Balancierung des UebergangShauShalteS de« Reiches derart niedrta gehalten werden, daß die Reichs regierung .sie schon damals al» nur für eine kurze Uebergangszeit tragbar erklärte. Eine gewisse Aus besserung erfolgte deshalb schon mit Wirkung pom 1. April 1924 ab, insbesondere auch mit Rücksicht auf die Steigerung der Mieten. Diese Regelung trug aber den Lebcnsnotwendiikeiten der Beamten noch nicht aus reichend Rechnung, vielmehr blieben ihre Bezüge in den unteren Besoldungsgruppen noch um 25 Prozent, in den mittleren und höheren Besoldungsgruppen bi« zu mehr als 50 Prozent hinter den Bezügen der Vorkriegszeit zurück. Wenn auch nach -AN verlorenen Kriege von allen Teilen der Bevölkerung Opfer gebracht werden müssen, so erfordern es doch politische Notwendigkeiten, datz die mit der Erfüllung der Staatsaufgaben.betrau ten Beamten vor den größten wirtschaftlichen Gorgen geschützt werden müssen. Insbesondere sind auch di« Opfer, die bisher nicht nur von den Beamten de» unte ren, sondern besonder« auch von denen de» mittleren und höheren Dienste» verlangt worden sind, so groß, wie bet kaum einen anderen Teil der Bevölkerung. Diese Vsr» hältnisse sind jetzt nicht mehr tragbar, vielmehr drän gen sie einer grundlegenden Aenderung zu, wenn der wirtschaftliche Zusammenbruch dieser Beamtenkretse und damit schwere Schädigungen für da« allgemeine Staat«, wohl verhindert werden sollen. Mit Wirkung vorn L. Juni sollen daher die Grundgehälter auf 80 Prozent der Grundgehälter von 1918 umgestellt werde«. Unter Hinzurechnung der sonstigen Zuschläge (Frauen- und Kinderzuschläge) nähern sich dann die Bezüge der ver heirateten Unterbeamten mit mehreren Kindern denen von 1913, während die der Beamten in den mittleren und höheren Besoldungsgruppen auch unter Hinzuzie hung dieser sozialen Zuschläge noch! immer nicht un erheblich hinter den VorkrtegSbezügen , zuvückbletben. Wenn diese Regelung auch noch nicht allen Wünschen der Beamtenschast Rechnung fragen mag, ,so mutz doch anderseits beachtet werden, dgtz.sie da« Aeutzerste dar stellt, .wa« bei der gegenwärtigen Finanzlage de« Rei che» mit einer ordnungsmäßigen HanShaltwtrtschaft ver. einbart ist und wegen der sozialen Rückwirkung auf di« Wirtschaft gerade noch verantwortet werde« kann. die Stimme -er Vernunft Li« Politik der Uoerdrückung venischliud» ist »ersehet London, 28. Mai. In einer gestern abend an-gege benen Mitteilung drückt der . Vollzugsausschuß der Union sür.demokratische Kontrolle die Hoffnung au«, -aß die französisch« und die deutsch« Regierung den DaweSöertcht annehmen würden. Der Ausschuß vertrete jedoch nach drücklich di« Ansicht, -atz di« Politik und die Grundsätze,