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Mer Tageblatt Mzetger für -as Erzgebirge «ag,»w« Eathalteas st» a«tllcho-«>aa»m«ch«»go öes KM» M Eta-< aas ö<» K«t»-»»icht» k«. ?wu »«wpg v,.,««, Nr. ros Freitag» Leu S. Mai iS24 rs. Jahrgang Der neue Bergarbeiterstreik. Von unserem Berlirid» Mitarbeiter. WMrend noch der Kampf um die ReMerungSbildung cmd damit um die künftige innen- und außenpolitische Gestaltung Deutschlands unentschieden hin- und herwogt ist im Mesten ein schweres Gewitter Mraufgezogen. das größten Schaden anzurichten droht, wenn die Wolken sich nicht im letzten Augenblick wieder zerteilen. Der Ausstand der Bergarbeiter im Ruhrgebiet hat einen Um fang Angenommen, und der Kampf wird mit einer Heft ttgkett geführt, daß die schwersten Befürchtungen durchj aus am Platze sind. Fast die gesamten Kohlenzechen des Ruhrgebiets sind sttllgelegt. und schon treffen Mel dungen über die. Rückwirkung dieses verhängnisvollen Ereignisses, auf das übrige Wirtschaftsleben und aus.die politischen Verhältnisse ein. In verschiedenen Orten ist die GaSversoraung unterbunden und man weiß.ja, daß dadurch nicht allein der Bevölkerung Pie Nachtbeleuch- iurig und das KochgaS entzogen ist, sondern daß auch .'ele gewerbliche Betriebe und die Krankenhäuser in Mit leidenschaft gezogen sind. Auch verschiedene Jndustrte- velriebe haben bereite' stillgelegt werden müssen Im t>'!besctzten Deutschland scheint ja glücklicherweise die ^ohlenversorgung noch nicht gefährdet zu sein. Tie Eisenbahnen, sowie die Gas- und Elektrizitätswerke sind auf Wochen hinaus mit Kohlenvorrätcn versorgt »und mich bet der Industrie besteht vorläufig kein Mangel an Brennstoffen. Umso schwerer sind die Verluste für den Bergbau, die täglich acht bis neun Millionen Mark betragen sollen. Diese Belastung Ist für die Zechen des halb besonders schwer zu tragen, weil ihre Kraft be reits durch die Micum-Berträge bis aufs äußerste an gespannt ist. Größer noch als die wirtschaftlichen Gefahren, die dieser gigantische ArbeitSkamPs mit sich bringt sind aber die politischen. Durch die Stillegung -er Zechen werden nicht nur deutsche Interessen stark berührt, son dern es werden auch die alliierten in Mitleidenschaft gezogen. Tie Kohlenlteferungen an Frankreich und Bel- ».im geraten ins Stocken und dis von der Mieum be triebenen Kokereien müssen sttllgelegt werden, .da sie keine Rohstoffe mehr erhalten. Infolgedessen sehen wir, daß General Degoutte sich bereits nach Brüssel begeben hat, um mit der belgischen Regierung über die Maß nahmen zu beraten, die zur Wahrung der Interessen der Alliierten für erforderlich! gehalten werden. Schon wird von französischer Seite angekündtgt. .daß .man zu neuen Zwangsmaßnahmen. Lechenbeschlagnahmungen u. dergl. greifen werde. GS drohen also neue Eingriffe in die deutsche Wirtschaft und in das deutsche Privat eigentum und neue Beeinträchtigungen der deutschen Hoheitsrechte. Selbstverständlich sind auch die Hyänen des Schlacht feldes in dem deutsch-französischen Kampfe, die Sepa ratisten, wieder zur Stelle. Herr Matthes schürt im Bunde mit den Syndikalisten das Feuer, an dem er sein Süppchen M kochen hofft. Diese unsauberen Elemente sind durch die schwere Niederlage, die ihnen die deut sche Bevölkerung gn Rhein und Ruhr durch ihre be wundernswürdige Standhaftigkeit bereitet hat, noch nicht völlig entmutigt. Sie wittern Morgenluft und wer fen wieder die Idee eines RuhbindustriestaateS in die erregte Bevölkerung. ' Schwere nationale Gefahren sind eS also, die hier Heraufziehen, .und es ist die Pflicht nicht nur der Re gierung. sondern aller verantwortungsbewußten Ele mente des Volkes, -en Brand zu löschen, ehe er nicht wieder gutzumachende Verheerungen angertchtet hat. ES kann sich jetzt nicht darum handeln, die Frage restlos tzu klären, wer die Schuld an diesem katastrophalen Ereig nis trägt. Zweifellos ist auf beiden Setten gesündigt worden. Die Arbeitgeber waren nicht gut beraten, als sie nach Beendigung des Ruhrkampfes der Arbeiterschaft, die doch in jener schweren Zeit im allgemeinen ihre nationale Pflicht als Deutsche treu, erfüllt hat, den Dau men aufs Auge drückte. Gewiß bedeuten die Mieum- Verträge eine ungeheure Belastung für die bergbaulichen Unternehmungen und st« sind nur zu tragen, wenn die Arbeiterschaft ihrerseits durch verlängerte Arbeit einen Teil der Last auf ihre Schultern nimmt. ES war aber ein schwerer Fehler, daß die Arbeitgeber in jener furcht, baren Zett, al» da» Geld dem Arbeiter von einem Tag zum anderen zwischen den Fingern zerrann und er in folgedessen vollkommen wehrlos war, den Herrenstand- vunkt in der rücksichtslosesten Weis« Hervorkehrten und unbekümmert um gesetzlich« Bestimmungen und Tarif verträge einseitig di« Verlängerung -er Arbeitszeit dih- merten. Die Quittung darüber ist -aS ungeheure An wachsen der kommunistischen Stimmenzahl bet d«n Retchstagswahlen und der jetzig« MMtand. Aber auch auf.setten der Arbeiterschaft stillte man «irischen, daß «ine Verlängerung der Arbeitszeit Set d«r schwierigen WLSYHSWHM LStzt E KL MchchMt U. Dadurch, daß der JnflationSschleier von unserer Wirt- schäft fortgertssen worden ist, ist un» doch erst -te fürch terliche Armut Deutschlands enthüllt worden. Nur durch erhöhte Arbeitsleistung kann Deutschland wieder zu einem gewissen Wohlstand gelangen, ohne den auch die berechtigten sozialen und kulturellen Anßgrüche der Arbeiterschaft nicht befriedigt werden können. Wo nichts ist, da hat nicht nur der Kaiser, sondern auch der Arbeiter sein Recht verloren. Die Arbeiterschaft hat sich, zweifellos dadurch, daß sie den Schiedsspruch Mer die Arbeitszeit nicht anerkannt Hai, .ins Unrecht gesetzt. St« hat sich aber darüber hinaus selbst geschädigt, .denn sie hat den Arbeitgebern einen guten Grund für ähre Forderung verschafft, daß mit dem System der Zwangst schiedSsprüche überhaupt gebrochen wird., Nicht mit Mrecht weisen die Arbeitgeber darauf Mn, -atz die LwangKschiedSsPrüche nur gegen die Arbeitgeber wirk sam sind, da sie nur gegen diese mit den Mitteln des Staates durchgesetzt werden können. Wenn die Arbei terschaft nicht genug Selbstdisziplin besitzt,, um sich aus eigenem Antrieb den Schiedssprüchen zu fügen, so ge fährdet sie dadurch diese ganze Einrichtung überhaupt, und es ist doch noch sehr fraglich, ob das in ihrem wohlverstandenen Interesse liegt. Aus allen diesen Gründen ist es zu begrüßen, daß durch die Initiative des Deutschen Gewerkschaftsbundes eine Vermittlung der Reichsregierung jn dem Konflikt ermöglicht worden ist. Man darf hoffen, .daß -er RetchSarbeitSmintster in diesem folgenschweren Streit die ausgleichende Gerechtigkeit zur Geltung Dringen, wird, ohne die eine befriedigende Regelung nicht zu er- j warten ist. Es darf in diesem Kampf weder Sieger noch! j Besiegte geben; es liegt vielmehr im höchsten nationa len Interesse, daß ein Ausgleich gefunden wird, der von beiden Teilen als gerecht und annehmbar empfunden, wird. Weitere Meldungen zum Ruhrstreik. Slnr halb« Mklliar-e Golürubel für eine neue -rutsche Revolution, j Die „Morningpvst" meldet aus Riga: Den Riga- , ifchen Zeitungen zufolge haben vom 1. Januar bis 1. Mat Geldbeträge von insgesamt V» Milliarde Gold- . rubel aus Rußland nach Deutschland ihren Weg über die Rigaischen Banken genommen. Man geht nicht fehl' in der Annahme, daß diese ungeheuren Beträge der Vorbereitung einer Revolution in Deutschland gedient hüben. ! Vle Haltung -er Sesatzungsbehkr-en. Wie die T -U. erfährt, will die Besatzungsbehörde! sich! keineswegs in den Streit zwischen Unternehmern und Bergarbeitern etnmischen. Sie wird jedoch auf alle Fälle die Rühe und Sicherheit ausrechterhalten und Aus schreitungen oder mutwillige Zerstörungen nicht dul den. Die Mieum besteht auf der Durchführung der Re- parationSlieferungen an Kohle und will gegebenenfalls Beschlagnahmungen vornehmen oder aber sogar auch wei ter« Zechen der Regte einverleiben. Eine von den Separatisten in Gelsenkirchen einberufene Beraarbeiterverfammlung nahm einen sehr erregten Verlauf? Ter Hauptredner, ein bekannter se paratistischer Agitator, erklärte, daß die Mieum in diesem Kampfe auf feiten der Arbeiter stünde, eins Be hauptung, die von den anwesenden kommunistischen und freigewerkschaftlichen Vertretern entschieden bestritten wurde. kommunWsthe Seneralftrelkbewegung in Mkttel-eutschlan-. MUS Magdeburg wird unterm 8. Mai gemeldet»! Im mitteldeutschen Bergbaurevier ist.gestern mittag der Generalstreik proklamiert worden. Auf 14 Gruben de» Hallc.EtSleLener Revier» sind gestern abend die Beleg-! schäften nicht eingefahren. Die Bewegung Lat ausge- sprachen kommunistischen Charakter. JU Hall« und Magdeburg beschlossen gestern die Betriebsräte. . Versammlungen der Metallarbeiter den Sympathiestreik" für die deutschen Kvhlenarbeiter. Der Streik in vdrrschlesien. Gl«twitz 8. Mai. Mu» weiteren 11 Zechen de» Reviers sind gestern abend die Belegschaften ausgeblic hen. Morgen wird der Generalstreik allgemein sein. Di« Bewegung greift aufPolnisch-Schlesien üb«r. In Kattowttz und KöntgAhütt« proklamieren -i« dortigen Betriebsräte den Anschluß an den deutschen Kohlenar- betterstre«. . Der russische Zwischenfall. Wir sind «S leider schon in weitgehendem Maß» gewähnt, daß uns fremde Regierungen schnöde behan deln, und das staatliche Bewußtsein ist ja gegen das Ende deS Krieges bereits, besonders aber nach! dem Zu sammenbruch von 1918 bei einem großen Teile unseres Volkes dermaßen verkrüppelt worden, haß die Entrü stung, der nationale Zorn, in die wir hätten auSbre- chen müssen bei der Behandlung, -te unser Vaterland immer und imrtter wieder Hat erleiden müssen, und die bet uns Waffenlosen mit Schwingen einer leeren Sä belscheide nichts zu tun haben, eben nicht Platz griff. Ein solcher Fall ist fetzt wieder etngetreten in dem Konflikt wegen der russischen Handelsvertretung in Ber lin. Eine Haupttätigkeit der Russen im Ausland« — darüber darf sich niemand im Zweifel sein — ist di« bolschewistische Propaganda, und jede Niederlassung Rußlands, sie mag sonst zu welchem Zwecke da.sein, zu welchem sie will, wird alles versuchen, die Idee de» Bolschewismus zu verbreiten und die zu schützen und SU unterstützen, die von dieser WeltrevoluttonSidee schon ergriffen sind? Eben ein solcher Herd staatszerstörender Propaganda, ein solcher Zufluchtsort staatSverbrechert« scher Elemente deutscher und russischer Mbkunkt ist auch die Handelsvertretung in Berlin, mitten im deutschen ReW. Weil nun ein deutscher Kommunist Mer verschwin det und deutsche Polizei eine Haussuchung abhält, spielt die russische Regierung plötzlich den gekränkten Un schuldigen, schreibt Noten, hie an Unhöflichkeit nicht» zu würkschen übrig lassen, fordert sogar die Bestrafung derjenigen Beamten, die die Durchsuchung der russischen Handelsvertretung angeordnet und durchgeführt Haven und läßt schließlich nicht nur die Berliner, sondern auch andere Handelsvertretungen schließen, alle dies« Maß nahmen damit begründend, daß Pi« Exterritorialität de« russischen Handelsvertretung in Berlin durch die deut sche Behörde verletzt worden sei. Dabei ist die Rechts lage so, d aß tatsächlich diese Handelsvertretung, die ins gesamt 700 Personen, und zwar meist Deutsche, umfaßt, keine Exterritorialität genießt und daß nach Urteil der besten Staatsrechtslehrer die Exterritorialität eine Gren ze findet an der Sicherheit des Staates, in dem sich eine Gesandtschaft beispielsweise befindet und der Ex territorialität sonst auch, .gewährt. Much der Rapollo- v ertrag enthält keinerlei Bestimmungen über irgendwel che Ansprüche der russischen Handelsvertretungen auf Exterritorialität? Aber was kümmert da» die Russen? Sie glauben im Gegenteil einen besonderen Schutz ihr« verbrecherischen Zufluchtsorte beanspruchen zu dürfen von dem Staatswesen« gegen das sich, ihre Wühlereien richten, und sie treten, weil ihnen natürlich solche An sprüche nicht erfüllt werden können, in der skandalöse sten Weise gegen die deutsche Regierung auf. UeLrigens ist auch in anderen Ländern genügend be kannt, was hier an Frechheit von den Moskowitern ge leistet wird. Die italienische Regierung nimmt regen Anteil an den deutsch.russtschen Verwicklungen und be klagt sich ebenfalls, daß die staatszerstörende Propa ganda von Moskau aus auf jede Weis« in fremde Län der hineingetragen wird. Ganz besonders charakteristisch ist.natürlich bei die ser ganzen Sache die Haltung der deutschen Kommuni sten. Deutsche Kommunisten — .ist ja schon ein Wider spruch in sich; denn jeder Kommunist ist und fühlt sich als Untertan von Moskau» Gnaden Mutzten doch, wie in den letzten Tagen vor der Wahl oft genug bekannt gegeben wurde, die Kandidaten der deutschen kommuni stischen Partei ein Revers unterschreiben, -atz sie keine wirkliche Mitarbeit im Parlament leisten, sondern nur stören wollen und daß sie sogar von ihrem Mandat zu rücktreten, wenn Rußland es gebietet. ^Tte deutschen Kommunisten haben Ehrlosigkeit genug besessen, den russischen Machthabern zu «klären, .daß sie entrüstet seien üb« da» Vorgehen der deutschen Regierung und zu ihren russischen Freunden in innigster Uebereinstkn- mung ständen? Mur deutsche Kommunisten sind einer solchen Denk, und Handlungsweise fähig. Viel Lärm haben die Herrschaften au» dem Oste« gemacht und schlimme Drohungen ausgesprochen. Der russische Botschafter Krestinski soll ja schon Berlin ver. lassen haben, um sich in einem Flugzeug nach Moskau zu begeben, und wie da» ganz« Manöver «»»gehen wird, ist noch gar nicht abzufohen. Soviel aber wird wohl schon jcht gesagt werden dürfen, daß die deutsche Regierung die Lage, di« augenblicklich noch reichlich ver worren ist, wird klären müssen und feststellen, was ge- schchen ist und wie die rechtlichen Verhältnisse liegen. Iw übrigen aber wird sie hoffentlich fest bleiben, denn Rußland ist, mag e» sich auch noch so farciert betragen, wirtchastNch und auch.politisch mindesten» ebensosch« och un» aSgewichur wie wir auf Rußland. G» Wl«ht»