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/luer Tageblatt Anzeiger für -as Erzgebirge »»««>-> ^,.-ou E»Ihalt«ot t>, «ikchK Sitimmmchmi«» t« «M, t« Statt uat t« M,,. Ar. 1» Mittwoch, äen 23. Januar 1S24 IS. Jahrgang John Namsag Mac vonalä. 8öer M> englische PrMiermiaiün. Uev«r die Persvnltchkeii des MN enMchen Premierminister rxnarmten Führers der Arbeiterpartei John Ramskch Mae Donald hat vor »in« Reihe von Nähren de« Herausgeber der „Politischen Bibliothek, Ar. Eduard Bernstein, in der Einleitung -u der Studte Mae Donalds über Sozialismus und Regierung fot. genbs interessante Eharatteristti! gegeben: Wie so diele — man könnte beinahe sagen alle — führende Politiker des britischen Reiches ist Mac Do nald von Geburt Schotte. Er ist im Jahre 1866 im Flecken Lvssiemouth der im nördlichsten Schottland ge legene» Grafschaft Elgin aW der Sohn eines Klein bauern geboren. Landarbeiter und Hufschmiede waren keine Vorfahren, und auch er würde wahrscheinlich zum Pflug oder Schmiedehammer gegriffen haben, wenn nicht der Torfschulmeifter. dessen Schule er besuchte, unge wöhnliche Begabung in ihm entdeckt und sich seine Aus, bildung zur besonderen Angabe gestellt hätte. Er brachte dem Knaben alles bei, wozu sein Können und seine Hilfsmittel ausreichten, und redete ihm dann zu, sich aus.den Besuch der Universität dorzubereiten. In des .fehlte es Mac Donalds Eltern am Nötigsten. Sie waren vielmehr auf des Sohnes Miterwerb angewie sen, und dieser begann als Vierzehnjähriger seine Lauf bahn als Lehramtsprüfung für den Beruf des Volkse schullehrerS. Henrd Georges ,,Progreß and Poverth" das im Jahre 1880 in seine Hände fiel und von ihm mit Begeisterung verschlungen wurde, gab sedoch seinem Leben eine andere Richtung. Er.erwärmte sich für die Propaganda der christlichen Sozialisten Englands, nahm, durch falsche Vorspiegelungen verleitet, .seine Stelle im südwestlichen England an, die ihm nur Enttäuschungen brachte, .und sand sich 1891 plötzlich mittellos im Men- schenvzean London. Eine Zeitlang ernährte er sich kärglich durch Adressenschreiben, ward dann Schreiber in einem Lagerhaus und erweiterte abends sein Wissen in Fortbildungstnstituten, wo er namentlich viel prak tisch« und theoretische Naturwissenschaft trieb und aller hand Auszeichnungen erwarb. Zugleich trat er in im mer engere Beziehungen zur sozialistischen Be wegung. Nach und nach fand er seinen Nebenerwerb durch gelegentliche Mitarbeit an demokratischen Blät tern, mit der Zett wurde aber daraus der Haupterwerb, ViS im Jahre 1888 ein radikal-demokratisches Parla mentsmitglied, der Londoner Abgeordnete L. Lough. Mac Donald als Privatsekretär engagierte. In dieser Stellung wurde er seh« zum Vorteil seines , politisch en Urteil» mit vielem vom inneren Getriebe des englischen Parlamentarismus bekannt. Als 1893 die sozialistisch« unabhängig« Arbeiterpartei Englands gegründet wurde trat Mac Donald ihr Lei und wurde Mitglied ihre» Vorstandes, .ebenso War er längere Zeit Vorstandsmit glied des Vereins der Fabier. 1900 gehörte er zu den Mitbegründern des die Mehrheit der englischen Gewerk- schäften umfassenden Bundes für die parlamentarische Vertretung her Arbeiter, au» dem sich dis große Labour Party entwickelt hat, und war von Anfang an.ihr Se kretär. Er wurde Mitglied deS Londoner Grafschaft». ratS, .trat 1900 inmitten der Erregungen des Buren- Krieges als Sozialist und scharfer Gegner dieses Krie ges In Leicester als ParlamentSkandtdat auf, .unter lag damals natürlich, wurde aber 1906 daselbst aus Grund eines Kompromisses der Arbeiterpartei mit den Liberalen neben einem bürgerlichen Radikalen als Kan didat der ersteren zum Parlamentsmitglied gewählt und 1910 bet den zwei Neuwahlen dieses Jahres mit wach senden Mehrheiten wiedergewählt. Inzwischen hatte er 1896 mit einer GesinnungSge» nossin. Margaret Gladstone, einer Verwandten William Gladstones und des «roßen Naturforschers Lord Kelvin, einen Lebensbund geschlossen, den im Gommer dieses Jahres der vorzeitig« Tod dieser ausgezeichneten Frau M beendet hat. ES war ein« überaus harmonische Sh« und die Wohnung des Ehepaares Mae Donald wurde et« «er« besuchter Sammelpunkt für Sozialisten aller Schattierungen. Bei Mae Donald« haben u a. in einer Zeit, wo es anverwärt« als halber Landesver rat betrachtet worden wäre, .Konferenzen mit Führern der Buren stattaefunden. MÜH Beendigung de« .Buren kriege« haben Mac Donald und Frau Südafrika be sucht. um die dortigen Zustände und Verhältnisse an Ort und Stell« zu studieren. Ebenso haben sie etwa» später aus einer Reis« um die Erde die anderen wich tigen Kolonien und Besitzungen de« britischen Welt reich« besucht und im Persönlichen Verkehr mit dortigen Politikern und Vertretern von Korporationen unmittel bare Einblick« in da« Leben und di« Bedürfnisse dieser Kolonien gewonnen. Die« gilt namentlich auch von In dien und d«N«n Nationalpartet. Mar-oaal-s Sieg. Baldwin ist zurückgetreten. Nur 9 Liberale halten bei der Absttmnlung, deren Ergebnis wir gestern schon miitetlten, für Baldwin gestimmt, aste übrigen dagegen. Ramsey Macdonald erklärte nach der Abstimmung in einer Unter, redung: Alles was ich sagen kann, ist, daß wir Unser Bestes tun müßen. Wir stehen sehr schweren Aufgaben gegenüber und wir werden unsere gesamte Energie über die wir verfü. gen, darm setzen. Bon dem Gefühl irgend eines Uebermutes sind wir im gegenwärtigen Augenblick weit entfernt. Es ist eine sehr schwere Verantwortung, die wir übernehmen. Ob wir Erfolg oder Mißerfolg haben werden — ich kann nur sagen, daß keine Regierung, die se die Verantwortung für die Angelegenheiten ihres Landes übernommen hat, ehrlicher ver. suchen wird, dem Lande zu dienen. Eine Mslarvlsthe Not« an -ke Seutsthe Regierung? Tie Regierung in Belgrad beschloß, dieser Tage in der R « p a r a t i o n S f r a g « einen diplomatischen Schritt bei der deutschen Regierung zu tun. - Im Außenministe rium wird wie die Blätter melden, .eine Note vorbe reitet, Pie der südslawische Gesandte in Berlin Dalugd- schitsch der deutschen Regierung überreichen soll. In der .Note wird die deutsche Regierung ernstlich aus Pie Folgen aufmerksam gemacht, welche die deutschen Staats angehörigen in Südslawien treffen würden falls den Forderungen SüdslawienS nicht Genüge geleistet werde. Tie Blätter fordern die Regierung gus, Diesmal ener gisch vorzugehen. Lenin gestorben. Wie da» London« Direa» de» Russisch»« Tel«, graphenagentur mitteilt, ist Lenin am Montag In Moskau gestorben. Mit Lenin verschwindet der eine der beiden typi schen Vertreter des heutige» sowfetistischen Rußlands. Ter andere, .Trotzky, hält sich hinter Mauern, Eisen türmen und Stacheldrahtzäunen verschanzt und soll ebenfalls, wie Lenin es war, schwer leidend sein. Le nin verkörperte im Sowjetismus das geistige Element während Trotzky als eine gewöhnliche brutale Henker natur geschildert wird. Soweit man bei der strengen Abgeschlossenheit in die sich die sowletistischen Macht haber hüllen, überhaupt ein Urteil gewinnen kann, ist Lenin der eigentliche Urheber der Abkehr von der rein kommunistischen Wirtschaftspolitik gewesen. Auf. dem 11. Kongreß der Kommunistischen Partei Rußlands im März.1922 erklärte Lenin unverhohlen: „Entweder ge lingt e« uns Kommunisten, .den Bauer mit Ware zu versorgen, ihm in leine« qualvollen Lage zu helfen, oder aber.er jagt uns zum Teufel. Das ist ganz un vermeidlich." Im Anschluß an die Gärung hinter der Bauernschaft entschloß sich Lenin, da» Fiasko de» wirtschaftlichen Kommunismus offen einzuräumen und die „neue Wirt schaftspolitik" zu proklamieren, die in dev Rückkehr zu privatkapitalistischen Grundsätzen bestand, aber so, daß der Staat alle leitenden Fäden in der, Hand behielt. Im einzelnen trug die Ausgestaltung dieses Systems den direkten persönlichen Stempel Lenin». Wie sehr Lenin von den Kommunisten geschätzt wur de, .zeigt eine Auslassung Kamenews auf der soeben ge. schlofsenen Konferenz der Sowjetunion in Moskau. Kamenew erklärte: „Die Welt wird sich bald überzeu gen. daß die Kommunistische Partei nicht nur Rußland vor Zerfall und vor der Zerrüttung der Wirtschaft rettete, .sondern verstanden hat, die Arbeiterklasse und die Bauernschaft zur Schaffung eines Staates heran- zuztehen, dem kein kapitalistischer Staat an Stärk« und Geschlossenheit gleichkommen kann. Wenn Lenin zur Arbeit zurückkehrt, werden die Kräfte der Partei ver hundertfacht sein doch sind wir schon heute stark genug, um denjenigen, die sich! vom Meinungsaustausch in Un serer Partei deren Zerfall und Spaltung erhofften, .zu erklären: Ihr habt Euch verrechnet, wie schon öfters zuvor. Die Kommunistisch« Partei Rußlands ist Mch wie por ein« geschlossen« Körperschaft, welche der Er füllung ihrer historischen Aufgabe gewachsen ist." Wie nun.wenn die „Verhundertfach»»!« per Kräfte" jetzt nach dem plötzlichen Tode Lenin« nicht in Rech nung gestellt werden kann?. Wird Trotzki allein im stande fein, den kommunistischen Mechanismus in Gana zu erhalten? Werden die kleineren Geist« es können ? Und nicht nur da-l ES ist nicht ausgeschlossen, daß die russischen Anttbolfchewisten, hie in der letzten Zett, über- all im Ausland zerstreut, sich mehr und mehr geregt vab«n, die Gelegenheit benutzen, sich gegen die Macht- Haber in Moskau durchzusetzen. Immerhin: Wer leb«n wird wird s«h«n. Vr« engllfth» öotschaftev bei poineaee. Zwischen Potneare und dem englischen Botschafter hat eins Unterredung stattgefunden. „Petit Journal" erfährt hierüber, -qß insbesondere über den Bericht de« englischen Generalkonsuls Elive wegen der Zustände in der Pfalz gesprochen wurde. De« englisch« Botschaf- ter verwies darauf, .daß die ungeheure Mehrheit der Be völkerung fick gegen die Separatisten ausgesprochen habe worauf Potneare seinem Erstaunen darüber .Aus druck gab, daß 400 Bürgermeister in der Pfalz sich zu gunsten der Separatistenbewegung.ausgesprochen hätten. Man erfährt nicht, was der englische Botschafter dar auf erwiderte. Er brauchte nur darauf zu verweisen was die Bewohner der Pfalz immer wieder vor Elive erklärt hatten nämlich, daß den Bürgermeistern ihr« Unterschrift abgepreßt worden war. Der englisch« Botschafter kündigte an, seine Regie rung beabsichtige..die Pfalzfrage dem internationa len Schiedsgericht im Haag vorzulegen. Selbstredend wendet sich Poincare dagegen, hie Pfalz sei gemäß -em Versailler Vertrag besetzt und nur eine interalliierte Untersuchung könne Klarheit über die Zu stände schaffen. Zwischen dem englischen Botschafter und Poincare kam es alsdann zu einer AuSfprach« üb« die Verhältnisse im Eisenbahnwesen in der Kölner.Be satzungszone. Poincare scheint ihm eine freundschaft liche Lösung der Angelegenheit versprochen zu haben. AuS Brüssel meldet „Oeuvre": Der englisch« Bot schafter unternahm eine Demarche Lei Jaspar, um we gen der Zustände im Kölner BesatzungSgebtet und w^ gen der von der französisch-belgischen Regte getroffene« Maßnahmen .Aufklärung zu verlangen. Jaspar ver sprach, einen Bericht anzuforder». Frankreich treibt einem Bruch» zu. Die „Westminster Gazette" schreibt, «S sei kein Zweifel darüber, daß.Frankreich' den offenen Bruch mit England wegen der Kölner Bahnen geschaffen hab«. Da» mache die Lage ernst, aber viel einfacher. Man stehe der. Tatsache gegenüber, daß Frankreich eins BloL. kade der Kölner Zone guHeitzt. Die Aufnahme von Clive» Bericht in England. Der „Times"-Vertreter beschreibt in einem langten Briefs den abscheulichen Terror der Sonderbündler in Speyer und den Abscheu vieler französischen Offiziers gegen die ihnen aufgezwungene Berührung mit diesem Gesindel Paris und Brüssel bestreiten, -aß dis BloB- kade Kölns irgendwelche politische Bedeutung habe. GS sei eine reine Verwaltungsmaßregel. Der Leitaufsatz der „Times" erklärt: Clives Bericht mache es »eder bri tischen Regierung völlig unmöglich, die skandalösen Vor gänge in der Pfalz direkt oder indirekt zu sanktionieren. Tie neue Regierung muß zu dieser Frage, wie zu der ganzen französischen Rbeinpolttik definitiv Stellung nehmen und zwischen Räumung oder sehr feste« Durch setzung der britische» VertragSrechte wählen. Schandtaten französischer Gendarmen «n der Pfalz, Eine Reihe von Schülern, die sich an den Ovationen für den englischen Generalkonsul anläßlich seines Besuches in Kaiserslautern beteiligt hatten, wurden vor die französisch« Gendarmerie geladen, wo ihnen ihr Personalausweis abge- nommen und sie in fürchterlicher Weise mißhandelt wurden. Ein städtischer Beamrer, der einige während des Empfange» des englischen Generalkonsuls von französischen Gendarmen verletzte Personen in den Saal einließ, wurde ebenfalls zur französischen Gendarmerie befohlen. Auf die Erklärung des Beamten, daß der französische Begleiter des englischen General- konsuls ihm versichert habe, daß er wegen dieser Sache nichts zu befürchten habe, antworteten die französischen Gendarmen, die Nheinlandkommtsston hätte garnichts zu sagen, sie seien hier selbständig. Der Beamte wnrde von dem französischen Dolmetscher sechs- bis siebenmal geohrfeigt. dl» Stützungsaktion Les Franken gescheitert. Preiasteigerrnge» in Frankreich. An der Pariser Montagbörse hat der Widerstand de» Franken eine neue Niederlage erfahren, .die umso be merkenswerter ist, als erst am Montag die große Stüt zungsaktion der Bank von Frankreich eingesetzt habe,.von der man sich die Rettung au« der WährungSverschlech- teruna versprochen hatte. In Parts trat ferner an den Märkten eine neue Preissteigerung ein. Besonders für Fett« und Milch, während die gletschpreise unverändert blieben. Die Pariser Zeitungen erhöhten ab Montag ihr« Bezugspreis« um 80 Centimes pro Nummer. L«r „Manchester Guardian" meldet, daß die Baurn. Wollexporteure in Manchester Und Birmingham am Sonntag beschlossen haben, all« Käufe nach Frankreich und d«n vatutartfch schwachen Ländern in Pfundwäh. rung zu fakturieren. Der „Manchester Guardian" «v