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1ö. Jahrgang Montag, äen 3. Oktober »S2» Nr. 23l Mer Tageblatt Lä^^L /LKAktAkk fUk VÜ9 ^kkAA^VtrAit USM-iW ».rnfprech-Anschluß Nr. SS. ,'/. uh,»»,«. L.lrgramme, Lagrdlatt fturrrzgrbtrgr. dieses Statt enthält -le amtlichen Sekanntmachungen -es Nates -er Stadt Hue. poMrck'Sontor ftmt trtpzls Nr. 1»«». Das Wichtigste vom Tage. Hm amerikanischen Senat sollen die Vcr- Handlungen über den FriebenSvertrag mit Deutschland am 14. Oktober beginnen. Der DollarkurS ist nach kurzem Sinken am Sonnabend wieder erheblich gestiegen. Eine Abordnung per Saarländer will dem Völkerbund die Wirtschaft» u Vic des Saarge- biete) Vorträgen und Beschwerden über die ihnen zuteil werdende Behandlung anbrtngen. * Der frühere König von Württemberg ist gestern vormittag im Alter von 7!i Jahren gen erben Die Last äer Bc^atzun^skosten. MH. Eine lnleressan.e Zusammenstellung dal kür,lich die französisch« Zeitung Le Lemv) über d>e von den elu'-elnen Entenre-Slaaten verausaaben Be» suhnngtNven verülsentlicht. Nach dein Tcmp» stellen sich die Bcsatzuugsl'ofteu von, ll. November !!>!«..a so vom Tage de) Wasfcustillstaudes, ab bis zum i Niai lu.'l folgendermaßen, Amerika 278,0 Mill. Dollar, Frankreich . . . . 2801,8 Ml». Frauken, England 52,!) Mill. Pfund, Belg len 878,7 Mill. belg. Franken, Itallen (Oberschlesien) . 15,2 Ailll. fr. F>. Das ergibt znsamiuen in Mark umgerechnet die unge- benre Summe' von 0!),20 M illtard e n M a r k. Auck über die Höhe der Tage «lost en für einen Mann der Bc atzung veröffentlicht der TemvS, auf authknti- sche) Material gestützt, Ziffern, die folgende- Bild eri geben: 1 Amerikaner. 4'/, Dollars 450 Mk. 1 Franzose . . 15 V. Frank -----114 Mk. 1 Engländer. .14 Schilling ---- 280. Mk. 1 Belgier . . . 10V, Frank --- 124 Mk. 1 Italiener . .22 Frank --- 105 Mk. Diese annähernd 70 Milliarden Papiermark wür den, wenn man da- Verhältnis der Goldmark zur Pa- Piermark mit 1:20 anntmmt, die Summe von !)>/» Milliarden Goldmark ergeben, die in 2V« Jahr ren verbraucht worden sind, üluf das Jahr ergibt sich also eine Ausgabe für BesahungSkosten von 1.4 Mil-- liarden Goldmark. Diese Ziffer sei in Vergleich ge stellt mit den 250 Millionen Goldmark, von denen an läßlich der Londoner Besprechungen im März.die Siede war, als der Summe, auf die man die gesamten von Deutschland zu zählenden jährlichen BesahungSkosten zu beschränken gedachte. Zit ihnen 70 Milliarden oder ljr/g Goldmtlliarden müssen aber noch diejenigen Mil liardenbeträge gerechnet werden, di« Deutschland selbst aus der RetchSkasse für Besahungslasten am.gewendet hat, also die Ausgaben für Kaserne »»bauten, Be reitstellung von Exerzierplätzen, Neubauten für ver heiratet« Truppenangehörige, Entschädigungen für be schlagnahmte Wohnräume usw...die den deutschen Reichs, haushalt für 1021 mit rund 8i/s Milliarden belasten. Au- der Zusammenstellung der Tageökosten für einen Mann der Besatzung ergibt sich, das; sich die Ko sten am höchsten für «inen Amerikaner stellen. Rechnet man mit 150 Mark DurchschntttSkosten für den Manu und den Tag, so würde sich hieraus eilte jährliche Last von 54 750 Mark für einen Entente-Soldaten im be setzten Gebiet ergeben. Latz dieser Zustand nicht an dauern kann, sowohl im Interesse Deutschland- al» auch der Ententestaaten, liegt auf der Hand. Rian wird atlso die Besatzung Fus .ein Mindestmass verkleinern müssen. l>/„ Milliarde Goldmark jährlich für Besatzungskosten zahlen und die Reparattvusfvrdernngen erfüllen, ist für Deutschland ein Ding der Unmöglichkeit. Die Re paration allein übersteigt unsere Kräfte, must Deutsch land und ganz Europa zwang-läufig zum Ruin trei ben. Und angesichts dieser Tatsache, die von den nüch ternen Wirtschaft-Politikern der ganzen Welt längst er kannt ist, die Summen,, die Deutschland aufbrtngvn kann »für da» unproduktive Schmarotzerdasetn der Be satzung .und die Nhetnlandpolttik Frankreich» zu ver schleudern, ist ein verbrecherischer Irrsinn. So hat statt zum Wiederaufbau der Welt und der zerstörten Ge biet« Verwendung zu finden^ die am 01. August von Deutschland bezahlt« 1 Milliarde Goldmark tatsächlich nur zur Deckung der Befatzung-kosten dienen müssen. Tie Erkenntnis von der Unhaltbarkeil dieser Zustände scheint sich allmählich auch in Entenlekretsen durchzusetzen. Au» England, .wo man da» Rechn«,» nicht verlernt hat, kamen wiederholt Stimmen, di« ein« Einschränkung dieser Ausgaben forderten. Auch in Ita lien ist /nan der gleichen Meinung. Di» Mailänder Stampa vom LS. September kritisiert die hoüen Be satzunpSkosten in schärfster Form und wendet sich da gegen. daß man Deutschland ständig wachsende Be satzungskosten auferlege, statt ihm die Zählung Per Oie- Paration zu erleichtern. Im Oktober sollen ja in Brüs sel Verhandlungen unter den Alliierten beginnen, die dem Problem der Beschränkung.dieser Ausgaben ernst lich Lu Leibe gehen. Angesichts des park erschütterten wirtschaftlichen und finanziellen Gleichgewichts in Euro Pa ist dringend zu wünschen, hast diese Verhandlungen bald stattsinven und zu einem Positiven Abschluss ge bracht werden. Vberschlesien-unsere größte Sorge Nv. Wenn nicht alle Zeichen trügen, so dürfte die Entscheidung in der oberschlesischen Frage, soweit sie der V ü l ke r b n n d sr a t zu fällen hat, in absehbarer Zett er.olgen. Ein bestimmter Zeitpunkt kann allerdings heule noch nicht genannt werden, auch wenn englische und srm.ö ische Blätter derartige Da en schon mitteilen. Die deutschen und die polnischen Vertreter der ober schlesischen Industrie und der oberschlest.schen Arbeiter schaft sind zwar in Genf vernommen worden, aber wir >vi seu noch zücht, ob der Völkerbund-rat dami- seine Feststellungen al) abgeschlossen erachtet. Solln da» der Fall sein, so ist da) insofern zu bedauern, als von deutscher, ebensowohl aber auch von politischer Seite mehrfach der Wunsch zum Ausdruck gebracht worden ist, der Völkerbund-rat möge au Ort und Stelle selbst seine Untersuchungen anstellen. Dadurch würde er di« Möglichkeit gewinnen, Oberschlesten als lebendigstes Pro blem zu betrachten, upd bet einer Prüfung in Ober schlesien selbst würde auch der Völkerbundsrat, daran kann gar nicht gezweifelt werden, zu der Entscheidung kommen müssen, das; Oberschlesien nicht geteilt werden kann. Wie die Dinge nun jetzt liegen, must, so oder so, mit einer baldigen Entscheidung gerechnet werden. TaS macht unö zur Pflicht, hast wir uns alle wieder darauf besinnen, dast, .um ein Wort des Reichskanzlers zu ge brauchen. Oberschlesien unsere größte Sorge ist. Was sind alle parteipolitischen Kämpfe gegen die Ent scheidung über Oberschlesten. Und alle Verhandlungen über Regierungsbildung im Reiche und in den Ländern werden doch illusorisch, wenn im Gegensatz zu Recht und Gerechtigkeit der Völkerbundsrat ein Votum abgeben sollte, das uns wertvoller Teile des oberschlesischen Landes beraubt. ' : Jetzt in letzter Stunde verdient daher auch das Rechtsgutach en des amerikanischen Sachverständigen Miller besondere Beachtung, der u. a. daraut htuge- wtesen hat von welchen Grundsätzen sich der Völker bund bei der Entscheidung über die Aalandsfrage hat bestimmen lassen. Obgleich auf den Aalandsinseln schwedisch gesprochen wird und die Bevölkerung auch von schwedischer Abstammung ist, hat der Völkerbund sich doch nicht entschließen können, die Aalandsinseln von Finnland loszuretßen, da eine solche LoSreitzung nur im alleräußersten Falle, und wenn unbedingte Le- benSnotwcndigkeiten vähinterstehen, zu geschehen hat. Da» LölbstbesttmmuttgSrecht der Völker ist nicht eine Angelegenheit, nach .der man heute gewiss« Bcvölke- rungSteile und gewisse Landesgebiete bestürm»'.«», Län dern zuweisen und sic morgen wieder abtreunen kam». Wenn man diesen Gesichtspunkt berücksichtigt, so kann der Bölkerbuudsrat gar nicht anders entscheiden, al» Oberschlesien be t De u t sch land zu belass e n , denn hier liegen ja die Dinge noch insofern ganz anders al bet den Aalandsinseln, al« sich die Mehrheit der Be völkerung für «in Verbleiben bet Deutschland in der voin Frtedensvertrag vorgesehenen Abstimmung ent schieden hat, und weil eine Teilung de» Lande» oder ein« Zuteilung an.Polen für Oberschlesten geradezu eine Katastrophe bedeuten würde. DertagungäerRegierungsbiläuny? vtz. GS läßt sich nicht leugnen, daß durch die sozial, demokratische Anfrage an die Unabhängigen die so dringend notwendige Erweiterung der Regierung»- koalttion abermals htnauSgezögert worden ist. Ti« sozialdemokratische Anfrage ist vor allem darum zu lw- klagen, weil sie bewußt unklar gehalten ist. Hä«, teu di« Mehrhettssoztalistei» bet den Unabhängigen an gefragt, ob diese zu «tnem Eintritt in eine erlweUert« Koalition, die von den Unabhängigen bi» zur Deutschen Volkspartet reicht, bereit wären, so ließe sich dagegen kaun» etwa» «tnwenden. Aber da» wird vermieden und so charakterisiert sich di« ganz« Anfrage lediglich al» partettaklische» Manöver, da» man den widerspenstigen Parteifunktionären schuldig zu sein glaubt. Wir zweit- ftln nicht an dem Zustandekommen der großen Koalt- tion. .aber es kann wahrhaftig dem deutschen Parlamen tär Wmu» nicht sehr nützen, wenn jede Regierung»-», duna sich unendlich« Wochen Hinsicht. Gerade in der gegenwärtigen Situation hätte, däs vermieden werden müssen. Ter Stand unserer Mark erfordert rasche» Handel»» und eine schnelle Verständigung über die vor liegenden Steuerpläne. Jede Partei, die die Regie rungsbildung durch Geiteusprünge verzögert, lädt eine groß« Verantwortung auf sich. AuhzUhalten ist «ine Entwicklung nicht, die von unserer ganzen Lag« so «ebletcrtsch gefordert wird wie jetzt die große Koalt- tion im Reiche und in Preußen. Zentrum und Demo kraten stad sich jetzt darüber klar, daß die Erweiterung, der Rcgieruug-basiS gleichzeitig im Reiche und in Preu ßen erfolgen muß. Man kann nur dringend wünschen und hoffen, baß Einsicht und Entschlußkraft auch in den F.ügelparteleu wachsen. Die Schlange» äie sich in äen Schwanz beißt. vss. Mit dem 1. Oktober ist das englische .sogen. A u t i d u mp t u g-G e se h in Kraft gelreien, das die E >i'ul"t au) den Ländern mit schwacher Valuta, .na mentlich also au» Deutschland erschwere»» soll. Unter Dumping verstand mau vor den» Kriege die Schleuder konkurrenz, die Deutschland durch Ausfuhrprämien. Kar- lellpvlilik und ähnliches betrieb. Man bekämpfte st«) obwohl sie letzten Ende- die deutsche Fertigtndustrie zu gunsten der englischen schädigte. Diese früher bewußte Wirtschaftspolitik tritt jetzt natürlich, und zwang-läufig ein. da die deutschen hohen Löhne in Papiermark iw« mer noch niedriger sind als die fremder» in Edelvaluta. Wenn Deutschland aber die Wiedergutmachungslasten zahlen soll, .so kann es das nötige Gold nur anfbrtin- gen wenn es Waren auSführt und damit fremde De visen erwirbt. Je höher also die Reparationsleistun gen geschraubt werden, desto höher muß auch die Aus. fuhr gesteigert werden. Da aber die Ausfuhr in ab sehbarer Zeit den für die Wiedergutmachungen erfor derlichen Devisenbedarf, nicht schaffen kann, .muß die deutsche Valuta sinken und dadurch der Wettbewerb mit den anderen Ländern einen Vorsprung bekommen. Tenn wenn auch bei Sinken der Valuta die deutsche»») Löhne anziehen, so bleiben sie trotzdem hinter denen der valutastarken Länder zurück. Hat das Anudumoiug- Gesetz Erfolg, so sinkt die Möglichkeit deutscher Repa»! rationen. Hat es keinen Erfolg, wirb die Industrie der Länder geschädigt, die die Reparationen gezahlt er halten. Ter Widersinn der ganzen ReparattonSbrdinl- gnugcn kommt in diesem englischen Gesetz handgreiflich zum Ausdruck. Sie beweg«»» sichln dem, was die Phi losophie einen cirkulus vitiosuS nennt, d. hl. sie leihen an einem Widerspruch in sich. Konferenzen. W. W. Auch in diesem Herbst setzt eine Hochflut von Internationalen Konferenzen ein,. Sobald die Ent scheidung de) »vm Völkerbundsrat gebildeten Vierer- auSsckusseS über die oberschlesische Frage vorltegt, wird — wie es heißt — wiederum der Oberst« Rat zusam- menberusen werden, um eine endgültig« Lösung der Frage herbetzuführen. Am 11. Oktober soll itt London eine Konferenz des Rates zur Bekämpfung pes Hun gers und zum wirtschaftlichen Wiederaufbau beginnen Ter brtti'schc Kolonialmintster Winston Churchill hat am 24. September in Dundee gleichfalls gefordert, daß sobald wie irgend möglich «tu« Internationale Han- delökonferenz zusammentritt, .um die verderblichen Fol gen der ReparatlonSerfüllung pon den Schuldner- und Gläubiger-Ländern abzuwenden. Im November wird dann in Washington die international« Konferenz Über die Abrüstung und bei» ferne,» Osten tagen nnd im De zember soll in London ein internationaler Valuta-Kon greß abgehalten werden, zu dem auch Deutschland g«. laden werden soll. An Gelegenheiten, die gegenwär tige Lage zn studieren und Anregungen für eine inter nationale Bekämpfung der Not zu gewinnen, .fehl» e» also nicht. Eine andere Frage ist e» aber, ob sich di« Völker der Welt bzw. ihre nach den Konferenzen zu entsendend«,» Vertreter von den Schleiern frei machen können, welche Vorurteil«, kurzsichtige Jnlerejsenvoli- tik, Haß und Argwohn Über ihre Köpfe geworfen haben. Seit bald drei Jahre»» ringen di« Völker um die Praktische Anerkennung pe» Grundsatzes, daß Alle Teil nehmer und Notleidende de» Weltkriege», d. h. also alle Völker der Weit mit Einschluß der Neutralen, zusammentreten, um die immer brennender werdenden Fragen zu lösen. Wer sich über die Eindrücke de» Ta ges htnau»zuheben vermag, muß schon längst zu der Ueberzeugung gelangt sei,» daß die Frigg« der inter nationalen Verschuldung, da» Valuta-Prsoblem, die Sri rettung verhungernder Völker und überhaupt der Wie deraufbau der internationalen Wirtschaft ein gemein? kam«» qroßHügige» vorseHen aller Länder