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Nr. 23S Sonnabenä, cken S. Oktober 1S2I IS. Jahrgang ... ..... .. f»Itt»st»« »>/> Uhr »»nn. Mer Tageblatt iMLSLSViiW , rWMLKSMS :!KL«L« »Mgtz»xs>tz^»ßtztze Uegge -h/tz/r W7..,».r: /LnAirHAier »ur vas ^rAAbvrrAb LD-.ES Z-rnsprech. Anschluß Nr. -Z. 5 . ^»,«i,.n°nn.hm. f»iu.st.». Lrlegramme, Tageblatt flu»r,g,birg». Dieses Statt enthält -le amtlichen Sekanntmachungen -es Nates -er Gta-t ftue. pogschrck-ttonlor flm, Leipzig Nr. ,se». Das Wichtigste vom Tage. Die Ber^andlustgen zwischen dem Ne ich s- kantzler und den Vertretern der Industrie über die Frage der finanziellen Regelung der Bestimmungen des Wirtschaftsabkommens sollen am nächsten Donnerstag beginnen. Ter alkgemeine deutsche GewerkfchaftS. Hund wandte sich an den Generalsekretär des Völker bundes Drummond mit der Bitte, vor der Ent scheidung über die Grenzen OberschlesienS durch berufene Sachverständige die wirt schaftlich en Zusammenhänge zu untersuchen * Der Fall der österreichischen Krone nnd die ungeheuerliche Teuerung, die dieser Ent wertung gefolgt ist, hat in den österreichischen Ländern zu verzweifelten Stimmung-'!- ge- sMvt. * Die englische Negierung hat 1 ö Milli onen Pfund, d. h. 3 0 0 M ill I' i o n « n G o I d m a r k zur Unterstützung der Arbeitslosen auSgesetzl Marksturz» Wiederaufbau und Landwirtschaft. W.W. Ter neueste Sturz der MaVk, der so über raschend gekommen ist und Über dessen Ursachen die verschiedensten Ansichten geändert werden, hat zu einer Entwertung des deutschen Geldes geführt, die auch über den Tiefstand im Januar/Februar 1920 noch.hinaus geht. Ten weitesten Schichten des Volkes ist dadurch aufs Deutlichste wieder ins Bewußtsein gerufen, wie unsicher unsere wirtschaftliche Lage ist, und wie das deutsche Wirtschaftsleben noch immer jeglicher Stabi lität entbehrt. Es drohen ihm., "wenn die Markentwer- tung fick als dauernd erweist, Erschütterungen, welche die bisherigen noch übertreffen und die eine Gesun dung fast aussichtslos erscheinen lassen. Die Ursachen dckZiN liegen auf der, Hand. Ganz abgesehen davon, daß die Entschädigungen an die Entente in Goldmark zu bezahlen sind. — also die deutsche Volkswirtschaft umso schwerer belasten, je größer der Unterschied Mischen Goldmark und Pastiermark ist, — ist das deutsche Wirt schaftsleben nun einmal in solchem Grade durch un zählige Fäden mit der, Weltwirtschaft verbunden, daß jede Entwertung des deutschen Geldes gegenüber dem Gelbe des Auslandes auch ein Sinken der Kaufkraft der Mark im Inlands zur Folge' hab. Als besonders wesentlich kommt dabei in Betracht, daß die deutsche Handelsbilanz Passiv ist, daß also der Wert der Gesamt einfuhr größer ist als der Wert der Gesamiansfuhr. Tiefer Zustand hat übrigens auch.schon Vor dein Krieg gestanden, was weiteste Kreise unseres Volkes nicht wissen. Wenn trotz der Mehre i'nftilh-v in der Friedens zeit das Deutsche Volksvermögen von Jahr zu Jahr wuchs, so beruht das darauf, daß die' Ausgaben für die Mehreinfuhr durch, ander« aus dem Ausland stam mende Einnahmen wett «gemacht wurden, wie z. B. durch ZinScinnahmen von Kapitalien, die an das Aüs- laud verliehen waren, oder durch die Einkünfte aus deutschen ErwerbSgeschäften im Auslande, wie Bauk unst Jerslcherungögeschäste,. Handelsgeschäfte Schiff fahrt sür fremde Nationen stsw. Alle diese Faktoren einschließlich der Handelsbilanz werden in der Zah lungsbilanz züsammengefaßt und diese ist eben vor, dem Kriege für Deutschland günstig!, nämlich« aktiv gewesen. Tas Ziel der deutschen Wirtschaftspolitik ist nun, wieder zu einer aktiven Zahlungsbilanz zu gelangen. Tiefe ist aber weit schwerer als in der Vorkriegszeit zu erreichen,, weil gerade alle diejenigen — oben erwähn- ten — Faktoren, di« sie im Frieden günstig gestaltet ha ben, infolge des Friedensvertrages von Versailles ent- weder ganz in Fortfall gekommeU sind oder doch zum mindesten eine sehr starke Verringerung erfahren haben. Dieser Verlust kann in Kürze auch.nicht wieder auSge- glichen werden! ES muß deshalb alles daran gefetzt werden, die Passivität der Handelsbilanz zu beseitigen, um auf diesem Wege die ZahlunLStvilat^ günstig zu ge stalten ; es muß allo erstrebt werden, daß der Werl der Gesamteinfuhr den der Gestirn tauÄfuhr nicht über steigt, ja nach Möglichkeit ivgarf stoch! hinter letzterem zurückb leibt. Las läßt sich theoretisch nun zwar ledig, sich durch eine Erhöhung der Ausfuhr industrieller Produkte au'» Deutschland erzielen s Praktisch! stehen aber dev Erreichung de» Ziele» allein auf diesem Wege sehr große Hindernisse entgegen, die in der schwierigen wirt« schaftltchen Lage Deutschland» und kn dem Verlust.sei ne« auswärtigen Niederlässurmchr ustv. ihre Erklärung finden. G» muß dojhwk vor'aMM ou!ch dte Einfuhr verringert werden. Nun können zwar sehr diele Hishvr aus dem Auslands einge,führte Produkte nicht entbehrt werden; insbesondere die Industrie benötigt die aus dem Auslande stammenden Rohstoffe dringend Doch gibt es unter den bisher eingeWhrten Waren auch eine große Menge, deren Bezug aus dem Ausland be- trächjlich verkleinert werden kann: die landwirt schaftlichen Produkte. Im Jahre 1913 beispiels weise betrug der Wert der gesamten MehreinfUhr 700 Millionen Golstmark, die Mehreinfuhr von NahruNgS- und Genuß Mitteln 1 700 Millionen Gold mark. Wäre' also letztere um 700 Millionen verringert, so wäre die Handelsbilanz ausgeglichen. Tie Erreichung einer für Deutschland günstigen ZahlüstgSbilanz. hängt also wesentlich davon ab, ob es gelingt, die eist hei mische landwirtschaftliche Produktion so sehr zu steigern, daß sie aucb einen entsprechenden Teil der bisher aus derU Auslonde etngesührten landtoirtschaftlichen Produkts er setzen kann. Tas ist technisch öhste weiteres möglich, denn auch eine noch, wett 'größere Bevölkerung' als die zur Zeit vorhandene könnte restlos von dem heimischen Boden ernährt werden. Es kommt einzig und allein darauf an, durch, eine sachgemäße innere Wirtschafts politik, insbesondere durch eine den. Eigenarten der Landwirtschaft angepasste, Steuerpolitik Vie lüudwirt- liche Intensivierung auch zu ermöglichen. Eine gesunde Landwirtschaft ist also eine dev Vorbedingungen für den Wiederaufbau der deutschen Wirtschaft, denn sie hemmt die wachsende Verschuldung Deutschlands an das Ausland und trägt damit zur Erstarkung der deutschen Valuta bei. Oberschlesien — eine europäische Lebensfrage. Eine Unterredung mit dem Kanzler. Ter Reichskanzler empfing den Korrespondenten der Basler Nätionalzeitung und gewährte ihm eine Unter redung: Furage: Wie steW eS mit -Oberschlesien? Kanzler: lieber den Stand der oberschlefischen An gelegenheiten kamt ich Ihnen bestimmte Angaben nicht machen. Wir wissen weder, ob die Meldungen zutref fend sind, daß; der Spruch des Völkerbundes in den nächsten Taigen bekanntgegeben wird, noch wissen wir, weichen Vorschlag sich der Völkerbund zu eigen macht. Ich kann mich weder, pessimistisch noch, optimistisch äußern. Für uns gibt es nur eines, unser sester, Mw betrrbarer Glaube an unser' Recht. Frage: Wie den ken Sie, Herr Reichskanzler, übler die Zukunft des Landes, wenn das Gebiet bet Deutschland bleiben sollte? Kanzler: Zu der staatsrechtlichen Seite Ihrer Frage IM der Minister Grädnauer bereits im Einvernehmen mit der preußischen Regierung erklärt, daß das Gesetz über Oberschlesien vom 27. November 1920, das soge nannte Auivnomielgeseh, unter allen Umständen durch geführt wirb, so daß in jedem Falle dir obers schlesische Bevölkerung selbst durch Abstimmung über die Bildung eines Landes Obtzrschlesieu entscheidest wird.'' Niemand wird im Gebrauch seiner Muttersprache, sei sie deutsch oder polnisch!, irgendwie behindert wer-! den. Selbstverständlich ist auch die völlige Freiheit der RelpgtvuSübuug. Frage: Was halten Sie, Herr Reichskanzler, von der V er'söhnungSb ewe g ung in Oberschlesien? Kanzler«: Ich glaube fest daran,, daß eine Nolttik der Versöhnung' die allerbeste Lösung der oberschlesischen Frage, wie sie sich jetzt dar stellt, sein wird. Tie deutschen Kreise 'in Ober sh testen sind ehrlich« Anhänger des Versö hnungsgeVankens. Tie oberschlesische Bevölkerung darf überzeugt sein, daß niemandem aus seiner Haltung vor, während und nach der Abstimmung Irgendwie Schaden ober Nachteil, er wachsen wird. Wir müssen aber auch von den Ober schlesiern, die am 20. März ihre Glimme für Polen abgegeben haben, erwarten, daß sie, wenn die Entschei dung über Oberschlesien gefallen ist, ehrlich und loyal! am Wiederaufbau OberschlesienS Mitarbeiten. Jnzwst schen blicken aller Augen in, Deutschland nach Genf. Eine Entscheidung, die unserem guten Recht ustbt eut-f spricht, würde nicht nur jede Möglichkeit eines Wieder aufstieges für das unglücklich« Oberschlesien vernichten, sie würbe auch das demokratische und friedliche Deutsch land in» Hvvz treffen. Gebe. Goll, daß sich diese deutsche und auch europäische Lebensfrage WM Guten wende. Einigung auf -er Sforza-Linke k Der diplomatisch« Berichterstatter des Daily Tele graph schreibt zu der Haltung Großbritannien» gegen über dem obevschleftschen Problem! Nachdem die bri tischen Staatsmänner, die oberschlesische Frage dem Bölkerbundsrat unterbreitet und sich bereit erklärt hät ten, fick an sein« Matschläge KU halten, hätten sie sich strengsten» jeder Anfrage an den Mat enthalten- l Ter britischen Regierung lägen keinerlei genaue Informationen über die Beschlüsse des BölksrbundS- rates vor. Es sei iHv nux bekannt, daß der. Rat eiste Grenzlinie in Erwägung ziehle, die sich der Sforza-Linie nähere', ustd daß er sich mit der Frage der Verhütung wirtschaftlicher Schäden beschäf tige, die mit einer Teilung des Industrie-Dreiecks verbunden wären. Nach der Bekanntgabe der Ent scheidung des VölkerbuijpSrateS würde. sich di» Er örterung dieser Entscheidung nur aus ihve praktische Durchführung beschränken. - Ties« Darstellung erinnert an Vollständig gleiche Meldungen, die schon vor etwa vier Tagen in den Pa riser Zeitungen aus englischen Quellen veröffentlicht wurden. Man kann also vuhlg Vom Aufwärmen alter Nachrichten sprechen, wenn nicht Güter den vazett Ge rüchten eine für Deutfschland traurige und in ihrer Wirkung katastrophale Tatsache steckt. Eine solche Ent scheidung würde, wie di« vorstehenden Kanzherworte treffend bemerken, für Oberschlesien Hede Aussicht eist«» Wiederaufstiegs vernichten. Militärische Vorbereitungen für OberfchlrstM. Ter Petit Paristen meldet aus «London: Meuter erfährt aus wohlunterrichteter Quelle, daß Vertreter der britischen, der italienischen 'ustd der französischen Regierung-am Sonnabend in Pär'iS Kufam men» treffen werden, nm Vorbereitungen für Maßnahmen zu! treffen, die von den Truppest der drei Mächte ist Oberschlesien ergriffen werben sollen, wenn di« Ent scheidung des Obersten Rate» Über die oberschlesisch» Frage bekanntgegeben ist. Verhandlungen hierüber sind ' zwischen Rom, Parts und London die letzten Wochen hindurch geführt worden, und Hi« Zusammenkunft am Sonnabend hat den Zweck, >an die zwischen' den drei Regierungen getroffenen Abmachungen die letzt« Hand zu legen und gleichlautende 'Instruktionen fstr di« Trup pen auSzuarbeiten. Es ist stoch .nicht bestimmt, wer der Vertreter des britischen Reiche» feist werd«. Panik in Wien» Rv. In der Hauptstadt Tirov, in JnstDvrvä!l haben dieser Tage sich aufregende Vorgänge abgespielt, die man wohl am besten mit Valutarevoltem be zeichnen darf. ES, machte sich innerhalb der breiten Massen der Bevölkerung Liste leidenschaftlich« Empörung über die Mmtttelbaren Wirkungen, de» dauernden Nie derganges der Kronenwährung gellend, und dies« Em pörung gewann in dem Sinne Gestalt, daß Lebensmit tel' und Waren äller Art zu den aberwitzigsten Preisen aufgekgufr wurden. Man hat die verschiedensten Ur sachen für diese Geschehnisse angeführt und erlebt jetzt, daß dte zu Grunde liegende Bewegung auch aufWien> selbst über greift. Auch dorthin kpmmt die Land bevölkerung ist Allen Scharen!, und alle Schichten und Erwerbskrehse sind geradezu von einer, Panik ergriffen. Tausende und Abertausend« haben nur den einfin- Wunsch, sich von ihrem Besitz an österreichischer Kro nenwährung zu befreien und kaufen Stiefel, Kleidungs stücke, und selb Möbel zu jedem beliebigen Preise. Selbstverständlich, daß dte sowieso schon herrschende mv geheure Teuerung aller Bedarfst- und Luxu-waren sprunghaft zu geradezu aberwitziger Höhe anschwillt. ES braucht nicht besonders betont zu werden, daß diese Panik unter Umständen die allergefährltchsten Folacn nach sich ziehen kann, ja daß sie eine verhängnisvvhle. Aehnlichre.it mit dem Anfang zum katastrophalen Ende besitzt. Man muß sich nämlich noch vor Augen halten, daß man die Vorgänge in Innsbruck, mit den Ge rüchten in Zusamtnenhang! brachte, daß die dortigen Karltsten in Gemeinschaft mit den in West Ungarn stehenden karlistischen Insurgenten zu einem ent scheidenden Schlage bereit stünden. Wa» setzt Wien anlangt, so dürfte eine dev Ursachen Wr dw gegenwärtige Zusammenbruchsstimmung die B.'sürchtunp sein, daß die in den letzten Tagen bemerkbar werdende größere Tätigkeit der 'nngä rischen Banden auf nichts geringeres als aus einen, entscheidenden Vorstoß gegen ganz Deutsch-Oesterreich Gnwtesen. Alle» tn altem aber.ersieht inan, daß durch! die österreichischen Land« ein unterirdisches Grollen 'hallt, au» dein nicht nur geschworene Schwarzseher aus «inen alte» vernich tenden Ausbruch! 'schließen könnten,. Man muß hoffen, daß trotz allem die jüngste Entwicklung ist Deutsch!- Oesterreich nicht zum Mußersten, sondern allmählich wieder zu einer ruGgeren Auffassung -er Lag» de!» Landes führ«n möge. Man hat von Deutschland gesagt, daß ein Vechztgmillionenbvlk nicht untergehen Änne dasselbe gilt von einem Staat mit sechs Millionen Ein- wohnern. Wohl aber wird man jetzt tn Deutsch-Oester reich anllagend sagen r bi» hierher hat und nicht Gott, aber St. Germain gebracht! Und damit wird di» große Schuld ddr Entente offenbar, M iü« -rßw