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uer Tageblatt 1ö. Jahrgang. Mittwoch, -en 27. ^uli 1021. „-,,«1,1 »-Ich ,»s,„ ,»«« ,1». W.„,ilch „I »„ ,.M«st.ft.Ui Minnich I »II »»»«-I-Ipil'«»-PlNUlU« »Il' Iiri» » ««». »El »« p»fi »Ift.tt« m,,i. «»N-Ittck ».« m»,k. <'^«int t«,«ch In «n n-chmiti,,,»- I « ptz 'Ii-z'iiii p»' »° n °',"rs«Ich? "«,N »I« ^ Nr. 17S. Das Wichtigste vom rage. Ti« neuen «teuerdvrka^en! gelangen am 28. >ult zum erstenmal an da« ReichHka binett. Dann -erden sie dem Reichstag -und dem ReichSwirt- chaft»rat zuMhen. * Der Reichspräsident hat gestern den neuer- anNten Gesandten der Republik Oesterreich liedl zur Entgegennahme seine« Beglaubigun g -- chretben» empfangen. Bet dem Empfang war der le ich Smt nister de» Auswärtigen Tr. Rosen zugegen. Geheime Pläne de» polnischen Insurgenten« eneralstabe», di« in deutsche Hände gefallen iid, beweisen die Bereitschaft eine» neuen lufstande » in Ob er schl esien. Reuter verbreitete folgende amtlich« Meldung: Ter ) b e r st e Rat tritt am 4. Augustin Paris zusam men Lord Curzon und Balfour vertreten Eng- a: d auf der Konferenz. Llohd Georae ist wahr- chcinlich nicht zugegen.^ In Paris wurden die R a tlstka t i o n S u r ku n- »en des Friedens Vertrag es von Trianon ins getauscht. H lgolnnä bleibt äeutsch. Dir hamburgische Korrespondent brachte dieser Tage i e auüe ^nerregende Depesche aus Helgoland, nach der i e aus .Helgoland anwesende englische Marinekom- ' tssion sich dahin ausgesprochen haben soll, daß Eng a d die Absicht habe,. Helgoland der deutschen Reichs- lohett zu entziehen und wieder England einzuverieiben § n Ber'chlerstatter des Leipz. TM. hatte in Helgoland Gelegenheit. mit dem Gemeindevorsteher Nüäsvrachc u halten, und kann nach besten Erkundigungen sagen »atz an der Meldung de» hamburgischen Korrejponden- en kein Mahres Wort ist. Wohl besteht ui Helgo ai d eine ganz kleine Gemeinde, die gern wieder unter ngftsche Hoheit kommen möchte, sie hat aber aar lei en Einfluß, denn der größte Teil der Helgoländer sind chte Deutsche und denken gar nicht daran, die Insel vom tteiche loszulösen. Ter Gemeindevorsteher ilaubt üb rigens gar nicht, daß in England die Absicht besteht, ,ich die Insel einzuverleiben. Tenn wenn es das ge- r o lt hätte, brauchte es nicht bis setzt zu warten, sondern :; hätte dies durch den Friedensvertrag leicht erreichen iö n n. und außerdem würde England in diesem Falle rv)l kaum so viel Wert darauf legen, die Sprengungen io durch geführt zu sehen,, wie das geschehen ist. Gerade n den Tagen der Anwesenheit der englischen Kommis sion sind ganz erhebliche Sprengungen von ehemaligen Lie estigungen vorgenommen worden, .und seden Tag »erden ohne Rücksicht auf den Reiseverkehr welche vor genommen. TaS Hamburger Blatt hat sich anscheinend zu politischen Zwecken mißbrauchen lassen, die zu durch sichtig sind, und nur niedriger gehängt werden sollen. » Eine andere, die Helgoländer bewegend« Frage ist. ob die Insel p r e u ß i sch bleiben soll. Hierzu wird au» Berlin berichtet: Ter Minister de» Innern Domini- cus empfing vor kurzem eine Abordnung au» Helgo-, land, die den Wunsch auSsprach, Helgoland möge aus dem preußischen Staatsverband ausgeschlossen werden, und wie ein unmittelbares Reichsland — also wie früher Eliatz-Lothringen — behandelt werden Diese Bewegung geht im Grunde genommen nur von drei bi» vier Personen au»,, die auf.der Insel separatistisch« Agitation betreiben. Tie preußische Regierung ist den Wünschen der Jtnselbevölkerung. durchaus entaegens«. kommen. TaS Gemeindewahlrecht der Helgoländer bie tet genügend Sicherheiten, umr eine Uebereinsttmmung der eingesessenen Helgoländer dutrch Ortsfremde zu ver hüten. Tie Helgoländer haben auch aus diesem Wahl recht Nutzen gezogen. Tie aus neun Personen bestehende Gemeindevertretung umfaßt sechs Pertreter der Alt- Helgoländer. zwei Sozialdemokraten Md «inen Gemein- devertreter, den man al» -uv deutschen. Gruppe gehörig bezeichnet Kat. Der Kern der neuen. Bewegung liegt darin, .daß die Helgoländer die neuen Reich», steuern nicht bezahlen wollen. Auch,in diesem Punkte sind die Reichs, und und die GtaatSregterung den Insulanern entgegengekoMmen- Minister Domini, cus hat der bei ihm vorsprechenden Abordnung -erklärt, daß da» auf.Preußen entfallende Einkommensteuerdrit- t«l von den Helgolän-exn nicht gezahlt zu werden braucht. Ti« Helgoländer Bevölkerung hat demnach nur noch, ein Drittel der «teuer zu tragen^ da da» zweite Drittel oer Gemeinde selbst zufällt. Staatssekretär a. D. Trimborn SlaatisikrilSr a. D. Lihetmrat LrImborn, vorfltzinder du gintrumifraktton d« Nttchitage, und der deutschen Zentrum« Partei. Ist Montag abend S Uhr g«storb « n. Er ist vor einiger Zeit operiert worden und Montag an den Folgen dieser Vveration rntschlafen. Die Beerdigung findet vorauistchtltch am Freitag in seinem Wohnort Unkel am Rhein statt. —o— Der Plötzliche Tod de« ZentrumSfÜhrer» Karl Triwborn bedeutet vor allem für sein« Partei einen schweren Verlust. Al» Vorsitzender de» VottSverein» für da» katholische Deutschland > al» Parteivorsitzender Und al» Vorsitzender der Reich-tag-fraktton de» Zen trum» übte der erfahrene Parlamentarier einen sehr weitreichenden Einfluß auf alle Richtungen und auf- die politischen Entscheidungen de» Zentrum» au». Seine liebenswürdige Persönlichkeit, .lein treffsicherer rheini scher Humor und seine überlegene Taktik ließen ihn leichter äl» ander» die Schwierigkeiten überwinden, die ihm als Führer de» Zentrums häufig entgegentreten mutzten. Mit seinem verstorbenen Freund und Vor gänger in der Parteiführung Grüber rechnete man Trimborn zum linken Flüael seiner Partei; als Vor sitzender hat er in den letzten Jahren ab'er wohl sein« Hauptaufgabe imAuSgleich.der Gegensätze ge sehen. Trimborn» Bedeutung ragte indessen weit über die Parteigrenzen hinan». Schon von der kaiserlichen Regierung wurde er während de» Krieges stark für die Zivilverwaltung Belgiens herangezogen, und al» Gen«- ralreferent für da» belgische UnterrtchtSweken hat er erfolgreich in Brüssel gewirkt. Unmittelbar vor dem Zusammenbruch wurde er neben Haußmann und Scheide mann,vom Reichskanzler Prinz. Max von Baden zum Staatssekretär ernannt. Nach der Revolution stieg jedoch auch ohne Staatsamt sein Einfluß immer mehr und in allgemeiner Erinnerung ist noch, daß ihm nach den letzten ReichstagSwahlen vorübergehend die Bildung Liner neuen Koalitionsregierung vom Reichs präsidenten ängetragen wurde. Er lehnte ab, .blieb aber bis zu seinem Tode in der Parteipolitik,.im Reichs tag und in der vaterländischen Entwicklung ein überaus einflußreicher Mann. Seine Klugheit war bei den Par teifreunden und den Gegnern ebenso hoch geschätzt, wie seine Lopa.ität, seine taktische Geschicklichkeit wurde eben- ko gerühmt wie seine persönliche Zuverlässig keil. Des halb empfinden ast seiner Bahre auch bi« parteipoliti schen Gegner TrimbornS Tod als einen schmerzlichen Verlust. Die demokratische Parteileitung und die demo kratische Neichstagsfraktion haben ihre Teilnahme tele graphisch übermittelt. Ver frühere preußische Jusikzmknlsier v. Seseler s Ter frühere preußische JustiZmintster Dir- Max Be- seler ist am Sonntag in Berlin nach längerer Krank» heit im 80. Lebensjahre gestorben. — Tie politische Oeffentlichkeit beschäftigte sich mehrfach mit der Amts führung Hes Ministers, so besonders nach den Sensa- tionSprozessen, die sich an die Eulen bura-A ffäre anknüpften. Tie Rechtlichkeit und der Billigkeitssinn, rnit der Beseler sein Ministerium Heftete, wurden aber allgemein anerkannt. Beseler war streng konservativ: die parlamentarische Regierungsform war nicht nach seiner Ueberzeugung. Noch keine völlige Einigung? Zurechtweisung Frankreich» durch Lord Curzon. Ter. diplomatische Mitarbeiter der Agence Havi» glaubt zu wissen,, daß nach-Montag abend au»' London eingeaangenen Nachrichten der f.rantzö s) s<be Bot schaft er 'im Verlaufe einer Unterhaltung mit dem britischen Außenminister im Namen seiner Neaierung deren grundsätzliche Zustimmung ausgesprochen habe zu der Berufung pes Obersten Rates zum 4. August und zu der vorherigen Prüfung des oberschle.sil.chen Problems durch eine Sachverständigenkommission unter der Bedingung, daß die Regierungsoberhäupter sich zur festgesetzten Zeit versammeln, wie- auch das Resul tat -er Arbeiten der Sachverständigen ausfallen möge. Dagegen soll der britisch« Außenminister in aller Form seinen Widerspruch gegen die Entfendungvon Berstärkungen nach Oberschle- sien aufrechterhalten haben; u. a. hab« er versichert, daß diese Maßnahme di« mit vieler Mühe im Abstimmungs gebiet wiederhergestellte Ruhe unterbrechen würde, daß sie außerdem einen entschieden deutschfeind lichen Stempel tragen würde, daß die Entscheidung für Deutschland den Eindruck Hervorrufen würde, daß die Entscheidung für D-utschlan- ungünstig ausfallen werde, .daß schließlich Frankreich am Rhein ge nügend Truppen habe. Nm Deutschland zur Ver nunft zu bringen, und daß Deutschland versuchen würde, sich, der Durchführung -e» Schiedssprüche» des Obersten Rates über Öberschlesien Ku widersetzen. Da di* vor herig« Entsendung von Verstärkungen bisher in Frank- als unentbehrllchi angesehen wurde, und zwar vor feder Entscheidung, so Vestehe Nur no.'ch über lvtzteren Punk't eine Meinungsverschiedenheit Zwi schen Frankreich untz England. » Ob die Meinungsverschiedenheit über den letzteren den wichtigsten Punkt durch die nun in aller Form erfolgte Einberufung der Konferenz al« beigelegt an zusehen ist. läßt sich- au» dem mit der üblichen lakoni schen Kürze formulierten Wortlaut der. Reutermeldung nicht erkennen. Au» den Mitteilungen der Agence Ha- va», -er amtlichen Nachrichtenstelle Frankreichs geht, immerhin mit aller Deutlichkeit hervor, -aß der französische Botschafter sich von dem Leiter der engli schen Politik allerlei unangenehme Tinge hat sägen lassen müssen und daß der Engländer mit dem Fran zosen nicht viel Federlesen» gemacht hat. T«r Umstand, daß dieser für die französisch« Diplomatie nicht sehr rühmlich« Unter-andlungSton sogar in der offiztellln französischen Nachricht so deutlich erkennbar wird, läßt wiederum daraus.schließen, daß di« Engländer sich von ihrer Meinung jn der Truppenfrage nicht» äbhandeln lassen wollen. > ' - Fortdauer dkt Widersprüche. Wie dem B. T. gemeldet wird, legen die amtlich«« Stellen Londons Wert darauf. Lu bdtonen, daß.bi» letzt die Lage zwischen den beiden Kabinetten in Part» und London völlig unverändert ist. Tie Konzessio nen, die England Zu machen bereit ist, wa» die Entsen dung französischer Truppen Nach Oberschlesien betrifft, seien immer noch vollkommen abhängig von der Ab haltung einer Konferenz des Obersten Rate». Von fran zösischer. Seite wird dauernd der Versuch gemacht, durck» irreführende Nachrichten da» Publikum über den Ernst des Gegensätze» Zwischen den beiden Ka binetten hinwegzutäuschen. Noch keine Entspannung der Lage. Tie Neue Züricher Ztg. meldet aus Paris: Trotz der französischen Zustimmung zuM Zusammentritt des Ober sten Rates wird in den Abendzeitungen -es Montags keine Entspannung, der Lage konstatiert. Ma- tin und Journal schreiben: Eine Einigung mit Lloyd George wäre nur möglich auf -er Grundlage der un bedingten Annahme der. Vorschläge BriandS. Vrohenüe Verschärfung in -er oderschlesischen Zrage k Tie oberschlesische Frage ist fortlaufend Gegenstand von Beratungen und Konferenzen im Reichs kabinett. Die beabsichtigte Ferienreise des Außenmi nisters Dr. Rosen ist verschoben worden. Gestern frül» sprach Minister Rosen in der französischen und bann anschließend in der englischen Botschaft vor. Auch die Einberufung des AuSfch u s.se'» für Auswärtige» wird ventiliert für den Fall, daß die oberschlesische Frage in den nächsten Tagen eine weitere Verschärfung erfah ren sollte, was man an unterrichteten Stellen für durchaus nicht auSg>eschlos.sen erachtet. Trutz- pensendungen über Mainz haben fedenfalls bi» gestern abend noch nicht begonnen, obwohl in Mainz und in der Pfalz.feit Tagen groho Verstärkungen eingetroften sind. i Russische Hungerkatastrophen. St, Tie gewaltige Hungerkatastrophe, die übßr Rußland hereingebrochen ist. ist auf .russischem Terri torium keine völlig neue Erscheinung. Schon früher haben von Zeit zu Zeit derartige Hungerka lasftophen fast mit periodischer Sicherheit weite Strecken des gro ßen Zarenreiches heimgesucht. TaS RegierungSshst«m der russischen Zaren. das den Bauer in die ungünstige soziale Lage drückte, war nicht geeignet, solche Kata strophen für die große Masse der Bauernschaft erträg licher zu gestalten. Vor allen Dingen war es der Bo- denmangel, der damals mit feder schlechten Ernte sofort die Hungersnot für viele Bauern mit sich brachte. Selbst nach der Aufhebung der Leibeigenschaft im Jahre 1861 wurde die soziale Stellung der Bauern durch die Lasten, die für die Ablegung der Leibeigenschaft.gezahlt werden mußten, fast unerträglich gestaltet. Kaum 30 Prozent der Bodenflächen befanden sich in den Händen des viele Millionen zählenden Bauernstandes. 70 Pro zent der Bauernschaft litt schon in normalen Zeiten un ter diesem Bodenmangel, und die Agrarkommission -es russischen Ministers Witte stellte im Jahre 1903 fest, daß -ei einer normalen Ernte da» ErnährungSquantum des Bauern durchschnittlich 30 Prozent unier seinem Existenzminimum blieb. Es war leicht begreiflich, daß bei solchen Zuständen jede Mißernte gleichbedeutend mit gewaltiger Hungersnot war, Ter Staat mußte dann, viele Gelder für die hungernde Bevölkerung.auswer fen, Infolge von Mißernten mußten in der Zeit von 1901 bis 1905 zur Unterstützung 18 Millionen Rubel ausgegeben werden. Im Jahre 1906 waren e» sogar 115 Millionen. Tie Zerschlagung.de» Großgrundbe sitze», .die die SowKtre gterung vorgenommen hat, hat, wie sich fetzt zeigt, diesen Gefahren leid« nicht abhelfen können. Die kleinen Bauern waren nicht in der Lag«, da» ihnen zugewiesene Land zu bestellen, Pa es ihnen zum Teil än Arbeitskräften, »nm ande ren Teil an landwirtschaftlichen Geräten, fehlte, .die die Sowietregierung nicht beschaffen konnte. So lag der Boden entweder brach, oder er fiel -en Großbauern anheim, die in Wahrheit die Nutznießer der bolschewi stischen Agrarier geworden sind. Die gewaltsamen Re- auisitionen, -ie die Sowfetregftrung bei den Bauern durchführte, verminderte noch künstlich die Anbaulust und hätte eine weitere Verkleinerung -er Anbaufläche zur Folge. So kaM es, .nach der offiziellen Statistik der Sowfetregierung im Jahre 1919, -atz nicht mehr al« 11 Millionen Tesfattnen bebaut waren. Noch im Jahre 1916 hatte die Anbaufläche 36 Millionen Tesfattnen betragen. Wenn e» 1919 nicht bereit» zur Hunger katastrophe kaM,. so nur deshalb, weil diese» Jähr eine sehr reiche Ernte gehabt hatte. Trotzdem waren schon davials gewaltige Lebensmitteleinschränkungen notwen, big, die sich sogar teilweise auf die Bauern erstreckten. 1920 trat eine weitere Berkletnerung Her Anbaufläche ein, .und schon damals konnte -ie russische Regierung nur mit Hilf« d«r großen Requisitionen, die auf.dem Vor marsch durch Polen gemacht wurden, -ie. Katastrophe verhindern. Mer «- war klar, .daß 1921 eine weite«