Volltext Seite (XML)
Jahrgang. Zeeitag, den 22. §prll 1921. Nr. -3. fiuer Tageblatt::'.7SL Das Wichtigste vom Tage. Voraussichtlich wird am Montag di» RetchS- reglerung die Ausschüsse de» Reichsrates und des Reichstages mit der Stellungnahme der deutschen Regierung zu dem Reparationspro blem bekanntmachen, und am Dienstag wird Tr. SimonS wahrscheinlich .Gelegenheit nehmen, im Reichstag Pie an die ReichSregterung gerichteten Interpellationen in ter Entschädigungsfrage zu beantworten. * Tie deutsche Regierung wird heute an die ReparationS kom Mission eine Note aögehen lassen, in der Vorschläge für den Aufbau Frankreichs gemacht werden. * Ti« deutsche Note an den Präsidenten Harding ist beim Staatsdepartement in Washington einge troffen. Im Unterhaus teilte Llolvd George mit, daß bi» setzt keine interalliierte Zusammenkunft festgesetzt sei. Er werde Ende der Woche eine in formelle Begegnung mit dem französischen Ministerpräsidenten haben und werde dann einen vorläufigen Meinungsaustausch mit ihm Pflegen. Verzögerung öer Sanktionen? ES kann nicht geleugnet werden, daß die Gefahr einer deutschen Regierungskrise näher gerückt ist, doch.scheint es, als sei es wiederum zu einem Konv- promih gekommen. In politischen Kreisen Berlins macht man sich, obwohl man weiß, daß eine neue poli tische Aktion Deutschland bevvrsteht, doch mit dem Ge danken vertraut, daß die von Paris aus cmgedrohten Gewaltmaßnahmen am 1. Mai beginnen werden. In Ententekreisen spricht man neuerdings davon, daß der Beginn der neuen Sanktionen eine Verzöge rung von etwa zehn Tagen erleiden Werve, da Frankreich den größten Wert darauf .legt, im Einvernehmen mit England zu handeln, und sich deshalb bereit finden lassen werde, den Erfolg.der Besprechungen in Lhmpne abzuwarten. Deutsche Re gierungsstellen lehnen es nach wie vor ab, der Oesfent- lichkeit und selbst führenden parlamentarischen Persön lichkeiten ein klares Bild der politischen Lage und der vom gegenwärtigen Kabinett verfolgten Absichten zu geben. Die Antwort auf .die r Interpellationen der Leutfchnätionalen und der Unabhängigen wird voraus, sichtlich erst .am kommenden Dienstag erteilt werden. Man hat den Eindruck, als sollten vor Erteilung dieser Antwort noch die Ergebnisse neu aufgenommerrer Be sprechung und noch nicht abgeschlossener Fühlungnahme vbgewartet werden. Deutschland lehnt -lr Solösoröerun- ab. Wie wir »on zuständiger Stelle erfahren, ist die Antwor t- note der deutschen Negierung auf di« Forderung nach UebersUH- rung des deutschen Goldbestände» in das besetzte Gebiet sertiggestellt worden und wird »oraussichtlich heute »eröfsentlicht werden. Nach Informationen »on anderer Seit« lehnt die deutsche Antwortnote die Forderung ab unter Hinweis da rauf, Lah es sich dabei um privaten Besitz handelt, Uber Len der deutschen Regierung keinerlei Berfiigungsrecht zusteht. /lmerika lehnt öle Vermittlung ab. Di« deutsch« Note. Li« Reichsregierung hat durch Vermittlung beS amerikanischen Geschäftsträgers in Berlin an den Präsidenten der Vereinigten Staaten folgend« Nqte ge langen lassen: Im Namen der deutschen Reich»regi«rung des deutschen Vol kes beehren sich die Unterzeichneten trotz des formell noch be stehenden Kriegszustandes an den Herrn Präsidenten der verei- nigten Staaten von Amerika den Antrag zu richten, in der Neparationsfrage die Vermittelung zu übernehmen unddieSumme fest zu st eilen, die Deutschland an die alliierten Mächte zu zahlen hat. Sie sprechen gleichzeitig die dringende Bitte aus, die Zustimmung der Alliierten zu einer solchen Vermittelung herbetzuführen. Dabei erklären sie feierlich st, dah di« deutsch« Regierung ohne Einschränkungen oder Vorbehalt bereit und willens ist, den alliierten Mächten, diejenige Summ« al» R«. paratton zu zahlen, die der Präsident d«r Ver ei nigten Staaten nach eingehend«, Prüfung und Untersuchung recht und billig befinden sollte. Sie verpflichten sich hiermit ausdrücklich, seinen Schiedsspruch, »teer auch laute- «NS - ch in allen Einzelheiten sowohl d«m Buchstaben «t« dem Leiste nach zu erfülle». Tief durchdrungen von der inneren Be- rechtigung dieser Bitt«, und in unbezweifelbarer Aufrichtigkeit unterbreitet das deutsch« Volk durch seine versassungsmätztg« Re gierung dem Präsidenten der Vereinigten Staaten seinen Antrag. Es hegt di« zuversichtliche Hoffnung auf Gewährung seiner Bitte, auf das, nach Recht und Gerechtigkeit «in« endgültige Entschei dung gefällt «erde zur Erfüllung tief gefühlter Wünsch« aller zivilisierten Nationen, zur Abwendung der unabsehbaren Folg«n drohender Zwangsmatznahmen und zur Herbeiführung de» Frie den» der Welt. » (q §.) Fehrenbach. Dr. Simon». Ter Pariser He».,> 5oet Neuhork: Prä sident Harbins ließ d^r -gierung Mitteilen, daß er einen we'. . No.snwechsel mit Deutschland für -p.^iichtölo» -alt« Mtd des» haw ersuche, von der Fortsetzung der vermitt» lung-gesucheab-usehen. HavaS meldet aus New» York: Im SenatSauSschuh teilte Hughes di« ableh nend« Antwort auf das deutsch« BermtttlungSer» suchen mit. Nach den Ausführungen de» Staatssekretär» ist di« Ablehnung Amerika» auf di« deutschen Vorschläge «ine endgültig«. Foch bereitet die Ruhrgeb«,t-bes-tzung vor. Tie militärischen, finanziellen und wirtschaftlichen Sachverständigen sind unter dem Vorsitz des Mar schall Foch pon neuem zusammengetreten und haben dis Einzelheiten der militärischen und wirtschaftlichen Fragen der Gebiete fertiggestellt, di« gegebenen falls im Ruhrgebiet zu besetzen wären. Zwei Bericht« über die militärische Organisation wurden be handelt, erstens die Abgrenzung der zu besetzenden Ge biet«, zweitens die zur Besetzung nötigen Mannschaften. Tie drei anderen Berichte rein wirtschaftlicher und fi nanzieller Art behandeln erstens Ausbeutung der Gruben, zweitens die Finanzverwaltung, drit tens die Verpflegung der Bewohner der Koh lengebiet«. Tie verschiedenen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, die Besetzung ertragreich zu gestalten, wurden vollständig behandelt. Ein zusammenfassender Bericht über die Beratungen wird Briand noch vor.sei ner Abreise nach England vorgelegt werden. Die Zollsperre im Westen. Wie di« Frankfurter Blätter zur Zollkontrolle mel den, herrscht auf den Zollstationen ein wüste» Durch einander. Tie Beamten seien ohne genaue Dienst anweisung. Infolge der Unkenntnis der Beamten und ihrer unzureichenden Zahl stauten sich die Aüterzüge. Es besteht die Gefahr einer vollständigen Ver stopfung der Strecken. In der Pfalz sei bereits der gesamte Güterverkehr ins Stocken geraten. Aus den Zollabfertigungsstellen Ludwigshafen, Speher und Germersheim seien keine deutschen Beamten mehr tätig. Auch .an anderen Zollstationen stellten die deut schen Beamten ihre Mitarbeit ein. Für die Strecke Mannheim—Ludwigshafen—Worms sei Zurück stellung der Güter angeordnet. Ter Personenverkehr wickelte sich bisher ohne Störung ab. In Griesheim wurde gestern das Passagiergut auf Waffen und ver botene Bücher durchsucht; in Höchst wurde dann die Zollbehandlung vorgenommen. Rrbeiterschicksal bei einer Teilung Oderschlesiens. R». Li« oberschlesische Frag« steht, wenn nicht alle Zeichen trügen, vor ihrer Entscheidung. Wenn man das französtsch-volnisch« Spiel betrachtet, so ist c» für jeden, der sehen will, klar, daß keinerlei Grund zu einer optimistischen Auffassung der Lage vorhanden ist. Wir können nicht drohen, wie die Polen es tun; wir müssen allein die Güte unserer Argument« für uns sprechen lassen. In der deutschen Öffentlichkeit ist die Frage der Unteilbarkeit OberfchlesienS bereits nach allen Gesichtspunkten hin erörtert worden. Es erscheint aber doch notwendig, sich in diesem letzten Augenblick noch einmal mit dem Schicksal der Arbeiter zu be- sqssen, di« durch eine Teilung de» Landes unweigerlich ihr Brot verlieren würden. Um welche Zahlen es sich dabei handelt, darüber gibt eine Erhebung des Obers schlesischen Berg, und Hüttenmännischen Vereins Auf schluß, die im Kriegsjahre 1916 ausgestellt worden ist. Von den im weiteren Jndustriebszirk (Kreis Benthen, Stabt und Land, Kattowttz Stadjt und Land, Tarnowitz, Hütt«, Hindenburg, Gleiwitz Stadt und Land, Tarnowitz, Vleß und Rhbnik) beschäftigten Industriearbeitern wohn ten 10 276 im Kreise Tarnowitz, 3665 im Kreise Pleß, 16 700 im Kreis« Rhbnik. In den industriellen Werken de» Kreises Tarnowitz selbst waren 4148, in den Gru ben des Kreises Pleß rund 5000 und in den Werken des Kreises Rhbnik 14 400 Arbeiter beschäftigt. Es lieferten also Tarnowitz 6123, Pleß 3665' .Rhbnik 2300 Arbeiter für andere Kreise des engeren Industrie bezirks. Aus den übrigen, fast.rein landwirtschaftlichen Kreisen des Abstimmungsgebietes waren 6032 Arbei ter im Zentralrevter beschäftigt. Dieser erhielt also aus den Nachbarkretsen einen Zuschuß von rund 17000 Köpfen. Nun handelt es sich hierbei aber um eine Kriegsstatistik. Unter normalen Verhältnissen find nicht 17 000, sondern 25 000 Zuzugsarbeiter in der Montan industrie und im Bergbau des Zentralreviers beschäf tigt. Auf Familienmitglieder mngerechnet gibt also das Zentralrevter rund 75000 Köpfen Unterhalt. Bei die ser Aufstellung ist aber die groß« Zahl der Arbeiter nicht berücksichtigt, die im Baugewerbe und in kleineren Fabriken beschäftigt sind. Unter Hinzu zäh lung tzieser Personen und unter Berücksichtigung de- Familienstän de» gewährt das Zentralrevter 90- bi» 100 000 Per sonen der angrenzenden Kreise den Lebensunterhalt. Bei einer Teilung des Industriegebiete- würde einmal die Industrie zugrundegehen, und sie würde auch sofort weniger Arbeiter aus den Nachbarkretsen beschäftigen können, die sie, selbst wenn st« es wollte, gar nicht mehr beschäftigen könnt«; da die Grenze als TrennungSltnie Zwischen liegt. Ta- Schicksal von 100Ä00 Personen steht auf dem Spiel, wenn dieSrenz» zichmig wicht so «rstügt, wie da» Abstimmungsergebnis und wi« di, wirtschaftlichen und geographischen RÄck» sichten vbsrschkfi-nS «S «fordern. Was wlrö aus Gbrrsthlgflent Wie Petit Journal mitteilt, wird b«i d«r Befprw» chung zwischen Briand und Llohd <A«orge auch di ober schlesische Frag« erörtert werden. Wenn das oberschlestsche Industriegebiet an Polen fällt, werd« man wahrscheinlich von Polen verlangen, daß «S den Teil der Wiedergutmachung übernimmt, der dem Ertrage der Hilfsquellen desjenigen Gebiete» entspricht, dessen Souveränität von Deutschland an Po len übergeht.' TaS Blatt bemerkt hierzu, daß «S in der Tat gerechtfertigt wäre, di« Verpflichtungen Deutsch lands um die 50 Millionen Tonnen zu erleichtern, hie es durch den Uebergang deS Industriegebietes an Polen jährlich verlieren würde. Tie Lieferung dieser 5 Mil lionen Tonnen müsse künftig Polen auserlegt werde». vriends Regelung Lee »Lerschlestschen Angelegenheit. , Wie aus Warschau gemeldet wird, hat Briand dem polnischen Gesandten in Paris erklärt, .daß dis französische Regierung Mr eine Regelung -er vberschle- sischen Angelegenheit im Polnischen Sinne eintrch> ten werde. Lberschlefien «ater Kontrolle Le» Verbände»? Tie britischen Sachverständigen bei der Wiederherstellungskommtsfion schlagen vor, das ober schlesische Industriegebiet als Sonder st aat unter alliierte Kontrolle zu stellen. Es wäre so lang» als Pfand von den Alliierten zu halten, bis die Deut schen ihren Verpflichtungen nachgekommen seien- Ti» Sachverstänvigen schätzen den Wert Oberschlesien» auf 75 Milliarden Gvldmark. Tem Polnischen Einspruch könne man begegnen, so glaubt man, werm man Pole» eirirn gewissen Bruchteil der Produktion tzu sestgllggtm Preisen garantiert. Zum »berschlefischen Ntstimmunn»»r,«>nt». Die interalliierte Plebiszttkommifst»» hat gestern ihre Arbeiten über da» AbstimmungSergeb- nis abgeschlossen. Sie wird in den nächsten Lagen de« Botschasterrat ihre Meinung über das Ergebnt» und ihre Vorschläge über seine Auswertung vor leg en- Vor neuen AuMnäen. In kommunistischen Kreisen wird, wie e» hei-t, ge genwärtig mit Unterstützung der Moskauer Interna« tional« auf «in« neu« Kampfaktion Hintzes arbeitet, die bereit» in den nächsten Wochen »ntV Benutzung der Erfahrungen de» mitteldeutschen WH» ruhrS auf größerer Bail» durchgeführt werbe» soll. Zu diesem Zwecke finden gegenwärtig geheim« Besprechungen zwischen den Parteiführern d«c Komtvtv- nistischen Partei, der Kommunistischen Arbeiterpartei und der Allgemeinen Arbeiterunion statt. Besonder» rege Putschagttation ist bereit» in Mitteldeutschland «n» im Ruhrgebiet entfaltet worden. Hiilz hüllt sich in Gchweigen. Max Hölz, der vor einigen Tagen in da» Unter suchungsgefängnis etngeliefert worden ist, hat seimsn bisherigen Vernehmungen ein entschlossene» Schwei gen entgegengesetzt. Nachdem er anfänglich bei seins» Vernehmung aus seiner Zurückhaltung herausgetreten wär, verweigert er neuerdings jede Erklärung über di» ihm zur Last gelegten Straftaten. Er erklärte dem Um» tersuchungSrichter lediglich, daß er nur vor dem stündigen Plauener Gericht auSsagen »erb». Tie vom Reichspräsidenten angssetzten außerordentlichen Gerichte könne er dagegen nicht anerkennen, und er. wer«, de, wenn man in Berlin gegen ihn verhandeln wolle, während der ganzen Sitzung schweigen. Dagegen dqh Hölz durch feinen Verteidiger, Justizrat Br oh ^Be schwerde dagegen erhoben, daß. man ihm al- Unter suchungsgefangenen seine Ziotlkleider genommen und dafür Anstaltskleidung gegeben habe. Auch Pro testiert er dagegen, daß er nur mit gefesselten Händen seine Zelle verlassen darf. Um festzustellen, ob Hölz mit dem im Prozeß gegen di« Siegessäulen attentäter vielgenannten Ferrh identisch ist, wurde der Rote General den Angeklagten gegenübergestellt. Zn diesem Zwecke wurde ihm nach den Bildern, die di» Kri minalpolizei von dem großen Unbekannten hat, ein schwarzer Bart ungeschminkt. Die jetzt verurteilte» Attentäter wollten jedoch, trotz verschiedener Ma-ksn, die nach entsprechenden Bildern angefertigt wurden, tu Hölz den rätselhaften AnMrer Ferrtz nicht wieder erkennen. Uleine pslitis he Mcl-ttns-i». Stegevwald wiedergewüchlt. Li« gestrig« Wahl de» Ministerpräsidenten im Preuhtschen Landtag« fährt« zur Wie derwahl Stegrrwald». S, wurden »71 Stimmzettel »»gegeben, »on denen »2 unbeschrieben waren. Di» Kommunisten hatten als» weihe Stimmzettel abgegeben. Gültig waren SIS Stimmen, Ls» Mehrheit betrug 17S. Stegrrwald erhielt »27 Stimmen, de» Abgeordnete vrann (Mehrhettosoz.) 100, Abg. Ludwig (Unnbh.) »1, Busch (Ztr.) i Stimm«. Stegrrwald ist also mit den Stimmen de» Zentrum», der Demokraten, der Deutsche» BolkSpartei und d«, Deutschnattonalen gewählt. Da» Ergebnis »er Wahl wurde ohne »etter« Kundgebung«« ausgenommen, Aufhebung d«r preuhischen Gesandtschaft in München/ Di« pmutzisch« Gesandtschaft in München ist aufgehoben worden.